Das Todesdatum hätte ich mit Speckkäferlarven bestimmt

Von Stefan Maus

Der Tod von Gene Hackman und seiner Ehefrau Betsy Arakawa war rätselhaft. Kriminalbiologe Mark Benecke erklärt, wie er in solchen Fällen arbeitet und was das mit ihm macht.

Welche Rolle spielt das Klima bei der Veränderung von Körpern?

Je trockener es ist, desto leichter vertrocknen die Leichen. Und je feuchter und wärmer es ist, desto mehr hat man bakterielle Fäulnis und Gasblähungen. Man kann auch gemischte Formen haben. Wenn jemand im Bett liegt und seine Hände hängen raus, dann vertrocknen die, weil die warme Luft das Wasser abtransportiert. Wir bestehen ja fast nur aus Wasser. Unter einer Bettdecke kann das Wasser aber nicht abtransportiert werden. Dann wird das dort eben faul.

In unserem Fall ist Betsy Arakawa sieben Tage vor ihrem Mann Gene Hackman gestorben.

Das kommt leider vor. Es gibt Menschen, die den Tod ihres Partners verdrängen. Sie schlafen wochenlang, teilweise sogar monatelang neben der toten Person. Und wenn man sie dann lebend antrifft und fragt, warum sie denn niemandem Bescheid gesagt haben, dann haben sie die verrücktesten Gründe für ihr Verhalten. Manche sagen: "Ich habe gedacht, uns wird dann die Wohnung weggenommen." Solche Gedanken können zu den merkwürdigsten Befunden führen.

Wie meinen Sie das?

Sagen wir mal, die Leiche liegt im Bett und fängt an zu stinken. Dann räumt der Partner sie in einen Schrank. Dann verändern sich dadurch natürlich auch die Fäulnis oder die Spuren an der Leiche. Auch der Fundort verändert sich: Plötzlich gibt es im Raum Schleifspuren, oder die Totenflecken der Leiche sind an der falschen Stelle. Manchmal gibt es auch Menschen, die wischen die Eierpakete weg, die die Schmeißfliegen in den Augen und geeigneten Stellen ablegen. Manchmal aber auch nicht. Dann hat man eben dicke Madenteppiche im Gesicht, an den Ohren, unter den Armen oder im Genitalbereich. Es gibt aber auch Partner, die die Leiche waschen. Oder es gibt Mischformen von all dem. Aus Thailand habe ich zum Beispiel einmal den Fall einer Familie erhalten, die ihre Oma einfach aufs Sofa gelegt haben. Auch die Brille haben sie ihr einfach gelassen. Der ganze Körper war mit dem Sofa verklebt. Aber die Oma gehörte eben zur Familie.

Laut Auskunft der Polizei war Betsy Arakawa zum Teil mumifiziert. Was bedeutet das?

Das Wort sollte man eigentlich nicht benutzen. Weil die Leute dann sofort an Ägypten denken. "Mumifiziert" heißt einfach nur vertrocknet. Das Klima in Santa Fe ist ja sehr trocken. Also wurde das Gewebewasser abtransportiert. So wie halt alles Leichengewebe unter bestimmten Umständen vertrocknet. Schinken, Salami: Das ist ja alles nur vertrocknetes Leichengewebe.

Was könnten Sie als Kriminalbiologe alles aus Körpern herauslesen, die schon seit 15 Tagen irgendwo liegen?

Anhand von Insekten kann ich die Leichenliegezeit bestimmen. Ich schaue, welche Insekten es gibt. Und an welchen Körperstellen sie auftreten. Gibt es ungewöhnliche Besiedlungsstellen? Zum Beispiel kann ich Leichname auf bestimmte Vernachlässigungszeichen hin untersuchen. Dann schaue ich, ob im Genitalbereich oder an irgendeiner ungewöhnlichen Stelle eine besonders starke Besiedelung durch Insekten schon vor dem Tod stattgefunden haben muss. Weil die Insekten an diesen Stellen dann viel älter sind als am Rest des Körpers. Oder weil es Tiere sind, die an Kot und Urin gehen.

Wann könnte solch eine Untersuchung von Vernachlässigungszeichen von Interesse sein?

Eine Versicherung könnte zum Beispiel sagen: "Wir haben hier Geld an eine pflegende Person ausgezahlt. Aber diese Person scheint gar keine Pflege durchgeführt zu haben. Also hätten wir jetzt gerne unser Geld zurück." Da kann eine solche Untersuchung interessant werden.

Die Todesdaten von Gene Hackman und seiner Frau wurden mit Hilfe von Daten von Videokameras und Herzschrittmachern bestimmt. Wie genau hätten Sie den Todeseintritt mit rein biologischen Mitteln bestimmen können?

Den hätte ich mit Hilfe von Schmeißfliegenlarven bestimmen können. Oder wenn die Körper tatsächlich schon länger da lagen, dann auch über andere Tiere. Zum Beispiel mit Hilfe von Speckkäferlarven.

Hätten Sie den Tod damit genau datieren können?

Das hängt davon ab, wie viele Vergleichsdaten für Insekten aus Santa Fe vorhanden sind. Es gibt in den USA eigentlich relativ gute Wachstumsdaten von den einzelnen Insekten an den jeweiligen Orten.

Wie nah wären Sie dann an das genaue Todesdatum herangekommen?

Falls es stimmt, dass die beiden Körper ungefähr ein bis zwei Wochen dort lagen, dann kann man das Todesdatum gut eingrenzen. Ungefähr auf den Vormittag oder den Nachmittag eines bestimmten Tages. Aber das hängt alles von den örtlichen Vergleichstabellen mit den Wachstumsdaten der Insekten ab.

Erstaunlich, dass Sie mit rein biologischen Mitteln eigentlich ähnlich präzise sein können wie die Ermittler mit ihren technischen Spuren.

Ja. Aber natürlich wählt man immer das einfachste Mittel. Vor Ort kämen ja immer drei Parteien für Ermittlungen infrage: Polizei, Rechtsmedizin und Kriminalbiologie - also Spurenkunde. Und wenn ich jetzt bei der Polizei bin und sowieso schon vor Ort bin, dann nehme ich natürlich die sogenannten technischen Spuren. Wozu soll ich da eine biologische Zusatzinfo einholen?

Die amerikanischen Ermittler haben etwa eine Woche lang gebraucht, um das Rätsel zu lösen: Betsy Arakawa starb an Hantavirus, Gene Hackman an Herzversagen. Haben diese Ermittler einen guten Job gemacht?

Es geht keinen etwas an, das zu beurteilen. Einfach Fresse halten. Wir waren nicht dabei.

Der Sheriff sagte einen Tag nach dem Fund, die Leichen hätten schon mindestens einen Tag vor dem Fund auf dem Boden gelegen. Nun hat Betsy Arakawa dort aber schon über zwei Wochen gelegen. Ein Tag war also eine ziemliche Fehleinschätzung. Ist es verwunderlich, dass ein Sheriff so etwas sagt?

Er hat ja gesagt: Mindestens einen Tag. Insofern stimmt es. Aber grundsätzlich gilt: Laien können Leichenliegezeit nicht einschätzen. Wenn jemand nur vom Augenschein versucht, die Liegezeit zu schätzen, geht das immer schief. Da nützt alle Berufserfahrung nichts.

Wie kommt das?

Weil es sehr stark von den Umwelt-Bedingungen vor Ort abhängt.

Haben Sie ein Beispiel?

Nehmen wir an, ich bin Coroner, Sheriff oder Priester und habe schon viele Leichen in meinem Leben gesehen. Nun komme ich aber an einen Ort mit einer seltenen Besonderheit. Nehmen wir an, der Ort ist mit einer Tür verschlossen. Aber unter der Tür ist ein Schlitz. Und auf der anderen Seite des Raumes ist durch einen baulichen Zufall auch ein Schlitz. Den aber keiner sieht, weil er hinter einem Schrank ist. Dann hat man einen Luftkanal zwischen den beiden Schlitzen wie in einem dieser Händetrockner. Und plötzlich hat man völlig andere Feuchtigkeits- und Lufttransportbedingungen. Ganz unabhängig von der allgemeinen Temperatur in dem Raum. Wenn nun die Leiche vor diesem Türschlitz liegt, dann wird das Körperwasser sehr viel schneller abtransportiert, als wenn sie auch nur einen Meter weiter links oder rechts in derselben Wohnung liegen würde. Hier nützt es mir also nichts, wenn ich schon Dutzende Tote gesehen habe. Deswegen muss man das vernünftig vor Ort untersuchen. Mit technischen oder eben biologischen Mitteln.

Gene Hackman hat gut eine Woche länger als seine Frau gelebt. Er litt an Alzheimer in einem fortgeschrittenen Stadium. Als die Rechtsmedizinerin seinen Magen untersuchte, fand sie dort kein Essen. Sie haben ein sehr nüchternes Verhältnis zur menschlichen Vergänglichkeit. Aber ist der Tod nicht einfach ein verdammtes Arschloch?

Wie meinen Sie das?

Macht Sie solch ein Fall melancholisch oder traurig?

Ja, klar. Es ist schade, dass die beiden keine Sozialkontakte mehr hatten. Aber wie ich schon am Anfang sagte: Das ist total normal. Deswegen nenne ich diese Menschen auch "Invisible People". Nach einer Geschichte des New Yorker Comiczeichners Will Eisner. Diese Invisible People sind überall. Sie sind nicht der rosa Elefant, der mitten im Raum steht. Sondern sie sind das Hintergrundrauschen auf unserer Welt. Das sind die vergessenen Leute. Sie sind das Allerhäufigste, das wir bei Wohnungsleichen sehen. So ist das halt. Das hat mit dem Tod an sich nichts zu tun. Das hat etwas damit zu tun, dass diese Menschen keine Sozialkontakte mehr haben.

Sie verabscheuen Gefühlsduselei mehr als jeden Leichengestank. Gab es trotzdem einen Fall, der Sie gerührt hat?

Es sind die Angehörigen, die mich bewegen. Vor allem, wenn sie nicht genug Informationen haben. Oft machen sich diese Menschen in ihrer Trauer etwas vor. Viele suchen dann nach einem Mörder, wo es keinen gibt. Irgendwann lädt die dann keiner mehr ein. Dann heißt es: "Du, Renate, dein Mann ist vor zehn Jahren gestorben. Wir wollen jetzt einfach Silvester feiern. Wir haben das schon vor fünf Jahren gesagt. Du sollst nicht wieder anfangen mit dem Mord an deinem Mann. Vielleicht ist er ermordet worden. Vielleicht nicht. Auf jeden Fall laden wir dich jetzt nicht mehr ein." Die Menschen kriegen Posttrauma-Störungen. Die gucken dann nur noch gegen die Wand. Oder wenn Kinder versterben. Bei erweiterten Selbsttötungen im Partnerschaftsbereich zum Beispiel. Dann suchen die Großeltern für den Rest ihres Lebens nach Antworten und geben ihr gesamtes Geld an irgendwelche windigen Pfeifen aus, die sich ihr Leben dadurch finanzieren, dass sie alte Leute ausnehmen. Das Hauptproblem ist, dass die Angehörigen keine Ansprechpartner haben.

Inwiefern?

Die Polizei ist für diese Menschen nicht zuständig. Wenn ein Mensch ums Leben kam, es aber kein Kriminalfall war, dann sagt die Polizei: "Gucken Sie mal, es ist kein Kriminalfall. Bitte. Wir haben hier solche Stapel an echten Kriminalfällen liegen. Wir sind nicht zuständig. Die Staatsanwaltschaft hat ja auch gar kein Verfahren eröffnet. Das hat Ihnen die Polizei auch alles schon erklärt. Bitte, entschuldigen Sie, aber wir möchten uns gerne um die Drogenhändler, Mörder, Vergewaltiger und die häusliche Gewalt kümmern. Verstehen Sie?" - "Nein", sagt die trauernde Person dann, "verstehe ich nicht. Ich möchte wissen, warum mein Mann getötet wurde."

Also nimmt Sie so etwas schon mit.

Klar ist das alles scheiße. Auch diese ganzen Genozide, die wir sehen, und die keinen Menschen interessieren. Aber ich kann es ja nicht ändern. Was ich aber ändern kann: dass den Menschen ihnen wichtig erscheinende Informationen nicht vorenthalten bleiben. Das kann ich als freiberuflicher Forensiker mit meinem Team vor Ort oder im Labor ändern. Hier geht es um Lösungen, nicht um weinerliches Gejammer.

Gibt es einen konkreten Fall, der nicht nur ein interessantes Rätsel war, sondern Sie auch gerührt hat?

Wir hatten einen Fall, da kam eine Familie und sagte, sie habe ein Gemälde, das weint. Aber keine Bluttränen, sondern Wasser. In der Familie war jemand ertrunken, und der Glaube war nun, dass das Gemälde nicht Tränen weint, sondern das Wasser aus dem Gewässer, wo die Person ertrunken ist. Also habe ich gesagt: "Okay, untersuchen wir, kein Problem. Vielleicht können Sie dann ja besser in die Trauerarbeit gehen. Oder können durch die Informationen innerhalb der Familie dann mal besprechen, was da los ist. Das können Sie ja dann für sich selbst einordnen. Ich kann Ihnen nur sagen, ob das Süßwasser ist, Salzwasser, Öl oder Farbe." Sobald Angehörige beteiligt sind, sind echte Gefühle im Spiel. Die sind messbar. Natürlich bemerke ich die. Und die springen dann auch über. Sie beeinflussen mich aber nicht.

