„Das ist reine Spurensuche“

Quelle: Pforzheimer Zeitung, 24. Januar 2025, Nummer 19, Seite 18

Von Steffen Reinhold

Mark Benecke ist ein Medienstar: Der promovierte Kriminalbiologe unterhält mit seinen rund 150 wissenschaftlichen Vorträgen pro Jahr eine große Anhängerschaft im gesamten deutschsprachigen Raum. Der breiteren Öffentlichkeit ist Benecke auch durch seine Bücher, Videos bei YouTube und seine Gastkommentare in den Fernsehserien „Medical Detectives“ und „Autopsie – Mysteriöse Todesfälle“ bekannt, welche die Aufklärung realer Kriminalfälle zeigen und die hierbei eingesetzten, meist wissenschaftlichen Methoden in den Mittelpunkt stellen. Benecke fesselt seine Zuhörer in den Veranstaltungen gekonnt unterhaltsam zu unterschiedlichen Themen wie „Serienmord“, „Insekten auf Leichen“, „Mord im geschlossenen Raum“ und dergleichen. Für zartbesaitete Gemüter ist das nicht immer passend und daher sind die meisten Veranstaltungen mit Altersbeschränkung versehen.

Am Mittwochabend gastierte Mark Benecke im Großen Saal des CongressCentrums Pforzheim (CCP) vor rund 1500 Zuhörerinnen und Zuhörern. Titel des Vortrages war diesmal „Blutspuren“. Wer hier eine blutrünstige Horrorshow erwartet hatte, kennt Benecke schlecht: Er fühlt sich rein der Wissenschaft verpflichtet. Seine Arbeit bestehe nur aus Zahlen, Messergebnissen, Sortieren und Untersuchen. „Das ist Spurenkunde und keine Prime-Crimetime“. Denn Kriminalistik habe nichts mit Meinungen zu tun, so der forensischen Biologe. Dennoch warnte Benecke vor dem Beginn seines Vortrages davor, dass es einigen unwohl werden könne im Saal, wenn sie „kein Blut sehen könnten“. Und so kam es auch: Viele Zuhörer verließen beim Anblick von Blutlachen und Beneckes sachlichen Ausführungen über abgetrennte Köpfe den Saal.

Benecke führte fundiert durch den langen Abend. Bei seiner detaillierten Analyse von Blutspuren war er dabei nie langweilig. Zwischendrin konnte er sich aber einen gewissen Sarkasmus nicht verkneifen sowie seie humorvolle Kritik an Fleischessern: „Sie kaufen Leichenscheibchen von geköpften Tieren im Supermarkt.“ Dies führte zu vielen Lachern.

Die Zuhöhrer konnten lernen, dass bei einer Enthauptung das Blut nicht spritzt und gurgelt wie in Zombiefilmen. Dabei komme es auch auf den Schnitt und die Schärfe der Waffe sowie das Anwinkeln des Kopfes an. „Postmortale Herumklugscheißerei“ sei nicht seins.

Anhand eines Mordfalls mit zwei enthaupteten Frauen erkläre er dem Publikum anhand von Tatortfotos die Unterschiede von Blutspritzern und wie diese zu bewerten seien. Je nach Spritzwinkel bilden sich Blutnasen, -tropfen oder „Kaulquappen“. Blutige Textilien übertragen ihre Muster meist auf Fußböden, Wänden oder dergleichen. Beim Wegwischen von Blut seien männliche Täter meist traumatisiert und würden das Putzen abbrechen. Benecke war seinerzeit auch beauftragt worden, Dutzende Videos von Enthauptungen durch Terroristen der Al-Qaida nach Echtheit zu beurteilen und konnte dem atemlosen Publikum seine Ergebnisse erläutern. Selbst das Grinsen des abgetrennten Kopfes und der relativ geringe Blutaustritt wurden von Benecke wissenschaftlich erklärt und die Videos als „sehr wahrscheinlich echt” klassifiziert.

Trotz viel Blut, Mord und Totschlag ging ein spannender und informativer Abend friedlich zu Ende.

Mathematik in der Forensik

Inwiefern unterstützt Mathematik die Blutspurenmusteranalyse an einem Tatort?

Facharbeit am Burg-Gymnasium Bad Bentheim im Seminarfach Mathematische Wanderwege

Vorgelegt von: Sarah Sophie Thiemann

Fachlehrerin: Frau Lietz

Tag der Abgabe: 15.03.2023

Die ganze Arbeit gibt es hier als .pdf

5.2 Das Interview

Bei dem Interview, welches ich mit Dr. Benecke am 27.02.2023 geführt habe, entstanden folgende Aussagen.

