Anhörung im Bundestag

Quelle: Tätowiermagazin 6/2012, Seite 100

Diskussion über den Selbstbeteiligungs-Paragraphen: Müssen Krankenkassen die medizinische Versorgung von Komplikationen bei Tattoos und Piercings bezahlen?

VON MARK BENECKE

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Andy vom D.O.T. und Mark von ProTattoo nahmen am 25. April an einer Experten-Runde aus Juristen, plastischen Chirurgen, Sozlalverbänden und vielen anderen während einer zweistündigen Anhörung im Bundestag teil. Die LINKE möchte - in erster Linie zugunsten der Frauen, die minderwertige Brust-lmplantate auswechseln lassen müssen - gerne den so genannten Selbstbeteiligungs-Paragraphen kippen. Da Ende der 1990er Jahre gesetzlich auch Tattoos und Piercings mit Selbstzahlungen für medizinisch nicht notwendlge Körperveränderungen verwoben wurden, war unsere Meinung gefragt.

Die Stimmen der insgesamt etwa zwanzig Experten reichten während der wirklich interessanten Anhörung von rein Iobbyistischer Ablehnung jeder Kostenübernahme (»finanzieIIe Hilfen finden wir gut zahlen dafür aber natürlich keinen Cent«) bis zu überraschend angenehmen, juristischen Mitteilungen (»das Leben ist bunt, die Menschen sind verschieden, man kann nicht alle möglichen Kosten aus der Solidargemeinschaft ausgliedern«).

Der EAPP konnte niemanden entsenden, so dass wir als Vertretung und dank der unkomplizierten Mitwirkung der Polizei im Bundestag eine fachkundige Berlinerin mit Implants, Piercings und Tattoos auf den kurzfristig freigewordenen Platz brachten. Der Altersdurchschnitt wurde dadurch deutlich gesenkt, die Implant-Quote hingegen klar erhöht.

Andy und ich machten in kurzen Stellungnahmen deutlich, dass kassenpflichtige Nachbehandlungen von Tattoos und Piercings fast nie entstehen bzw. dass sie wenn überhaupt fast immer durch ausdrücklich unerwünschtes Schwimmen, Saunieren, Sonnenbaden oder mangelnde Hygiene bei der Heilung - ergo: durch vermeidbare Dummheit - entstehen, so dass unerklärlich ist, warum Tattoos und Piercings im Selbstbeteiligungs-Paragraphen § 52, Abs. 2 SGB V überhaupt erwähnt werden.

Vermutlich ungewollte Unterstützung unserer Hinweise kam vom Vertreter der Krankenkassen, der einräumte, dass die durch Selbstverschuldung eingeforderten Beträge so gering sind, dass sie kaum erhebbar sind.

Erstaunlich war ein Beitrag des Präsidenten der Vereinigung plastischer Chirurgen, der emotional darauf hinwies, dass plastische Eingriffe zur Angleichung des Körpers an ein gewünschtes Bild längst gesellschaftlich akzeptiert sind. Im Sinne beispielsweise der Dokumentation »Modify« sehe ich hier angenehme, neue Gesprächsmöglichkeiten auf uns zukommen.

Insgesamt war ich sowohl über das breite Stimmungsbild als auch die Ernsthaftigkeit der RednerInnen und ZuhörerInnen erfreut und habe gelernt, dass Verbands-Arbeit unerwartet zielführend ist und Politikerlnnen sehr wohl die Menschen vertreten, von denen sie gewählt wurden.

Nach der Anhörung haben wir Berliner Tätowierer und Piercer bei einer der örtlich so beliebten Fassbrausen (gibt's wirklich!) zusammen gebracht und überlegt, wie wir auch in Zukunft gemeinsam unsere bunten, durchlöcherten und nicht immer völlig gleichen Interessen vertreten können und werden.

Ein dickes, fettes Dankeschön an alle - ausdrücklich auch die PolitikerInnen - die diese spannende und interessante Anhörung angeschoben haben. So geht das!

Claudia Rindler

Quelle: Tätowiermagazin 10/2009, Seiten 106-109

Maskenbildnerin aus Leidenschaft

VON MARK BENECKE

Deine Kurzfilme sind ja herb und charmant zusammengehauen. Warum machst du nicht mal richtig fette Filme mit geilem Ton, guter Kameraführung, getimtem Skript und so?

Weil Filmemachen für mich einfach nur ein Hobby ist, das auch Spaß bringen soll. Hauptberuflich bin ich ja Maskenbildnerin. Die Movies drehe ich in meiner Freizeit, und da mag ich nicht unter Zeitdruck arbeiten und mir auch nicht von irgendwelchen Geldgebern Vorschriften machen und reinreden lassen.

Apropos Maskenbild: Warum bist du auf eine Maskenbildner-Schule gegangen? War es cool da?

Ja, sehr cool. Ich habe ja 1999 angefangen, als Make-up-Artistin zu arbeiten. Da ich mir anfangs alles autodidaktisch beigebracht habe, bin ich irgendwann nicht mehr weiter gekommen, was das Material betrifft. Da wollte ich einfach unbedingt die Schule von Klaus Börnert (er hat unter anderem die Mönche in "Der Name der Rose" gemacht) in Waldshut machen, weil der echt was drauf hat. Ich habe sehr viel von ihm gelernt.

Erzähl bei der Gelegenheit doch mal die Geschichte mit der Aufnahmeprüfung und Gigers Empfehlung.

Das mit der Giger-Empfehlung war beim Stipendium, nicht bei der Aufnahmeprüfung für die Schule. Die Stadt Zürich wollte mir drei Jahre lang kein Stipendium geben, obwohl ich die Aufnahmeprüfung bestanden hatte. Erst nachdem ich ihnen das Empfehlungsschreiben von H. R. Giger schickte, ging's innerhalb von drei Tagen mit dem Stipendium klar. Manchmal komisch, nicht?

In der Tat. Was hast du eigentlich gedacht, als du die Faul-Leichen-Teile für mich gebaut hast? Ich erinnere mich, dass sie dir laut deiner Aussage ganz ans Herz gewachsen waren.

Ich hatte ja einige Wochen Arbeit daran, und wenn man so viel Zeit miteinander verbringt, freundet man sich schon irgendwie an...

Wie erklärst du dir das zunehmende Interesse an Horror in letzter Zeit, besonders auch den harten Spielarten mit Splatter?

Besonders Horrorfilme haben mich schon immer fasziniert. Als Kind hab ich mir immer heimlich welche bei meiner Oma angeschaut und konnte danach nicht mehr einschlafen. Man hat mir dann erklärt, "dass das alles nur Masken sind und dass es da einen Mann gäbe, der diese Monster kreiert". Von da an war mein Berufswunsch festgelegt. Später dann, habe ich die professionelle Ausbildung in Deutschland gemacht. Da ich vom Beauty Make-Up und von Bärten knüpfen aber weit weniger angetan war als vom Arbeiten mit Latex, Silikon, Gips & Modelliermasse, war es naheliegend, dass ich eher Richtung Special Effects & Creature Design gehen würde. Es ist für mich auch eine kreative Tätigkeit, da man besonders bei Monstern und abartigen Figuren oft viel künstlerische Freiheit beim Gestalten hat. Beim Herstellen von Föten, Leichen & Körperteilen etc., ist es interessant für mich, das Ganze so realistisch wie möglich zu gestalten. Da ich speziell diese Arbeiten besonders mag, hat es sich ergeben, dass ich irgendwann in der Ecke der Splatter & Horrormovies landete. Sie sind zu einem Teil meines Lebens geworden. Das spiegelt sich jetzt mittlerweile natürlich auch in meinen Tattoos wieder.

Und wie bist du zu deinen Tattoos gekommen?

Angefangen hat es damit, dass ich wie so manche(r) nur ein Tattoo wollte: Den Baphomet von HR Giger auf meinem Rücken. Nach einiger Zeit bin ich dann auf Till von Bluenote Tattoo gestoßen, der gerade als Gasttättowierer in Zürich war. Da ich mit dem Ergebnis sehr zufrieden war, stand ich bald wieder bei ihm auf der Matte mit der Idee des Gargoyles auf meinem linken Oberarm, gefolgt vom Guardian Angel. Da Till aber in Honduras wohnt, wurde die Terminplanung immer schwieriger.

Irgendwann erfuhr ich, dass Ralf ein Studio in Winterhur (nahe Zürich) eröffnet. Ralf war schon bei meinem ersten Motiv in der engeren Auswahl der Tätowierer die in Frage kommen könnte, er war jedoch in Köln in einem Studio zu Gange. Aber ein glücklicher Zufall wollte es, dass er einige Jahre später zu Freibeuter Tattoo in die Schweiz übersiedelte.

Gehts mit den Tattoos noch weiter?

Ja, erst mal wird der linke Arm noch fertig gemacht. Da gibt es noch ein paar Schädel auszufüllen. Danach kommt noch ein weiterer Kinski auf meinen rechten Unterarm. Da ich feststellen musste, dass es auch andere Leute mit Kinski Tattoos gibt, brauch ich unbedingt noch ein zweites, da ich der grösste Kinski-Fan von allen bin!

Du lebst ja auf dem platten Acker - was sagen die Leute da eigentlich zu deinen Tattoos, wenn du einkaufen gehst?

Ich vermeide Supermarkt-Besuche generell - zum Glück gibts Internetshops! Nicht wegen den Tattoos, sondern weil ich Supermärkte an sich fürchterlich finde. Falls ich mal in "die Hölle" komme, ist das bestimmt ein Supermarkt am Samstagnachmittag. Bis in alle Ewigkeit... Aber ernsthaft, die meisten Leute reagieren ganz normal. Die einen glotzen, was zuweilen etwas unangenehm ist, und die andern schauen wirklich interessiert. Einige nutzen die Tattoos um ein Gespräch zu beginnen, was ganz lustig sein kann. Neulich fragte mich eine ältere Dame ganz im Ernst, ob die "Bildchen" aus einem Kaugummi seien - Hallo? Wie groß müsste der sein? Andere erkundigen sich nach meinem Tätowierer oder zeigen mir ihre eigenen Tattoos und man tauscht sich ein wenig aus. Manche Leute mögen Tattoos und andere nicht, so ist das eben.

Du stylst dich ja gerne sehr schön, sowohl, was schwarze Klamotten angeht als eben auch in Sachen Tattoos. Siehst du da einen Zusammenhang, also: sind deine Tattos auch Körperschmuck?

Danke, Herr Doktor! Meine Tattoos dienen mir schon als Körperschmuck, da ich sonst, bis auf ein paar Piercings, meistens überhaupt keinen Schmuck trage.

Ich finde Tattoos sind eine schöne Sache um seine Persönlichkeit zu unterstreichen und Motive zu verewigen die einem wichtig sind. Ich habe auch das Glück, dass ich mich beruflich bedingt nicht einschränken muss diesbezüglich, da ich selbstständig bin

Letzte Frage: Warum hast du nur Black- & Grey-Tattoos?

Weil ich es mit Farben nicht so habe. Auch bei den Klamotten. Ich trag am liebsten schwarz und wenn da sonst noch eine Farbe wie z.B. Rot dazu kommt, fühle ich mich sehr schnell "zu bunt". Ich mag schon bunte Tattoos. Nur eben lieber an anderen Leuten als an mir selber.
Sehr lässig. Danke schön!


