Gespräch mit Kriminalbiologe Dr. Mark Benecke zu Artensterben, Bleimunition und der Zukunft der Jagd

Quelle: VGT – VEREIN GEGEN TIERFABRIKEN

Dr. Mark Benecke, renommierter Kriminalbiologe, Autor, Politiker und Schauspieler im Interview mit Dr. Rudolf Winkelmayer, Initiator des Volksbegehrens „Für ein Bundes-Jagdgesetz“. Diskutiert werden das Artensterben, die Prädatorenbejagung, Alternativen zur Bleimunition und die Zukunft der Jagd. Marks Motto: Zahlen statt Meinungen und Tiere einfach mal in Ruhe lassen!

Rudolf Winkelmayer: Den Wildtieren Österreichs geht es denkbar schlecht. Ihre Zahl schrumpfte seit 1986 um 70 %. Trotzdem sind immer noch gefährdete Tierarten als jagdbar in den Landesjagdgesetzen angeführt. Wie erlebst du das Artensterben und welche Konsequenzen hat es für Mensch, Tier und Umwelt?

Mark Benecke: Laut mehrerer Langzeitstudien ist die Biomasse der Insekten in Deutschland in den letzten 30 Jahren um 75 % zurückgegangen. Sichtbar schwinden auch Singvögel und Amphibien, ein echter Kahlschlag. Wir leben, klar gemessen, im größten Artensterben seit Menschen auf der Erde existieren. Es ist das sechste große Massensterben, seit es überhaupt Leben auf der Erde gibt.

Arten, die nicht an die Wärme und die verschwindenden Lebensräume angepasst sind, verschwinden weltweit. Ob Tiere für den Autobahnausbau, für die Jagd oder für Klopapierwälder sterben, macht biologisch keinen Unterschied. Die Zeit des Ausbeutens, Ausnützens und Ausdünnens der Tierwelt muss enden, falls wir Menschen lebenswert weiter machen möchten. Es ist wichtig, aber auch einfach, Naturräume, Tiere und Pflanzen in Ruhe zu lassen.

Wie stellt sich die gnadenlose Bejagung von Prädatoren (wie z.B. Füchsen) hinsichtlich der Auswirkungen auf Tiere und Pflanzen dar? Stichwort: Hege!

Diese Bejagung ist biologisch unsinnig. Je höher wir in der Pyramide der Lebenskreisläufe kommen, umso mehr sehen wir, dass Nahrungsnetze von Tieren an der Spitze der Nahrungspyramiden abhängig sind und in gesundem Zustand gehalten werden. Natürliche Gleichgewichte stellen sich von selbst ein und sind neben allen möglichen Winzlingen vor allem durch die jagenden Tiere gegeben. Das entzieht sich unserer menschlichen Bewertung. Mit Naturschutz und Biodiversität hat die "Hege" biologisch nichts zu tun.

Jährlich wird die Umwelt in Österreich durch Tonnen an Blei aus Munition vergiftet. Drei Schrotschüsse mit einer Standardschrotpatrone enthalten 10 dag Blei. Jäger:innen argumentieren nicht auf Stahlkugeln (nicht Stahlschrot) umsteigen zu wollen, da wissenschaftliche Grundlagen zur Wirksamkeit und Geschwindigkeit der Tötung fehlen. Was denkst du als Kriminalbiologe dazu?

Die Waffen- und Herstellerindustrie für Geschosse ist eine große und stark wachsende Industrie. Wenn es ein Problem nicht gibt, dann ist es die Neu- und Weiterentwicklung von Schusswaffen, Patronen und Geschossen. Als Kriminalbiologe rede ich manchmal mit Herstellerfirmen und Schusswaffenexpert:innen. Es ist wohl eher ein Problem der Nachfrage nach bleifreier Munition. Blei wäre garantiert ersetzbar. Wenn man Tiere in Ruhe lässt, entsteht das Problem aber erst gar nicht.

Wie kann sich die Jagdpraxis in 10 Jahren darstellen? Wie wünschst du sie dir und was ist realistisch?

Ich bin in den 1970er Jahren geboren und aufgewachsen und habe die Bemühungen von damals als Kind und Jugendlicher mitbekommen. Schon damals sagten die Menschen dasselbe, wie die weltweite Forschungsgesellschaft heute. Sichtbar ist jetzt, dass es so viele Bionetzwerks-Störpunkte und gleichsam heraus gerissene Knoten im Netz des Lebens gibt, dass nur eine Anpassung an das, was uns die Umwelt überhaupt noch erlaubt, auch im Bereich der Jagd, möglich ist. Wenn südamerikanische Wälder weiter abgeholzt und verbrannt werden, verändert sich das gesamte Waldsystem, auch das nicht abgeholzte, zu Graslandschaften. Ähnlich wie früher durch die Rodungen der Römer in Europa. Nachdem wir nun immer wieder die wärmsten Monate und Jahre seit Beginn der Aufzeichnungen haben, ist es mehr als sinnvoll, natürliche Wälder zu erhalten: Es ist das Allermindeste, was gar nicht mehr verhandelbar ist. Nur alte Wälder sind eine CO2- Senke. Aber sie sind auch eine Erholungsoase für die körperliche und geistige Gesundheit der Menschen, natürlich ohne Jagd und nur auf festen Wegen.

Tiere wie die Nosferatu-Spinne, die Blaue Holzbiene und die Gottesanbeterin sind in wenigen Jahren über tausende von Kilometern eingewandert, so etwas gab es noch nie und verdeutlicht den biologisch gesehen blitzschnellen Wandel. Ich sehe aus keinem biologischen Blickwinkel einen Sinn in der Jagd.

