Ab März 2022 läuft The Batman im Kino 🍿
Kriminalbiologe Dr. Mark Benecke über die Superhelden und ihre dunklen Seiten.
Batman ist ein traumatisiertes Kind im selbst geformten Körper und Panzer eines Kämpfers der Nacht. Dort kennt er sich aus: Wer dem Tod ins Auge gesehen hat (seine erschossenen Eltern!), kann die Stille der Nacht furchtloser durchdringen. Und die anderen bemerken die eigenen Ängste dort nicht... sie schlafen nachts ja. Im Dunkel sieht Batman — bildlich, aber auch wirklich gesprochen — die Sterne funkeln, die Farben des Lebens aber nicht. Im Laufe der Jahre wird er nicht erleichtert oder unbeschwerter, so wie andere Menschen, die Schwierigkeiten überwinden und Verbrechen verzeihen lernen. Batman wird bitterer, mürrischer, brutaler und immer verzweifelter. So ist das, wenn ein Mensch nicht lernt, dass das Vergangene nicht zu ändern ist, manchmal aber auch die Zukunft nicht. Er kämpft zudem gegen sein Alter und ist außerdem mit seinen Mitstreiter:innen unzufrieden. Sogar mit Superman legt er sich an, wo er nur kann: Der ist ihm zu glatt, zu brav, zu sehr am Guten ausgerichtet anstatt auf das Böse zu starren. Batman ist derart getrieben, dass es ihm auch egal ist, wenn alles mögliche auf dem Weg zum Wahren und Guten kaputt geht: Autos, Gebäude, im Weg stehende Menschen, er selbst. Das nennt sich freundlich ausgedrückt eine "überwertige Idee". Die haben auch religiöse Menschen, die ihre Nachbar:innen verachten, Folterer, die Gegner:innen "ihres" Staates quälen und solche, die glauben, dass sich eine Verschwörung genau daran zeigt, dass sie nicht sichtbar ist. Anders gesagt: Batman muss dringend chillen.
Der Riddler ist im Lauf der Jahre von einem zwar gewalttätigen, aber für Comic-Maßstäbe irgendwie harm- und farblosen Straftäter zu einem echten Lästling geworden. Interessanter als die Tatsache, dass er ein knallharter Egoist ist, erscheint mir eher, dass er trotz seiner Zwänge und Wahnvorstellungen als immer noch ansprechbar gilt. Der äußere Schein, der ihn vor allzustarker Abwertung schützt — sein grüner Anzug, seine altväterliche Liebe für Rätsel — ist aber nicht von ihm berechnet, sondern bedient eher zufällig Omas unsinnige Weisheit, dass Menschen mit geputzten Schuhe keine schlechten Schwiegersöhne sein können. Der Riddler entspricht dem wohl seit Jahrtausenden bekannten, halb verrückten 'Trickster', der seit Menschengedenken durch Märchen und damit auch Filme geistert — zuletzt als Thors Bruder Loki. Der Psychologe Carl Gustav Jung beschrieb auch den Riddler, als er über den Trickster schrieb, dass dieser "dem Menschen unterlegen ist durch seine Unvernunft und Unbewußtheit, aber auch dem Tier nicht gewachsen, wegen seiner bemerkenswerten Instinktlosigkeit und Ungeschicktheit, dafür aber die Möglichkeit zu einer höheren Bewußtseinsentwicklung und beträchtliche Lernbegierigkeit besitzt."
Catwoman ist die interessanteste Figur des Vierer-Gespannes. Sie ist nicht festgelegt auf bestimmte Verhaltensweisen, sondern liebt mal Männer, mal Frauen, erfreut sich aller sozialen Umgebungen von der verarmten Unterwelt bis zu den poshen Gästen von Gala-Diners. Sie klaut, was ihr gefällt, kann es aber auch für (tatsächlich) gute Zwecke einsetzen oder auch darüber verhandeln, was als nächstes geschieht. Sie kümmert sich um Katzen, aber auch um ein paar Menschen, die sie schätzt. Die ihr selbst erst spät bekannt gewordene, familiäre Neigung zu Verbrechen hat sie sozusagen geerbt (sie ist die Tochter eines Verbrecher-Clans) und liebt trotz ihrer auffälligen Bindungs-Störungen ihren nicht immer guten, alten Batman. Da es Catwoman ebenso viel Freude bereitet, andere zu verstoßen wie sie zu lieben und zeitgleich deren Juwelen zu stehlen, endet es stets im Chaos. Kein Wunder: Wenn Catwoman sich überhaupt mal an Partner:innen traut, dann nur, wenn diese innerlich hinreichend zerbrochen sind oder bald (durch Verbrechen) sterben. Das gibt ihr die Sicherheit, nicht in vertrauensvoll gebundene Verhältnisse zu geraten, die sie aus schlechter Erfahrung mehr fürchtet als Nacht und Nebel und Niedertracht.
Der Pinguin ist das kauzige Kind einer überfürsorglichen Mutter, von allen anderen Kids verstoßen, vogelkundlich interessiert, mit versnobt-gekünsteltem Gehabe — ganz die aufgesetze Persönlichkeit, die seelische Verletzungen hinter einem steifen Kragen und unter einem Zylinderhut verbirgt. Er ist ein klassischer Mafioso alter Schule, der sein Geld in Clubs wäscht, mit Schwarz- und Grauwaren handelt und vor keinem Mord zurück schreckt, wenn er in seiner Welt nützlich ist — aber eben auch stets verhandlungsbereit, wenn ihm das mehr hilft als Gewalt. Batman hat im Pinguin einen der wenigen Ansprechpartner; der dunkle Ritter vertraut ihm manchmal sogar, da der Pinguin ihn lange Jahre mit Informationen aus der Unterwelt versorgt hat. Dass Batman sich sogar zu kleinen Gegenleistungen bereit schlagen lässt, zeigt, wie sehr der Pinguin die Grenzen zwischen Gut, Böse, richtig und falsch einschmilzt — passend zu seinen geliebten Eisbergen und -würfeln, die je nach Umgebungsbedingen ja auch mal fest und mal flüssig sein können. Der Pinguin ist nicht wie der mit ihm öfters befreundete Riddler ein zwanghafter Strippenzieher, sondern ein Netzwerker und damit der klassische organisierte Kriminelle.