Anmerkung von Mark: Der Schädel aus unserem Labor, der ab November 2025 in der Ausstellung des Medizinhistorisch-anatomischen Museums der Charité in Berlin liegt, stammt von Claudia. — MB, Nov. 2025

Der Herr der Fliegen

Quelle: Tätowiermagazin 4/2005

Oder: Die Suche nach der Wahrheit

VON DIRK-BORIS RÖDEL
(Der folgende Text ist die Rohfassung des später gedruckten und dabei etwas etwas veränderten Textes)

Ein Akademiker, ein forensischer Biologe und international anerkannter Experte auf dem Gebiet der Gerichtsbiologie, mit ausgedehnter Tattoo-Sammlung? Da steckt eine ungewöhnliche Geschichte dahinter, dachten wir uns, als wir Dr. Mark Benecke in seiner Wohnung in Köln besuchten - und sollten recht behalten...

Dipl.-Biol. Dr. rer. medic. Mark Benecke, das ist sein kompletter Titel. Die Berufsangabe auf seiner Visitenkarte lautet: Öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger für kriminaltechnische Sicherung, Untersuchung und Auswertung biologischer Spuren. Certified Forensic Biologist. Das hört sich verdammt wissenschaftlich an, und wer soviel Zeugs auf seiner Karte stehen hat, muss wohl mindestens 70 Jahre alt sein, lichtes Haupthaar und schlohweißen Bart haben. Irrtum; Dr. Mark Benecke ist gerade mal 34 Jahre alt, mit seinem jugendlichen Alter bereits einer der weltweit angesehensten Kriminalbiologen und tätowiert - und zwar nicht zu knapp. Aber was genau macht eigentlich ein Kriminalbiologe?

Als ich zum ersten Mal von Marks Arbeit hörte, hatte ich Bilder im Kopf von Gerichtsmediziner Quincy, dieser TV-Serie aus den 80ern, von Ulrich Tukur in "Der letzte Zeuge" aus dem ZDF oder auch von Professor Börne, der im "Tatort" aus Münster von Jan Josef Liefers gespielt wird. Männer, die im weißen oder grünen Kittel in der Pathologie an Edelstahltischen stehen und an blassen Leichen von Mordopfern Untersuchungen vornehmen. Ganz falsch. "Damit haben wir gar nichts zu tun" erklärt Mark; das "wir", das ist er zusammen mit Assistentin Saskia, 23 Jahre, Biologie-Studentin und ebenfalls Tattoo-Fan.

"Wir arbeiten nicht im gekachelten Sezierraum", führt er weiter aus, "wir wühlen im Dreck." Das hört sich krass an. Um mir einen Eindruck von seiner Arbeit zu geben, erläutert mir Mark anhand von Bildern einige seiner letzten Fälle. Jetzt verstehe ich ziemlich genau, was er meint. Einige der Bilder verschlagen mir die Sprache, so etwas habe ich noch nie zuvor gesehen. Natürlich hat man im Fernsehen schon Bilder von Toten gesehen, auch vielleicht von in Verwesung übergegangenen Leichen. Aber die menschlichen Überreste, die Mark mir teilweise zeigt, sind kaum noch als Körper zu identifizieren.

Verwesung, Blut und Maden: Marks Job ist nichts für zart Besaitete

Selbst in Horror-Filmen habe ich sowas noch nicht gesehen. Ich werde die Bilder nicht näher beschreiben, vielleicht nur so viel: Ich hätte Mühe gehabt zu erkennen, wo genau die Leiche aufhört... "Das ist auch das Problem, die Sachen auseinanderzuhalten." führt Mark aus, "Schau mal diese schwarzen Pünktchen," (mit dem Laser-Pointer deutet er auf ein vergrößertes Bild einer Nahaufnahme der Leiche, die er an die Wand projiziert) "das sind Puppen, ein Zwischenstadium zwischen der Larve und dem Insekt, das später daraus schlüpft. Die meisten halten das für Schmutz, für Erdkrümelchen, spülen das vielleicht sogar weg."

Dabei sind genau diese biologischen Spuren von großer Wichtigkeit, um beispielsweise fest zu stellen, seit wann ein Toter an einem bestimmten Platz liegt, ob er zuvor in einer anderen Umgebung gelegen hat und so weiter. "Und wir müssen das im Zusammenhang untersuchen, wir müssen sehen, wo hat das Opfer gelegen, in der Sonne, im Schatten, in einer Wohnung mit geöffneten oder geschlossenen Fenstern - in der Rechtsmedizin kann man das nicht mehr erkennen." Dass das, worauf sich Puppen und Insektenlarven befinden, mal ein Mensch war, scheint Mark nicht im mindesten zu berühren. Auch Assistentin Saskia macht der Umgang mit Toten, die sich oft schon im stark verwesten Zustand befinden, nichts auszumachen.

"Es würde mich mehr mitnehmen, wenn ich Rettungssanitäter wäre, schnell Entscheidungen treffen müsste, die über ein Menschenleben entscheiden" erklärt sie. Aber verspürt man da nicht automatisch Ekel und Widerwillen? Mark erklärt mir seine Einstellung dazu anhand eines praktischen Beispiels: "Wenn ich beim Schlachter für Experimente mit Blutspritzern ein paar Liter Blut haben will, sagt der mir auch, das sei ja eklig - da denke ich mir "Hallo!? Sie stehen hier zwischen Bergen von Tierleichenteilen, und erklären mir, dass Experimente mit Blutspritzern eklig sind?"

Schön und gut - aber der Geruch, der ja, wie Mark mir selbst versichert, gerade bei Leichenfunden in verschlossenen Räumen sehr stark ist? "Alles eine Frage der Wahrnehmung," erwidert der Wissenschaftler, "ich konzentriere mich auf Spuren, die ich auswerten muss, auf Details. Den Geruch nehme ich wahr, und er ist nicht angenehm, aber er steht nur im Hintergrund." Und der Tod an sich? "Tod ist ein Programm, um der nachkommenden Generation Platz zu machen, die sich in möglichst vielen Variationen immer neu an die Umwelt anpassen kann. Der einzelne Mensch, das Individuum, ist scheißegal. Also für die Natur jedenfalls, unserer persönlichen Auffassung nach ist das Individuum unheimlich wichtig, aber für die Natur ist der Einzelne ziemlich Wurst." Und nach dem Tod, was kommt da? "Nichts. Da kommt nichts." erklärt mir Mark, der die Leichen scheinbar völlig aus seiner Wahrnehmung ausblendet: "Ich arbeite ja auch so gesehen gar nicht mit toten Menschen. Ich arbeite mit dem, was darauf lebt. Der Kreislauf des Lebens ist das, was mich interessiert, wie aus dem Tod wieder etwas entsteht."

Aber warum ekeln sich manche Menschen vor zerfallenden Leichen, andere nicht? Was ist das Abstoßende an Tod und Verwesung? - ein Thema, das natürlich im Gespräch mit Mark einen großen Raum einnimmt. Ist es das Auslöschen der Identität und Individualität, was uns so schockiert? "Solange wir leben, möchten wir Individuen sein, uns unterscheiden. Wenn man stirbt, werden die individuellen Merkmale ausradiert. Und vielleicht ekelt man sich weniger vor dem, der da liegt, als vor dem Wissen und der Erkenntnis, dass einem das auch bevorsteht." Klingt logisch, denn das, was uns hauptsächlich ausmacht, unsere Gesichtszüge, Augen, Mund, Nase, das wird als erstes von Insekten "aufgelöst", unkenntlich gemacht, sozusagen biologisch "verpixelt": schon nach kurzer Zeit sind keine individuellen Gesichtszüge mehr erkennbar.

Ein Akademiker mit Faible für Tattoos ungewöhnlich oder "völlig normal"?

Marks Einstellung zu seiner Arbeit ist extrem wissenschaftlich, technisch, sachlich, emotionslos. Trotzdem ist er alles andere als ein verknöcherter, dröger Akademiker, ganz im Gegenteil. Sich mit Mark zu unterhalten, ist extrem kurzweilig. Eine Frage drängt sich natürlich auf: Sind denn für den Wissenschaftler, der Mordopfer kaum als Individuen, sondern mehr als Nährboden für Insekten sieht, nicht die eigenen Tattoos doch ein Mittel, um sich selbst individueller zu gestalten? "Nö. Individualisierung ist für mich nicht das Thema. Die Sachen haben für mich einfach eine Bedeutung, und ich will sie bei mir haben, nicht als Bild an der Wand sondern als Tätowierung. Ich zeig die auch niemandem - also dir natürlich schon, du bist ja schließlich vom TätowierMagazin, aber ich würde nie auf die Idee kommen, mich extra so anzuziehen, dass man meine Tattoos sieht, das ist mir total egal, ob das jemand mitkriegt oder nicht."

Für Mark haben Tattoos auch absolut nichts damit zu tun "anders" zu sein - ganz im Gegenteil: "Ich finde tätowiert sein normaler als nicht tätowiert zu sein. Ihr zeigt das ja auch im TM immer, dass das bei vielen Kulturen völlig selbstverständlich ist: Sobald man erwachsen ist, lässt man sich tätowieren oder lässt sich Narbenmuster schneiden - also wenn auch hier jeder Erwachsene tätowiert wäre, fände ich das völlig normal, als Zeichen des Erwachsenseins. Das Tätowieren an und für sich ist für mich also gar nicht das Thema, die Frage ist eher: Welches Motiv?, und da ist es eben naheliegend, Motive zu wählen, die einem etwas bedeuten. Aber dass Erwachsene an sich selbst Körperveränderungen vornehmen, ist doch völlig logisch, oder?"

Mark definiert Tattoos als Zeichen dafür, Verantwortung für sich selbst zu übernehmen, Entscheidungen für das eigene Leben zu treffen, das eigene Leben mit Sinn zu füllen. "Damit mein ich nicht irgendeinen gesellschaftlich anerkannten Sinn, den man eben übernimmt - es kann einer nach Irland gehen und sich in einer einsamen Hütte einschließen - wenn er das gut findet ist das doch OK. Und wenn einer heiratet und die Kehrwoche macht, weil er das toll findet und ihn das ausfüllt ist das auch in Ordnung. Nur wenn einer heiratet und die Treppe putzt, nur weil er nichts anderes mit seinem Leben anzufangen weiß und es den anderen eben nachmacht, weil alle das machen, dann ist es sinnlos."

Insofern bewundert Mark auch Tom Leopard, den schottischen Freak, der sich am ganzen Körper mit einem Leoparden-Muster tätowieren ließ. "Wenn ich für den die Grabrede halten müßte, würde ich sagen: Wenigstens hat er die Eier gehabt, zu machen, was er wollte, ohne das groß zu begründen. Ob ich das scheiße finde oder nicht ist eine ganz andere Frage, aber er hat es durchgezogen.”

Eine ganz persönliche Sammlung und die Suche nach der letzten Wahrheit

Mark ist ganz offensichtlich ein Sammler - ein durchgehender Stil ist bei seinen Tattoos nicht auszumachen. Einige der Bilder haben Sinn und tiefergehende Bedeutungen, andere entstanden eher aus der Situation heraus, wie zum Beispiel die etwas grottige Fledermaus am unteren Rücken. "Ich hatte nach einem Seminar noch etwas Zeit, und in der Nähe des Bahnhofs war ein Tattoo-Studio" erklärt Mark, "Wir hatten uns lediglich auf eine Fledermaus als Motiv geeinigt. Als ich es mir nachher im Spiegel angeschaut habe, konnte ich erst gar nicht erkennen, was das sein soll." Besonders schön finde ich persönlich die Nebelschwaden, die hinter (!) dem Mond verschwinden - ein echter Klassiker! Dass er damit keine Preise abräumen wird, stört Mark nicht im Geringsten - es ist halt Teil seiner Sammlung.