Wie schützen Sie sich vor dem Grauen und dem Entsetzen des Todes?

Es ist, wie es ist. Ich kann es doch auch nicht ändern. Ich meine, ich bringe die Leute ja nicht um oder stopfe sie ins Massengrab. Ich bin nicht derjenige, der Lampenschirme aus Menschenhaut näht. Ich verwende keine Tierprodukte. Ich tue, was ich kann. Aber der Tod scheint ja keinen Menschen zu schrecken. Folter und Ausbeutung interessiert ja auch kaum jemanden. Die Leute trinken Milch und essen Butter, zerhackte Tintenfische und Schweine-Schnitzel. Es scheint fast allen Menschen scheißegal zu sein. Keine Ahnung, warum den Menschen das einfach alles so völlig egal ist. Ich verstehe das nicht. Aber ich bin ja nicht derjenige, der es tut. Ich arbeite lieber an der Lösung, anstatt herumzujammern, dass irgendwas scheiße ist und mir dann die nächste Scheibe Schinken aufs Brot zu legen. Keine Ahnung. Ist mir auch ein Rätsel, was mit den Leuten los ist.

Verursacht Ihr Beruf Ihnen Albträume?

Nö, eigentlich nicht. Das Problem ist eher der Tag. Wenn die ganzen angeblich guten und braven Menschen herumlaufen und sich unsozial verhalten. Nachts ist es eigentlich angenehmer als tags.

AAFS (American Academy of Forensic Sciences) Meeting Baltimore 2025

What a meeting: Special Guests were The Innocence Procect with Marvin Anderson, my former boss Mecki Prinz, now at John Jay College for criminal justice, my former OCME NYC forensic biology colleagues Amrita Lal and Brian Gestring (who worked for the NYPD for quite a while, too), the USPS, the B&O Railroad Hotel 🚂 and Edgar Allan Poe 🪦

Please check my video channels for more (see below)

Ein fantastisches, forensisches Treffen in den USA Unten in den Videos ist vieles auch auf deutsch zu sehen und zu hören.

Baltimore

AAFS 2025

Edgar Allan Poe

Für mich sind alle Fälle gleich

Quelle: Westfalenpost, Kreis Olpe, 8. März 2025

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„Für mich sind alle Fälle gleich" Dr. Mark Benecke erlangte über Kriminalfälle weltweites Aufsehen. Kurz vor einem Auftritt in Attendorn gibt er uns private Einblicke in sein Leben

Von Daniel Engeland

Attendorn. Dr. Mark Benecke klärt bei seiner Arbeit als Kriminalbiologe knifflige Kriminalfälle auf. Über viele seiner Fälle erlangte der Kölner weltweite Aufmerksamkeit. Am 13. März kommt er nun für einen Vortrag nach Attendorn. Im Gespräch mit unserer Zeitung gibt er Einblicke in sein Privatleben und seinen spannenden Lebensalltag.

Herr Benecke, am 13. März halten Sie einen Vortrag in der Attendorner Stadthalle. Gibt es Verbindungspunkte zum Kreis Olpe und der Stadt Attendorn?

Ich bin als Kölner natürlich schon als Kind öfter in Attendorn gewesen — das war damals ein zwingendes Ausflugsziel für alle Familien mit Kindern.

Worauf können sich die Besucher und Besucherinnen in der kommenden Woche bei Ihrem Vortrag freuen?

Ich werde über einige meiner Kriminal-Fälle berichten.

Sie haben selbst mehrere Bücher geschrieben, was lesen Sie eigentlich privat?

Am liebsten lese ich alte Tier-Bücher. Ich habe aber auch eine sehr große Sammlung alter rechtsmedizinischer und kriminalistischer Bücher, dort geht es beispielsweise um Gifte, Mumien sowie „Fälle", die wir heute als harmlosen Alltag ansehen und nur den Kopf schütteln. Dazu gehören Homosexuelle und Sexarbeiterinnen, die von der Polizei mit großem Ernst verfolgt wurden. Dasselbe gilt für „Migration" und „fremde Menschen", die auch früher schon hin und wieder als gefährlich angesehen wurden, obwohl die kriminalistisch erhobenen Zahlen das Gegenteil zeigten. Und ich habe auch eine ziemlich große Ecke in meiner Bibliothek, die sich nur mit Vampir-Leichen und allem drumherum befasst. Außerdem bin ich Buchpate in der Linnean Society of London, der Staatsbibliothek in Berlin und der Nationalbibliothek in Wien, sodass ich auch dort einige Schätzchen lesen darf.

Sie sind ein großer Tattoo-Fan. Wie viele Tattoos haben Sie mittlerweile? Welche Bedeutung haben sie in Ihrem Leben?

Eine Freundin hat neuerdings so um die 150 Tätowierungen auf mir gezählt. Deren Bedeutung kann sich ändern. Es sind jedenfalls immer Erinnerungen an Orte, Menschen und Erlebnisse. Es gibt sogar ein 3D-Foto von mir im Netz. Es stammt aus dem Grassi-Museum für Völkerkunde in Leipzig. Dort kann mich jeder drehen und meine Tattoos und deren Bedeutungen Klick für Klick erkunden.

Viele Menschen sind von „True Crime" fasziniert. Verspüren Sie eine ähnliche Faszination, wenn Sie als Kriminalbiologe einen Fall erleben, der sich zunächst kaum erklären lässt?

Für mich sind alle Fälle gleich. Das geht uns aber allen im Team so. Wir ärgern uns über Lügen und Geschnatter, egal von wem es ausgeht. Wir suchen die messbaren Tatsachen dazu zusammen und dann tritt meist die messbare Wahrheit zutage.

Wie gehen Sie damit um, im Alltag immer wieder mit dem Tod und schaurigen Verbrechen in Kontakt zu kommen?

Et is wie et is. Die Welt besteht nicht nur aus Zuckerguss.

Wie sieht Ihr Alltag in der Kriminalbiologie aus, gibt es überhaupt einen Alltag?

Wir schauen uns jeden Fall mit kindlichen – nicht kindischen – Augen, also unbefangen an. Daher passiert jeden Tag etwas anderes. Mal messen wir Blut-Spuren, mal Insekten, mal wälzen wir Akten, mal hängt eine oder einer von uns in einem Baum, um eine Erhängung nachzustellen, mal sind wir auf Kongressen wie gerade eben bei der größten Tagung der Forensikerinnen und Forensiker in Baltimore.

Vor der Jahrtausendwende gelang Ihnen ein echter Coup: Es gelang Ihnen nach der Untersuchung von Maden die Liegezeit einer ermordeten Frau festzustellen und so den Täter zu finden. Wie kam es dazu?

Das mache ich schon seit den 1990-er Jahren. Die Länge von Larven verrät deren Alter. So lässt sich die Zeit seit der Leichen-Besiedlung ermitteln. Es gibt auch Fälle, wo vernachlässigte Lebende besiedelt werden. Da können wir dann ausrechnen, wie lange die Pflege schon nicht mehr stattgefunden hat.

Welche Rolle spielen Tiere für Ihre Arbeit?

Wir schauen uns gerne Käfer, Fliegen, Schnecken und Wespen an, um zu verstehen, wie lange eine Leiche besiedelt wurde. Und ob eine scheinbare Messer-Wunde oder Kratzer im Gesicht einer Leiche nicht doch von Tieren stammen. Ich habe auch einen Sondervortrag über Haustiere, die ihre menschli-chen, verstorbenen „Herrchen" oder „Frauchen" gefressen haben.

Sie haben während Ihrer Arbeit einiges gesehen, gibt es einen Fall, bei dem sich auch bei Ihnen noch heute die Nackenhaare aufstellen?

Ich finde es schade, dass Menschen nicht lernen. Die Zusammenarbeit war geschichtlich, auch kriminalgeschichtlich, immer messbar besser für alle Beteiligten als das Töten oder Ausgrenzen.

Welcher Fall hat Sie bislang am meisten fasziniert?

Vielleicht der Nächste?

Sie engagieren sich neben Ihrer Arbeit auch in der Politik. Wie ist es dazu gekommen?

Das ist für mich alles eins. Ich möchte das bewirken, was in meinem Handlungs-Spielraum steht. Manche Dinge lassen sich eher politisch umsetzen als auf der Couch.

Was macht Dr. Mark Benecke eigentlich in seiner Freizeit, wenn er mal nicht Verbrechern auf den Leim geht?

Ich unterscheide nicht zwischen Arbeit und Freizeit. Das, was ich erledige, mache ich gerne. Wenn ich es nicht möchte, lasse ich es. So halten wir es im Labor alle. Von außen sieht es vermutlich so aus, als ob ich immer arbeite. Messen kann ich aber überall.

News from Meiringen

Quelle: The Baker Street Chronicle, Sommer 2014, Seiten 31-34

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Von Mark Benecke

Viele Holmes-VerehrerInnen haben beim Ausflug nach Meiringen schon die Gischt des mir Karacho herniederschmetternden Reichenbachfalles im Gesicht gespürt. Das ist auch ganz gut so, weil auf diese Weise mögliche Tränen kaschiert werden – denn ob Watsons Aufzeichnungen nach „The Reichenbach Fall“ korrekt sind, vermag wohl nicht nur ich nicht zu entscheiden.

Den vollständigen Weg zum mit einem weißen Sternli markierten Absturzpunkt Holmes’ konnten wir beim jüngsten Besuch zwar nicht antreten, da Frau Adler ihre viktorianischen Stiefeletten trug. Immerhin schafften wir es aber auf halbe Höhe. Von dort ist bereits ein knackfrisch bebrettertes Rasthaus zu erblicken, das „zwei oder drei“ Zimmer für BesucherInnen bietet, die es bis 5 p.m. nicht zur letzten Abfahrt mit dem Kabelbähnli ins Tal geschafft haben oder aus anderen guten Gründen eine Nacht über dem Reichenbachfall verbringen möchten. Das Rasthaus ist nicht die einzige Neuerung in Meiringen. Neu im Dienst ist auch die quirlige und kontaktfreudige Betreuerin des Museums, Christine Winzenried (siehe Interview I). Sie hat den Laden seit Ende April 2014 im Griff, auch wenn sie sich in den Kanon weder als Kind noch als Erwachsene eingearbeitet hat. Immerhin mag sie die aktuellen Kinofilme des Sherlock, was sie wohl mit den jüngeren BesucherInnen besser ins Gespräch bringt als kanonische Auslegungsdetails. „Es hat“ bei Frau Winzenried am Eingang schöne Souvenirs, darunter exzellente Deerstalker von Gordon Corell aus schottischer Wolle, und das zu einem – besonders für schweizer Verhältnisse – unschlagbaren Preis. Gut für mich, denn an die in München erworbene, hochwertige Melone hatte ich mich noch nicht vollständig gewöhnt, auch, weil sie naturgemäß in einer Hutschachtel reisen muss. Der Deerstalker ist ungleich praktischer und zudem in jeder Tasche zu verstauen. Noch „hat es“ im Museum auch grüne Blech-Tabakdosen, die Frau Winzenried allerdings nicht sogleich aus dem verschlossenen Spind befreien konnte. Sie ermittelte aber ein alternatives Lager und holte noch einige letzte Exemplare hervor. Die Museums-Ausstellung ist eindrucksvoll wie immer. Vor allem der im Kirchenkeller gelegene Raum wirkt, als ob Holmes und Watson wirklich nur mal eben vor der Tür gegangen wären. Mehr als einen Besucher sah ich beeindruckt schlucken, als er oder sie um die Keller-Ecke bog. Da SchweizerInnen weder Rauchverbote noch -melder ernst nehmen, konnte ich auf Holmes „Schlafzimmer“bank gemütlich Platz nehmen und eine gute, mit der Tabak-Sonderedition zum hundertjährigen Jubiläum von „Pfeifen Heinrichs“ gefüllte, irische Holmes-Peterson mit silbernem Anschlußstück rauchen. Was für ein Moment! Der vor etwa drei Jahren angeschaffte, neue Audio-Guide des Museums – von Frau Winzenried liebevoll „Walkie-Talkie“ genannt – beschreibt unter anderem unaufdringlich und nach Wunsch in allen möglichen Sprachen, daß die Projektildurchtritte am Fenster Richtung BetrachterIn die Initialen der Königin sind, die Holmes in die Flügeltür zum Schlafzimmer geschossen hat (erwähnt unter anderem in „Adventure of the Musgrave Ritual“ und dem Film „Sherlock Holmes“ (2009, Regie: Guy Ritchie)).