Vielen Dank für das Interview!

Mensch-Umwelt-Tierschutz-Medaille 2024

parteimenschumwelttierschutz, 12. Okt. 2024

Wir freuen uns, Dr. Mark Benecke die Mensch-Umwelt-Tierschutz-Medaille zu verleihen! 🏅🌱

Sein unermüdliches Engagement für Tierrechte, Veganismus, ökologische Herausforderungen und soziale Themen inspiriert uns seit vielen Jahren. Danke, @markito_benecke, für deinen wertvollen Beitrag zu einer gerechteren und nachhaltigeren Welt! 💚

Kriminalbiologie & Klimawandel

Quelle: Acher- und Bühler Bote / Badische Neueste Nachrichten (BNN)

Von Wilfried Lienhard

Wie kommen Sie von der Kriminalbiologie zum Klimawandel?

Mark Benecke: Die Umweltveränderungen sind an Tieren und Pflanzen schon lange zu erkennen. Viele sterben, andere wandern schneller als je zuvor in die letzten noch für sie besiedelbaren Gebiete. Das betrifft mich in meiner Arbeit seit dem Jahr 2003. Damals haben wir erstmals an Leichen im Studierendenkurs super viele Wespen gesehen. Besonders die blauen "Brummer"-Fliegen, deren Larven wir zur Bestimmung der Leichen-Liegezeit gerne verwenden, hat die Hitze geschafft. Sie kennen es aber sicher auch von den seit etwa fünf Jahren auf einmal eingewanderten Nosferatu-Spinnen, blauen Holzbienen und Gottesanbeterinnen.

Ich liebe vor allem Leben. Doch nicht nur die Insekten sind weg, sondern auch Regenwürmer, Frösche und Singvögel. Es wird einsam und das ist zum Heulen.

Ich fand die Klima-Veränderungen übrigens schon immer interessant. In meinem ersten Buch von 1998 handelt bereits ein ganzes Kapitel vom Klimawandel. Es hat auch andere interessiert: Das Buch ist bis heute in Neu-Auflagen erhältlich.

Ihren Vortrag betiteln Sie „Klima: Endspiel“. Wer ist der Gegner in diesem Finale?

Der Titel stammt vom Veranstalter. Meine Serie heißt 'Time is up' mit den immer neuesten Messungen zur Umwelt. Gegnerschaft ist es nicht, sondern eine 'Ist mir doch egal'-Haltung. Das klarste Beispiel dafür sind Menschen, die Tier-Produkte verwenden. Jede und jeder weiß, wie fürchterlich die Tiere behandelt werden und welche Umwelt-Schäden dadurch auftreten. Aber die meisten juckt es nicht. Sie verzehren weiter Schinken und Kuhmilch. 

Wenn überhaupt, dann ist der Gegner des Menschen der Mensch selbst. Denn es geht ja auch uns Menschen an den Kragen.

Bei welcher Temperatur stehen wir Ihrer Meinung nach am Ende dieses Jahrhunderts?

Das hängt davon ab, wieviel Erdöl wir verbrennen, wie viele Wälder wir vernichten und ob wir vielleicht mal insgesamt weniger verbrauchen, auch Kleidung und Elektronik. 

Das angebliche 1,5-Grad-Ziel gibt es jedenfalls schon seit Jahren nicht mehr, weil es hinter uns liegt. Wir haben die Marke gerissen, und auch die Zweigrad-Marke reißen wir ganz sicher bald.

Was bedeutet das dann für das Leben auf der Erde?

Die sechste, jetzt ja schon deutlich messbare Massen-Auslöschung von Arten. Für Menschen: Schwindende Lebensqualität, um es mal sehr vorsichtig zu sagen.

Sie sind promovierter Kriminalbiologe, Spezialist für forensische Entomologie, Ausbilder an deutschen Polizeischulen, Gastdozent in den USA, Autor populärwissenschaftlicher BücherWissenschaftler durch und durch also. Spüren Sie auch die Folgen der zunehmenden Wissenschaftsfeindlichkeit?

Ich spüre eher, dass Menschen mit Lügen immer besser leben können.  

Wie problematisch ist das gerade beim Thema Klimawandel?

Das ständige Lügen und der Selbstbetrug? Es führt dazu, dass schon die kleinsten Schritte — Begrünung von Mauern und Wänden, Entsiegelung von Städten, Umstellung auf pflanzliche Ernährung und öffentlichen Verkehr — nicht stattfinden. Stattdessen zeigen viele auf ihre Nachbarn, China, die USA, "die" Politik oder irgendwen, der angeblich gerade viele schlimmer ist. 

Das ist eine Mischung aus Faulheit und Wirklichkeitsverleugnung. Kein Mensch muss Naturwissenschaften spannend finden. Aber eine Messung wie auf einer Küchenwaage, die jemand ohne schwierige Worte erklärt und die von ganz verschiedenen Messenden bestätigt ist: Die setze ich doch auch beim Backen und Kochen ohne Herumgerede ein und um. 

So ist es auch mit dem Arten-Verlust und der Erd-Erwärmung. Was dagegen hilft, versteht jedes Kind. Einfach mitmachen statt rumeiern und schwatzen.

Was müsste geschehen, um die Folgen des Klimawandels abzumildern? 

Fluten, Brände und Ernte-Ausfälle lassen sich nicht abmildern. Was hilft, ist vorzubeugen, so dass sie möglichst selten auftreten. Ist übrigens wie in der Kriminalistik: Derzeit soll ein Programm mit Intensiv-Täterinnen und -Täter eingeschmolzen werden. Natürlich kosten die Taten hinterher viel mehr als die Vorbeugung. Aber irgendwer glaubt offenbar, dass sich begangene Morde und Raubüberfälle hinterher abmildern lassen. Dazu müsste man dann aber wohl in der Zeit zurück reisen.