Ansonsten legt er aber schon Wert auf Qualität, die meisten seiner Hautbilder stammen von der Belegschaft von "Elektrische Tätowierungen". Von Studio-Betreiber Dieter stammen zum Beispiel der Erzengel Michael auf der Brust (nach einem Stich von Dürer) und der abstrahierte Frosch am linken Bizeps ("Ich hab ja doch Muskeln!" erkennt Mark verwundert, als er während der Foto-Session für ein paar Minuten ein schweres Buch hält...). Der Frosch ist eigentlich erst in zweiter Linie ein Frosch, eigentlich ist das nämlich ganz einfach ein Relief, dass die Gulli-Deckel der Stadt Bogota in Kolumbien schmückt (wo Mark neulich zu Vorträgen und Seminaren eingeladen war - fürs TM schrieb er einen Artikel über die Tattoo-Szene in Medellin (siehe TM 2/2005). "Der Gullideckel passt gut zu unserer Arbeit," meint Mark, "wir müssen ja auch in unteren Ebenen forschen und im Dreck wühlen."

Der Oktopus auf dem linken Oberarm und der Totenkopf auf der Brust stammen von Cappucchino & Tattoo "... oder so ähnlich, ein Laden in Manhattan, East Village - ich hab da mal um die Ecke gewohnt." Der Totenkopf, Marks Logo, steht ebenfalls in Bezug zu seiner Arbeit. "Der Schädel schaut nicht nur nach vorn, auf das Offensichtliche, sondern auch in alle anderen Richtungen." Auch in Marks Arbeit ist es von allergrößter Wichtigkeit, kein Detail zu übersehen - kleinste Hinweise können in einem Kriminalfall bereits ein völlig neues Bild ergeben. Die Dotwork-Fliegen am Unterarm sind geklaut, wie er unumwunden eingesteht. "Ich wollte von diesem Tätowierer in Medellin ein Tattoo, aber hatte überhaupt keine Vorlage - da haben wir auf ein Bild aus dem TätowierMagazin zurückgegriffen, das ein Tattoo des britischen Hand-Tätowierers Pier Makanda zeigt." Immerhin eine schöne Kopie.

Die Makrelenhaut am rechten Oberarm ist sicher Marks ungewöhnlichstes Motiv. "Jeder kennt Makrelen in der Dose, aber über das Tier an sich ist praktisch nichts bekannt!" begeistert sich der Biologe. Als Vorlage diente Tom von "Elektrische Tätowierungen" eine echte Makrelenhaut. Tom hat auch das Seemanns-Traditional auf Marks Rücken gestochen, das vielleicht bedeutungsschwangerste Teil der Sammlung. "Sailing for Truth", also "Segeln nach der Wahrheit" ist im Spruchband zu lesen ("...und nicht etwa Sailing for T. Ruth, wie meine Gattin zunächst eifersüchtig zu lesen glaubte", fügt Mark grinsend hinzu).

Das ist eigentlich das Wichtigste an der Arbeit von Mark und Saskia: Die Wahrheit herauszufinden, nackte Tatsachen erheben, beschränkt auf ihren Arbeitsbereich, ohne jegliche emotionale Beteiligung oder Wertung der Befunde. Wie nüchtern und sachlich er dabei vorgeht - oder besser: vorgehen muss - erklärt Mark an einem Beispiel: "Es kommt auch vor, dass ein Verbrecher aufgrund unserer Arbeit vielleicht wieder aus der Haft entlassen wird, der vielleicht alles mögliche angestellt hat, aber eben nicht das, was ihm in dem Fall vorgeworfen wird. Finde ich das gut? Nein, aber geht es mich was an? Nein. Ich befasse mich nur mit der Wahrheit, nicht damit, welche Folgen sie hat." Dass Wahrheit auch nichts mit Gerechtigkeit zu tun hat, erläutert Mark an einem anderen Fall.

"Was hier gerecht ist, ist noch lange nicht in Puerto Rico gerecht oder in Russland. Ich hab mal auf den Philippinen bei einem Vaterschaftsstreit die Vaterschaft eines Mannes mit einer DNA-Untersuchung belegt. Der Richter befand aber, dass er nicht der Vater sei. Als ich nachfragte hieß es: "Der Beklagte ist älter als Sie. Deshalb hat er Recht." Wir empfinden das natürlich als ungerecht, aber nach philippinischem Recht geht das völlig in Ordnung. Recht ist überall auf der Welt etwas anderes, aber Wahrheit ist immer und überall wahr." Aber welchen Wert hat dann Wahrheit, wenn sie zu völlig unterschiedlichen, ja gegensätzlichen Ergebnissen führen kann?

"Die Wahrheit ist einfach nur da. Und für mich bleibt das einfach so stehen. Wahrheit hat keinen Sinn, keine Bedeutung. Sie ist einfach da und ich finde sie schön. Ich als Naturwissenschaftler darf das: ich darf sagen "es interessiert mich nicht, was die Wahrheit gesellschaftlich bedeutet, was sie für Folgen hat". Ich erhebe einfach die reine, kristalline Wahrheit - wenn die vor einem ungerechten Richter, in einem totalitären Staat oder einfach nur bei Leuten, die sie nicht verstehen, jeweils zu anderen Ergebnissen führt, da kann ich dann auch nichts dran machen."

Was vom Führer übrig blieb: Hitler-Reste in der Plastik-Box

Leichenteile der besonderen Art sollte Dr. Mark Benecke vor einiger Zeit in Moskau untersuchen: In den Archiven des Geheimdienstes war eine eher unscheinbare Disketten-Box aufgetaucht, darin: Teile eines menschlichen Gebisses (mit massiven Zahnschäden) und ein Schädel-Fragment mit Austrittsöffnung eines Schusses sowie ein Zettel, auf dem der Name des angeblichen ehemaligen Besitzers dieser Knochenfragmente vermerkt war: Adolf Hitler. Auf bislang nicht eindeutig geklärten Kanälen hatten die Fragmente nach dem Krieg ihren Weg in die Lager des ehemaligen KGB gefunden, der seinerzeit verbreitet hatte, Hitler habe sich feige vergiftet, anstatt den "mannhaften Offizierstod" durch Erschießen zu wählen. Dass zumindest das äußerst schadhafte Gebiss tatsächlich einst des Führers Physiognomie verunzierte, ist anhand alter Röntgenbilder und zahnärztlicher Aufzeichnungen schnell geklärt. Auch durch Filmdokumente, in denen Hitler bei Reden mit hassverzerrtem Gesicht sein lädiertes Gebiss in die Kamera reckt, lässt sich belegen, dass er das Konzept von "Reinheit", das er so gern auf die Rassenideologie anwandte, für seine Zahnhygiene offenbar weitestgehend ausgeklammert hatte.

Ob die Schädeldecke dagegen wirklich vom Diktator stammt, konnte Mark auch in Zusammenarbeit namhafter Kollegen nicht eindeutig klären. Als eine Ironie der Geschichte könnte man ansehen, dass Hitler (oder zumindest Teile von ihm) posthum selbst zum Objekt wissenschaftlicher Untersuchungen wurde; unter seinem Regime wurden Untersuchungen wie Schädel- und Gesichtsvermessungen durchgeführt, mithilfe derer anhand biologischer und genetischer Merkmale die angebliche Minderwertigkeit so genannter nicht-arischer Völker "bewiesen" werden sollte. "Die Wissenschaftler zu der Zeit wussten alle - und das weiss man aus ihren eigenen Berichten - dass es eben nicht stimmt, dass bestimmte Bevölkerungsgruppen genetisch minderwertig sind, das wussten die ganz genau - im Gegensatz zu Hitler, der das ja wirklich geglaubt hatte. Und trotzdem haben die sich dieser bekloppten Rassenlehre angeschlossen." kommentiert Mark die pseudo-wissenschaftliche Arbeit seiner damaligen "Kollegen".

Die Mumie des Hausmeisters - Liebe zum Arbeitsplatz über den Tod hinaus

Ist es eine Moorleiche? Eine Mumie aus irgendeiner Kirchen-Gruft? "Ach, Du meinst den Hausmeister!" meint Mark. Ich schaue verständnislos. "Das ist der Hausmeister von der Rechtsmedizin in Bukarest. Dem gefiel es im rechtsmedizinischen Institut so gut - also das ist wirklich ein schönes Institut, muss man dazu sagen - dass er in seinem Testament verfügt hat, dass er auch nach seinem Tod da bleiben will und dass man ihn mumifizieren soll. Naja, dann haben die das eben gemacht, seitdem steht er da im Museum des Instituts. Die haben auch ein sehr gutes und lockeres Verhältnis zu ihrem ehemaligen Hausmeister, und wenn man die freundlich fragt, ob man ihn mal rausnehmen darf, klar, gar kein Problem. So was kann man sich hierzulande halt schlecht vorstellen." Womit Mark sicher Recht hat.

Vampire und Wiedergänger - ist mit dem Tod doch nicht alles vorbei?

Ungefähr vor einem Jahr erreichte Mark aus Rumänien, wo der Glaube an Vampire und "Wiedergänger" besonders im ländlichen Raum noch sehr verbreitet ist, eine gruselige Meldung: Ein Verstorbener, den man für einen Untoten gehalten hatte, war von seinen Verwandten exhumiert worden, sein Herz wurde auf einer Wegkreuzung verbrannt, die Überreste wurden von den Angehörigen in Wein aufgelöst getrunken. Dass diese grausige Zeremonie tatsächlich stattgefunden hat, belegt eine Videoaufzeichnung.

"Die Wiedergänger sind nach dem Aberglauben nicht wirklich böse; im Gegenteil lieben sie ihre Freunde und Verwandten so sehr, dass sie weiter mit ihnen zusammen sein wollen, deshalb machen sie diese krank, um sie zu sich in die Zwischenwelt von Leben und Tod zu holen. Deshalb muss man den Untoten dann eben das Herz, das Organ der Liebe, herausnehmen und zerstören." erklärt Mark das Verhalten der Dorfbevölkerung. Dafür, dass einige Tote allem Anschein nach wirklich ihr Grab wieder verlassen, sprechen verschiedene Hinweise: Einige Leichen scheinen, wenn man sie wieder ausgräbt, nicht verwest zu sein, sehen im Gegenteil sogar dicklich und wohlgenährt aus. Manchen läuft roter Saft aus den Mundwinkeln, ihre Zähne sind länger als zu Lebzeiten.

Die Arme, die bei der Beerdigung noch über der Brust verschränkt waren, liegen inzwischen in ganz anderer Haltung, sie haben oft auffallend lange Fingernägel. "Und das sind keine wilden Geschichten, das ist wirklich so!" verblüfft mich Mark, der das Phänomen untersuchen sollte, "schon aus preußischer Zeit gibt es solche Berichte, und die Preußen haben selbst nach unseren heutigen Standards sehr sauber gearbeitet. Nur die Erklärung stimmt halt nicht. Die Leichen sehen nicht so aus, weil sie nachts aus dem Grab aufsteigen, sich vom Blut der Lebenden ernähren und deshalb dick sind. Die innerlich verwesenden Körper sind einfach von Fäulnisgasen aufgetrieben, deshalb sind sie so dick. Die Gase drücken Körperflüssigkeit aus den Körperöffnungen, und durch den Auftrieb rutschen die Hände von der Brust zur Seite. Und Zähne und Fingernägel erscheinen einfach länger, weil Haut und Zahnfleisch mit dem Austrocknen des Körpers zurück weichen." Also gibt es eben doch keine Vampire. Irgendwie auch schade, wenn man alles wissenschaftlich erklären kann...