Das kleine Museum hat dabei klug gehandelt, nur sieben Stationen anzubieten, die auch NichtsherlockianerInnen genügend, aber nicht zu viele Informationen bieten (siehe Interwiew II). Vor der Tür des Museums ist außen zudem ein Chies-Wegeli angelegt, das Stationen aus dem Leben des Sherlock schildert. Manch einer wird auch die Statue Richtung Hauptstraße noch nicht kennen, die auf einer Metallplatte auf der Rückseite des darunterliegenden Steinsockels Symbole und Hinweise zu allen Sherlock-Geschichten trägt oder genauer gesagt tragen soll. Ich habe nach kurzem Scan keine Ahnung, was genau dort alles codiert sein soll. Da aber selbst die CIA das künsterlische Kryptogramm vor ihrer Haustür bis heute nicht zu Ende entschlüsseln konnte, und der Künstler John Doubleday sein Geheimnis nach aktuellem Stand der Dinge sogar mit ins Grab nehmen wird, drückt mich das nicht nieder.

Mir genügen die gelösten Rätsel im Kanon nebst derjenigen, die meine KlientInnen mir in die gute Stube tragen. Erwähnenswert für reifere SherlockianerInnen ist, daß der Ort Meiringen oder die Schweizer Bahn (oder beide) es mittlerweile geschafft haben, einen Bahnsteig auch zwischen den Gleisen zu errichten, so daß man aus dem Luzern-Interlaken-Expreß kommend, der nun übrigens öfters auch in der zweiten Klasse mit – angesichts der ultrapittoresken, geradezu zuckergußartigen Landschaft ausgesprochen lohnenden – Panoramawagen ausgestattet, aussteigen kann, ohne im Schotter des Bahngleises zu stehen. Großstadtlichtern und Süßwasserpiraten rate ich übrigens dringend davon ab, dem Rat von Frau Winzenried und allen anderen Ortskundigen zu folgen, und den „schönen“ Weg vom Museum zum Reichenbachfallbähnli zu Fuß anzutreten. Für 3,20 Franken fährt ein Bus beschwerdefrei und beschaulich – am Altersheim vorbei – direkt zur Talstation. Zwei Sanatorien „hat es“ dort auch gleich, so daß man eine gegebenenfalls gegebene Auszeit gleich einläuten kann. Es gibt auch schlechte Nachrichten, zumindest für sherlockianische Bekleidungsfreund/ Innen. Kabelbahnführer Hans – „ein gut aussehender Mann“ (vgl. S. 33) – hat keine Zeit mehr für die von ihm im Sherlock-Dress durchgeführten Fahrten, so daß man in gewandetem Zustand nun anstelle seiner fotografisches Ziel der angloamerikanischen, indischen, russischen und chinesischen TouristInnen wird (JapanerInnen sah ich seltsamerweise nirgendwo). Obwohl Interlakentourismus ursprünglich ein sehr schönes Angebot mit Vorträgen vorbereitet hatte, das mangels Nachfrage dann aber abgesagt wurde, kann ich eingefleischten Fans von Doyle, Watson, Holmes und natürlich allen Menschen, die ein Meer aus Uhren spannend finden (die Läden in Interlaken führen zu gefühlten 80% Uhren), eine Reise ins reichenbacher Reich dank des neuen Schwunges mehr denn je auch in Eigenregie ans Herz legen. Gerade das Kleine, Malerische, Verschlafene und Touristische in Meiringen bettet die letzte Station des Sherlock ohnehin derart ein, daß es eine Lust ist, das Ganze ermüdungsfrei zu erkunden und eigene Akzente so zu setzen, wie sie auch Holmes und Watson erlebt haben dürften. Noch eine Warnung an steinreiche LeserInnen: Das Luxus-Hotel „Victoria-Jungfrau“ in Interlaken wurde leider modernisiert, so daß es sich meiner Meinung nach nur noch von außen als Kulisse für viktorianische Schnappschüsse eignet. Andere Hotels in der Nähe des Bahnhofes Interlaken-West bieten einen sinnvolleren und deutlich preiswerteren Rahmen für Fotografien, beispielsweise die rote und beige Lobby des Hotels Krebs. Zuletzt: Wer noch nie in Meiringen war, siehe gerne auch hier: Benecke M (2002) Ein Besuch beim Sherlock. SeroNews


Exklusiv-Interview I: Museums-Betreuerin Christine Winzenried

MB: Wir sind in Meiringen und vor mir steht...

CW: Christine Winzenried.

Sie sind die neue Chefin des Museums.

Ich bin als Betreuerin angestellt. Der Kurator ist Hans Künzler. Es gefällt mir sehr gut, weil es kommen sehr viele Touristen, auch viele von England und Amerikaner. Franzosen und Russen hat es auch, und aus Japan oder China.

Sprechen Sie japanisch und russisch und englisch?

Nein, nur englisch und französisch und ein wenig italienisch. Ich hab ja das Walkie-Talkie [Audioguide] und dann frage ich „which language?“. Und dann sage ich „have a nice day“ – das verstehen alle.

Was glauben Sie denn, warum beispielsweise Russen kommen? Sind die Holmes-Geschichten in Rußland auch bekannt?

Ja, ich glaube, Sherlock Holmes ist weltbekannt. Auch die in Japan sind interessiert, das gefällt denen sehr.

Seit wann haben sie das neue Audio-System? Das war letztes Mal nämlich noch nicht da.

Seit etwa vier Jahren. Wann waren Sie das letzte Mal da?

Vor über zehn Jahren.

Nein, da hat’s keins gehabt.

Waren Sie am Anfang überrascht, was für Leute ins Museum gekommen sind?

Nein, ich habe mir das so gedacht. Es kommen verschiedene, sogar Schweizer, von überall. Ich finde das sehr schön, so multikulti. Hab’ ich gern.

Kommen Sie aus Meiringen?

Ich komme aus Meiringen und bin pensioniert.

Waren Sie schon als Kind oder Jugendliche hier im Museum?

Ja, ich war früher schon mal hier. Da hat es das Walkie-Talkie [Audioguide] noch nicht gehabt.

Haben Sie denn als Kind Sherlock-Holmes-Geschichten gelesen?

Ja, manchmal. Ich habe damals gesehen, daß da eine Einweihung war. Dann waren alle schön angezogen und es gab einen Umzug im Dorf. Das ist schon lange her.

Wann denn? 1987?

Ja genau, aber das Museum ist erst 1991 eröffnet worden.

Es ist also nicht so, daß Meiringer Eltern ihren Kindern Sherlock-Holmes-Geschichten am Bett vorlesen?

Nein, das glaube ich nicht. Eher die normalen Kinderbettgeschichten.

Ein normaler Meiringer identifiziert sich also so nicht mit Sherlock-Holmes-Geschichten?

Nein, aber vielleicht kommt das, jetzt, wo ich da bin, und wenn Sie das [Interview] ins Internet stellen.

Ja, wir packen das auch ins Internet, und in den Baker Street Chronicle. Der steht ja auch hier vorne bei Ihnen. – Wenn Sie als Kind oder Jugendliche den Wasserfall gesehen haben, haben Sie da in Sherlock Holmes gedacht?

Ich war in der Bahn [zum Reichenbachfall] und da war ich sehr beeindruckt. Man hat eine wunderbare Aussicht auf Meiringen und die Bahn ist ganz speziell, die Spur kreuzt sich in der Mitte. Das ist eine alte Bahn, und das ist supergut.

Haben Sie irgendeine Geschichte in Erinnerung behalten von Sherlock Holmes oder irgend etwas Besonderes, das Sie mit Sherlock Holmes verbinden, nachdem Sie jetzt hier arbeiten?

Bis jetzt noch nicht.

Haben Sie schon einen der Kinofilme gesehen?

Ja, den ganz modernen, ich weiß nicht, wie er geheißen hat, aber ich war beeindruckt. Ich habe gerne Action.

Dann haben Sie ja jetzt den ganzen Sommer Action, wenn die Touristen kommen.

Das glaube ich auch. Ich hoffe, es kommen immer so Leute wie Sie. Schicken Sie noch welche von Berlin?

Ja, wir schreiben jetzt einen Artikel und dann kommen bestimmt noch ganz viele.

Das ist sehr gut.

Haben Sie auch schon mal versucht, sich so wie wir anzuziehen?

Nein. Aber ich könnte.

Vor zehn Jahren ist ja jemand auf dem Bähnli verkleidet gefahren.

Ja, ein richtiger Sherlock aus Meiringen.

Fährt er immer noch?

Nein, er ist nicht mehr auf der Bahn. Hans heißt der, Hans Thöni. Ein hübscher Mann. Er läuft im Ort herum. Aber normal, nicht verkleidet.

Warum ist er nicht mehr auf der Bahn? Weil er zu alt ist?

Er hat keine Zeit mehr. Aber alle paar Jahre ist hier ein großer Umzug und die Leute kommen von überall her. Sie kommen aus ganz Europa und auch aus Übersee.

Wie sind Sie denn zu dem Job hier gekommen? Das ist ja ein ganz ungewöhnlicher Beruf.

Ich wurde gefragt. Die Leute wußten, daß ich zuverlässig bin und lustig und so weiter. Ich habe fünfundzwanzig Jahre auf [bei] einer Bank in Interlaken gearbeitet. Ich wohne eigentlich in Interlaken, aber meine Tante ist hier und ich schaue nach ihr. Sie ist fünfundneunzig.

Man hat also an Sie gedacht, weil Sie ein wenig bewegter sind und nicht so schweizerisch zurückhaltend.

Genau.

Wann haben Sie hier angefangen?

Vor drei Wochen.

Dann wünsche ich Ihnen noch ganz viele schöne Jahre mit den ganzen verrückten Touristen.

Hoffentlich kommen noch welche wie Sie.

Na klar, wir schicken noch welche vorbei.

Gerne aus Berlin. Berlin ist faszinierend!

Die Berliner mögen Sie besonders? Waren Sie schon mal in Berlin?

Ja, dreimal. Ost und West und einfach die Impulse, Theater, Musical!

Jetzt können Sie im Sommer aber nicht mehr reisen, weil Sie hier sein müssen.

Ich muß schauen, daß es nebeneinander vorbei geht.

Danke schön.

Bitte schön.


Exklusiv-Interview II: Irene Adler

Du warst gerade im Sherlock-Holmes-Museum. Was ist Dir da aufgefallen?

Ich fand sehr erstaunlich, wie dieser Mann [Doyle] diese ganzen Geschichten beschrieben hat. Und die Kriminalfälle, die wirklich passiert sind, und diese alten Zeitungen. Und die Manuskripte, diese alten Uniformen, diese Unikate, so daß man, wenn man das Museum betritt, fast in eine andere Welt reinkommt. Man macht die Tür oben zu und es ist auf einmal 1892. Es ist sehr beeindruckend.

Was meinst du mit echten Fällen?

Diese Fälle hat er zwar erfunden. Trotzdem könnten das auch reale Kriminalfälle gewesen sein. Die waren jetzt nicht so weit hergeholt

Du hast lange vor dem Wohnzimmer von Watson und Holmes gesessen. Da warst du ganz still und leise.

Ich fand atemberaubend, wie echt das aussah. Ich hab’ gedacht, ich steh in der Tür dieser Wohnung und wäre am liebsten sofort eingezogen. Das war total toll – die Möbel stehen da wie gerade verlassen, wie kurz nach dem Aufbruch, was mir ja auch [vom Audioguide] durchgegeben wurde. Aber auch, wenn ich es nicht gewußt hätte, hätte ich es genauso gefühlt. Für mich war es beeindruckend ohne Ende. Ich hätte noch eine ganze Weile verweilen können.

Was ist dir aus dem Wohnzimmer im Gedächtnis geblieben?

Der wahnsinnig tolle Kamin mit dem schwarzen Bärenfell davor. Der Stuhl, der da gestanden hat. Der große Sekretär und natürlich – nicht zu vergessen – diese wunderbare Chaiselongue, wo die Stradivari draufgelegen hat.

Möchtest du auch gerne auf dieser Chaiselongue liegen?

Ja, da hätte ich mich gefühlt wie eine Königin.

Auf dem Kamin stand ein Bild, das dir auch gefallen hat.

Ja, das sah aus wie die einzige Frau in dem Leben von Sherlock Holmes. Frau Adler, sie hatte auch ein bißchen Ähnlichkeit mit mir, ich hab mir das ein bißchen genauer angeguckt und man weiß ja nicht – vielleicht hab ich damals ja doch schon gelebt.

Deswegen hat es dir vielleicht so gut gefallen, daß du direkt dort einziehen wolltest.

Das ist gut möglich.

Und oben am Reichenbachfall, wie fandest du es da?

Feucht. In erster Linie war es sehr feucht, und zwar von oben. Es prasselte nieder, es war sehr beeindruckend. Ich hab sowas in der Form noch nicht gesehen. Auch die Stelle, wo Holmes runtergestoßen worden ist, wo wir ja leider nicht hingehen konnten, weil ich die falschen Schuhe anhatte.

Aber nein, du hast die richtigen Schuhe angehabt.

Es war ein sehr schöner Aufstieg mit dem Bähnli, das war toll, und nachher der Abstieg war auch schön.

Und man konnte das fürchterlich Brausen des Wasserfalles live erleben und kann sich vorstellen wie es ist, dort herunterzustürzen.

Ja, das konnte man sich wirklich vorstellen.

Vielen Dank.