Letzte Frage: Wie viele Stimmen erhoffen Sie sich bei der OB-Wahl in Köln?  

Letztes Mal, das war im Jahr 2015, wurde ich dritter. Da ich diesmal auch meine Paten-Tante aus Bayern sowie eine Freundin aus dem Erzgebirge hinter mir weiß, sollte es für Platz eins reichen. 

Ehrlich gesagt gibt es außer mir auch keine Kandidatinnen oder Kandidaten mit einem vernünftigen Programm. Ich hingegen fordere bürgernah den Rückbau der Kölner Oper: Sie wird seit 2012 "saniert" und frisst alles Geld auf, was die Stadt woanders braucht. Außerdem Straßenreinigung mit Kölnisch Wasser und freie Sicht auf den Kölner Dom weltweit. 

Seit meiner Aufstellung haben wir auch schon allerhand interessante Angebote erhalten. Bei mir gilt: Ich will, was ihr wollt. Das wird also schön.


Quelle: Bühler Bote, 8. November 2024, Ausgabe Nr. 259, Seite 25

„Dr. Made“ macht klare Klima-Ansage

Der Kriminalbiologe Mark Benecke kommt für einen Vortrag über den Klimawandel nach Bühl

Von Wilfried Lienhard

Bühl. Beginnen wir mit einem steilen Vergleich: Wo Mark Benecke ist, ist der Tod nicht weit. Der Kriminalbiologe hat mit seiner Expertise manche Ermittlung aus der Sackgasse geholt. In Büchern wie „Mordmethoden“, „Mordspuren“ oder „Aus der Dunkelkammer des Bösen“ erzählt der laut Verlag „bekannteste Kriminalbiologe der Welt“ von spektakulären Kriminalfällen, in denen schon mal Maden und Larven eine wichtige Rolle spielen.

Seit Jahren treibt ihn aber ein weiteres Thema gewaltig um. Doch auch da ist der Tod nicht weit. Es ist der Klimawandel. In Vorträgen fasst der Wissenschaftler den Forschungsstand zusammen und benennt die Folgen, die eintreten können, wenn sich nichts ändert. Jetzt kommt er nach Bühl: Im Bürgerhaus Neuer Markt beginnt am Freitag, 15. November, um 18 Uhr der vom Gemeinwohl-Forum Baden veranstaltete Vortrag „Klima: Endspiel“.

Endspiel: Das klingt dramatisch. Der Titel stamme vom Veranstalter. Er selbst nennt seine Vortragsreihe „time is up“. Die Zeit ist abgelaufen. Der Endspielgegner des Menschen sei der Mensch selbst: „Denn es geht ja auch uns Menschen and den Kragen“. Da ist sie wieder, die Nähe zum Tod.

Die Umweltveränderungen seien an Tieren und Pflanzen schon lange zu erkennen: „Viele sterben, andere wandern schneller als je zuvor in die letzten noch für sie besiedelbaren Gebiete.“

Dabei liebe er vor allem das Leben: „Doch nicht nur die Insekten sind weg, sondern auch Regenwürmer, Frösche und Singvögel. Es wird einsam, und das ist zum Heulen.“

Wie es auf der Erde am Ende dieses Jahrhunderts aussehe, hänge davon ab, „wie viel Erdöl wir verbrennen, wie viele Wälder wir vernichten und ob wir vielleicht mal insgesamt weniger verbrauchen, auch Kleidung und Elektronik.“

Das angebliche 1,5-Grad-Ziel sei schon seit Jahren gerissen, „und auch die Zwei-Grad-Marke reißen wir ganz sicher bald“. Die Folgen: „Die sechste jetzt ja schon deutlich messbare Massenauslöschung von Arten. Für Menschen: schwindende Lebensqualität, um es mal sehr vorsichtig zu sagen.“

Fluten, Brände und Ernteausfälle ließen sich nicht abmildern. Vorbeugen könne helfen, dass solche Katastrophen möglichst selten auftreten. „Das ist übrigens wie in der Kriminalistik: Derzeit soll ein Programm it Intensiv-Täterinnen und -Tätern eingeschmolzen werden. Natürlich kosten die Taten hinterher viel mehr als die Vorbeugung. Aber irgendwer glaubt offenbar, dass sich begangene Morde und Raubüberfälle hinterher abmildern lassen. Dazu müsste man dann aber wohl in der Zeit zurückreisen.“

Seit 2003 ist Benecke mit dem Thema konfrontiert (ein Kapitel widmete er dem Klimawandel 1998 schon in seinem ersten Buch): „Damals haben wir erstmals Leichen im Studierendenkurs super viel Wespen gesehen. Besonders die blauen Brummer-Fliegen, deren Larven wir zur Bestimmung der leichen-Liegezeit gerne verwenden, hat die Hitze geschafft.“ Benecke ist seither auf vielen Kanälen unterwegs. Der promovierte Kriminalbiologe ist Spezialst für forensische Entomologie, Ausbilder an deutschen Polizeischulen, Gastdozent in den USA, Autor populärwissenschaftlicher Bücher und auch aus Funk und Fernsehen bekannt. „Nebenbei“ ist er seit 2011 Vorsitzender des Vereins „Pro Tattoo“, hat 2015 für „Die Partei“für das Amt des Kölner Oberbürgermeisters kandidiert und tut es jetzt wieder.