Die "Body Farm" - ein Park der ganz besonderen Art

Vor über dreißig Jahren entstand in Knoxville, Tenessee, eine "Farm" der ganz besonderen Art. Gegründet wurde die "Body Farm" von William Bass, einem forensischen Anthropologen, zum Zwecke den Zerfall menschlicher Leichen unter verschiedensten Bedingungen für kriminaltechnische Untersuchungen zu beobachten. In einem Waldstück mit der Fläche von ca. eineinhalb Fußballfeldern liegen ständig ungefähr 40 Leichen. Die Körper, welche von den Verstorbenen zu Lebzeiten der Wissenschaft vermacht worden waren, weisen unterschiedlichste Fäulnis- und Zersetzungsstadien auf. Einige liegen auf dem Waldboden, andere sind teilweise oder komplett vergraben. Manche sind in Plastik gehüllt, in Kofferräumen von Autos deponiert, unter Zweigen verborgen, liegen offen in der Sonne oder im Schatten - hier wird jedes nur denkbare Szenario eines Leichenfundes experimentell nachgestellt - in Deutschland völlig undenkbar.

Für Dr. Mark Benecke ein ideales Terrain, um zu untersuchen, welche Insekten eine Leiche in welchem Fäulnisstadium befallen - für jeden "normalen" Menschen dagegen einfach nur ein Alptraum auf 12.000 Quadratmetern. Alle paar Schritte stolpert man beinahe über eine verwesende oder schon halb skelettierte Leiche, das Szenario könnte aus einem Zombie-Horrorfilm stammen. Mark zeigt sich unbeeindruckt: "Wenn man sich vor so etwas ekelt, kann man den Job nicht machen, das kann man sich auch nicht abtrainieren oder so. Entweder man ekelt sich, dann bleibt das immer so, oder es macht einem eben nichts aus."

Leichen im Keller - der Tod verfolgt Mark bis nach Hause

Normalerweise ist es ja eher im übertragenen Sinne gemeint, wenn man von jemandem sagt, er habe "Leichen im Keller", also irgend etwas zu verbergen. Bei Dr. Mark Benecke dagegen darf man das ruhig wörtlich nehmen; wie es sich für die Unterkunft eines forensischen Gerichtsbiologen gehört, beherbergt das Haus, in dem Mark wohnt auch zwei Skelette. Um ganz präzise zu sein: Die gehören nicht wirklich Mark, geschweige denn, dass er in irgend einer Art für das Ableben der Beiden verantwortlich wäre. Und richtig im Keller liegen sie auch nicht, eher im Hof der Holzhandlung, die sich im Erdgeschoß befindet.

Denn dort stieß man bei Ausbauarbeiten auf Gräber aus der Römerzeit. Köln war ja um 38 v.Chr. als "Colonia Claudia Ara Agrippinensium" von den Römern gegründet worden und noch heute sind in der Domstadt viele Überbleibsel aus dieser Zeit zu finden - über- wie unterirdisch. Die beiden Römer, die in Marks Hinterhof entdeckt wurden, fanden ihre vermeintlich letzte Ruhestätte entlang der Nord-Süd Römerstraße Trier-Köln, bevor ihre Gebeine vor wenigen Jahren entdeckt wurden. Nach der wissenschaftlichen Untersuchung wurden die Skelette wieder an ihren ursprünglichen Ruheort zurückgelegt; allerdings nicht, wie zuvor, nebeneinander, denn da es sich um Männlein und Weiblein handelt, fand die Gattin des Holzhändlers es unschicklich, dass die beiden nebeneinander in einem Grab lägen.

Nun liegen sie im Hof der Holzhandlung (unter einer Plexiglas-Scheibe, für Interessierte jederzeit zu besichtigen) in zwei "Schubladen", übereinander angeordnet - ob das wohl weniger unschicklich ist? Wir wissen aber nicht, wer von den beiden oben liegen darf, oder ob ab und zu gewechselt wird...

Wie wird man überhaupt forensischer Biologe?

"Das war alles mehr ein Zufall" erzählt der junge Kölner, "ich wollte am Anfang nur genetische Fingerabdrücke machen. In den 80ern gab es den Film Blade Runner, wo nachgebaute Menschen auf die Erde gelangen, die sich äußerlich nicht von echten Menschen unterscheiden, und die Frage ist, wie kann man die auseinander halten? Mit genetischen Fingerabdrücken geht das, und das wollte ich machen. So kam ich während des Studiums in die Rechtsmedizin, und weil das Labor im Keller bei den Leichen war, kam ich überhaupt erst zu den Leichen.

Als Biologe interessierst du dich dann eben auch für die Tiere auf den Leichen, und Polizisten meinten dann, ihnen sei aufgefallen, dass da zu verschiedenen Zeiten verschiedene Insekten zu finden seien. "Klar", hab ich gesagt, "die sind ja auch auf unterschiedliche Fäulnisstadien spezialisiert." Dann hab ich angefangen, mich dafür zu interessieren, hab mir die gesamte Literatur zu dem Thema geholt, hab gesehen, dass diese Arbeit der Polizei nützt, für die die Kenntnis der Liegezeiten unheimlich wichtig ist, und so hat sich das entwickelt." Neben dem Rechtsmediziner, der sich lediglich dafür interessiert, welche Gewalt auf das Opfer eingewirkt hat und dem beispielsweise Insekten völlig egal sind, gibt es bei Kriminalfällen also auch für Wissenschaftler anderer Ausrichtungen ein reichliches Betätigungsfeld, beispielsweise auch für Physiker, die sich mit dem Verhalten von Tropfen auskennen - sehr wichtig beim Untersuchen von Blutspritzern, um Winkel oder Intensität von Schlägen oder Schüssen zu erkennen.

Trauertattoo : Unsere Haut als Gefühlslandschaft

Quelle: Katrin Hartig, Stefanie Oeft-Geffarth
Trauertattoo - Unsere Haut als Gefühlslandschaft
conVela Eigenverlag, Halle (2016)
92 S. - ISBN 978-3-00-052750-0

MB über Vorbehalte gegenüber Tattoos

Von Kathrin Hartig

Zum Buch "Trauertattoo - Unsere Haut als Gefühlslandschaft".

Auf 92 Seiten haben sich die Journalistin, Katrin Hartig und die Fotografin, Stefanie Oeft-Geffarth mit dem Phänomen der "Trauertattoos" beschäftigt. Neben der Wanderausstellung ist eine Publikation entstanden, die unerwartete Bilder und detaillierte Interviews zeigt. Es ist ein sensibles Format. Nicht zu groß für den Anspruch; nicht zu klein für die Wirkung der Fotos.

Neben 13 kurzen Interviews, die eine Art Essenz der langen Gespräche sind, kommen Experten zu Wort. Kriminalbiologe Dr. Mark Benecke stellen sich ebenfalls den Fragen, die sich Katrin Hartig bei der Auseinandersetzung mit der Beobachtung ergeben haben:

Es gibt noch immer Vorbehalte gegenüber Tattoos. Ewa die Hälfte der Teilnehmer an dem Fotoprojekt hatten vor dem Verlust eine eher ablehnende Haltung. Woher kommt diese Ablehnung? Sind Tattoos noch immer stigmatisiert?

Es gibt auf der Welt zwei Sorten Menschen. Das ist ziemlich deutlich ausgeprägt, gut untersucht und nicht einfach eine Meinung von mir — es hat sich in vielen Experimenten gezeigt. Der eine Teil der Menschen ist eher “liberaler” und aufgeschlossener und andere eher weniger. Das war schon immer so, und an kann es auch leicht bei politischen und gesellschaftlichen Entscheidungen verfolgen. Das ist wahrscheinlich so ein Yin- und Yang-Ding. Die Ablehnung von Tattoos hängt — wie auch die experimentell messbare Reaktion auf Fotos mit ungewöhnlichem Inhalt — mit der etwas konservativeren Disposition von Menschen ab.

Die Begründung, das liege an der sozioökonomischen Schichtung, ist aufgesetzt und ist in Forschung schon seit über hundert Jahren widerlegt. Der einzige wissenschaftlich haltbare Grund, sich so oder so zu Tattoos zu verhalten, ist die eher konservative oder eher liberale Grundeinstellung der Leute.

Trauer kann auch Werte und Einstellungen auf den Kopf stellen. Die meisten Befragten berichteten, dass sich ihre Einstellungen zum Leben, zu sich selbst, zu dem, was ihnen wichtig ist, verändert haben. Wie siehst du das?

So ähnlich ist das ja auch bei Krebspatienten. Ich frage mich, ob das eine wirkliche Einstellungsänderung in Bezug auf Werte ist oder ob das nicht eher eine Zentrierung ist. Es ist vielleicht eher eine Art der Hinwendung zu den eigenen Bedürfnissen. Wer vorher nicht extrem konservativ war, findet in der Trauer vielleicht auch wieder zu den offeneren, liberalen Quellen seiner oder ihrer Persönlichkeit.

Inwiefern haben Tattoos mit Identitätsfindung zu tun?

Manchmal ja. Das andere Ende des Spektrums, warum man sich ein Tattoo machen lässt, sind Modegründe oder der Wunsch nach Gruppenzugehörigkeit. Das in der Trauer bedeutsame Ende des Spektrums ist aber die tiefer gehende Bedeutung eines Tattoos, also gerade keine Mode, die von der Umgebung bestimmt wird. Die persönliche, einzigartige Bedeutung kristallisiert sich bei Trauernden an diesem einen Tattoo. Inhalt kann das verstorbene Kind sein oder übrigens auch sehr oft der Hund. Dann hat das Tattoo die offensichtliche Bedeutung der Erinnerung. Dazwischen gibt es aber auch Bedeutungen von Tattoos, die sich wandeln können.

Tattoos sind eine Möglichkeit gelungener Trauerarbeit, wenn es zum Träger oder zur Trägerin passt. Für andere kann das aber auch auch die Gestaltung eines Gedenkortes sein oder eines Rituales. Ich würde statt ‘Identitätsfindung’ vielleicht eher den Begriff der Integration benutzen, des Annehmens und Vorantreibens. Nicht im Sinne der Integration der Trauer sondern der Werte, die die verstorbene Person versinnbildlicht hat. Diese kann ich mittels eines Tattoos symbolisch an mich binden. Natürlich geht das auch ohne Tattoo.

Inwiefern spielt der Schmerz beim Stechen eines Tattoo eine Rolle bei diesen Tattoos der Trauer? Ist es im wahrsten Wortsinn ein „Verschmerzten“?

Ich habe ja eher mit den eher „verrückteren“ Leuten zu tun als mit den normalen. Ich hatte bis letzten Monat eine Kolumne — die letzte Seite im Tätowiermagazin — und habe in diesem Zusammenhang überall Leute angesprochen. Bei meinen Fragen zum Schmerz verneinten die Leute das. Bei den Menschen, mit denen ich es zu tun habe, spielt der körperliche Schmerz beim Tätowieren überhaupt keine bewusste Rolle.

Sind Tattoos auch Kommunikationsmittel?