Weitere Gegenstände aus Buchenwald sind aus Menschenhaut

Kriminalbiologe Mark Benecke präsentiert Forschungsergebnisse

Quelle: Evangelischer Presse-Dienst (epd), 18./19. Febr. 2025

Von Matthias Thüsing

Weimar/Baltimore (epd). Der Kriminalbiologe Mark Benecke hat für weitere Alltagsgegenstände aus den Sammlungen des ehemaligen Konzentrationslagers Buchenwald nachgewiesen, dass sie aus menschlichen Hautstücken angefertigt wurden. "Darunter befinden sich ein weiterer Lampenschirm und eine Taschenmesser-Hülle, die uns aus Westdeutschland beziehungsweise England zugeschickt worden sind", sagte der Kölner Wissenschaftler dem Evangelischen Pressedienst (epd) in Weimar. Sowohl die vergleichenden mikroskopischen Untersuchungen mit Menschenhaut als auch Erbgutuntersuchungen lieferten demnach zweifelsfreie Ergebnisse.

Eine Besonderheit der SS in Buchenwald war die Herstellung von makabren "Geschenkartikeln", die sich die SS-Männer gegenseitig überreichten. Menschenhaut wurde aus den Leichen von Häftlingen geschnitten und zu Alltagsgegenständen weiterverarbeitet.

Benecke hatte bereits im vergangenen März erste Ergebnisse seiner Arbeit in Weimar präsentiert. Damals konnte er für einen Lampenschirm aus dem überlieferten Bestand der Gedenkstätte nachweisen, dass Menschenhaut für die Herstellung verwendet wurde. Am Donnerstag wird Benecke seinen Abschlussbericht auf einer Tagung der American Academy of Forensic Sciences in Baltimore/USA öffentlich vorstellen.

Zu den Ergebnissen gehörte auch die Untersuchung eines Schrumpfkopfs aus Buchenwald. "Jetzt steht fest. Es handelt sich um Ziegenhaut und -haar, die entsprechend in Form gebracht wurden", sagte Benecke. Vor allem die Haare hätten zunächst für ein Präparat aus Pferd gesprochen. Erst eine Erbgutuntersuchung habe Klarheit gebracht.

Weiter offen ist laut Benecke die Frage nach der Person, der ein präpariertes Herz mit angeblicher Schussverletzung zuzuordnen ist. Das Organ wurde nach der Befreiung des Konzentrationslagers Buchenwald in dessen Pathologischer Abteilung vorgefunden. "In dem Herzen konnten wir nach sehr, sehr vielen Versuchen in mehreren Speziallaboren kein Erbgut finden", sagte der Forscher. Zumindest habe er das Exponat anhand alter Fotos als das echte, "damalige" Herz aus der alten Sammlung eindeutig zuordnen können. "Es ist also "geschichtlich" gesehen durch Fotovergleich auch als menschlich bestimmt", sagte Benecke.

Für Buchenwald sei die Forschung nun abgeschlossen, sagte Benecke. Das sei gut, die Untersuchung sei ihm nahe gegangen. Allerdings gebe es möglicherweise Nachfolgeprojekte an anderen Orten. "Ich habe eine Anfrage aus Syrien erhalten. Die Ukraine ist auch ein möglicher Kandidat. Genozide gibt es leider immer wieder", sagte Benecke.


Weimar/Baltimore (epd). Der Kriminalbiologe Mark Benecke hat für weitere Gebrauchsgegenstände aus den Sammlungen des ehemaligen Konzentrationslagers Buchenwald nachgewiesen, dass sie aus menschlichen Hautstücken angefertigt wurden. Darunter befinden sich ein weiterer Lampenschirm und eine Taschenmesser-Hülle. Am Donnerstag stellt der Kölner Wissenschaftler seinen Abschlussbericht erstmals auf der Tagung der American Academy of Forensic Sciences in Baltimore/USA vor.

epd: Nach der Zwischenpräsentation zu Artefakten aus Menschenhaut in Buchenwald haben Sie weitergeforscht. Wie sind Sie weiter vorgegangen? Welche und wie viele Gegenstände, Fragmente haben Sie weiter untersuchen lassen?

Mark Benecke: Wir haben 2024 noch ein weiteres Stückchen eines Lampenschirms und eine Taschenmesser-Hülle aus England erhalten. Kurz vor dem Abschluss des Projekts haben wir außerdem einen weiteren Lampenschirm bekommen. Er wurde direkt nach der Pressekonferenz in der Gedenkstätte Buchenwald in Westdeutschland gefunden und unserem Labor übergeben.

Was haben die Untersuchungen ergeben?

Leider sind alle diese Gegenstände auch aus Menschenhaut. Das haben vergleichende mikroskopische Untersuchungen mit Menschenhaut sowie Erbgutuntersuchungen zweifelsfrei ergeben.

Wo konnten sie Entwarnung geben?

Es hatte sich im Zwischenbericht ja angedeutet, dass der Schrumpfkopf vermutlich nicht menschlichen Ursprungs sein dürfte. Aber zunächst war die Untersuchung der Haare nicht eindeutig genug. Vieles sprach für ein Pferd. Daher habe ich auch hier noch einmal Erbgut untersucht und untersuchen lassen. Jetzt steht fest: Es handelt sich um Ziegen-Haut und -haar, die entsprechend in Form gebracht wurden. An dieser Stelle hatte übrigens meine Frau Recht: Ihr war früh aufgefallen, dass die Haare, die Ohr-Öffnung und anderes nicht zu einem Menschen passen. Sie muss es wissen. Sie verfügt über eine Ausbildung als staatlich geprüfte Kosmetikerin.

Was konnten Sie nicht klären?

Ein präpariertes Herz mit angeblicher Schussverletzung gehört ebenfalls zu den nach der Befreiung des Konzentrationslagers Buchenwald in dessen Pathologischer Abteilung vorgefundenen Präparaten. In dem Herz aus der Sammlung konnten wir nach sehr, sehr vielen Versuchen in mehreren Speziallaboren aber kein Erbgut finden. Aber ich konnte es anhand alter Fotos als das echte, "damalige" Herz aus der alten Sammlung eindeutig zuordnen. Es ist also "geschichtlich" gesehen durch Fotovergleich auch als menschlich bestimmt. 

Was hat das Projekt gekostet?

Es hat sehr viel Zeit und Geld gekostet. Ich habe alles selbst bezahlt, da ich für diese Untersuchung einfach kein Geld nehmen wollte. Unglaublich wichtig war dabei der Sammlungsleiter der Gedenkstätte, der die ganzen alten Quellen und Fotos kannte sowie das sehr gründlich arbeitende Labor, das einen Arbeitsschwerpunkt auf verarbeiteter Haut - meist natürlich von Tieren - hat. Es war anstrengend, teuer und zwischendurch dachte ich, wir packen es nicht mehr. Aber nachdem auch die Untersuchung von Hitlers Schädel und Zähnen in Moskau ein Wahnsinnsaufwand war, und da ich die Wahrheit einfach liebe, haben wir es alle gemeinsam geschafft.

Sind die forensischen Untersuchungen damit abgeschlossen?

Ja. Ganz ehrlich: Ich glaube, dem Sammlungsleiter der Stiftung und mir ist das Ganze auch doch näher gegangen, als wir dachten. Es ist gut, dass es jetzt dauerhaft geklärt und der "Deckel zu" ist.

Wird es ein Nachfolgeprojekt geben? In Buchenwald oder anderswo?

Auch hier ein: "Leider ja." Ich habe gerade erst eine Anfrage aus Syrien erhalten. Die Ukraine ist auch ein möglicher Kandidat. Genozide gibt es immer.

Sind die Personen bekannt, aus deren Haut die untersuchten Gegenstände gefertigt wurden? Ließe sich das überhaupt genetisch klären?

Es gäbe eine Möglichkeit: Dazu müssten wir in die riesigen Familien-Stammbaum-Daten schauen. Der Sammlungsleiter und ich haben bisher entschieden, das nicht zu tun. Vermutlich bleibt es auch dabei. Manche Dinge sollten besser ruhen. Nur zu dem durchschossenen Herzen ist mit dem tschechischen politischen Häftling Jiri Horejsi (1920-1942) ein Name überliefert. Aber hier haben wir, wie gesagt, kein verwertbares Erbgut mehr vorgefunden.

Fast zum Ende noch eine Frage zu den Anfängen des Projekts: Wie kamen sie auf das Thema?

Mein Augenmerk auf Spuren aus Konzentrationslagern ist auf einer Sitzung erwacht: Im Jahr 2005 berichtete ein Kollege bei einer Tagung der American Academy of Forensic Sciences (AAFS), dass er Seife erhalten habe, die aus einem Konzentrationslager und aus Menschenfett gekocht sein könnte. Wir überlegten damals, wie sich das nachweisen ließe. Ohne diese Gesprächsrunde wäre ich vielleicht gar nicht auf die Spuren in Buchenwald gekommen.

Und noch mal zu heute: Welche Reaktionen haben Sie in der grundsätzlich streitfreudigen Wissenschaftscommunity nach Veröffentlichung der Zwischenergebnisse erreicht? Gab es Widerspruch?

Es herrschte zunächst Totenstille. Dann aber kam eine Überraschung: Die American Academy of Forensic Sciences, bei der ich schon seit den 1990er Jahren Mitglied bin, hatte meine Einreichung für die Konferenz gesehen und zum ersten Mal in meinem Leben beschlossen, meine Redezeit zu verlängern. Sonst wird sie eher gekürzt, um mehr Vorträge pro Sitzung einbauen zu können. Ich hatte nicht einmal danach gefragt. Jetzt wird der Vortrag mit über hundert Fotos nicht in einem Sonderteil der Tagung stattfinden, sondern auf der größten Veranstaltung dort, der sogenannten "Last Word Society". Das freut mich sehr, weil mich so besonders viele fachliche Anmerkungen erreichen werden.

epd ost mth

Mittelalterliche Bleisärge, -tafeln und -reliquienkästen mit Inschriften

Bachelorarbeit

Samantha Josephine Reichert
Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg
Philosophische Fakultät I – Seminar für Prähistorische Archäologie und Archäologie des Mittelalters und der Neuzeit

Die vollständige Arbeit als .pdf

Abb.15: Vorderseite des bei der Liebfrauenkirche in Halberstadt gefundenen Beschwörungstäfelchens (Rückseite ohne Inschrift). Kein Maßstab angegeben (Muhl/Gutjahr 2013, 34, Abb. 18)

1 Einleitung Die Forschung der letzten zwei Jahrzehnte fokussierte sich größtenteils auf ganzheitliche überordnete Zusammenhänge der Grabstätten christlicher Würdenträger und des Adels. Hierbei konnten bei einigen Ausgrabungen außergewöhnliche Grab- und Reliquienauthentiken gemacht werden, die in ganz Europa vor allem bei den genannten Personengruppen auftraten. Es handelt sich dabei um Gegenstände aus Blei, die außerdem eine Inschrift besaßen, welche an den Funden angebracht oder eingeritzt worden sind. Die Kombination aus Blei zusammen mit einer Inschrift, die meist den Namen des Verstorbenen enthielt, scheint in ganz Europa verbreitet gewesen zu sein und soll in dieser Arbeit untersucht werden. Direkt in Verbindung zum Grabkontext konnten Särge und Tafeln, sowie mobile Gegenstände ausgemacht werden, die diesen Kriterien entsprechen. Des Weiteren kam es aufgrund christlicher Vorstellungen zur weiteren Verwendung dieser Funde, bei dem die Überreste heiliggesprochener Christen, die als Reliquien in bleiernen Behältern aufbewahrt wurden, oder diese zumindest geringfügig mit Blei umschlossen worden sind. Hierbei handelt es sich nicht mehr um den allgemeinen Grabkontext, sondern um Reliquienauthentiken. Diese sollten mit aufgenommen werden, weil es einerseits den expandierten Gedanken hinter dieser Praxis außerhalb des Grabes aufzuzeigen vermag und arbeitshypothetisch all in dieser Arbeit behandelten Gegenstände ein und demselben Denkmuster des christlichen Kollektivs in Europa eingeschlossen werden sollten. Mit Beginn der Recherche wurden einige Forschungsfragen deutlich, die bisher in der Fachliteratur nicht beantwortet wurden: Zunächst stellt sich die Frage, warum gerade Blei für Särge verwendet worden ist. Angesichts der bloßen Stabilität und Funktionalität als Material eines Sarges scheint die Auswahl eher schlecht gewesen zu sein.

Wurde dieses Material als Alternative für einen anderen Stoff genutzt oder war Blei bewusst verwendet worden? Des Weiteren muss die Frage gestellt werden, warum es Inschriften auf diesen Objekten gab, wenn diese kein Betrachter lesen konnte, da sie sich Verborgenen, im verschlossenen Grab, im Sarg, im Epitaph etc. befunden haben. Diesen Umstand der versteckten Inschriften gibt es auch bei den Reliquienkästen, die bisweilen im Kircheninneren an den Altären aufbewahrt werden. Hier sind die Inschriften teilweise am Boden der Kästen angebracht, sodass diese nicht sofort gelesen werden können.