Bei so viel Wissenschaft: Bemerkt Benecke eine zunehmende Wissenschaftsfeindlichkeit, das Bestreben, gesicherte Erkenntnisse infrage zu stellen? „Ich spüre eher, dass menschen mit Lügen immer besser leben können.“ Deshalb würden schon die kleinsten Schritte wie Begrünung von Mauern und Wänden, Entsiegelung von Städten, Umstellung auf pflanzliche Ernährung und öffentlichen Verkehr nicht gegangen: „Stattdessen zeigen viele auf ihre Nachbarn, China, die USA, „die“ Politik oder irgendwen, der angeblich gerade viel schlimmer ist.“

Für Benecke ist das eine Mischung aus Faulheit und Wirklichkeitsverleugnung: „Kein Mensch muss  Naturwissenschaften spannend finden. Aber eine Messung wie auf einer Küchenwaage, die jemand ohne schwierige Worte erklärt und die von ganz verschiedenen Messenden bestätigt ist: die setze ich doch auch beim Backen und Kochen ohne Herumgerede ein und um.“ So verhalte es sich auch mit dem Artenverlust und der Erderwärmung. „Was dagegen hilft, versteht jedes Kind. Einfach mitmachen statt rumeiern und schwatzen.“


Quelle: Acher- und Bühler Bote, 18. November 2024, Seite 23

Am Oberrhein wird es am heißesten

Biologe Mark Benecke stellt in Bühl Statistiken und Messungen zur schnellen Verschlechterung des Weltklimas vor

Von Martina Fuß

Bühl. Mark Benecke schießt Sätze wie Pistolenschüsse ab. In ungeheurer Geschwindigkeit treffen seine brisanten Aussagen auf viele gespannte Zuhörerinnen und Zuhörer im Bürgerhaus Neuer Markt in Bühl. Dort spricht er über das „Klima:Endspiel". So lautet der Titel seines Vortrags, zu dem der Verein Gemeinwohl-Forum-Baden eingeladen hatte.

Dessen Vorsitzender Frohmut Menze erklärte in seiner Begrüßung, warum der Verein Benecke eingeladen hat. „Wie kommt es, dass Europa und die Welt das Wissen und die Technik, das Geld und die Institutionen haben, um den Klimawandel spürbar einzudämmen – und es passiert nichts! Schlimmer, der CO,-Ausstoß war noch nie so hoch wie in diesem Jahr. Mark Benecke wird uns zu dieser Frage einige Erkenntnisse liefern."

Nun also Mark Benecke. Eine schillernde Person mit weit gestreuten Interessen und Kompetenzen. Es gibt kaum einen gesellschaftlichen Bereich, in dem sich der promovierte Wissenschaftler keine Meriten erworben hat. Er ist Kriminalbiologe, hat in New York gearbeitet, daneben viele erfolgreiche Bücher geschrieben, im Radio und Fernsehen Kriminalfälle gelöst und Kinder-Experimentierkästen herausgegeben. Neu entdeckte Tiere sind nach ihm bekannt.

Er hat Musik und Theater gemacht und ist auch noch als Politiker für „Die Partei" auf allen Eben aktiv. „Ich zeige Ihnen heute neue Informationen, nachdem in den letzten Wochen viel passiert ist", sagt greift er zur Ausgabe der BNN an diesem Tag. Auf nahezu jeder Seite gibt es Hinweise zum Klima. Der Wald, die Wiesen, der Nationalpark, Ameisen, die Asiatische Hornisse – die Beispiele sind vielfältig. „Glauben gibt es bei mir nicht, nur Zahlen und Messungen", sagt Benecke und zeigt Statistiken und Schaubilder, über die sich alle Wissenschaftler in allen Regionen der Welt einig sind und die gemeinsam herausgegeben werden. Benecke weiß solche wissenschaftlichen Darstellungen auch für Laien nachvollziehbar zu erklären.

Demnach steigt der CO2-Gehalt exorbitant an. Sprunghaft, ohne Messfehler, in einer Geschwindigkeit, die selbst für Wissenschaftler kaum zu glauben ist. Benecke benennt das Phänomen, das insbesondere seit Mitte letzten Jahres die Wissenschaft aufschreckt.

In den vergangenen Monaten gab es Waldbrände in Griechenland, riesige ausgetrocknete Flüsse in Lateinamerika, einen Höllensturm in den USA und die „nie da gewesene Regen-Katastrophe in Spanien". Unwetter in Polen, Italien, Österreich. „Ausgetrocknet, abgefackelt und überschwemmt und alles hat eine gegenseitig verstärkende Wirkung. Das macht deutlich, was gerade hundertfach in Europa passiert. Es sind super-extreme Wetterereignisse außerhalb jeglicher bisher bekannter Aufzeichnungen", sagt Benecke und belegt die Situation mit Bildern und Messungen.

Die Katastrophe setze sich fort in der Tierwelt, im Meer, bei den Nährstoffen in den Böden, an den Erd-Polen und leider auch in Mittelbaden. „Sie verstehen das Problem, es wird auch Sie in Bühl tref-fen", sagt er und zeigt eine Vorhersage der Temperaturentwicklung in Deutschland. Die heißeste Region wird der Oberrheingraben sein. Seit 1970 werde all das vorhergesagt, aber die Schnelligkeit der Veränderungen habe niemand erwartet. Dabei wüssten die Menschen, was passiert. Zumindest wissenschaftlich gesehen. „Dennoch findet Klimaschutz nicht statt, obwohl die Menschen in Europa und insbesondere im wirtschaftlich starken Deutschland den größten Handlungsspielraum haben. Stattdessen gibt es immer noch Klima-Leugner, deren Wissen weit unterhalb von Kindergarten-Niveau liegt." Der Blick 450 Millionen Jahre zurück zeige, dass es mehrere Artensterben auf der Erde gab. Die hätten aber alle sehr lange gedauert. Nicht nur ein paar Jahrzehnte.

