Experte erklärt Mumifikation an Händen und Füßen

Quelle: t-online.de, 3. März 2025

Von Simone Bischof, Amir Selim

Der US-amerikanische Schauspieler Gene Hackman und seine Frau wurden tot in ihrem Haus in New Mexiko gefunden. Beide Leichen zeigten Spuren von Mumifikation. Ob sich daraus neue Erkenntnisse ergeben, erklärt der Kriminalbiologe Mark Benecke.

Nach dem Tod von Hollywood-Legende Gene Hackman und seiner Ehefrau, Betsy Arakawa, stehen die Ermittler weiterhin vor einem Rätsel. Denn nach wie vor ist unklar, wie das Paar gestorben ist. Zudem sollen beide Leichen ersten Erkenntnissen zufolge bereits Mumifikation an Händen und Füßen gezeigt haben. Während Mumifizierung eine künstlich vom Menschen betriebene Technik zur Konservierung eines Körpers ist, ist von Mumifikation die Rede, wenn eine Mumie nicht aufgrund menschlichen Eingreifens, sondern aufgrund eines natürlich ablaufenden Prozesses entsteht. Das heißt, eine Leiche vertrocknet auf natürliche Weise.

Was sich aus diesem Zustand einer Leiche "ablesen" lässt, fragt t-online den Kriminalbiologen Dr. Mark Benecke.

t-online: Wodurch entstehen Mumifikationen?

Mark Benecke: Wenn es nicht gerade knochentrocken ist, verwesen Leichen "von selbst", und zwar durch Bakterien im Körper und das "Zerfließen" der Zellen. Ohne biologische, chemische "Lebens-Energie" hält der Körper nicht mehr zusammen und löst sich von selbst auf.

Menschen bestehen fast nur aus Wasser. Vertrocknungen entstehen, wenn warme Luft das Wasser aus dem Körper aufnimmt und wegleitet. Das ist wie im Alltag, wenn wir beispielsweise ein Handtuch trocknen.

Was sagt der ausgetrocknete Zustand des Körpers über den Todeszeitpunkt aus?

Wenig bis gar nichts. Fäulnis und Vertrocknung laufen sehr unterschiedlich und je nach Lagerung, Körperbau, Bekleidung, Fundort und so weiter ab. Ganz früh können die Kolleginnen und Kollegen aus der Rechtsmedizin noch durch Muskel-Messungen, die Temperatur im Körperinneren und dergleichen den Todeszeitpunkt ermitteln. Danach lassen Schlussfolgerungen über den Todeszeitpunkt nur noch biologische Techniken zu, etwa Insekten auf der Leiche und die bakterielle Besiedlung. Vertrocknete Leichen – also Mumien – können Jahrtausende erhalten bleiben.

Gene Hackman war 95, seine Frau Betsy Arakawa 63 Jahre alt. Inwiefern hat das Alter Einfluss bei Verwesung und Mumifizierung beziehungsweise Mumifikation?

Früher waren alte Menschen meist schlank, daher sind sie nach dem Tod leichter ausgetrocknet, denn sie hatten weniger dicke Gewebeschichten. Heutzutage ist es mal so, mal so.

Foto: Claus Pütz

In Santa Fe herrschen Temperaturen über 30 Grad. Welche Rolle spielt die Hitze bei Verwesungen und Mumifizierungen sowie Mumifikationen?

Feuchte Hitze finden Bakterien gut, die zu Fäulnis führen. Trockene Hitze führt zu Vertrocknung, also Mumifizierung.

Ab welchem Grad der Verwesung wäre eine Identifizierung nicht mehr möglich?

Das ist nie ein Problem. Erbgut findet sich notfalls in den Zähnen, Knochen oder Haaren.

Zuvor vermutete die Tochter von Hackman den Tod durch eine Kohlenmonoxidvergiftung. Welche Verwesungen und Mumifizierungen können dadurch auftreten?

Das macht nur ganz am Anfang einen Unterschied beim Aussehen der Leiche: Solche Leichen haben auffallend "leuchtend" rote Toten-Flecke. Abgesehen davon spielt es keine Rolle.

Berichtet wurde auch, dass die Tür des Hauses womöglich offen war. Könnte das Kohlenmonoxid entweicht und deswegen nicht mehr nachweisbar sein?

Das kann sein, allerdings ist die Frage, wann die Türe geöffnet wurde. Wenn sie die ganze Zeit offen war, hätte das Gas durch die Türe entweichen können und wäre dann eher nicht tödlich gewesen.