→ Hier gibt es die komplette Arbeit

→ Weitere Facharbeiten

DIE 'LETZTE GENERATION' IM KNAST (TEIL 8): Mirjam Herrmann

Von Mark Benecke

Fotograf: Thomas Vonier / Presse Letzte Generation / RAZ e.V. 

Mark: Liebe Mirjam, du warst "für die Umwelt" im Knast. Was hast du dort erlebt?

Mirjam: Ich war 15 Tage in der JVA Chemnitz. Ich hatte mich darauf eingestellt viel alleine sein zu müssen und hatte da echt Respekt vor... Aber dann bin ich zusammen mit einer jungen Frau aus Leipzig auf die Zelle gekommen und war wirklich keine Minute alleine. Es ist also ganz schön anders gekommen als ich dachte.

Ich hatte zuerst auch Sorge davor, dass ich mich mit den anderen Gefangenen nicht verstehen würde, da sie so andere Hintergründe haben als ich. Meine Zellengenossin war stark Crystal Meth abhängig, hatte drei Kinder, die ihr weggenommen worden waren und war vor einer Weile obdachlos geworden.

Foto: Mirjam Herrmann

Ich war noch nie so stark mit meinen Privilegien konfrontiert wie in Haft. Alle Frauen, die ich dort kennen lernen durfte sind von der Dysfunktionalität unseres Systems gezeichnet. Sie kämpfen sich durch ihr Leben, sind Suchtkrank, von Armut betroffen, haben kein sicheres und liebevolles Umfeld und kommen schließlich in Haft, weil sie klauen, um den Drogenkonsum oder auch einfach ihr Überleben zu ermöglichen. 

Ich habe eine gute Bildung bekommen, habe eine wundervolle Familie und ein liebevolles Umfeld, mit Menschen, denen ich wirklich Vertraue. Wie unfassbar wertvoll das ist, ist mir in Haft klar geworden.

Ich war aber auch überrascht und berührt von der Solidarität und Gemeinschaft unter den Gefangenen. Wir waren gemeinsam wütend, haben gemeinsam gelacht und geweint und Tabak und Essen geteilt.

Es hat mir Spaß gemacht die ungeschriebenen Gefängnisregeln zu verstehen und mich mit den anderen Gefangenen anzufreunden.

Nach einer Woche in Haft habe ich Nele getroffen, die im Budapest-Komplex von der Bundesanwaltschaft angeklagt werden soll und der die Auslieferung nach Ungarn droht. Das ist echt ein krasser Fall, über den ich noch gar nicht so viel wusste. Es lohnt sich, sich hier zu informieren und solidarisch zu sein!

Nele ist in kürzester Zeit wie eine kleine Schwester für mich geworden. Ich habe sie und ihre liebevolle und selbstlose Art sehr ins Herz geschlossen und es ist mir schwer gefallen die JVA Chemnitz wieder zu verlassen und sie dort zurückzulassen. Ich hoffe sehr, dass die deutschen Behörden zumindest in soweit zur Vernunft kommen, dass sie keine weiteren Antifaschist*innen nach Ungarn ausliefern!

Insgesamt habe ich in meiner kurzen Zeit in Haft unglaublich viel gelernt und durfte als Person wachsen und viel tiefe Dankbarkeit für mein Umfeld spüren. Meine bewusste Entscheidung zum Widerstand hat mich befähigt, mich auch im Gefängnis frei zu fühlen, weil ich genau wusste, dass ich das richtige getan habe. Den Widerstand in Haft fortzuführen hat sich nur konsequent angefühlt. Ich wollte den Staat nicht für die Unterdrückung von Klimaaktivist*innen auch noch bezahlen...

Jeder Moment, in dem ich mit anderen Gefangenen lachen konnte und wir glücklich waren, trotz allem, trotz der Gefangenschaft im System und in der JVA, war unser Gewinnen gegen die Unterdrückung und hat sich echt und stark angefühlt.

Was gab es zu essen?

Ich habe eine Milchallergie und die JVA hat es ganz gut hinbekommen darauf rücksicht zu nehmen, sodass ich eigentlich veganes Essen bekommen habe. Mittags (um 11:00) gab es immer eine warme Mahlzeit und dann um 16:00 Graubrot und Aufstrich und ein Stück Obst oder Gemüse für Abendessen und Frühstück.

Wie hast du dich vorbereitet und wie hast du durchgehalten? (Ich würde es keine Stunde im Knast eingesperrt aushalten.)

Foto: Mirjam Herrmann

Ich habe mich vorbereitet indem ich mit anderen gesprochen habe, die schonmal in Haft waren und mir ihre Erfahrungen angehört habe. Ich habe mit der Gefängnis AG des RAZ e.V. gesprochen undich ein paar calls mit meinen Unterstützer*innen aus meinem privaten Umfeld abgesprochen was es denn alles braucht, von Infonachrichten in alten Aktionsgruppen, Spendenaufruf, Pressemitteilung, über die Organisation der Möglichkeit mich notfalls freikaufen zu können und die Organisation der Briefkampagne.

Mittlerweile gibt es einige neue Erfahrungen von Aktivist*innen und die Gefängnis AG ist eine super Hilfe auch schon zur Information und um Berührungsängste mit dem Thema Haft abzubauen, bevor man überhaupt in Haft muss.

Die Haft selbst war voll okay für mich. Natürlich war es auch langweilig, aber die solzialen Interaktionen mit den anderen Gefangenen haben mich auch ganz gut auf trab gehalten. Es gab Tischtennisplatten beim Hofgang und drei mal die Woche ein Sportangebot und ich habe da wirklich liebe Menschen kennengelernt. Haft kann auf jeden Fall auch echt herausfordernd sein. Aber mit der richtigen Portion Neugier und Entdeckerlust und der Unterstützung meines Umfeldes, kann das System unserem Widerstand nichts entgegensetzen. 

Wie erklärst du dir, dass trotz der supereindeutigen Messwerte offenbar die Stimmung herrrscht, dass du persönlich störst und irgendwie schon alles klappen wird in den kommenen Jahrzehnten?

Es ist unfassbar schmerzhaft und beängstigend, sich mit der Realität der Klimakatastrophe wirklich emotional zu konfrontieren. Ich kann das auch nicht immer. Die Fähigkeit des Menschen zu Verdrängen ist manchmal überlebenswichtig, aber in diesem Fall wird sie uns zum kollektiven Verhängnis... Das wirkliche Problem sind aber die Konzerne, die Übergewinne aus den Krisen machen und im vollen Bewusstsein um die Konsequenzen für Welt und Menschheit weiter für ihren persönlichen Nutzen und Profit alles zerstören. Und weil sie so viel Macht und Geld haben, schaffen sie es den Menschen Frames wie den "Heizhammer" oder die "Flüchtlingskrise" aufzubinden und so von dem eigentlichen Problem - ihrer Gier und unserem Wirtschaftssystem, in dem diese Gier gefördert wird - abzulenken.

Es ist essentiell, dass wir darauf immer wieder hinweisen und uns nicht unterkriegen lassen, gegen diese Übermacht anzukämpfen!

Die letzten Tage haben politisch nochmal ordentlich was drauf gelegt. Was hast du jetzt vor?

Ich unterstütze weiterhin Aktivist*innen im Umgang mit Repressionen über den Verein "Rückendeckung für eine aktive Zivilgesellschaft (RAZ) e.V.", den ich mit aufgebaut habe. Außerdem bin ich angeklagt im Verfahren gegen die Letzte Generation wegen Bildung einer kriminellen Vereinigung und dort viel mit der strategischen Vorbereitung, Vernetzung mit NGO's und der UN und der gemeinsamen Vorbereitung mit den anderen Angeklagten beschäftigt.

Darüber hinaus ist mir aber wichtig, zu lernen (zum Beispiel von Freund*innen aus Polen), wie wir effektiv Widerstand gegen den Faschismus leisten können und vielleicht die offene Menschenfeindlichkeit der aktuellen Politik nutzen können als Katalysator für Protest, um schließlich eine tatsächliche Systemwende zu schaffen und den kommenden Krisen und Katastrophen solidarisch als starke Gemeinschaft zu begegnen, anstatt als vereinzelte Individuen. Das wird mühsam und langwierig werden.

Ich bin darauf eingestellt mein Leben lang für eine bessere Welt zu kämpfen, denn im Kampf um die bessere Welt, lebt die bessere Welt und das ist die reale Utopie, für die es sich zu leben und zu lieben lohnt.

Experte erklärt Mumifikation an Händen und Füßen

Quelle: t-online.de, 3. März 2025

Von Simone Bischof, Amir Selim

Der US-amerikanische Schauspieler Gene Hackman und seine Frau wurden tot in ihrem Haus in New Mexiko gefunden. Beide Leichen zeigten Spuren von Mumifikation. Ob sich daraus neue Erkenntnisse ergeben, erklärt der Kriminalbiologe Mark Benecke.

Nach dem Tod von Hollywood-Legende Gene Hackman und seiner Ehefrau, Betsy Arakawa, stehen die Ermittler weiterhin vor einem Rätsel. Denn nach wie vor ist unklar, wie das Paar gestorben ist. Zudem sollen beide Leichen ersten Erkenntnissen zufolge bereits Mumifikation an Händen und Füßen gezeigt haben. Während Mumifizierung eine künstlich vom Menschen betriebene Technik zur Konservierung eines Körpers ist, ist von Mumifikation die Rede, wenn eine Mumie nicht aufgrund menschlichen Eingreifens, sondern aufgrund eines natürlich ablaufenden Prozesses entsteht. Das heißt, eine Leiche vertrocknet auf natürliche Weise.

Was sich aus diesem Zustand einer Leiche "ablesen" lässt, fragt t-online den Kriminalbiologen Dr. Mark Benecke.

t-online: Wodurch entstehen Mumifikationen?

Mark Benecke: Wenn es nicht gerade knochentrocken ist, verwesen Leichen "von selbst", und zwar durch Bakterien im Körper und das "Zerfließen" der Zellen. Ohne biologische, chemische "Lebens-Energie" hält der Körper nicht mehr zusammen und löst sich von selbst auf.

Menschen bestehen fast nur aus Wasser. Vertrocknungen entstehen, wenn warme Luft das Wasser aus dem Körper aufnimmt und wegleitet. Das ist wie im Alltag, wenn wir beispielsweise ein Handtuch trocknen.

Was sagt der ausgetrocknete Zustand des Körpers über den Todeszeitpunkt aus?

Wenig bis gar nichts. Fäulnis und Vertrocknung laufen sehr unterschiedlich und je nach Lagerung, Körperbau, Bekleidung, Fundort und so weiter ab. Ganz früh können die Kolleginnen und Kollegen aus der Rechtsmedizin noch durch Muskel-Messungen, die Temperatur im Körperinneren und dergleichen den Todeszeitpunkt ermitteln. Danach lassen Schlussfolgerungen über den Todeszeitpunkt nur noch biologische Techniken zu, etwa Insekten auf der Leiche und die bakterielle Besiedlung. Vertrocknete Leichen – also Mumien – können Jahrtausende erhalten bleiben.

Gene Hackman war 95, seine Frau Betsy Arakawa 63 Jahre alt. Inwiefern hat das Alter Einfluss bei Verwesung und Mumifizierung beziehungsweise Mumifikation?

Früher waren alte Menschen meist schlank, daher sind sie nach dem Tod leichter ausgetrocknet, denn sie hatten weniger dicke Gewebeschichten. Heutzutage ist es mal so, mal so.

Foto: Claus Pütz

In Santa Fe herrschen Temperaturen über 30 Grad. Welche Rolle spielt die Hitze bei Verwesungen und Mumifizierungen sowie Mumifikationen?

Feuchte Hitze finden Bakterien gut, die zu Fäulnis führen. Trockene Hitze führt zu Vertrocknung, also Mumifizierung.

Ab welchem Grad der Verwesung wäre eine Identifizierung nicht mehr möglich?

Das ist nie ein Problem. Erbgut findet sich notfalls in den Zähnen, Knochen oder Haaren.

Zuvor vermutete die Tochter von Hackman den Tod durch eine Kohlenmonoxidvergiftung. Welche Verwesungen und Mumifizierungen können dadurch auftreten?

Das macht nur ganz am Anfang einen Unterschied beim Aussehen der Leiche: Solche Leichen haben auffallend "leuchtend" rote Toten-Flecke. Abgesehen davon spielt es keine Rolle.

Berichtet wurde auch, dass die Tür des Hauses womöglich offen war. Könnte das Kohlenmonoxid entweicht und deswegen nicht mehr nachweisbar sein?

Das kann sein, allerdings ist die Frage, wann die Türe geöffnet wurde. Wenn sie die ganze Zeit offen war, hätte das Gas durch die Türe entweichen können und wäre dann eher nicht tödlich gewesen.

Mehlwurmpulver in Lebensmitteln: Wie werden essbare Insekten unsere Ernährung verändern?

Quelle: Tagesspiegel (Berlin), 25. Febr. 2025

Mehlwurmpulver im Apfelkompott oder geröstete Grillen zum Salat? Ob sichtbar oder nicht – Insekten werden zunehmend als Nahrungsquelle genutzt. Fachleute ordnen ein, was auf dem Menü stehen könnte.