Das kann sein. Unter anderem bei denen, die das Datum dabei stehen haben. Ein Beispiel: Ich habe mal einen der Tätowiermagazin-Artikel über eine Stripperin in einem ganz harten Laden in Dresden gemacht. Sie ist jeden Abend sicher sechs Stunden — oft nackt — unterwegs. Sie hatte den Grabstein ihres Kindes tätowiert, samt Datum. Klar, dass sie damit ihre Geschichte auch nach außen trägt, also “kommuniziert”. Ich habe darauf angesprochen und sie gefragt, ob sie darüber reden will. Wollte sie.

Früher wurden ja auch oft verstorbene Hunde tätowiert. Da stand das Sterbedatum aber nicht dabei. Das war so in den 80er und 90er Jahren. Auffällig war, dass das fast alles Leute waren, die eher schlechte Bindungen zu Menschen hatten, beispiesweise Leute, die als Kinder mal im Heim gewesen waren. Wenn der Hund gestorben ist, haben sie sich dann ihren Hund tätowieren lassen. Oft waren das auch Kampfhunde. Das wirkte dann manchmal auch merkwürdig, wenn man von einer Bulldogge angesehen wurde. Diese Menschen haben aber auch gern darüber geredet.

Aber es war nie, in keinem dieser Fälle, ein aktives Gesprächsuchen. Ich würde von meinem Gefühl her sagen, dass die Kommunikation oder die entstehenden Gespräche eher in Kauf genommen werden.

Ich sehe es wie gesagt eher als Integrationsprozess, das Bild des oder der Toten näher an sich ran bringen. Das Wissen, das Kind oder der Mann sind da draußen irgendwo begraben, aber ich bringe das Bild dieses Menschen nah an mich ran Das ist fast wie eine magische Vorstellung: Dieses Zentrieren und näher an mich binden. In meinen Körper einpflanzen kann ich das Bild ja nicht — ich möchte ja nicht die Asche essen. Aber ich kann es auf meine Haut bringen. Das ist ja auch sehr sinnbildlich: Denn näher als auf meine Haut oder in meine Haut kann ich es gar nicht an mich heran bringen.

Viele Trauernde wählten den Ort für das Tattoo so, dass sie es berühren können. Welche Rolle spielt deiner Meinung nach die Körperstelle, wo tätowiert wird?

Darüber habe ich mir noch gar keine Gedanken gemacht, ich finde das aber absolut nachvollziehbar. Die Körperstellenwahl könnte aber auch anders entstehen: Inzwischen kennen sich fast alle Tätowierer gut aus mit den Tücken der Körperstellen. Rücken, Brust, Oberarm, das sind Stellen, die einfacher zu tätowieren sind, weil die Haut gut spannt. TätowiererInnen haben oft mehr Spaß daran, eben diese Flächen zu füllen.

Die Wahl allgemein der Körperstellen hat also oft vielleicht keine tiefschürfenden, sondern eher praktische Gründe. Oft werden Fotos gelungener Porträt-Tattoos ja veröffentlicht und weitergereicht und der oder die Tätowierer/in dann gefragt: “Kannst du sowas auch bei mir machen?” Und so werden auch die Körperstellen quasi weitergereicht.

Gleichzeitig kann ich mir schon vorstellen, dass diese unterbewusste Komponente eine Rolle spielt, die du ansprichst. Weil ich die Wahl besonder der Pulsstelle auch kenne: Wir machen manchmal Quatsch- und Erinnerungstattoos auf Tattoo-Messen. Und da lassen sich die Leute tatsächlich die Tattoos auch öfters am Puls machen, also am inneren unteren Handgelenk. Das ist mir tatsächlich aufgefallen. Vielleicht ist das so eine unterbewusste Entscheidung für allerlei Emotionales — auch ohne Trauer.

Wie hat sich die Wahl der Symbole in den letzten Jahren verändert? Was fällt dir auf?

Es gibt bei den sogenannten Schmuck-Tattoos eine nette Zeitleiste — der Chefredakteur des Tätowiermagazins hatte die vor kurzem ‘mal als kleines Jubiläumsposter ins Heft gebaut. Man kann sagen, dass es so anderthalb- bis zweijährige Motiv-Abwechslungen gibt. Das ist sehr auffällig. Als jemand, der häufig auf Tätowierveranstaltungen ist, kannst du nach einigen Jahren mit relativ hoher Trefferquote sagen, wann bestimmte Tattoos gestochen wurde. Und zwar nur aus dem Symbol heraus gelesen.

Es kam vor ein paar Jahren eine Zeit, als die Symbole nicht mehr so dem klassischen Bereich entlehnt wurden, also beispielsweise den Maori- oder Seemannstattoos, sondern auf einmal kamen deutsche Sachen dazu: Eichhörnchen, Füchse, Eulen. Das war vorher undenkbar. Kein einziger Mensch auf der Welt hat das gehabt. Und dann kam das auf einmal.

Im Bereich der emotionalen Darstellung haben die Leute am Anfang — so in den 70er und 80er Jahren — diese chinesischen Zeichen ausgesucht. Manchmal auch etwas ausgesucht, was inhaltlich gar nicht stimmte. Da wurde manchmal irgendetwas tätowiert, oft etwas mit “Kraft” oder so. Aber es wusste ja eh keiner, was das Zeichen wirklich bedeutete.

Dann kamen die schon genannten Porträts. Die gab es schon sehr früh. Das war so etwas — vereinfacht gesagt — wie die zweite “emotionale” Welle nach den oft kruden Seemannstattoos und chinesischen Zeichen. Und die dritte, moderne Welle war dann, als die Schriften kamen. Schriftzüge waren früher völlig unüblich. Die Schnörkelschriften kamen über mexikanische Gefängnisse, das haben Jungs mangels Tätowierfarben diese Schriftzüge entwickelt — grau und verschnörkelt. Über die USA kam das dann relativ schnell auch nach Deutschland. Jetzt hat man sehr oft — auch im Bereich von Trauer und Erinnerung — solche Schriften.

Das sind so die drei großen Wellen im Bereich der emotionalen Tattoos, die mir einfallen. Und dann gibt es natürlich jede Menge weitere Symbole, ähnlich der Symbole auf den Gräbern. Hier in Köln auf dem Melatenfriedhof haben wir z.B. ein Kindergrab, übrigens mit einem riesigen alten Stein-Sensenmann darüber, wo der kleine Junge lauter Frösche auf dem Grab stehen hat. Das war etwas ganz persönliches. Und wir haben auf den alten Grabsteinen hin und wieder auch Schmetterlinge, gemeint sind Motten, also Nachtfalter, als Symbole der nachts aufsteigenden Seele.

Streng genommen ist die Wahl solcher Symbole eine Mischung zwischen Integration der toten Person mit einem Schuss Magie, Phantasie und Mut. Und es kann ein Kommunikationsangebot sein. Die vier Sachen zusammen sind eine gute, gelungene Sache. Das finde ich immer eindrucksvoll, wenn Menschen das bewusst oder unbewusst so machen.

Viele Interviewte sagen, das Tattoo solle sie erinnern — an ihren Weg, an ihre inneren Versprechen. Auch eine Art Magie?

Ja, das ist noch eine ganz andere Facette, wie so ein Knoten im Taschentuch. Das eine ist die Integration dessen, was die verstorbenen Person bedeutet hat, dass du deren Erinnerung und Eigenschaften jetzt mit dir trägst, dass du das jetzt in dir hast, was körperlich beim toten Anderen nicht mehr da ist.

Und die andere Facette ist dann dieses: Ich muss jetzt mal auf mich achten und daran auch wirklich denken. Durch die Trauma-Einwirkung können Menschen diese Rückbesinnung auf sich selbst haben. Das muss nicht immer mit dem Tod zu tun haben. All diese Prozesse können auch ablaufen, ohne dass jemand gestorben ist. Ein typisch Beispiel sind die schon genannten Menschen mit überstandener Krebserkrankung.

Für konservativere Menschen ist es zudem schon mutig, sich die Haare bunt zu färben. Wenn sie sich dann auch noch ein Erinnerungstattoo machen, ist das ihre Art, über den eigenen Schatten springen. Sie öffnen sich gegenüber der anderen Welt, der Außenwelt, die konservativeren Menschen sonst eher wild und ängstigend erscheinen kann. Es findet mit so einem Tattoo dann eine Art Empowerment statt, also die Haltung: Ich will das jetzt machen, also mache ich es jetzt einfach mal. Selbstbestimmung gewinnen, die eigenen Ressourcen wahrzunehmen und zu nutzen. Das kann ein ursprünglich der Erinnerung gewidmetes Tattoo dann auch für der Träger oder die Trägerin bewirken und sie oder ihn daran erinnern, dass es eben auch um das eigene Leben gehen muss, nicht nur um die Meinung der anderen oder das Gedenken an die tote Person.

Sind Tattoos je eine Frage von bestimmten Altersgruppen gewesen?

Es gab eine seriöse Umfrage eines der großen Meinungsforschungsinstitute, der GfK. Aus dieser Umfrage wissen wir, dass es eine klare Altersschichtung gibt. Die Jüngeren haben — noch — viel mehr Tattoos als die Älteren. Natürlich liegt das daran, weil man früher ja kaum Zugang zu “Tätowierstuben” hatte. Und, was Trauer angeht, kommte man bei den Motiven früher ziemlich wenig mitgestalten. Es gab vor dreißig Jahren noch Tätowierer, die gar nicht zeichnen konnten. Sie malten gut Vorlagen ab und stachen diese.

Die Atmosphäre war auch nicht immer sehr feinfühlig. Ih kenne beispielsweise noch eine Menge alte Tätowierer, die ich zwar sehr gern habe, die aber keinen Bock haben, mit KundInnen zu reden — erst recht nicht über deren Gefühle. Diese Zeiten sind vorbei, und so kommt es, dass jüngere und auch Trauernde einfach mehr Zugang zu Tattoos und deswegen auch insgesamt mehr Tattoos haben.

Welche Entwicklungen gibt es derzeit in der Tattooszene?

Es kommt jetzt eine ganz, ganz neue Generation von Tätowierern vor allem aus Osteuropa. Die haben nichts gemein mit irgendwelchen Regeln aus dem Westen, den USA, der Seemansstradition, nix davon. Die können einfach phantastisch tätowieren. Du denkst, dass es dir gleich das Gehirn wegbläst. Vor einem Jahr dachte ich, das Endstadium dessen gesehen zu haben, was technisch, mit Farben, Abstraktionen, Verläufen, Perspektiven und so weiter möglich ist. Und dann kommt so ein polnisches Tattoo-Kid und setzt alles wieder auf Null. Hammer.

Das wird auch für Menschen, die in der Trauer nach neuen Ausdrucks-Möglichkeiten durch Tattoos suchen, neue Wege eröffnen, besonders bei phantastischen und sehr künstlerischen Umsetzungen.

Heute schicken einen TätowiererInnen einen auch mal weg, wenn man nicht einig wird oder sie glauben, dass da etwas seelisch im Argen und Unreinen ist. Irgendwie wird das alles insgesamt freundlicher und richtiger, menschenorientierter.

Tätowierungen in der Trauer finden oft nach einem längeren Prozess der Suchens statt.

Und das ist richtig so. Es gibt ja auch einen Nachteil: Wenn man sich das Tattoo in einer Phase der tiefen Trauer stechen lässt, dann erinnert dich das Tattoo möglicherweise genau an diese Phase, die du aber später möglicherweise längst überwunden ist.

Daher finde ich es gar nicht schlecht, wenn Leute lange genug überlegen, ob sie das auch machen wollen. Weil sie sich auch sonst vielleicht Fehlkonditionieren auf die Emotionen, die sie hatten im Moment des Stechens. Und sich dadurch später mehr an die Trauer als an das Schöne erinnern.

