Biologische Spuren KL Buchenwald / Biological Stains KZ Buchenwald

Quelle: epd.de | Evangelischer Pressedienst (epd)

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Weimar (epd). Ein Fragment des nach 1945 verschollenen, sogenannten "Großen Lampenschirms" von Buchenwald ist 2023 der Stiftung Gedenkstätten Buchenwald und Mittelbau-Dora übergeben worden. Das Stück passe von seiner Form her gut zu einer auf einer überlieferten Fotografie erkennbaren Fehlstelle, sagte Jens-Christian Wagner am Donnerstag in Weimar. Gegenwärtig werde untersucht, ob dieses Objekt aus menschlicher Haut gefertigt worden sei.

Ganz offensichtlich sei der Große Lampenschirm wenige Wochen nach der Befreiung Buchenwalds gefleddert und damit zerstört worden, sagte Stiftungsdirektor Jens-Christian Wagner am Donnerstag in Weimar. Es liege die Vermutung nahe, dass noch etliche Fragmente Stücke dieses Objekts weltweit noch bei Nachfahren von Menschen liegen, die diese Stücke damals mitgenommen haben.

Der sogenannte kleine Lampenschirm aus Buchenwald befindet sich dagegen weiterhin in der Sammlung der Stiftung. Wie der  Kölner Kriminalbiologe Mark Benecke am Donnerstag in Weimar mitteilte, sei dieses Objekt eindeutig aus Menschenhaut gemacht worden. Das Material weise zweifelsfrei menschliche Muster auf.

Benecke verwarf damit die Ergebnisse eines Gutachtens von 1992. Das war damals zum Schluss gekommen, dass der Lampenschirm möglicherweise aus Kunststoff hergestellt worden sei. Die erneute Untersuchung habe "plattgedrückte, dreistrahlige Muster" identifiziert. Benecke sagte, er kenne keinen Kunststoff, der so aussehe.

Untersucht wurde nach Aussage von Stiftungsdirektor Wagner auch ein in den 1980-er Jahren an die Stiftung übergebener Schrumpfkopf. An der Echtheit des Objekts bestehen Wagner zufolge schon seit mehr als 20 Jahren erhebliche Zweifel. „Dieser Schrupfkopf ist keinesfalls menschlichen Ursprungs“, so Wagner. Laboruntersuchungen Beneckes bestätigten diese Zweifel. Es handele sich um tierisches Gewebe von einem Pferd.

Bis voraussichtlich Ende des Jahres will der vereidigte Sachverständiger für die Sicherung, Untersuchung und Auswertung von biologischen Spuren weitere Exponate aus mutmaßlich menschlichen Überresten untersuchen. Alle Proben seien den Laboren in einer Form übergeben worden, dass diese nichts über Hintergrund, Geschichte und Ursprung der Proben ahnen konnten.

Es gehörte den Angaben der Stiftung Gedenkstätten Buchenwald und Mittelbau-Dora zufolge zu den Besonderheiten der SS in Buchenwald, sich gegenseitig mit Artikeln als Menschenhaut zu beschenken. Vorzugsweise seien dafür tätowierte Hautstücke verwendet worden, die aus den Leichen von Häftlingen geschnitten und zu Alltagsgegenständen weiterverarbeitet oder als Anschauungsobjekte verwendet worden seien. Die Gedenkstätte hatte neue Gutachten in Auftrag gegeben, nachdem geschichtsrevisionistische Kreise die Verbrechen der SS und der Echtheit der überlieferten menschlichen Überreste immer wieder in Frage gestellt hatten.

Nach der Befreiung des Lagers 1945 wurden entsprechende menschliche Überreste als Beweise aufbewahrt. In der Ausstellung der Stiftung werden die Exponate aus ethischen Gründen nicht mehr gezeigt.  


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