Von Kathleen Oehlke, Martin Smollich & Mark Benecke

Mark Benecke – Es ist weder eklig noch gesundheitsschädlich, Mehlwürmer zu sich zu nehmen. Wer aber meint, dass es für die Umwelt besser sei, statt Steaks und Schnitzel nun Insekten zu verspeisen, irrt. Insekten sind Tiere und egal, ob es sich um Kühe oder Mehlwürmer handelt, braucht es für deren Produktion viel mehr Landflächen, Wasser und Energie als für pflanzliche Nahrungsmittel. Deshalb empfiehlt der Weltklimarat IPCC und fast alle neuen Studien pflanzliche Ernährung und Verzicht auf tierische Produkte. Das heißt auch: keine Insekten. Anstelle von Rindfleisch Insekten zu essen, das wäre vielleicht vor ein paar Jahrzehnten noch ein kleiner, in die richtige Richtung führender Schritt gewesen. Aber die Zeit der kleinen Schritte ist im Klimaschutz längst vorbei. Zum anderen findet gerade ein dramatisches Massensterben von Insekten statt. Weltweit schrumpft sowohl die Menge der Insekten als auch die Zahl der Insektenarten. Da ist es nicht gerade hilfreich, sie jetzt als Nahrungsmittel zu etablieren.

Kathleen Oehlke – Mehlwürmer, die in der EU als neuartige Lebensmittel zugelassen sind, enthalten nach unseren Untersuchungen bis zu 30 Prozent Eiweiß, zwischen sechs und 23 Prozent Fett, bis zu 70 Prozent Wasser und etwa sechs Prozent andere Substanzen, wie Mineralstoffe. Der Eiweißgehalt kann durch gezielte Fütterung erhöht werden. Das Eiweiß enthält alle für den Menschen essenziellen Aminosäuren und ist so gut verdaulich wie das von Fisch oder Fleisch. Allerdings ist das Potenzial von Mehlwürmern zu beachten, allergische Reaktionen hervorzurufen. Der Fettanteil steigt an, je älter die Mehlwürmer werden. Er kann durch gezielte Fütterung reduziert werden. Auch die Qualität des Fettes kann stark beeinflusst werden. Fressen die Larven zum Beispiel Lein- oder Chiasamen, verändert sich das Verhältnis von Omega-6- zu Omega-3-Fettsäuren auf einen für die menschliche Ernährung günstigen Wert. Ob dies auch besonders nachhaltig mit Reststoffen aus der Lebensmittelherstellung als Futter gelingen könnte, wird gerade erforscht.

Martin Smollich – Unsere Essgewohnheiten prägen uns und Menschen sind in diesem Bereich äußerst konservativ. Deshalb werden Insekten in den nächsten Jahrzehnten in Deutschland keine große Rolle spielen. Global sieht das anders aus. Insekten werden künftig sicher häufiger verzehrt, insbesondere in verarbeiteter Form, etwa als Pulver. Was Menschen abschreckt, ist ja, wenn Insekten klar als solche erkennbar sind. In verarbeiteter Form könnten Insekten in der Nahrung hingegen akzeptiert werden – in Gummibärchen stecken schließlich auch Schlachtabfälle. Es gibt auch keinen Grund, warum Insekten prinzipiell weniger gesund sein sollten. Wenn man sich die ökologischen Folgen des Fleischkonsums vor Augen führt, ist eine nachhaltigere Alternative in Form von Insekten definitiv sinnvoll. Global betrachtet haben wir eine drastisch steigende Nachfrage nach Proteinen und Fleisch. In Deutschland allerdings stellt sich die Frage nach der Notwendigkeit von Insekten als Proteinquelle kaum, da wir bereits ein Überangebot an Fleischprodukten haben.

Baltimore USPS U.S. Postal Service

Die Post in den USA steht vor großen Umwälzungen 🏤 Viele Gebäude stehen schon halb leer. Hier das tolle Postal Office in Baltimore mit wunderschönen Postfächern 📨

Use photos only with written permission of photographer Mark Benecke.

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Oberbürgermeister-Wahl Köln 2025: Die Kandidierenden

Quelle: Kölner Bilderbogen – Das Stadtmagazin, März 2025, Ausgabe 793

Wann wurden Sie geboren? Wo wurden Sie geboren?

In Zollstock aufgewachsen, während des Studiums in Nippes gewohnt, dann in die Südstadt gezogen.

Welche Ausbildung/welches Studium haben Sie absolviert? Beruf?

Biologe.

Seit wann sind Sie in Partei?

Landesmutter der NRW-PARTEI seit 2010.

Welche politischen Tätigkeiten haben Sie bisher ausgeführt/welche politischen Ämter hatten Sie bisher inne?

Dritter bei der OB-Wahl in Köln 2015, Landesmutter NRW seit 2010, Sprecher (Umweltveränderungen) im Europaparlament 2018 und 2022, bei allen Landtags-, Europa- und Bundestagswahlen seit 2010 als Kandidat auf dem Wahlzettel.

Seit wann leben Sie in Köln?

1973.

Was befähigt Sie für das Amt des Oberbürgermeisters/der Oberbürgermeisterin?

Ich sehe in meinem Beruf täglich, dass Menschen denken, anstatt zu messen. Das hat in Köln 2000 Jahre lang gut geklappt und ist auch janz jemötlisch. Jetzt wird’s aber Zeit für jemanden, der im Zweifel auch mal misst und Tat sachen in die Augen schaut, anstatt immer nur zu klüngeln, zu kuschen und zu kuscheln.

Welche Aufgaben wollen Sie in Köln schwerpunktmäßig angehen? Welche zuerst?

Als Erstes den Rückbau der Kölner Oper in den Grundzustand.

Dann weniger Klima, aber mehr Schnee im Winter sowie grundsätzlich mehr Glitzer überall.

Straßenreinigung nur noch mit Kölnisch Wasser, damit es gut riecht. Mauerbau Richtung Düsseldorf. 

Mehr Metal Core, mehr Einhörner, aber weniger Pfeffer im Essen, wenn ich für Gäste koche. Wiedereröffnung des Colonius für Partys

Verkauf eines Turmes des Kölner Domes, um Geld in die Stadt zu spülen. Zuletzt mehr Zimmerspringbrunnen.

Diese Forderungen stammen alle von Wählerinnen und Wählern und sind tagesaktuell hier zu finden. Ich will, was die Wählenden wollen! 

Meine englische Freundin wünscht zudem, dass wir in Köln täglich fünf Obst- und Gemüse-Mahlzeiten zu uns nehmen, das ist ja auch keine schlechte Idee. Meine Frau und ich habe auch schon tolle OB-Roben gekauft, das brauche ich also gar nicht mehr versprechen, aber wir werden verdammt gut aussehen als First Ladies.

Sachsen-Fernsehen: Eröffnung des Tages der Seltenen Erkrankungen (ACHSE e.V.

Quelle: Sachsen-Fernsehen, Kristian Kaiser, 28. Febr. 2025

"Selten Allein" zu seltenen Erkrankungen im Dresdner Hauptbahnhof

Kunstausstellung im Hauptbahnhof Dresden 

Der 28. Februar ist "Tag der seltenen Erkrankungen". Eine neue Kunstausstellung im Dresdner Hauptbahnhof zeigt Bilder von Betroffenen, die ihre Erkrankung grafisch verarbeitet haben. Heute wurde die Ausstellung eröffnet, unter anderem dabei war auch der bekannte Kriminalbiologe und Forensiker Dr. Mark Benecke. 

Seltene Erkrankungen sind tatsächlich gar nicht so selten, es gibt davon etwa 8.000 verschiedene, manche davon mit nur einer Handvoll Patienten weltweit. Oft ist es extrem schwierig, sie zu diagnostizieren, eine wahre Detektivarbeit für Ärzte und letztlich die Patienten selbst. Dr. Marc Benecke - Deutschlands bekanntester Forensiker und Kriminalbiologe, hat heute die Ausstellung "Selten allein" als deren Botschafter im Dresdner Hauptbahnhof eröffnet. Er beschäftigt sich schon lange mit seltenen Krankheiten, betreibt unter anderem einen Youtube-Kanal, auf dem er Betroffene zu Wort kommen lässt: 

Fast 50 Kunstwerke haben Betroffene einer solchen seltenen Erkrankung in den vergangenen Monaten gestaltet, davon wurden 19 Bilder für die diesjährige Ausstellung von einer Jury ausgewählt. Die großformatigen Bilder sind an verschiedenen öffentlichen Orten in ganz Deutschland zu sehen, ab sofort auch hier im Dresdner Hauptbahnhof. Eines der Bilder wurde von Marion Seel gestaltet — sie leidet an Hypophosphatasie — einer seltenen, vererblichen Störung im Knochenstoffwechsel. Aber es wurde nicht wieder besser, der Hausarzt war ratlos. Letztendlich kam Marion Seel ihrer Krankheit selbst auf die Spur. 

Immerhin, die Diagnose sei ein wichtiger Schritt — da ist eine Heilung aber noch weit entfernt und oft auch nicht möglich — so Professor Reinhard Berner vom Centrum für seltene Erkrankungen im Uniklinikum Dresden. Für Marion Seel war die Diagnose das Ende einer fünfjährigen Ärzte-Odyssee. Jetzt kennt Sie ihren Gegner, auch wenn er sich wohl nicht endgültig besiegen lassen wird. 

In der Arbeitswelt des Kriminalbiologen Mark Benecke ist sein Gegenüber meist nicht mehr am Leben, anhand von etwa Maden oder Insekten versucht er dahinterzukommen, was der Grund dafür war. 

Zur Suche nach der Diagnose einer seltenen Krankheit sieht der Forensiker durchaus Parallelen: Da die seltenen Krankheiten jeweils nur wenige Patienten betreffen, gibt es auch weniger Studien, und weniger etablierte Therapien als etwa bei häufigen Volkskrankheiten. Medikamente speziell zur Behandlung einer seltenen Krankheit sind noch seltener, und dann oft nahezu unbezahlbar. 

Die Ausstellung "Selten Allein" ist ab so fort in der Kuppelhalle des Dresdner Hauptbahnhofes zu sehen. Alle Kunstwerke und weitergehende Informationen gibt es im Internet unter www.seltenallein.de«  


Sherlock-Holmes-Hörspiele (Bayrischer Rundfunk / BR) 🔎

Holmes-Fan ist auch der forensische Biologe Mark Benecke, der Anfang Februar in den USA bei einer wissenschaftlichen Tagung war und die Kolleginnen und Kollegen mit der neuen politischen Situation in den USA konfrontiert sah. Wissenschaftliche Grundsätze seien wichtiger denn je. Seinen fast eine Millionen Followern auf sozialen Medien empfiehlt er: Sherlock.

Mark Benecke: »Sherlock Holmes wäre sehr gerne hier. Wir sind auf der Jahrestagung der Gesellschaft für Rechtsmedizin, Kriminalistik und Kriminalbiologie in den Vereinigten Staaten und hören die ganze Zeit eine Regel, die Arthur Canon Doyle geprägt hat: "Schließe durch Messungen, nicht durch Denken, alles aus, was nicht sein kann. Und das, was übrig ist, muss stimmen, egal ob es wahrscheinlich oder unwahrscheinlich ist." 

Deswegen: Lauscht Sherlock Holmes, denn Arthur Canon Doyle hat meinen Beruf erfunden. Kein Witz.

Neue Auflage der Sherlock-Holmes-Hörspiel-Serie beim Bayrischen Rundfunk 🕵️‍♂️

Ausflug zum Sherlock (Artikel)

Sherlock Holmes und dessen Untersuchungsmethoden (Artikel)

Ich sehe das wie Sherlock Holmes (Artikel)


ARD Audiothek und Dr. Mark Benecke: Benecke & Holmes

Dr. Mark Benecke ist nicht nur einer der bekanntesten Kriminalbiologen weltweit, er ist auch von Anfang an Mitglied in der „Deutschen Sherlock-Holmes-Gesellschaft“. Der Deutschlandfunk bezeichnete ihn sogar mal als „Sherlock Holmes der Neuzeit“.

Für ihn und alle anderen alten und neuen Holmes-Fans haben wir ein großartiges Angebot jetzt exklusiv bei uns in der ARD Audiothek: Sechs spannende Fälle aus den 1960er-Jahren – „Aus der Chronik des Dr. Watson“.

Und falls ihr euch jetzt fragt, wie ein Autor eine ganze Naturwissenschaft beeinflussen kann: Eine Regel, die in der Kriminalbiologie bis heute fest zum Repertoire gehört, geht auf Sir Arthur Conan Doyles Kultfigur Sherlock Holmes zurück: „Schließe durch Messungen nicht durch denken alles aus, was nicht sein kann und das was übrig bleibt, muss stimmen, egal ob es wahrscheinlich ist, oder unwahrscheinlich ist.“

#MarkBenecke #Sherlock #Homes #SherlockHolmes #Hörspiel #ARD #ARDAudiothek

Beim Herrn der Maden ist der Gruselfaktor inklusive

Quelle: Stuttgarter Zeitung, Nr. 15, Lokales, 20. Januar 2025, Seite 17

Von Michael Käfer

Der Kriminalbiologe Mark Benecke füllt den Hölderinsaal mit 1423 Menschen, die sich für „Insekten auf Leichen“ interessieren.