Die Schlussfolgerungen könne die Zuhörerschaft selbst ziehen: Der Schlüssel liege im Verbrauch durch die Menschen. Der Handlungsspielraum, den jeder Einzelne nutzen könne sei, weniger zu kon-sumieren, weniger Tierprodukte zu nutzen, weniger wegzuwerfen, im Garten ein Arten-Refugium zu schaffen und umzustellen auf erneuerbare Energien. Atomkraft? „Damit haben wir ein Problem, das noch viel größer ist und zehntausende Jahre besteht", sagt Benecke.

Er empfiehlt, umgehend zu handeln: „In der Zeit, in der ich über andere schimpfe, kann ich schon selbst vieles getan haben."



"Leichen-Hand" im Meer (Norderney)

Quelle: t-online, 24. Oktober 2024

Ist ein Leichenteil an der Nordseeküste angespült worden? Das haben sich einige Menschen im Netz gefragt. Ein Experte klärt auf.

Ein Fund am Strand der Nordseeinsel Norderney hat für Verwirrung gesorgt. Ein großer, hautfarbener Knubbel wurde angespült und von einer Finderin an den forensischen Experten Mark Benecke weitergeleitet. Dieser postete die Bilder in den sozialen Medien – und löste Spekulationen aus, ob der Knubbel nicht menschlichen Ursprungs ist.

Die Diskussion unter dem Post brachte schnell Klarheit: Viele Nutzer vermuteten, dass es sich um eine Koralle handelt. Dr. Benedikt Wiggering von der Nationalparkverwaltung Niedersächsisches Wattenmeer bestätigte das der "Kreiszeitung" und identifizierte das Objekt als Alcyonium digitatum, auch bekannt als "Tote Mannshand".

Diese Lederkoralle kommt normalerweise ab 20 Meter Tiefe in der Nordsee vor und wird nur selten an Stränden gefunden. Der Experte betonte, dass das Objekt kein Grund zur Aufregung sei, weder kriminalistisch noch biologisch. Er empfiehlt jedoch, solche Funde immer zu melden, beispielsweise über das Portal beachexplorer.org, um deren wissenschaftlichen Wert zu nutzen.

Komm mit in den Garten #94: Efeu 🍃

In jedem Garten sollte Efeu wachsen! Dafür plädiert der berühmte Kriminalbiologe und Insektenexperte Dr. Mark Benecke. Mit ihm hat Kleingärtnerin Nadine Witt über diese Superpflanze gesprochen. Zum Teil verschrien als Grabpflanze, bietet Efeu Nahrung und Wohnung für viele Insekten und Vögel. Efeu ist eine wertvolle Pflanze und wegen seiner Langlebigkeit ein Symbol der Liebe. Wo Efeu her kommt und noch mehr Wissenswertes, hört ihr in dieser Folge des MDR-Podcasts 🌿

Hier ist der Podcast zu hören (klick):

Strom aus Sonne & grüne Wände: So geht's 🍃

»Hallo Mark, wie gewünscht mein Erfahrungsbericht mit der PV-Anlage und der Fassadenbegrünung. PV-Anlage: Die Anlage wurde mir ca. 4 Wochen nach der Bestellung an zwei Arbeitstagen von 1KOMMA5° fertig installiert. Es wurde ebenfalls ein neuer Smart-Meter verbaut und alle Verbraucher über diesen einen Smart-Meter verbunden.

Zusätzlich existiert eine KI, die direkt an die Strombörse angeschlossen wurde und nach dem günstigsten grünen Strom sucht. Wenn z.B. mein Speicher voll ist, wird von diesem die Energie genommen. Sollte der Strom an der Börse weit unter dem Normalpreis liegen, wird umgeschaltet und dieser verwendet. Sollte mein Speicher leer sein, wird nicht nur der günstigste verfügbare Strom genutzt, sondern es wird auch mein Stromspeicher gefüllt. 1KOMMA5° garantiert in den ersten zwei Jahren, dass der Preis je kWh im Jahresdurchschnitt nicht über 15 Cent abgerechnet wird.

Weil wir i.d.R. nachts mehr Strom zur Verfügung haben, als gebraucht wird, habe ich alle stromfressenden Tätigkeiten (Waschen, E-Auto laden etc.) in den späten Abend verlegt. Mein Stromspeicher funktioniert quasi als Puffer, bis die Strompreise am Abend deutlich sinken. Je mehr Menschen diese Variante nutzen, desto mehr Strom wird dann auch am Abend oder in der Nacht verbraucht. Dies wiederum wird den Preis je kWh wieder nach oben treiben. Bin mit 1KOMMA5° und der Anlage sehr zufrieden.

Die Module werden von 1KOMMA5° selber in Deutschland hergestellt. Bei den Elektronikbauteilen hatte ich leider keine Wahlmöglichkeit, dass kommt leider alles China. Meine PV-Anlage wandelt im Sommer mehr Energie um als ich benötige. Da kann es auch passieren, dass der Speicher voll ist und ich gezwungen bin einzuspeisen. 1KOMMA5° arbeitet gerade daran, den Strom seiner Kunden zu bündeln und an der Strombörse anzubieten bzw. verkaufen. Das wäre aus meiner Sicht ideal, weil dann viel mehr „wirklich“ grüner Strom am Markt zur Verfügung steht.