Doktor Made ermittelt

Quelle: KURIER.at, 8. November 2024

Von Birgit Seiser

Nachgefragt. Immer noch ist offen, wann der Doppelmörder Roland Drexler gestorben ist. Experte Mark Benecke erklärt, welche Faktoren für die Bestimmung des Todeszeitpunkts essenziell sind.

Fünf Tage lang suchte eine Hundertschaft an Polizisten Wälder im oberösterreichischen Bezirk Rohrbach (OÖ) nach dem mutmaßlichen Doppelmörder Roland Drexler ab. Am Samstag stand fest, dass er tot ist, seine Leiche wurde in seinem Jagdgebiet entdeckt. Mit Spannung erwartete das ganze Land das Ergebnis der Obduktion, das aber weiter Fragen offen ließ. Der genaue Todeszeitpunkt konnte nicht bestimmt werden. Nun sollen forensische Entomologen das Rätsel lösen.

Einer der bekanntesten Vertreter dieses Fachs ist Dr. Mark Benecke. Der Kriminalbiologe, der auch als "Dr. Made" bekannt ist, erklärt im KURIER, wie man den Todeszeitpunkt bestimmen kann und wie Insekten dabei helfen. Die folgenden Zeilen sind nichts für Menschen mit schwachen Mägen.

Leiche als Brutstätte

"Bei einer frischen Leiche erkennt man den Todeszeitpunkt beispielsweise über die Reizbarkeit der Muskeln mit Strom, die Auskühlung des Körpers und die Beweglichkeit der Pupillen, wenn etwas hineingetropft wird. Auch, wie sich die Gelenke biegen lassen, gibt Aufschluss über den Todeszeitpunkt", sagt Benecke. 

Ist der Tod schon vor längerer Zeit eingetreten, gibt es andere Merkmale, die zur Aufklärung beitragen können. Insekten nutzen Leichen als Brutstätte und Nahrungsquelle: "Je länger eine Leiche liegt, umso mehr zersetzt sich der Körper. Dann kann man das Alters der Larven von Schmeißfliegen verwenden, die wie eine Uhr ticken, also wachsen", erklärt der Kriminalbiologe. Käsefliegen oder Aaskäfer, die Leichen erst später besiedeln, können ebenfalls zur Bestimmung des Todeszeitpunkts beitragen. In manchen Fällen können sogar Pflanzen und deren Wurzeln untersucht werden, die über oder durch die Leiche hindurch wachsen.

Genau solche Merkmale sollen nun helfen, den Todeszeitpunkt von Roland D. festzustellen. Dass er schon länger tot gewesen sein muss - sich möglicherweise direkt nach dem Doppelmord am Montag das Leben genommen hat - kann durch das Auftreten von Insekten aber nicht zwingend abgelesen werden.

"Insekten können superschnell auf einem Leichnam zu finden sein. Ich habe es schon erlebt, dass die schwangeren Fliegen-Weibchen sofort nachdem die Leichen ins Freie gelegt wurden, beispielsweise im Studierenden-Kurs oder auf der Body Farm, angesaust kamen. Fliegen können Butanol und Methylsulfid, das aus Leichen strömen kann, sehr gut riechen."

Störfaktoren

In der forensischen Entomologie gibt es aber selbstverständlich auch Störfaktoren, die Untersuchungen erschweren können. "Wenn  eine Leiche verlagert, also von einem Ort an den anderen gebracht wurde, kennt man die jeweiligen Temperaturen der Orte vielleicht nicht. Die brauchen wir aber, um die Wachstums-Geschwindigkeit der Larven zu errechnen. Manchmal werden Leichen auch versenkt oder irgendwo eingeschlossen, wo die Tiere nicht sofort dran gehen. Oder es ist zu kalt oder regnet", sagt Benecke. 

Die Witterungsbedingungen dürften in der vergangenen Woche so gewesen sein, dass sie keine negativen Auswirkungen auf die kommenden Untersuchungen haben sollten. Die Temperaturen lagen deutlich im ein- bis niedrigen zweistelligen Bereich; an drei Tagen regnete es, aber nur sehr mäßig. Die Leiche wurde laut Polizei außerdem nicht eingeschlossen oder in Wasser versenkt, entdeckt, sondern soll offen in dem Waldstück gelegen haben. 

Jugend Forscht: Fäulnis und Verwesung vom menschlichen Finger am Schweineschwanzmodell

Das Ziel unseres Versuches war es, den Insektenbefall an abgetrennten Gliedmaßen, speziell dem menschlichen Finger, nach verschiedenartiger Behandlung zu beobachten. Als realistisches Modell für den menschlichen Finger verwendeten wir Schweineschwänze.

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