Um eins vorweg zu nehmen: Dass Mark Benecke den Titel seines Vortrags nicht mit Leben gefüllt hätte, das hat dem Kriminalbiologen am Freitagabend keiner seiner 1423 Zuschauer vorgeworfen. Sie alle waren - viele zum wiederholten Mal - in den Hölderlinsaal der Schwabenlandhalle geströmt, um sich zum Thema „Insekten auf Leichen" gruselnd unterhalten zu lassen. Im Schnellsprech, fast ohne Versprecher und mit der Präzision eines Schweizer Uhrwerks, doziert der wohl bekannteste forensische Entomologe Deutschlands über das Vorgehen beim Auffinden von Leichen. Zu Beginn prangt das scheinbar unscheinbare Foto einer Küche auf der Leinwand. Leicht zu übersehen: rotbraune Spritzer an der Wand, auf die der gebürtige Rosenheimer mit Wohnsitz in Köln pflichtschuldigst hinweist. Blut oder doch nur Tomatensoße? Das ist hier die Frage. Ein Zimmer weiter liegt noch die Bettwäsche im Design des Fußball-Bundesligisten Bayern München neben den beiden Fernsehern, die Mark Benecke dem jüngeren Teil des Publikums halb scherzhaft als Kathodenstrahler vorstellt. Übergangslos geht es ins Wohnzimmer weiter. Dort sitzt ein toter Mann mit freiem Oberkörper in einem dunklen Sessel. Dem Zustand der Leiche zufolge hatte er es sich ganz offensichtlich nicht erst zur Tagesschau am Vorabend dort bequem gemacht. Teile des toten Körpers sind bereits in Auflösung begriffen, andere Stellen wiederum sind von weißen Maden bedeckt. „So sehen Sie auch einmal aus", sagt der 54-Jährige in das dezente Aufstöhnen seiner Zuhörer hinein. Der von Stelle zu Stelle abweichende Erhaltungszustand der Leiche erklärt sich durch das unterschiedliche Mikroklima: Manche Körperteile lagen etwas mehr im Luftzug und trockneten deshalb aus. Die Insektenlarven wiederum machen sich nur über feuchte Stellen her. Ein Befall mitten auf der Brust könnte also auf eine Verletzung hindeuten.

Woran der Mann letztlich gestorben ist bleibt allerdings unbekannt. Obwohl Mark Benecke ständig mit Leichen zu tun hat, erfährt er oftmals nicht die Todesursache. Sie festzustellen ist schließlich Aufgabe der Rechtsmediziner: „Ich bin Biologe und kein Arzt." Benecke konzentriert sich auf das Messen und Experimentieren. Die Interpretation der Ergebnisse überlässt er Polizei und Gericht. Wie strukturiert der umfangreich tätowierte Insektenkundler zu Werke geht, zeigt sich schon vor der gut dreistündigen Veranstaltung im Umgang mit den Fans, deren Schlange einmal quer durch den Saal reicht. Möglichst vielen will er ein Selfie oder ein Autogramm ermöglichen, aber eine Viertelstunde vor Beginn der Gruselshow wird abgebrochen. Ein zweiter Versuch ist erst wieder in der exakt dreißigminütigen Pause möglich, deren Ende von einem Wolfsgeheul eingeläutet wird. Nach dessen Abklingen dürfen die Besucher abstimmen, ob sie einen Kurzfilm über verwesende Ferkel sehen wollen. Erstaunlicherweise entscheidet sich die Mehrheit für das Werk, das dem Horrorfilm-Regisseur Jörg Buttgereit zu eklig war, weshalb er sich auf die Rolle des künstlerischen Leiters beschränkte. Sieben Tage lang zersetzten sich die Ferkel mit Hilfe von Maden bis auf die Knochen – beobachtet von Beneckes fast ausschließlich weiblicher und offenbar olfaktorisch abgestumpfter Studentenschar. Eine andere Art des Horrors gab es zum Schluss, als Benecke auf die medizinischen Verwendungsweisen von Maden hinwies. Bei zwei noch lebenden Frauen beispielsweise, denen die Schädeldecke entfernt worden war, beseitigten die Tiere Fäulnisspuren im Gehirn. Unbehandelte Krebserkrankungen hatten dazu geführt. Ohne die reinigenden Maden wären die Frauen – ebenso wie ein Mann mit madenüberzogenem Unterschenkel – längst gestorben. Für Andreas Mihatsch, den Chef des Tourveranstalters Expedition Erde ist Mark Benecke ein Phänomen, der mit wissenschaftlicher Präzision spannende Themen präsentiert: „Wir hätten 300 bis 400 Karten mehr verkaufen können."

Würde mein Haustier mich nach meinen Tod fressen? Ja

Quelle: Stern, Wissen, 16. Februar 2025

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Von Nicole Simon

Wer allein zu Hause stirbt, muss damit rechnen, von seinem Haustier angefressen zu werden. Katzen etwa verspeisen gern die Lippen. Doch auch ganz andere Tiere beißen zu.

Die Polizisten erwartete ein grausiges Bild, als sie die Wohnung eines 53-jährigen Mannes betraten. Die Leiche des Verstorbenen lag auf dem Rücken, Teile des Gesichts, seines Halses, seiner Brust und seines rechten Oberarms fehlten. Ein Fragment von Lungengewebe fand sich neben seinem linken Bein, während der Boden der Küche im Erdgeschoss mit Abfällen übersät war. So beschrieben vier Forschende den Fund vor Jahren in einer amerikanischen Fachzeitschrift. Und noch etwas erwähnten sie: “Ein deutscher Schäferhund, der dem Verstorben gehört hatte, befand sich am Tatort.”

Warum gerade dieses Detail so wichtig ist, ergibt sich aus dem Namen der Veröffentlichung: “Postmortale Verletzungen durch Haustiere.” Vier Fälle von Leichenfraß durch Hunde und Katzen beschreiben die Forschenden darin. Der 53-jährige Mann, der an Diabetes und Herzproblemen litt und eines natürlichen Todes starb, war einer von ihnen.

Geht man in den Datenbanken der Wissenschaft auf die Suche, findet man Dutzende dieser Berichte. Auch wenn kein Besitzer gern darüber nachdenkt, aber sollte man allein in seiner Wohnung sterben, kann der Körper für die geliebten Fellpfoten buchstäblich zu einem gefundenen Fressen werden.

“Ich habe schon einige Leichen gesehen, die von Haustieren angefressen wurden”, erzählt der Kriminalbiologe Mark Benecke. “Früher kam das häufiger vor, als es keine Pflegeversicherung gab und die Menschen auch aufgrund von psychischen Störungen, Alkoholismus oder Drogenmissbrauch noch ganz anders sozial vereinsamt sind.”

Einsamkeit und Isolation sind wahrscheinlich die wichtigsten Stichworte bei diesen Funden. Die wenigsten Haustiere machen sich direkt nachdem das Herz ihrer Besitzerin und Besitzer nicht mehr schlägt, über deren Leichnam her. In der Regel werden Verstorbene gefunden, bevor die pelzigen Gefährten zu fressen beginnen. Hunde machen zudem oft durch Bellen und Winseln auf sich aufmerksam, wenn sie sich zurückgelassen fühlen.

Was aber, wenn sich niemand Sorgen um den älteren Nachbarn macht? Wenn das Bellen nebenan zwar stört, aber niemanden alarmiert? Dann kann es tatsächlich zu Szenen wie der oben beschriebenen kommen. “Aasfresserei von Wirbeltieren an menschlichen Überresten ist ein häufiges Phänomen bei der forensischen Untersuchung von Fällen weltweit”, schreibt die Humanbiologin Sandra Lösch von der Universität Bern in der Fachzeitschrift “Forensic Science”. Genaue Zahlen fehlen allerdings, da sie nicht systematisch erfasst werden. Auch weiß man noch nicht, wie genau es dazu kommt.

Einige Forschende gehen davon aus, dass Hunde und Katzen mit Lecken im Gesicht versuchen, den Menschen zu wecken. Möglicherweise geht das Lecken irgendwann in Beißen über. Mark Benecke vermutet, dass Hunger und Durst die größte Motivation sind, den Leichnam zu fressen.

Auch spielen die Rasse und das Sozialverhalten der Tiere eine Rolle.

Was hat dich dazu gebracht, dich für Tiere einzusetzen?

Quelle: Tierschutzpartei / PARTEI MENSCH UMWELT TIERSCHUTZ

Foto: Julian Pawlowski

Dr. Mark Benecke ist nicht nur Kriminalbiologe, sondern auch eine bekannte Stimme für den Tierschutz. Wir haben ihn interviewt, weil er seit Jahren öffentlich für die Rechte der Tiere einsteht – mit klaren, direkten Worten. In den nächsten drei Beiträgen teilen wir seine Antworten auf unsere Fragen zum Tierschutz und zur politischen Verantwortung.

Heute erzählt er, warum es für ihn nie eine Frage war, sich für Tiere einzusetzen – und wie ein TV-Auftritt ihn in der öffentlichen Wahrnehmung als Tierrechtsstimme bekannt machte.

Unsere erste Frage: Was hat dich dazu gebracht, dich für Tiere einzusetzen?

Seine Antwort:

"Fand ich selbstverständlich. Ich habe schon als Kind in einem Schulaufsatz geschrieben, dass ich es unangenehm und rätselhaft finde, dass Schweine in Lastwagen neben unserem Familienauto herfahren.

Für die öffentliche Wirkung hat ein im Internet immer noch weit verbreiteter Auftritt bei der Fernsehsendung 'Hart aber fair' des WDR gesorgt. Dort war die esoterisch angehauchte Barbara Rütting die einzige, die menschlich gesprochen hat. Die anderen Teilnehmer (alles Männer) aus der Unterhaltungs-, Tier- und Fleischindustrie waren wie gezeichnete Karikaturen restlos veralteter, der Wirklichkeit entrückter Herren.

Später hat PETA mich als Botschafter für Meerestiere angesprochen und mir in Ruhe und Freundlichkeit immer gute Hinweise gegeben."

Edgar Allan Poes Grab in Baltimore 🪦

Schnecken, Raben & Vampire: Das Grab von Edgar Allan Poe in Baltimore 🦇 🖤 ⚰️

Gianluca Grimalda (Film, 2025)

Kennt ihr diesen Mann? Vermutlich schon: Es ist der Klima-Forscher, der in Deutschland gefeuert wurde, weil er seine Reise nicht mit dem Flugzeug durchführte, sondern für ein Zehntel des Kohlenstoff-Dioxides mit Schiff, Bus und Zug.

Er verlor bei der monatelangen Arbeits-Reise nicht nur seine berufliche Stelle (obwohl er "auf Tour" ganz normal weiter arbeitete), sondern auch seine Lebens-Beziehung und sein gesamtes Geld. Sein Vater macht sich derweil Sorgen und hofft vor allem, seinen Sohn zu Weihnachten wieder zu sehen. Forscher-Kollege Gianluca Grimalda hat während der gesamten Zeit gefilmt, auch in den entlegensten Ecken der Welt und unter fürchterlichen Anstrengungen (ich kann das echt nachvollziehen, die angeblich "romantischen" Orte der Welt sind meist die anstrengensten). 

Paolo Casalis hat ein tolles Road Movie aus den hunderten Stunden Film-Material geschnitten Schaut euch an, wie Reisen und Forschen auch anders geht.

Auf deutsch heißt der Film "Der Wissenschaftler" und kommt am 25. Februar 2025 in die Kinos und ins Netz, auf englisch heißt er "The Researcher", auf italienisch "Il Ricercatore".

Sehr herzlich eure: Markito nebst Gianluca & Paolo (Produzioni Fuorifuoco)  


A first step on the road to climate conscientious objection

An act of private, but civil, disobedience

A letter by Dr. Gianluca Grimalda

It’s been a very long year. On the 27th September 2023, I received the invitation to attend an apparently normal work videocall, I would have not expected to become, within a week, the first employee to be fired for his refusal to take a plane to reduce his emissions. I was at the end of my fourth fieldwork in Bougainville, Papua New Guinea, studying societal adaptation to climate change and market integration. I had been slow-travelling for about 13 years, inspired by the slow-travel journey made by the Scientists for Global Responsibility when travelling from Europe to Kyoto for COP3 in 1997. Travelling by land and sea, as opposed to taking a plane, reduces emissions approximately by 10 times. I was extremely grateful to the Kiel Institute for the World Economy (IfW) to have approved 31 research-related trips for a total of 261 days during the 10 years I had been working with them. 

In this videocall, the IfW President requested me to return in 5 days or be fired. I knew that my fieldwork had suffered a massive delay, due to circumstances outside my influence.  As much as I would like, I am unable to control armed robberies, volcano activity, and other such circumstances. I could fully understand that, according to the original travel plan, I should have already been in Germany at that time. However, my presence in Germany was not required. I didn’t teach, and all our departmental meetings took place online. There was nothing I would have done in Kiel that I couldn’t have done while travelling.