Dieses Prinzip lässt sich sicherlich auch bundesweit praktizieren. Die Regierung müsste ein PV- Programm auflegen, dass auf alle Dächer (wenn sinnvoll) PV-Anlagen gebaut werden müssen. Dort wo nicht sinnvoll, wäre eine kleine WindkraFanlage (wenn sinnvoll) aufzubauen. Der ganze grüne Strom des Tages könnte in der Nacht kostenlos für alle Firmen zur Verfügung gestellt werden. Das wäre regelungstechnisch ohne großen Aufwand zu realisieren.

Das Geld für das PV-Programm wäre sehr einfach zu beschaffen. Rüstungsausgaben halbieren, Transaktionssteuer einführen und die Steuerpflicht an die Nationalität koppeln. Dann noch die umweltschädlichen Subventionen abschalten und schon hätten wir über 150 Milliarden Euro zur sinnvollen Verwendung. Dabei müsste niemand auf irgendetwas verzichten.

Das Thema der Fassadenbegrünung und Wiese ist eher unspektakulär. Um die vordere Fassade zu schützen, habe ich 8 Befestigungsösen in der Fassade verschraubt, ein Edelstahldrahtseil durchgezogen, die Enden des Drahtseils danach mit einer Schelle verbunden und mit an einen Seilspanner befestigt. Eine letzte Befestigungsöse habe ich dann in den Boden einbetoniert und den Seilspanner daran befestigt. Jetzt kann der Blauregen am Drahtseil entlang meine Fassade den Insekten zur neuen Heimat werden lassen. An der seitlichen Hauswand habe ich „Falschen Wein“ gepflanzt. Wie auf dem Bild zu sehen, lasse ich den direkt an meiner Fassade wachsen. 

Die unterschiedlichen Farben je Jahreszeit werden nicht nur den Insekten, sondern auch meinem Auge Freude machen. Nach Aussage des Landschaftsgärtners wachsen die Pflanzen pro Jahr mindestens einen Meter. Ich soll jedoch regelmäßig düngen, um den Pflanzen einen Wachstumsschub zu verleihen. Da bin ich aber noch sehr unentschlossen. Auch habe ich meine Frau überzeugt, dass wir weniger Rasen mähen. Sie argumentiert aber nicht ganz zu Unrecht, dass der Rasenmäher nach spätestens 8 Wochen nicht mehr durchkommt. 

Ich überlegte zurzeit, wie ich diesem Argument entgegentreten kann. Anregungen, Hinweise und Kritik wie immer willkommen. Noch ein Hinweis zum Schluss. Habe wegen meiner Streuobstwiese noch nicht aufgegeben. Es ist aber soooo schwierig, sich mit allen vermeintlichen Beteiligten abzustimmen und zu vereinbaren. Ich verstehe das wirklich nicht. Was gut ist soll doch einfach gemacht werden. 

Wenn es sinnvoll wäre auf meiner Wiese Palmen für Kokosnüsse zu pflanzen, würde ich das auch sofort machen. Wo ist das fucking Problem, den Menschen mal nicht im Wege zu stehen? Noch eine persönliche Sache.  Es ist mir ein großes Bedürfnis nicht arrogant rüberzukommen, weil ich ja alle diese tollen Sachen mache. Mir ist Deine Anerkennung genauso scheißegal wie die der anderen Menschen. 

Mir geht es ausschließlich darum, meine Verantwortung für nachfolgende Generationen wahrzunehmen. Es ist mir auch klar, dass mein Leben völlig bedeutungslos ist und ich spätestens einige Jahre nach meinem Tod vergessen bin. Und mit dieser Erkenntnis komme ich wunderbar zurecht. Ich versuche in meiner kurzen Zeit hier zu helfen, dass es anderen später nicht schlechter geht als mir und dass in einem minimalen und unbedeutenden Ausmaß. 

Bei mir hat der Begriff Verantwortung evtl. nur eine etwas andere Bedeutung. Der letzte Satz dann ist Ruhe. Ich möchte sehr gerne sehen können, wer zu meiner Beerdigung kommt. Nicht um zu hören was die Leute wirklich von mir denken oder gedacht haben. Ich möchte sehen, ob die Menschen die mich nicht gemocht haben so ehrlich sind, der Beerdigung fern zu bleiben. 

Klaus Kinski hat einmal so richtig gesagt: „Mich zu mögen ist meine Aufgabe, nicht Eure“. Dem ist nichts mehr hinzuzufügen. 

Herzliche Grüße: F.« 


Für Klaus Cölln

Nabu & Naturschutz


Tierschutz-Vortrag & Demo

Berlin | April 2024


Kommentar zu Ökozid-Gesetzen

Buch: Ökozid. Wie ein Gesetz schwere Umweltschäden bestrafen und Lebensgrundlagen besser schützen kann

Menschen sind ja auch Tiere

Quelle: Ruhr-Nachrichten, 4. Juni 2024, der Artikel als .pdf

Biologe Mark Benecke zur Debatte um den Klimaschutz

Von Sophia Wibbeke

Als Biologe diskutiert Mark Benecke seit fahren über das Klima. Im Interview verrät er, was im aktuellen gesellschaftlichen Diskurs aus seiner Sicht falsch läuft.

Mark Benecke ist Biologe und vor allem bekannt als Forensiker. Seit Jahren beschäftigt er sich mit dem Klimawandel und hält Vorträge, um Menschen zu einem klimafreundlichen Lebensstil zu bewegen.

Herr Benecke, ist die Welt noch zu retten?

Die Welt der Menschen ist immer bedroht von Seuchen oder Kriegen oder Umwelt-veränderungen. So gesehen ist das jetzt nicht anders als sonst. Der Unterschied ist diesmal, dass es leicht zu verhindern ist. Die natürliche Unterschied ist diesmal, dass es leicht zu verhindern ist. Die natürliche Umwelt, die Kreisläufe des Lebens – die sind noch nie so leicht zu retten gewesen wie heute. Es scheint manchmal der Wille zu fehlen.

