Preface: Germany's Worst Serial Killers

In: Jean Rises: Germany's Worst Serial Killers. Serial Pleasures Publishing, 2024

Foreword by Dr. Mark Benecke

Some find serial killers dazzling, attractive or strange.

Others need a counter-image to themselves that is so gruesome and undeniably bad, that their own outrages pale into insignificance.

Still others wonder why they were abused and tortured. Serial killers make the answers to these questions easy, as they are so clearly on their human-despising mission that even their own tormentors seem less complicated.

But what the world throws at serial killers and wants to see in them, they are not. They are lonely, deeply sad figures. And pushed. Shifty, too, but their most striking characteristic is their lack of commitment.

In their loneliness, serial killers don't know how to form deep and trusting bonds. They eat others, rape, torture, hunt, trick and lie. This is how they fill their emptiness.

But they don't realize that it would be warmer and calmer inside of them if they could experience beauty not in blood, bones and eventually fading screams, but hand in hand with people in the sunset, connected and peaceful.

Jeff Dahmer turned himself into a clown until his classmates found him too creepy. Peter Kürten hoped to hear his own blood rushing when he was beheaded, and my client Garavito sincerely believed that God and he could colonize a loving and understanding realm together.

For whatever reason you picked up this book: It is one of the most impressive experiences in criminalistics when and that we see that perpetrators like Samuel Little or Fritz Haarmann thaw out when we approach them as experts in - well, serial murder.

None of the killers in the time since Haarmann and Denke would have had to talk to us. The official rules did not originally provide for such conversations either. After the knowledge about serial killers, which had long been described in German-speaking countries, had sunk into oblivion, colleagues from the United States and, less well known, from the Soviet Union and Russia, discovered the power of comparative questioning in serial murder cases.

My colleague Robert Ressler, with whom I investigated a long series of murders in Mexico, gave me one of my later favorite pieces of advise in view of the often unexpected openness of many serial killers: "Don't ask for written permission in in such cases, because someone in the authorities might say no. Just do it. Go ahead and do it."

I have stuck to this rule and thank not only the offenders who help us with their statements to prevent the next crime (or at least make it less likely) by checking traces and stains.

I would also like to thank you, the readers, because without your attention to the offbeat subject and without your encouragement for the authors of reports on real cases, we would have fewer sources that span the ages and could therefore do less to prevent it.

Mark Benecke
Weimar, KL Buchenwald
Februar 2024

Interview: Spaß-Nobelpreise 2025 🏆 in Harvard

Quelle: Deutschlandfunk, Kultur, 13. September 2024

Absurd, skurril, unehrenhaft? Die IgNobelpreise wurden soeben an der Universität Harvard verliehen. Mark Benecke ist Mitglied im Ausschuss für die Preise und stellt im Podcast-Interview die deutschen Gewinnerinnen und Gewinner mit ihren echten Forschungs-Ergebnissen vor. Unter anderem mit dabei: Pflanzen, die sehen können und Münzen, die sich daran erinnern, welche ihrer Seiten vor dem Wurf oben lag 🔬

Hier ist der Podcast zu hören (klick):

Marks goldene Bahn-Regeln (DB) 🚄

Auf eure Nachfrage, wie meine "Bahn-Regeln" aussehen: Hier sind sie. Nett und freundlich und ruhig gemeint, sachlich & klar:

Regel 1

Hauptsache, der Zug fährt überhaupt.

Regel 2

Sei eine Stunde vorher am Bahnhof. Dein Zug (oder ein Ersatz-Zug) könnte erst am folgenden Bahnhof abfahren ("eingesetzt werden"). 

Dann brauchst du Extra-Zeit.

Regel 3

Rechne bis zur allerletzten Sekunde damit, dass der gesamte Zug gedreht sein kann oder im falschen Gleis oder (gerne auch zusammen mit einem völlig anderen Zug) Gleis-Abschnitt landet. 

Verlasse dich *niemals* auf die Anzeige am Gleis oder die App. 

Die DB sagt, der Fehler sei nicht möglich, wir erleben es jedoch zwar nicht oft, aber regelmäßig. Wenn's passiert, dann herrscht immer Chaos.

Regel 4

Das Geld für deine verfallene Platz-Reservierung erhältst du nicht. Entweder verschwindet der Zug aus dem System, so dass es ihn angeblich nie gab, oder du musst ein verrücktes Formular ausfüllen, auf dem diese Erstattung gar nicht "vorgesehen" ist (oder sonst was). Versuch es gar nicht erst. 

Wir haben in den letzten Jahren viiiiiiele Euro durch "verschollene" Platz-Reservierungen verloren.

Regel 5

Plane zum Umstieg mindestens zwei Stunden ein. Andernfalls wirst du deinen Anschluss nur durch Zufall erwischen. 