Der Wunsch zu einem Tattoo muss auf jeden Fall aus mir selbst kommen.

Ich erlebe manchmal Menschen, Ehepaare hauptsächlich, die in einem Kreisel stecken bleiben in der Trauer, dass sie miteinander nicht mehr umgehen können. Sie finden keine Möglichkeit mehr, ihre Beziehung zu leben. Jeder für sich trauert, sie kriegen die Trauer aber nicht in ihre Beziehung integriert. Das passiert noch häufiger bei Vergewaltigungen. Manchmal müssen die Leute da sehr gut aufpassen, ob ihre eigenen Bedürfnisse auch noch in die Beziehung passen. Durch die Traumarisierung rückt jeder für sich dann so an sich selber ran. Dann machen sich Paare manchmal die ganze Zeit über Vorwürfe, dass der eine z.B. die Trauerarbeit nicht richtig macht. So wird der andere wieder zurückgezwungen unter dem Motto: Guck mich an wie ich trauere. Da muss man auch bei Tattoos ein bisschen aufpassen.

Wenn ich mir also ein starkes Symbol für mein totes Kind auf meine Brust tätowiere, dann guckt dieses — nehmen wir einfach mal ein Fillypferchen — nicht mich an, sondern, wenn ich dusche oder sonstwie ausgezogen bin, den Partner und steht so im schlechteren Fall immer zwischen uns. Der andere wird ja dadurch immer angeschaut.

Befinden sich jetzt beide in einer anderen Phase der Trauer, dann steht das Tattoo sozusagen zwischen den beiden, und manchmal klebt man dem Partner dadurch so ein klebriges Schuldschildchen auf. Insofern sollte man sich der Verantwortung einfach bewusst sein, was man da in der Beziehung macht und in welcher Form man Tätowierungen in solchen Situationen nach außen trägt.

Ich kann mir aber gut vorstellen, dass man einen Tätowierer einfach in eine Gruppe Trauernder einladen kann, und dann kann man auch die seltsamen Details mal ruhig besprechen. Ich würde aber einen nehmen, der auf keinen Fall die Anwesenden tätowiert, sondern verspricht, genau das nicht zu tun. Er oder sie soll einfach erzählen, was man alles wie und wo tätowieren könnte, wenn einer der Anwesenden wollen würde. Das wäre eine gute Sache, auch für Gruppen.

Was bedeuten Dir deine Tattoos?

Meine Tattoo das sind auf jeden Fall auch Geschichten, weil ich mich bei jedem erinnere, wie und wo und was das war. Ich halte es aber für etwas Fließendes. Es kann seine Bedeutung komplett ändern. So wie Bücher lesen, Musik hören, Tanzen auch seine Bedeutung ändern kann. So sehe ich das bei den Tattoos auch. Ich habe sie in irgendeiner Situation aus einem bestimmten Grund gemacht.

Ich kann natürlich häufig beispielsweise den sozusagen geografischen Grund des Tattoos beschreiben, weil ich es irgendwo auf der Welt gemacht habe, weil es dort eben gerade ging. Weil ich Zeit hatte und dort gerade ein Tätowierer war. Ich habe aber keine Erinnerungstattoos in der Form, wie wir es gerade besprochen haben. Bei mir fließt die Zeit, und mit ihr die Tattoo-Bedeutungen.

Wenn man sich einmal für ein Tattoo entschieden hat, dann folgen oft weitere, zumindest war es so bei vielen der Befragten. Wie erklärt sich das? Haben Tattoo eine Art Sogwirkung?

Die Wirkung, die ein Tattoo im Positiven entfalten kann, ist so kraftvoll wie es für andere Leute eine religiöse Erfahrung oder eine spirituelle oder auch eine Naturerfahrung sein kann. Deshalb ist diese Erfahrung vielleicht gerade für Leute, die Tattoos vorher komplett abgelehnt haben oder sich vorher damit gar nicht beschäftigt haben, eine ganz besondere Erfahrung. So wie ein eingefleischter Stadtmensch auch die Erfahrung machen kann, dass Natur ja doch auf ihn wirken kann.

Vielleicht wollen diese Menschen das Erlebnis dann wiederholen oder ausbauen, weil sie viel über das lernen, was mit ihren eigenen Bedürfnissen, ihren eigenen Wahrnehmungen zusammenhängt. Ich glaube, das ist der Grund, warum sich viele Menschen wieder tätowieren lassen — das Gefühl, davon will ich mehr. Weil sie die Erfahrung im Trauerprozess machen, dass es sie irgendwie heiler oder auch funktionsfähiger macht. Es ist ja auch sehr spannend zu sehen, dass hinter diesem Vorhang viel ist, was man im Alltag nicht so wahr nimmt.

Bei jüngeren Menschen sind Tattoos oft eine Rückeroberung des eigenen Körpers, bei trauernden Erwachsenen ist es vielleicht eher eine Neusortierung der eigenen Seele.

BMXnet Body Modification Conference Berlin 2025

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Die Erfindung des Menschen

Quelle: Tätowiermagazin 5/2007, Seite 9

Ausstellung von Stannes Schwarz im "Tatau Obscur" (Berlin)

VON MARK BENECKE

Sowas gibt’s nur in Berlin: Berit lud ihren alten Freund Stannes ein, seine aquarellierten Bilder von echten Präparaten in ihrem hochschicken und riesengroßen Studio “Tatau Obscur” auszustellen.

“Monatelang saß ich in den Archiven des Medizinhistorischen Museums der Charité”, berichtet der Künstler. “Je länger ich die Präparate, eins nach dem anderen, zeichnete, desto mehr sah ich nicht mehr das Ausgestoßene und Besondere in ihnen, sondern die Gemeinsamkeit: Die Kinder scheinen Gefühle widerzuspiegeln.”

Gefühle bei toten Pathologie-Objekten? Je länger sogar das künstlerisch ungeschulte Auge (beispielsweise meins) hinsieht, umso mehr wandeln sich die Zeichnungen Toter tatsächlich zu einem Blick auf lebende Menschen. “Diese zwei Brüder hier”, erklärt Stannes, “sind miteinander verwachsen und innig umarmt, aber ich meine, dass einer hinter seinem Rücken schon die Faust ballt. Der hier sieht im wahrsten Sinne des Wortes verstreut oder zerstreut aus, und dieser hier wirkt wie ein selbstzufriedener Pfennigfuchser. Der hier scheint voller Zorn zu sein und diese beiden dort wollen sich wohl beschützen.”

Die teils über hundert Jahre alten Präparate sind in der öffentlichen Sammlung der Charité meist nicht zu sehen. Dennoch hat Präparatorin Navena Widulin sie in den letzten Jahren kunstvoll hergerichtet und wirkt damit dem gruseligen Touch eines Horrorkabinettes von vornherein entgegen. “Stannes hat mit viel Geduld fast alle Kinder-Präparate unserer Sammlung gezeichnet”, erinnert sie sich. “Jetzt, wo die Bilder hier an der Wand von “Tatau Obscur” hängen, erinnern sie mich an die Tätowier-Vorlagen und -Fotos, die in vielen Studios im Eingangsbereich hängen”, sagt Navena. “Allerdings erkenne ich auf den Bildern immer noch mein jeweiliges Präparat wider und weniger die darüber hinaus weisenden Gefühle.”

Doch diese Gefühle sind wohl vor allem symbolisch zu verstehen -- so wie die Zeichnungen auch in empfundenen, aber nicht den wirklichen Farbtönen der Originale gehalten sind. “Tätowierungen spiegeln ja auch starke Empfindungen wider”, meint Studiobesitzerin Berit. Für mich geht es in der Ausstellung daher auch darum, dass wir Menschen unsere Körper immer perfekter stylen wollen. Dieser Wunsch bewirkt, dass Kinder mit solchen Fehlbildungen gar nicht mehr geboren werden.”

“Die sehr emotionalen Reaktionen”, ergänzt Berit, “die man als Tätowierter noch immer erhält, ähneln außerdem stark den Gefühlen der Betrachter der Zeichnungen von Stannes. Meist ist es eine rein vordergründige Ablehnung, die sich nur an äußeren Formen festmacht. So können Tätowierte genauso wie die hier dargestellten Kinder zu Outcasts werden, ohne dass man sich mit ihnen beschäftigt hat.”

Wer den ungewöhnlichen Kontrast von Deutschlands wohl schickstem Tätowier-Studio und den pathologischen Präparaten auch nach Ende der Ausstellung noch erleben will, kann bei einem Abstecher in die Hauptstadt jederzeit zuerst bei Berit und dann im Medizinhistorischen Museum der Charité vorbei schauen (oder natürlich auch umgekehrt  ;) ). Ein Kontrast, den es wirklich nur in Berlin gibt.

Für mich sind alle Fälle gleich

Quelle: Westfalenpost, Kreis Olpe, 8. März 2025

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„Für mich sind alle Fälle gleich" Dr. Mark Benecke erlangte über Kriminalfälle weltweites Aufsehen. Kurz vor einem Auftritt in Attendorn gibt er uns private Einblicke in sein Leben

Von Daniel Engeland

Attendorn. Dr. Mark Benecke klärt bei seiner Arbeit als Kriminalbiologe knifflige Kriminalfälle auf. Über viele seiner Fälle erlangte der Kölner weltweite Aufmerksamkeit. Am 13. März kommt er nun für einen Vortrag nach Attendorn. Im Gespräch mit unserer Zeitung gibt er Einblicke in sein Privatleben und seinen spannenden Lebensalltag.

Herr Benecke, am 13. März halten Sie einen Vortrag in der Attendorner Stadthalle. Gibt es Verbindungspunkte zum Kreis Olpe und der Stadt Attendorn?

Ich bin als Kölner natürlich schon als Kind öfter in Attendorn gewesen — das war damals ein zwingendes Ausflugsziel für alle Familien mit Kindern.

Worauf können sich die Besucher und Besucherinnen in der kommenden Woche bei Ihrem Vortrag freuen?

Ich werde über einige meiner Kriminal-Fälle berichten.

Sie haben selbst mehrere Bücher geschrieben, was lesen Sie eigentlich privat?

Am liebsten lese ich alte Tier-Bücher. Ich habe aber auch eine sehr große Sammlung alter rechtsmedizinischer und kriminalistischer Bücher, dort geht es beispielsweise um Gifte, Mumien sowie „Fälle", die wir heute als harmlosen Alltag ansehen und nur den Kopf schütteln. Dazu gehören Homosexuelle und Sexarbeiterinnen, die von der Polizei mit großem Ernst verfolgt wurden. Dasselbe gilt für „Migration" und „fremde Menschen", die auch früher schon hin und wieder als gefährlich angesehen wurden, obwohl die kriminalistisch erhobenen Zahlen das Gegenteil zeigten. Und ich habe auch eine ziemlich große Ecke in meiner Bibliothek, die sich nur mit Vampir-Leichen und allem drumherum befasst. Außerdem bin ich Buchpate in der Linnean Society of London, der Staatsbibliothek in Berlin und der Nationalbibliothek in Wien, sodass ich auch dort einige Schätzchen lesen darf.

Sie sind ein großer Tattoo-Fan. Wie viele Tattoos haben Sie mittlerweile? Welche Bedeutung haben sie in Ihrem Leben?

Eine Freundin hat neuerdings so um die 150 Tätowierungen auf mir gezählt. Deren Bedeutung kann sich ändern. Es sind jedenfalls immer Erinnerungen an Orte, Menschen und Erlebnisse. Es gibt sogar ein 3D-Foto von mir im Netz. Es stammt aus dem Grassi-Museum für Völkerkunde in Leipzig. Dort kann mich jeder drehen und meine Tattoos und deren Bedeutungen Klick für Klick erkunden.