Sie sind Kriminalbiologe. Wie kam es, dass der Klimawandel plötzlich so einen Platz in Ihrem Wirken einnimmt?

Das steht schon in meinem ersten Buch aus den 1990er-Jahren. Auch als der erste Hungerstreik vor dem Kanzleramt stattfand, habe ich mit dem Hungernden ein Video-Interview gemacht. Zu Fridays [For Future] bin ich von Anfang an hingegangen, bis heute. Die Letzte Generation habe ich begleitet und auch Extinction Rebellion. Nach und nach sind Umweltbewegung und reine Biologie zusammengerückt. Als dann die Unis angefangen haben zu fragen und die Umweltverbände, hat es vielleicht ein bisschen mehr Aufmerksamkeit bekommen.

Sind Sie ein Klimaaktivist?

Ich weiß gar nicht, was das sein soll. Bei größeren wie kleineren Aktionen bin ich dabei. Ich fotografiere und filme alles und stelle es ins Netz. Das ist völlig transparent. Da gibt es keine Absprachen im Hintergrund oder so. Aber ob Sie das jetzt Aktivismus nennen wollen oder nicht...

Gleichzeitig liege ich manchmal etwas quer mit Klimaorganisationen. Wir haben etwas verschiedene Standpunkte, weil sie oft sagen, das muss politisch gelöst werden, und ich sage: ,Ihr könnt doch heute, zum Beispiel auf der re:publika vor ein paar Tagen, einfach keine Tierprodukte anbieten. Ich verstehe nicht, dass viele Leute da scheinbar sagen: „Mama, Papa, der Kanzler, Gott, Donald Trump und meine Hausstaubmilben sollen das lösen, aber ich nicht."

Aktivismus bedeutet für mich, dass man nicht faselt und wünscht und fordert und die Faust in die Luft hebt, sondern sich selbst bewegt. Das sehe ich bei sehr vielen Leuten nicht.

Mit diesem sofortigen Verzicht auf Tierprodukte, verlangen Sie da nicht ein bisschen viel von den Menschen?

Ich sehe das überhaupt nicht als Verzicht. Es steht auch nicht mit den Zahlen and Daten in Einklang. Wenn alle Menschen sofort auf Tierprodukte verzichten warden, dann hätte das nicht nur gute Auswirkungen – nennen wir es jetzt mal aufs Klima –, sondern auch auf die Gesundheit. Die Menschen würden sofort gesünder. Dazu gibt es Zehntausende, Millionen von Messungen, wenn Sie die Einzelmessungen nehmen. Da sehe ich den Verzicht nicht. Man verzichtet auf Krankheit. Das ist richtig. Oder auf ein weniger angenehmes Leben. Wenn Sie das Verzichten nennen: Okay.

Viele Menschen regen sich wahnsinnig auf, wenn ich bei Vorträgen sage: „Also, wenn Sie Tiere essen, dann können Sie keine Tierfreunde sein." Da kriege ich richtig traurige Mails: „Das hat uns erschüttert. Wir sind doch Tierfreunde!" Da sage ich: „Gut, nennen sie sich Tierfreund, aber wer Tiere isst, löscht sie doch auf dem Teller erkennbar aus."

Begegnen Sie heute weniger Leuten, die sich in Sachen Klimaschutz querstellen als früher?

Kann man nicht sagen, weil auch Menschen, die sich jetzt für besonders aufgeklärt und liberal halten, häufig in dem Moment stoppen, wo ich einen wissenschaftlich begründeten Vorschlag mache. Also, wenn Sie so wollen, stellen sich tells auch Aufgeklärte quer. Nur, sie fühlen sich gut dabei.

Manches klappt auch. Also der Klassiker ist jetzt im Internet gerade, deine Wiese nicht zu mähen, was ja wirklich kinderleicht ist. Darüber müssen wir jetzt nicht mehr als zwei Sätze verlieren. Das kann jede und jeder. Und wenn deine Nachbarn greinen, dann sagst du: „Okay, dann mache ich ihnen ein gemähtes Streifchen, damit nichts in Richtung ihrer Kinder weht oder so. Also das ist ein lösbares Problem.

Ich habe schon mehr Gespräche, weil das Klima-Ding mittlerweile insgesamt mehr Aufmerksamkeit auf sich zieht. Aber die Anzahl der Leute, die jetzt für Änderungen oder kontra oder irgendwas dazwischen sind, die bleibt irgendwie gleich, finde ich.

Und wie gehen Sie mit Leuten um, die den menschengemachten Klimawandel komplett ablehnen bzw. leugnen?

Interessiert mich nicht. Die wollen halt nicht mitmachen. Das ist wie im Kindergarten oder in der Schulstunde. Da musst du zusehen, dass es sozial-vertraglich abläuft. Alle sollen so weit mitkommen, wie sie mitkommen können mit ihrem Handlungsspielraum. Ich zum Beispiel habe keinen Bock auf Sport gehabt in der Schule, dann haben meine Lehrerinnen und Lehrer gesagt: „Komm, Mark, dann machst du halt Tischtennis und Badminton, irgendwas, was du kannst, und dann passt das schon." Wer nicht will, der will nicht.

Diese Gruppe, die sich gegen Klimaschutz stellt, wirkt im öffentlichen Diskurs groß und laut. Wie groß ist diese Gruppe wirklich?

Wie gesagt: Die meisten Menschen stellen sich gegen Änderungen, weil sie sagen, das muss der Papa machen oder die Mama oder Gott, jedenfalls irgendwer anderer. Ich glaube, wenn sich drei Sachen gesellschaftlich und politisch einarbeiten, dann ist es egal, ob du jetzt was glaubst oder Schwierigkeiten hast oder betroffen bist, dann wirst du irgendwann sagen: „Okay, dann machen wir jetzt einfach mal das Richtige."