Kein Witz.

Regel 6

Reise am Tag vor deinem Termin an. 

Deine Verbindung, vor allem bei Umstiegen, kann jederzeit drei bis vier Stunden Verspätung haben und du erwischst manchmal den letzten Zug zum Ziel nicht mehr.

Regel 7

Bringe eine gute, tragbare Batterie (Akku) für dein Handy und deinen Computer mit.

Es könnte sein, dass es entweder keine Steckdosen oder zwar Steckdosen, aber keinen Strom gibt. Oder du wartest am Bahnsteig. 

Passiert nicht oft, aber wenn, dann ist's besonders doof.

Regel 8

Das Bord-Bistro und -Restaurant ist öfters geschlossen. Bring dir, besonders, wenn's heiß ist, Getränke selber mit. 

In überfüllten Zügen kommst du nicht an das Tetra Pak-Notfall-Wasser der Bahn und die Zug-Begleiter:innen nicht durch die Menge.

Regel 9 (nur für Profis)

Hilf dem oft nicht sichtbaren Personal, indem du einen Vierkant-Schlüssel mitbringst. 

So kannst du offen stehende Schränke in den Toiletten wieder verschließen. 

Andernfalls wird die Toilette gesperrt und möglicherweise der Zug angehalten, wenn zu viele Toiletten "ausfallen". 

Regel 10

Ruhe bewahren. Es geht fast nie um Leben und Tod. Siehe Regel 1. 

KURZ-FASSUNG, abgeleitet aus dem rheinischen Grund-Gesetz:

1 — Et kütt wie et kütt.

2 — Watt fott es, es fott.

Das war's. 

Ergänzt gerne sachliche, freundliche Anregungen.

Wir fahren sehr, sehr oft mit der Bahn; diese Hinweise sind nicht scherzhaft gemeint, sondern sollen euch unterstützen und helfen, falls ihr wie wir möglichst nicht mit Auto oder Flugzeug, sondern wie wir zu Fuß, mit dem Rad oder öffentlichen Verkehrsmitteln unterwegs sein möchtet.

Sehr herzlich eure:

Markito Dr. Mark Benecke & Ines Azrael live aus der Bahn

Komm mit in den Garten #94: Efeu 🍃

In jedem Garten sollte Efeu wachsen! Dafür plädiert der berühmte Kriminalbiologe und Insektenexperte Dr. Mark Benecke. Mit ihm hat Kleingärtnerin Nadine Witt über diese Superpflanze gesprochen. Zum Teil verschrien als Grabpflanze, bietet Efeu Nahrung und Wohnung für viele Insekten und Vögel. Efeu ist eine wertvolle Pflanze und wegen seiner Langlebigkeit ein Symbol der Liebe. Wo Efeu her kommt und noch mehr Wissenswertes, hört ihr in dieser Folge des MDR-Podcasts 🌿

Hier ist der Podcast zu hören (klick):

Deutsche Bahn bremst Mark Benecke aus 🚂

Quelle: BILD, 4. Juli 2024

Köln – Deutschlands bekanntester Kriminalbiologe befindet sich in einer verfahrenen Situation: Dr. Mark Benecke (53) zieht die Veranstaltungs-Notbremse, weil die Deutsche Bahn (DB) so bummelt!

Der als „Dr. Made“ bekannt gewordene Forensiker aus Köln (NRW) hat nie einen Führerschein gemacht, reist fast ausschließlich per Zug. Jetzt teilte Benecke mit, dass er die Zahl seiner Veranstaltungen, Vorträge und Trainings künftig verringern muss: „Trotz eingeplanter, langer Extra-Zeiten für Umstiege ist es ist nicht mehr möglich, zuverlässig mit der Bahn zu fahren.“

Deutsche Bahn: Jeder zweite Fernzug verspätet

Gut lachen am Bahnhof von Kidderminster: Forensiker Benecke mit Schaffnern der örtlichen Eisenbahn

Foto: Mark Benecke

Nicht nur der Kriminalbiologe ärgert sich über verspätete Züge: Pendler, Touristen und EM-Besucher sind genervt, weil jeder zweite Fernzug (ICE, IC) im letzten Monat zu spät am Ziel ankam. Konkret waren nur 52,5 Prozent der Fernzüge pünktlich.

Ein peinlicher Negativrekord! Zum Vergleich: Bis 2022 lag der Konzern bei rund 75 Prozent Pünktlichkeit.

