Ihm macht Ekel nichts aus

Quelle: zürich24, 21. November 2023 & Zürich West, 49/50, 7. Dezember 2023, Seite 19

Von Laura Hohler

Der bekannte Kölner Kriminalbiologe Mark Benecke präsentierte im Volkshaus seinen Vortrag «Blutspuren». Die Fans im ausverkauftem Saal waren begeistert. Zürich24.ch sprach mit dem Szenestar

Man kennt ihn aus TV-Sendungen wie «Medical Detectives» oder von einem seiner Präsentationen und Vorträge: Mark Benecke (53), Kriminalbiologe und forensischer Entomologe, hat viele Gesichter. Neben seiner wissenschaftlichen Arbeit ist er auch Musiker, Autor mehrerer Bücher, aktiver Tier- und Klimaschützer, Politiker sowie Präsident der Transylvanian Society of Dracula. Benecke hat durch seine diversen unkonventionellen Interessen einen vollgeplanten Kalender.

Doch es gibt auch Dinge, denen er nichts abgewinnen kann oder von denen er nicht viel weiss. «Wovon ich keine Ahnung habe, ist halt Sport und Autos», erzählt der Biologe. Ausserdem könne er sich beispielsweise Liedtexte schlecht merken und habe Schwierigkeiten damit, sich Geschichten bildlich vorzustellen. «Ich kann eigentlich echt überhaupt nicht viel», so Benecke zu zürich24.ch.

Mit seinem enormen Fach- und Allgemeinwissen beweist er aber das Gegenteil. Seit über 30 Jahren ist Mark Benecke ein anerkannter Wissenschaftler, der auch kaum lösbare Fälle aufklären konnte. Er untersuchte Hitlers Schädel in Moskau, traf «La Bestia», einen Serienmörder in Kolumbien, und arbeitete als Kriminalbiologe an etlichen Verbrechensfällen mit.

Die forensische Entomologie, also die Insektenkunde, ist sein täglicher Begleiter. Anhand der kleinen Lebewesen kann er beispielsweise die Liegezeit einer Leiche ermitteln. Der Wunsch, Biologe zu werden, entstand bei Benecke aber noch nicht im Kindesalter. «Als Kind wollte ich Koch werden», so der Wissenschaftler, der in Köln-Zollstock aufgewachsen ist, «ich kannte damals niemanden, der studiert hat.»

Hinschauen, wo es wehtut

Wovor sich viele gruseln oder ekeln würden, scheint Benecke geradezu anzuziehen. Das Dunkle, das Unheimliche ist Teil seiner Arbeit als Kriminalbiologe. Doch der Wissenschaftler betrachtet dies anders: «Ich glaub, ich guck einfach gern dahin, wo die anderen nicht hingucken.» Er denke weniger, dass er sich besonders zum Düsteren hingezogen fühle, sondern eher, dass die anderen mehr wegschauen würden. Denn was er durch seinen Beruf zu Gesicht bekommt, können und wollen viele nicht sehen: Kinderleichen, Massengräber oder Kannibalismus sind nur einige dieser Dinge.

«Wenn du denkst, dass etwas, was unbekannt ist, etwas ist, das du gar nicht antasten solltest, entsteht, meiner Meinung nach, viel mehr Angst, als wenn du sagst, ich schau das Unbekannte, Finstere an», so Benecke. Wer aber dennoch hinschaut, erhalte Klarheit, Messbarkeit, Wahrheit und Handlungsspielraum, weil man dann wisse, was machbar und was nicht machbar sei. «Dann fühlt man sich in dieser Umgebung trotzdem sicher», sagt Benecke.

Doch obwohl er sich mit dem Abgründigen und Traurigem beschäftige, möge er auch «bunten Mangakram» und «Glitzer». Was er jedoch nicht tun würde, wäre, sich traurige Filme anzuschauen. «Keine Macht der Welt bringt mich dazu», so Benecke. Wenn er schon im Voraus wisse, dass ein Film schlecht ende, würde er ihn nicht schauen.

Obwohl er einen Beruf ausübt, für den man sicherlich hart im Nehmen sein muss, ist Benecke deswegen nicht weniger ängstlich als andere. Im Gegensatz zu den meisten fürchtet er sich aber vor dem messbar Gefährlichen und nicht etwa vor der Dunkelheit. «Ich würde beispielsweise niemals auf einem Motorrad fahren, ich weiss halt wie die Leichen oder Verletzten hinterher aussehen», sagt Benecke. Auch würde er nicht im offenen Meer schwimmen oder sich in Fahrgeschäfte auf einem Jahrmarkt setzen.

Authentizität und keine Worthülsen

Mark Benecke arbeitet laut eigenen Angaben «von morgens bis abends, 365 Tage im Jahr» und macht keinen Urlaub. Den grössten Teil des Jahres verbringt er in öffentlichen Verkehrsmitteln und Hotels, da er mit seinen Vorträgen um die ganze Welt tourt. Die ersten Mails beantworten er und seine Frau Ines, die fast immer mit dabei ist, ab 9 Uhr morgens, vor 2 Uhr nachts gehen die beiden nicht schlafen. Einen «normalen Alltag» kenne er eigentlich nicht. Seine unermüdliche Energie erklärt sich Benecke dadurch, dass er liebt, was er tut.

Die harte Arbeit hat sich ausgezahlt – er begeistert mit seiner Art tausende Fans, die aus den unterschiedlichsten Alters- und Sozialschichten stammen. Dies liege unter anderem daran, dass er so spreche, dass ihn jeder verstehe. Benecke benutzt – ausser auf rein wissenschaftlichen Tagungen – keine Fremdwörter und liefert in jedem Satz eine hohe Informationsdichte mit. Floskeln oder leere Phrasen gibt es bei ihm nicht.

«Ich biedere mich niemandem an und mache es nicht ‹sexy›», sagt der Kriminalbiologe. Er hasse jede Form von Planung und von Gescripted-sein, also einem vorgegebenen Werbetext zu folgen. Deswegen sei er auch nicht geeignet als Influencer. «Ich bin so, wie ich bin.» Und diese Authentizität und Echtheit hat sich Benecke seit über 30 Jahren bewahrt.


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