Erstens: Die US-Amerikaner and die Chinesen haben extreme Umwelt-Technologieprogramme am Laufen. Da müssen die Europäer und Europäerinnen früher oder später mit, weil es wirtschaftliche Folgen haben wird. Das hat Joe Biden schon bei seiner Wahl gesagt: „Es geht um Arbeitsplatze. Umwelttechnologien schaffen massenhaft Arbeitsplätze." Und die Chinesinnen und Chinesen machen es sowieso, ohne viele Trara.

Das Zweite ist die persönliche Erfahrung. Vor vielen Jahren haben alle bei Überflutungen gesagt: „Komm, dann pumpen wir das Wasser raus, die Versicherung zahlt es." Boms, kam die zweite. Und dann wurde ein Hochwasserkonzept durchgezogen. Denn beim zweiten Mal haben wirklich alle gesagt: „Okay, jetzt reicht's."

Gleichzeitig wachst eine Generation heran, für die normal geworden ist, dass es gute Informationen über den Klimawandel gibt.

Als es beispielsweise urn mehr Windenergie ging, gab es irre Propaganda im Internet, auch mit Todesdrohungen gegen Befürworter. Richtig, richtig krass. Habe ich auch abbekommen. Trotzdem wurde Windkraft zunehmend eingeführt. Deswegen denke ich, egal wie viele Leute schreien, egal wer Taut ist, egal wer droht, einen umzubringen, egal wer lügt: Das ist alles egal. Ich kümmere mich darum, dass was passiert, dass alle im Gesprach bleiben, dass alle sich noch in die Augen gucken können hinterher and nicht als Idioten dastehen.

Wie ist der Diskurs über Klima so eskaliert, dass Menschen wie Sie Todesdrohungen kriegen?

Menschen sind ja auch Tiere. Und sobald ein Tier in die Ecke gedrängt wird, wird es böse.

Nehmen Sie zum Beispiel die sogenannten Boomer und die Silent Generation. Diese Menschen sind jetzt alt und haben Angst – auch davor, am Ende als Deppen dazustehen, weil sie merken, dass alles zusammenbricht, dass ihre Entscheidungen vielleicht falsch waren, ihre Überzeugungen im Nachhinein auch. Da kann ich schon verstehen, dass sie Panik kriegen.

Konservative und/oder ältere Menschen beklagen dagegen, dass die Jugend sich mit Protesten und Verboten in den Mittelpunkt drängen und die Gesellschaft für sich vereinnahmen möchte. Ist da etwas dran?

Das war schon immer so. Ich habe schon 2000 Jahre alte Texte gelesen, wo beklagt wird, dass die Jugendlichen immer so einen Terz machen und faul sind und immer die Gesellschaft umgestalten wollen. Als ich in der Schule war, habe ich das auch schon gehört. Jetzt höre ich es immer noch. Das sagen alle alten Leute seit mindestens 2000 Jahren, vermutlich schon seit 10.000 Jahren.

Trotz aller Informationen wissen Umfragen zufolge 20 Prozent der Jugendlichen nicht, was Klimawandel genau ist. Ihre Vorträge, die IPCC-Berichte und anderes mehr – sind die vielleicht immer noch zu schwer verständlich für den Durchschnitt?

Wer einem Vortrag von mir nicht folgen kann, dem kann ich mit meinen Mitteln nicht helfen. Da kommt kein einziges Fremdwort vor und er besteht nur aus Bildern. Und zu den 20 Prozent: Das ist doch gut, denn das heißt doch, 80 Prozent der Leute raffen es. 80 Prozent sind sensationell.

Aber wie sind die 20 Prozent zu erklären, die es nicht verstehen?

Das Verstehen ist nicht das Problem. Die begreifen jedes Wort. Dass sie weder verstehen wollen noch ihren Arsch bewegen, das ist nicht mein Problem. Wenn Menschen keinen Bock haben, weiterzuleben als Menschheit, sondern sozusagen im SUV entweder zu ertrinken, zu verbrennen oder zu verhungern, okay. Wirklich, ganz im Ernst: Nicht mein Problem. Da kann ich nichts machen.

Sie haben eine sehr direkte Art. Ist dieser Tonfall die richtige Weise, den Dialog zum Thema Klimaschutz zuführen?

Keine Ahnung. Klicks auf Fach-Vorträge gibt es jedenfalls massenhaft, genauso wie Nachfragen. Mein Team und ich ertrinken in Anfragen für Klimavorträge. Also offenbar ist ein, wie soll ich sagen, nie gekanntes Interesse daran vorhanden. Ob das zielführend ist, weiß ich nicht. Wird sich dann zeigen.

Unsere Serie heißt „Alles Sagen". Nach allem, was Sie so erleben, sollten Menschen wirklich immer alles sagen dürfen?

Was ist denn „alles"? Es kommt aufs Gegenüber an. Ob man alles sagen darf, müssten Sie eher Leute fragen, die mich beleidigen, bedrohen, ärgern. Keine Ahnung, mir ist es egal.

Aber bei Ihnen kann auf jeden Fall jeder alles sagen?

Ja, klar. Aber warum? Es ist ja eher eine Frage der sozialen Sinnhaftigkeit, ob man in einer Situation alles sagen sollte. Ich halte das grundsätzlich für völlig unproblematisch: Sag doch einfach, was du sagen willst, anstatt mir jetzt zu erklären, dass man angeblich nichts mehr sagen darf.


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