Viele Menschen sind von „True Crime" fasziniert. Verspüren Sie eine ähnliche Faszination, wenn Sie als Kriminalbiologe einen Fall erleben, der sich zunächst kaum erklären lässt?

Für mich sind alle Fälle gleich. Das geht uns aber allen im Team so. Wir ärgern uns über Lügen und Geschnatter, egal von wem es ausgeht. Wir suchen die messbaren Tatsachen dazu zusammen und dann tritt meist die messbare Wahrheit zutage.

Wie gehen Sie damit um, im Alltag immer wieder mit dem Tod und schaurigen Verbrechen in Kontakt zu kommen?

Et is wie et is. Die Welt besteht nicht nur aus Zuckerguss.

Wie sieht Ihr Alltag in der Kriminalbiologie aus, gibt es überhaupt einen Alltag?

Wir schauen uns jeden Fall mit kindlichen – nicht kindischen – Augen, also unbefangen an. Daher passiert jeden Tag etwas anderes. Mal messen wir Blut-Spuren, mal Insekten, mal wälzen wir Akten, mal hängt eine oder einer von uns in einem Baum, um eine Erhängung nachzustellen, mal sind wir auf Kongressen wie gerade eben bei der größten Tagung der Forensikerinnen und Forensiker in Baltimore.

Vor der Jahrtausendwende gelang Ihnen ein echter Coup: Es gelang Ihnen nach der Untersuchung von Maden die Liegezeit einer ermordeten Frau festzustellen und so den Täter zu finden. Wie kam es dazu?

Das mache ich schon seit den 1990-er Jahren. Die Länge von Larven verrät deren Alter. So lässt sich die Zeit seit der Leichen-Besiedlung ermitteln. Es gibt auch Fälle, wo vernachlässigte Lebende besiedelt werden. Da können wir dann ausrechnen, wie lange die Pflege schon nicht mehr stattgefunden hat.

Welche Rolle spielen Tiere für Ihre Arbeit?

Wir schauen uns gerne Käfer, Fliegen, Schnecken und Wespen an, um zu verstehen, wie lange eine Leiche besiedelt wurde. Und ob eine scheinbare Messer-Wunde oder Kratzer im Gesicht einer Leiche nicht doch von Tieren stammen. Ich habe auch einen Sondervortrag über Haustiere, die ihre menschli-chen, verstorbenen „Herrchen" oder „Frauchen" gefressen haben.

Sie haben während Ihrer Arbeit einiges gesehen, gibt es einen Fall, bei dem sich auch bei Ihnen noch heute die Nackenhaare aufstellen?

Ich finde es schade, dass Menschen nicht lernen. Die Zusammenarbeit war geschichtlich, auch kriminalgeschichtlich, immer messbar besser für alle Beteiligten als das Töten oder Ausgrenzen.

Welcher Fall hat Sie bislang am meisten fasziniert?

Vielleicht der Nächste?

Sie engagieren sich neben Ihrer Arbeit auch in der Politik. Wie ist es dazu gekommen?

Das ist für mich alles eins. Ich möchte das bewirken, was in meinem Handlungs-Spielraum steht. Manche Dinge lassen sich eher politisch umsetzen als auf der Couch.

Was macht Dr. Mark Benecke eigentlich in seiner Freizeit, wenn er mal nicht Verbrechern auf den Leim geht?

Ich unterscheide nicht zwischen Arbeit und Freizeit. Das, was ich erledige, mache ich gerne. Wenn ich es nicht möchte, lasse ich es. So halten wir es im Labor alle. Von außen sieht es vermutlich so aus, als ob ich immer arbeite. Messen kann ich aber überall.

Tattoo People: Dr. Mark Benecke

Quelle: Tattoo Extreme (China), March 2012, S. 24 bis 29

Dr. Mark Benecke im Kurzportrait

Photo: Annie Bertram

Forensic medical officer is a heavy and unattractive work for most people. It happens all the time that you have to face the incomplete and smelly corpses. Out of our imagination, Mark Benecke is a unique figure in this field, and by achieving a great idea in his work, Dr. Mark becomes a world-renowned forensic entomologist. Mark Benecke was born in 1970, in Bavaria, Germany.

After receiving a Dr. rer. medic. at Cologne University in 1997, he worked in the Chief Medical Examiner's Office in Manhattan, New York from 1997–1999. As of 2008, he works internationally on forensic cases as a freelance expert witness. He also teaches at various police academies and acts as a visiting professor to universities in Germany, England,Vietnam, Colombia, and the Philippines.

With his highly specialized knowledge of bugs, Mark has a lot experiences to help with the murder cases and prove the murder guilty by the examination of insects such as maggots and bluebottles in rotting flesh, and determine the cause and time of the dearth. There are seldom people know about forensic entomology in Taiwan, not even to mention the maggots which everyone hates to touch. Why does Mark want to study it? Mark thinks that he couldn’t be further from the truth without his examination of maggots, and these small and creeping maggots become the detectives for Mark, and show him the unspeakable secret for the dead body.

Photo: Rocksau Pictures

Mark mentioned that when he worked in the Bureau of Criminal Investigation, New York, other colleagues always think he is a weird guy from German. That’s because Mark always spent a lot of time to study maggots even out of work, and sometimes, a large number of maggots will drop out from the dead body, and Mark could still focus on them without feeling any disgusting. Right now, Mark Benecke already becomes the authority on forensic entomology, but Mark still works very hard on any investigation, he realizes the importance of his job, and no matter what kind of insects he needs to study, he will do his best all the time!

Besides those maggots, Mark is also a big tattoo fan since he was young, he got his first tattoo (a lizard) on his shoulder about 20 years ago, and Mark had the lizard surrounded by a super weird tribal tattoo later. The meaning of the tattoo is not the most important thing for him, Mark thinks that tattoo is a very natural thing for him, and it’s also a very good way for him to mark life experiences. Mark is invited to be a visiting professor at international universities, and by the chance of travelling around the world, Mark said that he would like get more tattoo in other cities if he finds good tattooist, how about Taiwan? Possible!


來來㉂自德國的法㊩醫昆蟲㈻㊫學權威

法㊩醫的工作在我們的想像㆗㊥中,是㆒㈠㊀一個吃重不不討喜的工 作,因為常常面對的不不是殘缺的大體,就是惡惡臭的腐 屍。但來來㉂自德國Mark Benecke,卻在這個工作㆖㊤上㈲㊒有著 亮亮眼的表現。今年年 42 歲的 Mark,在 1997 年年取得科隆隆大㈻㊫學的㊩醫 ㈻㊫學博士㈻㊫學位,不不但幫助警察屢屢破奇案,更更受過紐紐約市長朱利利安尼 的邀請,成為紐紐約市首席㊩醫檢官的法㊩醫顧問,不不但㈿㊯協助過 FBI 的 探員辦案,也曾接受探險頻道Discovery Channel的採訪,介紹 他最重要的研究領領域:法㊩醫昆蟲㈻㊫學。

與蟲蟲情報㈵㊕特搜隊為伍

法㊩醫昆蟲㈻㊫學這個㈴㊔名詞在台灣幾乎沒㈲㊒有聽過,在全世界的研究㆟人員 更更是寥寥可數數,而 Mark 所研究的更更是大家都都厭惡惡之極的蛆蟲。 為什什麼要研究蛆蟲呢? Mark 說說說,在他的眼㆗㊥中,蛆蟲就是他的情 報㈵㊕特搜隊㆒㈠㊀一樣,可以用來來判斷屍體確切切的死亡時間,這跟蛆蟲本 身的㈵㊕特性㈲㊒有關,Mark 跟我們介紹,雌蠅並不不是到處產卵卵,必須 是溫暖潮濕又㈲㊒有充足的蛋白質供應的㆞地方,而㆟人體就是絕佳的產 卵卵㆞地。雌蠅在幾分鐘內就可以完成產卵卵,小蛆蟲在幾小時或是㆒㈠㊀一 ㆝天內就會孵化完成,而能夠精精準判斷的關鍵更更是因為蛆蟲不不同的 生命週期相當分明,出生、幼蟲、成蛹。屍體的內部化合物也因 腐敗程度度不不同而產生變化,這些判讀讀就可以提供檢方㈲㊒有利利的證 據,即使是高度度腐敗的屍體,也可以透過這些蛆蟲透露露出遇害的 時間,再與嫌疑犯等相關供詞㆒㈠㊀一對照,就能將不不法之徒繩之以 法。 雖然 Mark 現在已經是全球法㊩醫昆蟲㈻㊫學的權威,但是這個常 常與蛆蟲共處的工作內容,實在讓㆟人不不太敢與他靠近,Mark 說說說, ㉂自己在紐紐約刑事調查部裡裡,可是被大家封為頭號怪咖,因為他㆘㊦下 班後會在腐肉㆖㊤上培養蛆蟲,還㈲㊒有同事說說說常看著他對著滿身蛆蟲蠕 動的屍體發呆,㈲㊒有時屍袋㆒㈠㊀一打開,大量量的蛆蟲劈哩趴啦的掉㆒㈠㊀一 ㆞地,可把驗屍房的其他同事嚇得半死。Mark 說說說,雖然工作㆖㊤上每 ㆝天與蛆蟲相處,但其實驗證的工作相當㈲㊒有壓力力,德國的法㊩醫機構 ㈩㊉十分健全而且嚴謹,如果事後發現驗證㈲㊒有問題而導致冤獄的話, 負責驗證的法㊩醫就必須付出每㈰㊐日 1000 歐元的㈹代價,累累積幾來來也 是相當可觀,所以他們對於驗證的工作做得非常小心謹慎。

刺青是用來來記錄錄生命當㆘㊦下的方式

除了了法㊩醫的工作,Mark也很喜歡刺刺青,他說說說㉂自己第㆒㈠㊀一個刺刺青是肩膀㆖㊤上的蜥蜴, 那是在 20 多年年前德國第㆒㈠㊀一家官方認證的刺刺青店所刺刺的,之後更更沿著蜥蜴的圖 延展了了許多很㈵㊕特別的圖騰,對Mark來來說說說,他覺得刺刺青是㆒㈠㊀一種很㉂自然的行行為, 每個成年年㆟人都都可以做的事情,㈲㊒有時候他也會對於不不刺刺青的㆟人感到奇怪。刺刺青 的圖紋對他來來說說說並不不是非常重要,而是他用來來記錄錄生命的方式,他知道當初 ㉂自己為什什麼刺刺這個圖,但時間㆒㈠㊀一過去,刺刺什什麼似乎不不再是重點!長年年受邀擔 任國際間各大㈻㊫學的客座教授,Mark 常常㈲㊒有機會到其他城市,如果再來來愈到不不 錯的刺刺青師,Mark也會想要再刺刺青,就如同他所說說說的,這是再㉂自然不不過的 事了了。

法醫學小常識

利利用昆蟲來來㈿㊯協助刑事案件的調查在國外是㆒㈠㊀一門專門的㈻㊫學問,叫做法㊩醫昆蟲㈻㊫學。其實在㆗㊥中國春秋戰國時㈹代,孫子就記載過㆒㈠㊀一個與昆蟲㈲㊒有關的案件,㈲㊒有㆒㈠㊀一個㆟人被殺殺害後遺屍在稻田裡裡,前來來查案的公差看見見㈲㊒有㆒㈠㊀一個嫌 疑犯手㆗㊥中的鐮刀㆒㈠㊀一直㈲㊒有蚊蠅飛繞盤旋,心㆗㊥中起疑,後來來捉拿嫌疑犯後察看鐮刀,果然看出刀㆖㊤上還㈲㊒有㆒㈠㊀一些血跡,這也是因為蚊蠅喜歡接近血腥的關係。蛆蟲除了了會在屍體的㉂自然孔穴㆗㊥中產卵卵,也會在屍體的傷口㆖㊤上 繁殖,是抓出真凶的重要線索索。

"Ärzte haben sehr viel anderes zu tun"

Quelle: Neue Osnabrücker Zeitung (NOZ) S. 24 (mit großem Dank an die Redaktion), GUT ZU WISSEN, Do., 22. Aug. 2019, S. 24

Sollen nur noch Mediziner Tattoos per Laser entfernen dürfen? Nein, sagt Pro-Tattoo-Chef Mark Benecke

VON MELANIE HEIKE SCHMIDT
OSNABRÜCK. Jeder vierte Deutsche ist tätowiert, doch nicht alle lieben ihren Körperschmuck. Schätzungen zufolge lassen sich rund 1,2 Millionen Menschen im Jahr ein Tattoo per Laser entfernen. Derzeit bieten auch Kosmetiker oder Tätowierer solche Entfernungen an, doch ab Ende 2020 soll das allein Fachärzten vorbehalten sein.

