Von Jasha Günther
Quelle: Osthessen-Zeitung, http://osthessen-zeitung.de/einzelansicht/news/2018/mai/reise-zur-body-farm-in-tennessee-benecke-begeistert-in-petersberg.html
(Mit vielem Dank an die Redaktion für die Erlaubnis zum Abdruck.)
Petersberg – Von Jasha Günther
Um Leichen, Zersetzung und Insekten ging es am Freitagabend im ausverkauften Petersberger Propsteihaus. Gebannt lauschte das Publikum, was der Kölner Kriminal-Biologe Dr. Mark Benecke über die Body-Farm im US-amerikanischen Knoxville, die Zersetzung von Leichen und reale Kriminalfälle zu berichten hatte. Durch seine lockere Art zu erzählen und eine gehörige Prise Humor wurden auch die Lachmuskeln der Zuhörer trainiert.
Die Wahrheit hat nichts mit Logik, Wahrscheinlichkeit und gesundem Menschenverstand zu tun und das Denken sollte bei der Arbeit mit Spuren tunlichst unterlassen werden – diese Botschaft machte Benecke bei seinem Vortrag in Petersberg mehrfach deutlich. „Man muss erstmal alle Spuren sammeln und vielleicht kommt dann dabei was heraus“, sagte der Kriminal-Biologe und betonte das „vielleicht“ dabei besonders. Mit vielen Bildern – auch von Leichen, Skeletten und einzelnen Knochen – nahm er das Publikum mit auf eine Reise zur Body-Farm. Auf dem Gelände lassen Wissenschaftler Leichen unter verschiedenen Bedingungen und äußeren Einwirkungen verwesen. Die im Schnitt 50 menschlichen Körper liegen beispielsweise in der prallen Sonne, in flachen Gräbern oder unter Planen.
Die Veränderungen werden dokumentiert und so können die Forscher daraus Schlüsse für reale Kriminalfälle ziehen. Denn im Gegensatz zu Zeugenaussagen, die komplett unbrauchbar seien, weil sie immer gefärbt seien von dem, was die Beobachter wissen, logisch finden oder vermuten, seien Spuren vor Gericht belastbar. „Erst, wenn wir alles ausgeschlossen haben, was nicht sein kann, dann muss das, was übrig bleibt, stimmen“, führte Benecke aus.
„Die wichtigste Technik für uns ist die Fotografie“, hob der Kriminal-Biologe, der schon in vielen Ländern gearbeitet hat, hervor. Wie viel Inhalt in etwas stecke, zeige sich in der Regel erst bei genauem Hinsehen. Eindrucksvoll gezeigt hatte Benecke das zu Beginn der Veranstaltung mit Bildern, die er und seine Frau bei ihrer Ankunft in Fulda gemacht hatten. Ob eine Leitplanke auf einem Bahnsteig im Fuldaer Bahnhof, ein genauer Blick auf die Aufkleber auf der Rückseite eines Verkehrsschilds am Bahnhofsvorplatz, ein Werbeplakat der RhönEnergie oder die Löcher in einer Hauswand in Petersberg – ein unvoreingenommenes Hinschauen ließ die Benecke zu dem Fazit kommen: „Ihre ganze Stadt ist schräg.“
Vor Beginn des Vortrags, in der Pause und im Anschluss standen die Fans für Selfies, Autogramme oder für einen Stempel unter ihrem Fortbildungsnachweis Schlange. Wer wollte konnte auch noch Fotos mit Fauchschaben machen. Das Mitbringen der Insekten hatte aber einen ernsten Hintergrund, es sollte auf das Artensterben aufmerksam machen.