Promi-Kriminalbiologe beklagt Zug-Ausfälle

Trotz Verspätungsärger: Mark Benecke und seine Frau Ines – hier am Bahnhof in Kidderminster bei Birmingham – lieben die Bahn und Züge trotzdem

Foto: Mark Benecke

Diese Verspätungen mussten Benecke und seine Frau Ines durch längere Anreisezeiten ausgleichen. Der Forensiker zu BILD: „Wir planen mittlerweile mit einem Tag nur für die Anreise plus neunzig Minuten für jeden Umstieg. Nun fallen aber zunehmend Züge aus, Zug-Teile fehlen – heute der halbe Zug – und wegen Überfüllung darf niemand mehr in den Zug rein.“

Benecke ist Pünktlichkeit wichtig. Wer zu spät zu seinen Vorträgen kommt, darf erst zur Pause rein. Wegen der Bummel-Bahnen kann er selbst jetzt nicht mehr garantieren, dass seine Vorträge pünktlich beginnen. Benecke: „Ines und ich fahren Hunderte Male pro Jahr Bahn. Geschätzt habe ich meine Veranstaltungen wegen der deutlichen Verspätungen schon um zehn Prozent runtergefahren, jetzt werde ich nochmals um bis zu 20 Prozent reduzieren.“

Glück für Benecke: Gerade umgeht er den Ärger mit der Deutschen Bahn. Er ist auf Schienen in England unterwegs ...

Weibliches Verbrechen – Morden Frauen anders als Männer?

Facharbeit im Seminarfach, 2. Kurshalbjahr der Qualifikationsphase, Schuljahr 2023/2024, Clemens-August-Gymnasium, Cloppenburg

Von Alexandra Rolfes

Diese Facharbeit beschäftigt sich mit zwei unterschiedlichen Formen des Mordes: Dem Mord, der von Frauen verübt wird und dem Mord, der von Männern verübt wird. Dabei geht es besonders um die Charakterisierung des weiblichen Mordes, verglichen mit dem männlichen Mord. Dazu werden die Merkmale der Morde, Opfer, Tatwaffe und Motiv, herausgearbeitet. Ebenso werden vermittelte Stereotypen, biologische Geschlechter-unterschiede und gesellschaftliches Verhalten hinzugezogen. Ziel ist es dabei, festzustellen, inwiefern die Tatsachen den Stereotypen entsprechen und wie groß der Unterschied zwischen Mörderin und Mörder tatsächlich ist. Da der Fokus in dieser Facharbeit auf dem weiblichen und dem männlichen Geschlecht liegt, wird nur gegendert, wenn auch alle Geschlechter angesprochen werden.

Opfer von Frauen und Männern

Frauen ermorden entsprechend ihres Stereotypen auffällig häufig ihre Ehemänner, wie eine schwedische Studie zeigt.19 Elfriede Blauensteiner tötete zum Beispiel ihren Ehemann und zwei Lebensgefährten durch ein blutzuckersenkendes Mittel namens Euglucon und das Antidepressivum Anafranil. Diese Art von Mord bekommt oft besondere Aufmerksamkeit, aufgrund der Kombination von Liebesbeziehung und Mord. Meist gibt es bei solch einem Mord kaum Beweise, wodurch zusätzlich ein aufwendiger Indizienprozess zustande kommt. Für diese Morde gibt es sogar einige Begriffe, wie „Intimizid“ oder „Gattenmord“, welche beschreiben, dass ein Mensch seinen Intimpartner tötet. 

Neben dem Ehemann gehören zu den typischen Mordopfern von Frauen auch die Familie, beziehungsweise auffällig häufig auch ihre Kinder. Dafür gibt es ebenfalls einen gesonderten Begriff und zwar den „Kindsmord“, der die Tötung der eigenen Kinder beschreibt. Ein berühmtes deutsches Beispiel dafür ist die Mörderin Monika Weimar, welche ihre beiden Töchter tötete. Es wird im Falle der Frauen, im Gegensatz zu den Männern, als schockierender angesehen, wenn sie ihre Kinder töten, selbst wenn die Begebenheiten gleich sind. „Bis 1998 werden Kindsmörderinnen juristisch anders behandelt als andere Mörder.“ Das Band zwischen Mutter und Kind wird als unzerbrechlich angesehen, weshalb es für viele Menschen besonders schockierend ist, wenn man einen Menschen tötet, mit dem man eine so starke Bindung hat. Wenn ein Kind getötet wird, gibt es außerdem weniger Unterschiede zwischen den Merkmalen der Morde männlicher und weiblicher Täter, als bei einem Mord an erwachsenen Opfern, fand eine schwedische Studie heraus. 

Während es zwar viele Frauen gibt, die im Rahmen des Bekanntenkreises töten, gibt es seltener auch Mörderinnen, die fremde Opfer bevorzugen. Ein Beispiel dafür ist Aileen Wuornos, eine bekannte Serienmörderin aus den USA. Sie erschoss sieben Männer, mit welchen sie weder eine Beziehung noch eine Freundschaft hatte. 