Das stößt auf Kritik, etwa bei Mark Benecke. Der Kriminalbiologe — auch genannt „Dr. Made" — ist Deutschlands einziger öffentlich bestellter und vereidigter Sachverstän-diger für biologische Spuren. Wer ihn bei seinen zahlrei-chen Vorträgen oder in TV-Dokumentationen sieht, entdeckt schnell: Benecke hat ebenfalls eine Leidenschaft für Tattoos. Wie viele der Kölner inzwischen hat, weiß er selbst nicht genau. Wichtiger ist ihm, in seiner Funktion als Vorsitzender des 2011 gegründeten Vereins Pro Tattoo über das Tätowieren „neutral und kritisch zu berichten".

Was Benecke über die ab 2020 greifende Neuregelung zum Entfernen von ungeliebten Tattoos denkt, erklärt er hier im Interview.

Herr Benecke, wer ungeliebte Tattoos loswerden will, wird damit schon bald ein Fall für den Arzt. Eine neue Regelung sieht vor, dass die Tattoo-Entfernung per Laser ab Ende 2020 nur noch von Medizinern übernommen werden darf. Was halten Sie davon?

Mark Benecke: Die Neuregelung ist sinnlos. Erstens kenne ich kaum Ärztinnen und Ärzte, die sich dafür interessieren, wie Tattoo-Entfernungsgeräte funktionieren. Zweitens haben sie meist sehr viel anderes zu tun. Besonders die hier kundigen Hautärzte sind schon jetzt Monate im Voraus wegen Allergien, Hautkrebs, Geschlechtskrankheiten und vielem anderem ausgelastet. Die meisten von ihnen haben bestimmt keine Lust, stattdessen Tattoos zu entfernen.

Dennoch werden die Ärzte ja mit diesen Anfragen zu tun haben, ebenso Tattoo-Studios, die bislang auch das Entfernen von Tattoos im Programm halten. Was glauben Sie, geschieht ab dem kommenden Jahr?

Entweder wird das durch Tricks gelöst, also die Praxis-Hilfe beim Arzt macht es unter Anleitung, obwohl das Delegationsverbot dies verbietet, oder durch Nicht-Hinschauen bei Tätowierern und Tätowiererinnen und Kosmetikern und Kosmetikerinnen.

Wir fragen uns bei Pro Tattoo auch, wie die vorgeschriebenen Sachkunde für Ärztinnen und Ärzte geprüft werden soll. Viele ärztliche Kollegen und Kolleginnen ersticken in Arbeit. Im Medizinstudium beschäftigen sie sich nicht mit Tattoo-Entfernung. Das Thema ist für Studierende in etwa so sexy wie eingewachsene Zehennägel.

Aber es gibt doch sicher Gründe, die für eine solche Änderung sprechen.

Mir fallen keine ein. Es gibt noch nicht einmal sichere Studien, die zeigen, dass die bisherigen Anbieter Tattoos schlechter entfernen als Ärztinnen und Ärzte es künftig alleine machen sollen. Das wird ein Riesen-Heulen und -Zähneklappern geben.

Warum das? Erstens werden die meisten Menschen nur schwer eine Ärztin oder einen Arzt für eine Tattoo-Entfernung finden. Zweitens werden sich ärztlichen Kolleginnen und Kollegen ungewöhnliche Gesprächsformen angewöhnen müssen.

Wie meinen Sie das?

Nach der Tattoo-Entfernung kann es bei schlampigen Menschen beim Baden, am Strand, durch Reibung an Kleidung und schlotzige Hände beispielsweise zu Entzündungen kommen.

Kosmetiker und Tätowierer kennen diese endlosen, immer gleichen Gespräche seit ihrem ersten Tag im Beruf. Ein Zettel mit Informationen wird kaum beachtet, viel besser sind ruhige, vernünftige Gespräche. Welche Ärztin und welcher Arzt hat dafür Zeit? Und vor allem: Wer möchte für diese Kundinnen und Kunden ärztlich haften?

Wie wird künftig wohl hierzulande die Tattoo-Entfernung ablaufen?

Vor allem könnte die Tattoo-Entfernung aus den genannten Gründen in Deutschland vielleicht sauteuer werden, in Polen, der Tschechischen Republik und Frankreich vielleicht aber nicht. Ich wette, dass das Ganze ins Hinterzimmer abrutscht, weil die Kundinnen und Kunden nicht ewig warten und dafür weit reisen wollen. Eine Tattoo-Entfernung dauert viele Stunden in mehreren Sitzungen.

Noch bescheuerter ist übrigens, dass ab Ende 2020 Kosmetikerinnen und Kosmetiker auch wegen dauerhafter Haarentfernung, elektronischer Muskel-Anregung und dergleichen eingeschränkt werden sollen. Warum zur Hölle?

Dass es Kenntnisse und Fähigkeiten braucht, um Tattoos sicher und fachgerecht zu entfernen, liegt aber doch auf der Hand. Wie könnte man dies sonst sicherstellen?

Was ist mit den ganzen Kosmetikerinnen und Kosmetikern, Piercerinnen und Piercern, Tätowiererinnen und Tätowierern, die nicht studiert haben, ihren Job aber nachweislich eins a machen? Wieso können sie nicht eine — von mir aus auch strenge — Zusatz-Einweisung mit Zertifikat und allem Drum und Dran erhalten und dann mit dem weitermachen, was sie bisher gut und für die Kundinnen und Kunden angenehm schon lange gemacht haben? Interessante Info am Rande: Auch die Deutsche Gesellschaft für EU-Konformität ist gegen die Neufassung der Regelungen.

Ich habe übrigens noch eine Idee: Menschen könnten sich vorher überlegen, was sie tätowiert haben wollen, in Ruhe einen Profi-Laden aussuchen und brauchen dann auch keine Entfernung. Ein Tattoo ist fürs Leben.

(Mit vielem Dank an die Redaktion für die Erlaubnis zur Veröffentlichung.)


Wie finde ich das richtige Tattowier-Studio?

ZDF-Interview


Fachbuch “Tätowierungen”

Vorwort


“Das Verbot ist beknackt.”

Tätowier-Farben

BMXnet Body Modification Conference, Berlin 2024

18th bmxnet Body Modification Conference in Berlin (August 1-4, 2024)

Speakers (most likely):

Alessandro Ceccato, Alex Pereiro, Andre Berg, Andrea Venhaus, Ansger Fritze, Bethrah Szumski, Beto Rea, Brian Skellie, Bruno BMA Valsecchi, Cale Belford, Caro Ley, Chandler Barnes

Charlyne Chiappone, CoCo Katsura, Corey Torok, Cristiano Aielli, Ðana Ribarević, Daniel Hetz, Daniel Lemon, Danila Tarcinale, Dorsch, Dr Matt Lodder, Dr. Ines Schreiver, Dr. Mark Benecke, Eden Thomson, Enrico Podjaski, Eugenia Monti, Fiona Hughes, Flo, Francesco Capodicasa, Gábor Zagyvai, Haillim Herrera, Isabell Defiebre, J’son D’souza, Jana Reuter, Jane Absinth, Johannes Holfeld, Kenneth Crespo, Kevin Jump, Kim Hutchinson, Kim Partheymüller, Lemmi, Lola Slider, Loreia, Lumina Obscura, Luna Duran, Lynn Loheide, Manfred Kohrs, Marcus Meyer, Marcus Strohner, Martin Siedler, Marzena Warneke, Masahiro Kahata, Matt Kirk, Michael Kolar, Nahuel Burgos, Necro Black, Nicholas The Geezer, Nora, Pam von Falkenstein, Patrick McCarthy, Paul King, Paul Lüpke, Paulina Peszka Paoli, Rob Hill, Roberto Avilés, Rubén Triguero, Ryan Ouellette, Ryoichi Keroppy Maeda, Sana Sakura, Shawn Porter, shiva 108, Steve Haworth, Stuart Hofman, Svenja Herrmann, Taku Oshima, Tanja Podjaski, Torben Teichmann, Travelin’ Mick, Urban Slamal, Victoria Lickfeldt, Xhules as well as performances, e.g., by Louis Fleischauer

Star-Gast: Rolf Buchholz

Including two birthdays 🎂



BMXnet Konferenz

2021 | Berlin


BMXnet Konferenz

2022 | Essen


BMXnet Konferenz

2019 | Essen

Wissenschaft & Crime mit Dr. Mark Benecke

Unser Gast in Folge 44 ist in vielerlei Hinsicht speziell und ein bemerkenswerter Vertreter unserer Spezies. Zuerst einmal ist er der erste Gast, dem sein Alter komplett egal ist, da denkt er nicht drüber nach. Obwohl er sehr auf Messungen steht. Und Zeit kann man ziemlich gut messen. Wir tauchen ein in die vielen Betätigungsfelder von Deutschlands bekanntestem Kriminalbiologen Dr. Mark Benecke. Denn er ist nicht nur bekannt als „Dr. Made“ für das Spezialgebiet der Tiere auf Leichen, sondern hat noch viele andere Interessen und Einsatzgebiete. Hört euch das an!

Live im Podcast 'NOT TOO OLD - Für Männer, die noch was vorhaben'

Folge 44: Wissenschaft & Crime: Der Kriminalbiologe über das Älterwerden, Forensik, Comics, Klima und Tattoos.


War Hitler eine Frau?

Podcast | 2024


Wie finde ich das richtige Tätowier-Studio?

ZDF | 2024


Insekten auf Leichen

Podcast “Beats & Bones”


Weck mich am Arsch

Mit Langschläfer Mark


Lenins Leiche: Mit Mark im Moskauer Mausoleum

Podcast “Die Geschichtsmacher”

Mark Benecke: Prohibition of Tattoo Pigments (Verbot von Tätowier-Farben / Pigmenten): Speech at BfR's 2nd International Berlin Conference on Tattoo Safety

Vortrag bei: "Herausforderungen für den öffentlichen Gesundheitsschutz im 21. Jahrhundert: 2. Internationale Konferenz zur Sicherheit von Tätowiermitteln / Challenges in Public Health Protection in the 21st Century: 2nd International Conference on Tattoo Safety”

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