For that reason, my conscience as a citizen aware of a possible imminent climate collapse said I could not agree to that request. my belief in the need to do all of what I can to avert climate collapse inormed my decision, in line with my work my employer’s ethics, to refuse high carbon flying. Already slow-travelling to Papua, emitting 500kg of CO2, was something I didn’t take lightly.  When I communicated my decision to the Institute and to the public, I had no idea what kind of impact my action would have had. Some journalists told me none would have taken any notice. Not a single friend or colleague told me I was doing the right thing.Even so, I remained convinced of my action.  I had promised to all the thousands of people I had met in the 30 villages I visited for my research that I would do my best to reduce my personal emissions. These people are already suffering because of climate change. The first people recognised as climate refugees, the inhabitants of the Carteret islands, are from this area. coastal communities had to relocate inland because of sea level rise). Residents said that food is getting scarcer and scarcer because of global warming and the dry season getting longer. About two thirds of Bougainville residents do nothave food security, because of CO2 induced climate change.. Getting on a plane would undermine any future research after I have already broken the trust they have in me. 

In January 2025, after more than a year of legal battles, I obtained the legal recognition that my contract termination, in the way it happened, was unlawful. After my first appeal at the Regional Labour Court was rejected in February, I accepted the settlement proposed by the Court in the second appeal. The settlement stipulates that the contract was terminated because of incompatible ideological convictions, rather than  a breach of contract from my side. Ultimately, this means that the dismissal for my refusal to take a plane was not justified. In the words of Jörn Broschat, the lawyer who would have defended me for free in case of defeat, “this legal case was a milestone in the emerging discussion about the rights of employees to stand up for their climate principles as part of their professional obligations”. In my view, this is the first step on the way to obtain the legal recognition of climate-based conscientious objector . Hopefully my case will inspire more employees, institutions and companies to actively support the transition from fossil fuel-based economies to decarbonized and people-centered societies. 

In view of the strained employer-employee relationship,, I agreed to receive a severance payment from IfW when I left my employment. Its exact amount can not be disclosed due to a confidentiality agreement. I intend to donate 75,000 euros, part of this severance payment, for the purpose of environmental and climate protection and climate activism. 

I want to donate to many groups, as I'm convinced that we need action on several fronts to create the massive system change that is needed. The largest part of my donations will go to Scientist Rebellion, with whom I have participated in several actions after the failure of COP26. It also includes other groups, like Juststopoil and Extinction Rebellion, whose members have put their whole lives on the line to raise the alarm on the unfolding climate crisis. I'll also donate to GiveDirectly,which has a program of direct cash transfers to African people exposed to climate change.

Overall, I feel proud of what I have achieved, but also anxious because I am still jobless. In spite of many job applications I submitted, my search for a job has been unsuccessful thus far. I am still confident I will find something by the start of the next academic year. In the meantime, I have got funding to travel to Bougainville again, to complete the research started in previous fieldworks. I am happy I am able to keep my promise to the local communities that I will share with them what we have learned about adaptation to climate change.

If you want to sustain me financially: https://ko-fi.com/ggrimalda 

If you want to know more about my journey, the film director Paolo Casalis has made a documentary about it, available for download and streaming here: https://www.produzionifuorifuoco.it/portfolio_researcher.html . All the scenes in the movie were shot by myself (or friends) with my mobile phone and a gimbal. I forfeited all royalties to the film director, to have the opportunity to talk about climate change to a larger public than what I could normally speak to.

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Selten allein

Ausstellungseröffnung mit Mark Benecke: 28. Februar 2025

Im EinkaufsBahnhof Dresden, ab ca. 13 Uhr

Mehr Infos auf www.seltenallein.de

„Wie bei einer verkorksten Bahnfahrt ist das Leben mit einer Seltenen Erkrankung eine Reise ins Ungewisse. Die Ausstellung Selten allein. Unsere Kunst macht anderen Mut zeigt, dass niemand diesen Weg alleine erleben muss.“ – Dr. Mark Benecke

Rund vier Millionen Menschen in Deutschland leben mit einer Seltenen Erkrankung. Viele von ihnen erleben jahrelange Irrwege auf der Suche nach einer Diagnose oder Therapie, oft begleitet von Unsicherheit und fehlender Sichtbarkeit. Der Rare Disease Day macht am letzten Tag im Februar weltweit auf diese Realität aufmerksam – und zeigt gleichzeitig, dass niemand allein ist.

Ein besonderer Ort der Begegnung entsteht am 28. Februar 2025 in Dresden: Die Ausstellung „selten allein“ gibt Menschen mit Seltenen Erkrankungen eine Stimme. Ihre Kunst erzählt persönliche Geschichten, macht Mut und lädt dazu ein, eine oft übersehene Lebensrealität kennenzulernen.

Wir freuen uns, dass Dr. Mark Benecke die Schirmherrschaft übernommen hat und bei der Eröffnung sprechen wird. Denn Seltene Erkrankungen sind mehr als medizinische Diagnosen – sie sind echte Geschichten, reale Herausforderungen und oft auch faszinierende wissenschaftliche Rätsel, die noch nicht vollständig gelöst sind. Die Ausstellung richtet sich an alle, die sich für Kunst, Wissenschaft und das Leben mit Seltenen Erkrankungen interessieren. Für Betroffene ist sie ein Ort des Wiedererkennens und der Verbindung, für alle anderen eine Gelegenheit, neue Perspektiven zu entdecken.

Noch mehr spannende Fakten rund um Seltene Erkrankungen gibt es in der Videoreihe von Mark Benecke auf YouTube

„selten allein“ ist eine gemeinsame Aktion von Mein EinkaufsBahnhof, Ketchum, IKK classic und Allianz Chronischer Seltener Erkrankungen (ACHSE) e.V. 

#SeltenAllein #SelteneErkrankungen #RareDiseaseDay #Ausstellung #ReiseInsUngewisse #WissenschaftlicheRätsel #MarkBenecke #Forensik

Experteninterview Zukunftsarbeit

Anfissa Sophia Kaschte

Steinmühle Schule & Internat, Marburg-Cappel 

Anfissa Sophia Kaschte (Anfrage und Fragen):

Lieber Dr. Mark Benecke,

Mein Name ist Anfissa Kaschte. Ich wurde durch meinen Vater, Alexander Kaschte, aufmerksam auf Sie gemacht. Ich interessiere mich sehr für True Crime, also habe ich mich entschieden, meine „Zukunftsarbeit”, eine Ersatzarbeit für den Deutschunterricht, in diesem Themenbereich anzusiedeln. In der Zukunftsarbeit, auch „Forscherarbeit” genannt, befasst man sich mit einem ausgewählten Thema und der Zukunft dieses Themas.

Um jedoch eine gute Benotung zu bekommen, muss man ein Interview mit einem Experten führen. Da ich mich schon viel mit Gerichtsurteilen, Strafen und öffentlichen kontroversen Fälle befasst habe, möchte ich mehr über „das Innere”, die Spuren und die Untersuchungen erfahren.

Nur zu gerne würde ich dieses Experteninterview mit Ihnen führen, denn Sie sind eben ein echter Expert, wenn es um diese Themen geht. Ich habe acht Fragen an Sie und ich wäre sehr erfreut, wenn Sie mir meine Fragen beantworten könnten. Dies sind die Fragen:

1. Wie hat sich Ihre Arbeit im Laufe der letzten 20 Jahren verändert und hat sich Ihre Arbeit durch die Erfindung des Internets oder bestimmter Geräte vereinfacht?

2. Durch was könnte sich Ihre Tätigkeit in der Zukunft vereinfachen?

3. Wo sehen Sie sich in der Zukunft? (Werden Sie weiterhin an Leichen arbeiten? Wird Ihnen der Job irgendwann „genug”? Sehen Sie sich in der Zukunft auch in anderen Bereichen? Haben Sie schon etwas geplant? usw.)

4. Wodurch unterscheiden sich Gewalttaten in verschiedenen Ländern?

5. Sind Ihnen Tiere in Ihrem Job wichtig und hat Ihre Arbeit Ihre Einstellung zu Tieren verändert?

6. Was ist Ihre Meinung zur Todesstrafe?

7. Gab es einen Fall, bei dem Sie eine Spur gesehen haben, die Sie noch nie zuvor gesehen haben?

8. Werden Ihre Untersuchungen in der Zukunft helfen, Morde zu verhindern?

Dr. Mark Benecke (Antworten):

Dear Anfissa

1. Wie hat sich Ihre Arbeit im Laufe der letzten 20 Jahren verändert und hat sich Ihre Arbeit durch die Erfindung des Internets oder bestimmter Geräte vereinfacht?

Ich arbeite noch stark „mit der Hand", also mit einfachen Vergrösserungsgeräten:

→ Mumien von Palermo

Manchmal machen wir Hightech:

→ Augmented Gehirn-Scan mit 3D-Brille

→ Berührungslose 3D-Scan-Technologie und -Datenbrille

Grundsätzlich hat mich natürlich die Einführung genetischer Fingerabdrücke geprägt:

Veröffentlichungen “DNA”

2. Durch was könnte sich Ihre Tätigkeit in der Zukunft vereinfachen?

Wenn noch mehr Energie und Geld in Vorsorge gesteckt wird. Dann gibt es weniger Verbrechen:

Jugendkriminalität

Dazu zählt auch die faire und gute Behandlung von psychischen Erkrankungen und der Minderung von Armut. Beides hat sich schon stark gebessert; entsprechend sinken die Zahlen von Schwerverbrechen:

Mordopfer in Deutschland seit 1987

3. Wo sehen Sie sich in der Zukunft? (Werden Sie weiterhin an Leichen arbeiten? Wird Ihnen der Job irgendwann „genug”? Sehen Sie sich in der Zukunft auch in anderen Bereichen? Haben Sie schon etwas geplant? usw.)

Ich mach meinen Job gerne und es wird auch in Zukunft genug zu tun geben. Daher mache ich vermutlich weiter, es ist ja sehr interessant (für mich zumindest). Ich mache mir aber keine Gedanken über die Zukunft, da die Erde gerade stirbt und fraglich ist, ob es für Menschen überhaupt noch länger weiter geht wie gewohnt, das ist recht fraglich.

Umweltvorträge

4. Wodurch unterscheiden sich Gewalttaten in verschiedenen Ländern?

Im Kern gar nicht. In Ländern mit viel Machismo schauen Menschen bei Sexualdelikten und Gewalt gegen Frauen natürlich leichter weg.

Wo Menschen arm sind, haben sie oft auch keine Ansprechpartner;innen, so dass sich Gewalt und Wut dort leichter aufstauen können. Es kann auch aus anderen Gründen zu sozusagen "gefühlloser" Gewalt kommen, etwas Kolumbien und Mexiko:

In Mexiko ist es im Moment besonders schlimm: → Anzahl der Morde in Mexiko nach Geschlecht

5. Sind Ihnen Tiere in Ihrem Job wichtig und hat Ihre Arbeit Ihre Einstellung zu Tieren verändert?

Sie sind sehr wichtig → Veröffentlichungen "Forensische Entomologie"

Meine Einstellung hat sich nicht geändert, siehe neues Video dazu hier (am Anfang geht’s allerdings mehr um Bücher) → Thiere in Köln | Vortrag

6. Was ist Ihre Meinung zu der Todesstrafe?

Kann ich nicht beurteilen; ich arbeite öfters in Ländern, in denen die Todesstrafe von vielen Menschen für korrekt gehalten wird.

Ich war allerdings mal bei einer Sitzung der https://www.aafs.org/, weil ich früher als Biologe in der Rechtsmedizin New York gearbeitet habe und das (fast ganze) Jahr ohne Todesstrafen in den USA erlebt, vor ganz ungefähr zehn Jahren.

Arbeitsplatz New York

Exekutionen nach Staat und Jahr

Ich war echt erstaunt, dass die Zuschauer:innen von Todesstrafen, die oft unbedingt dabei sein wollen, wenn der verhasste Mensch stirbt, hinterher nicht so glücklich sind und teils schwer traumatisiert sind.

Scheint also doch nicht so toll zu sein, selbst, wenn Menschen dafür sind (in den USA sind etwas mehr als die Hälfte der Menschen für die Todesstrafe, aber sie wird in vielen Bundesstaaten nicht umgesetzt, siehe Infos oben im Link).

7. Gab es einen Fall, bei dem Sie eine Spur gesehen haben, die Sie noch nie zuvor gesehen hatten?

Jeden Tag. Wir schauen alles mit Kinderaugen an und staunen. Jeder Fall ist neu und wir betrachten im Labor alles unbefangen. Beispiel:

Insekten unter der Haut

Buchenwald-Lampenschirm aus Menschenhaut

8. Werden Ihre Untersuchungen in der Zukunft helfen Morde zu verhindern?

Die Gesprächen mit Mörder:innen und der Abgleich mit Spuren: Ja. daraus können wir ableiten, wie Vorbeugung klappen könnte.

Beispiel hier → Mark Benecke erinnert sich an "La Bestia"

Sehr herzlich und sag bescheid, wenn noch was ist.

Anfissa Sophia Kaschte (Bedankung):

Danke, dass Sie sich für mich Zeit genommen haben und meine Fragen beantwortet haben :)!

Es hat mir großen Spaß gemacht, das Interview „zu führen” (wenn man das so sagen kann)!