Dr. Benecke bestätigte mir, dass der Auftreffwinkel mit der Breite und der Länge eines Bluttropfen berechnet werden kann. Dabei wird meiner Nachforschung ergänzt, wie man diesen abmisst, dabei nimmt man einen Faden und hält diesen an die Blutspur, wodurch man den Auftreffwinkel einfach mit einem Winkelmesser ablesen kann. (vgl. BENECKE, 2023, siehe Anhang 1: Z. 38 – 54)

Zu meiner Frage, ob man die Körpergröße eines Täters anhand des Auftreffwinkels berechnen könne, antwortet mir Dr. Benecke, dass dies höchstens möglich sei, wenn der Täter sich selbst an der Hand verletzt habe. Ansonsten könne man hauptsächlich die Höhe der Blutungsquelle bestimmen. (vgl. BENECKE, 2023, siehe Anhang 1: Z. 58 – 82)

Dr. Benecke erwähnte des Weiteren, dass sich eine Ungenauigkeit bei Blutspurenanalyse ergeben hätte. Seine Frau, Frau Fischer erläuterte daraufhin das Problem, welches daraus besteht, dass bei relativ senkrechten Bluttropfen, der Winkel nicht genau berechnet werden kann, da man Winkel von 80 bis 90 Grad kaum unterscheiden kann. Meistens kommt man dann auf einem Winkel von 90 Grad. Ebenfalls bei 70 bis 80 Grad, bei diesem Bereich wird der Winkel in 5 Grad Schritten angegeben. Jedoch betont Frau Fischer die große Genauigkeit, die bis zu einem Auftreffwinkel von 70 Grad möglich sei. Die Ursache für das Problem sei außerdem die Sinuskurve, welche am Bogen stark abflacht, wodurch die Werte dort schwer zu unterscheiden seien. (vgl. Abb. 9, Anhang) (vgl. BENECKE, 2023, siehe Anhang 1: Z.110 – 131)

Dr. Benecke erläuterte weiter, dass es möglich sei Blutspuren noch Jahrzehnte nach ihrer Entstehung zu untersuchen, hierbei müsste man jedoch einige Faktoren beachten. Der Ort sollte wettergeschützt liegen. Die Oberfläche spielt eine Rolle dabei, wie sich die Ränder des Bluttropfen abzeichnen können. (vgl. BENECKE, 2023, siehe Anhang 1: Z. 140 – 149) Ebenfalls sei ein Faktor, wo die Blutspur ist, ist sie an einem Ort, wo viel gelaufen wird, ist es schwerer, als wenn die Blutspur an einem Ort ist, wo eher seltener einer lang läuft, zum Beispiel eine Abstellkammer. Des Weiteren würden laut Dr. Benecke die Täter und Täterinnen oft Blut übersehen, vor allem Blut, welches von Objekten abgeworfen wird und an die Decke spritzt. (vgl. BENECKE, 2023, siehe Anhang 1: Z. 149 –162)

Dr. Benecke vertritt außerdem die Meinung, dass das Zuordnen von Blutspuren in drei Kategorien nicht dazu beiträgt, sinnvolle Informationen zu erhalten. Er bleibe bei seinen Gerichtsgutachten bei einer Beschreibung vom Gesehenen und von seinen Messergebnissen, zusätzlich bemängelt er, dass sich irgendwann eine Gewohnheit einspielen würde, wenn man von bestimmten Blutspuren spreche, als Beispiel nennt er die beschleunigten Blutspuren, wo man nach einiger Zeit direkt an eine Schusswaffe denken würde. (vgl. BENECKE, 2023, siehe Anhang 1: Z. 179 – 214) Auch führt er als Beispiel eine Auslöschung an. Eine Blutspur wird von einer anderen Blutspur überdeckt, wo man lange alles systematisch aufschreiben könne, ohne vernünftig über die Herkunft dieser zu schreiben. (vgl. BENECKE, 2023, siehe Anhang 1: Z. 216 – 226)

Am Ende des Interviews erzählt Frau Fischer, wie Sie und Dr. Benecke zur Entwicklung einer Blutspurenmesssoftware, bloodonline.de, gekommen sind. Als Hauptgrund nennt Sie die Vereinfachung der Berechnung des Auftreffwinkel für Studenten und die Polizei. Sie betont, dass man jedoch trotzdem wissen müsse in welche Richtung der Auftreffwinkel geht und wie man die Fäden anlegt, um die Blutungsquelle zu bestimmen. (vgl. BENECKE, 2023, siehe Anhang 1: Z. 240 – 251)