Eine weitere sehr bekannte Art des Mordes ist der sogenannte „Femizid“. Jährlich werden über 100 Frauen im Zuge eines Femizids ermordet, weil sie weiblich sind. „Der Begriff Femizid umfasst auch sogenannte Ehrenmorde oder das Morden von Frauen und Mädchen aufgrund ihrer sexuellen Orientierung. Weiblicher Kindsmord oder die Abtreibung weiblicher Föten zählen genauso dazu wie der Mord an indigenen Frauen wegen ihres Geschlechts sowie getötete Frauen, denen der Vorwurf der Hexerei gemacht wurde. Auch Frauen, die an den Folgen einer Genitalverstümmelung sterben, oder Morde, die in Zusammenhang mit organisiertem Verbrechen wie Menschen- und Drogenhandel geschehen, sind hier inkludiert.“ 

Männer töten am häufigsten Frauen. Wenn man das mit der hohen Zahl an gefassten Mördern kombiniert, so lässt sich schließen, dass Frauen deutlich öfter Opfer als Täter sind. Männer hingegen scheinen viel häufiger Täter zu sein und laut gefasster Fälle seltener Opfer, wobei die Dunkelziffer ungewiss bleibt. Es gibt jedoch auch Mordopfer jenseits der Stereotypen. Wenn es, wie im ersten Absatz des Kapitels beschrieben, die Norm ist, dass Frauen ihnen bekannte Männer töten und Männer, wie oben beschrieben, ihnen bekannte Frauen töten, so wird eine Beziehung zwischen den Geschlechtern deutlich. Es wird primär das jeweils andere Geschlecht getötet, auch wenn in der Geschichte Ausnahmen zu finden sind. Juana Barraza beispielsweise ermordete ebenfalls Menschen, die genau wie sie weiblich waren. Sie tötete über 40 ältere Frauen, indem sie sich als ihre Pflegerin ausgab. Diese Frauen gehörten ebenfalls weder zu ihrer Familie, noch zu ihren engen Freunden. 

Tatwaffen von Frauen und Männern

Gift ist deutlich häufiger die Tatwaffe von Frauen, als von Männern. Allerdings ist diese Tatwaffe früher häufiger verwendet worden als heute, wie eine Studie zeigt. Somit ist eine Veränderung im Laufe der Zeit zu erkennen. Mittlerweile lässt sich eher feststellen, dass Frauen bevorzugt mit einem Messer morden und meistens dann, wenn das Opfer geschwächt ist. Eines der bekanntesten Beispiele dafür ist Caroline H. aus der Schweiz, die zwei Frauen in Zürich erstochen hat. Dabei gibt es auch Männer, die ihre Opfer erst schwächen und dann töten, wie im Falle von Jeffrey Dahmer, der seinen Opfern Rauschmittel gab, bevor er sie tötete. Frauen morden zwar auch gewalttätig, mit einer Axt oder ähnlichem, jedoch deutlich seltener als Männer. Eine 32 Jahre alte Studentin hatte zum Beispiel ihren Freund mittels einer Kreissäge ermordet.

Gesamte Arbeit: Siehe .pdf

March for Science: Demo für Wahrheit & Wissenschaften (April 2018)

Unter dem Eindruck "alternativer Wahrheiten" haben wir in Köln (und mehreren anderen Städten) Versammlungen von Wissenschaftler:innen und Freund:innen des Messbaren durchgeführt. Ich habe das Ganze mitfinanziert und war mit Jean Pütz, Ranga Yogeshwar & Astronaut Reinhold Ewald Redner am Rudolfplatz in Köln. Abends ging es weiter mit der SCHULE DER POLITISCHEN HOFFNUNG: AUFKLÄRUNG UND APOKALYPSE # 6 (Lesung + Konzert + Party) im Studierenden-Viertel Kölns.

Mit freundlicher Unterstützung der Universität zu Köln und Ministerin für Kultur und Wissenschaft Isabel Pfeiffer-Poensgen.

Mein damaliges Posting: 

»So geht das: March for Science 2.0 Köln mit saucoolen Studierenden & Nerds, Pickle Rick, Astronaut Reinhold Ewald, Reinhard Remfort, Julitta Münch, Ministerin Pfeiffer-Poensgen, Ranga Yogeshwar, Jean Pütz, Die PARTEI NRW, gwup | die skeptiker, Philosoph Thomas Grundmann, Enno Aufderheide, Lena Snelting, Myrle Dziak-Mahler, Don Rohde und sehr vielen anderen. Hut ab, das war sehr, sehr, sehr gut. Erfreut der Eure: Marky Dr. Mark Benecke Mark (Fotos: Ines Benecke)«    

Presse-Meldung der Uni Köln:

Uni Köln unterstützt den March for Science am 14. April auf dem Kölner Rudolfplatz

04. September 2018

Bühnenprogramm mit ESA-Astronaut Reinhold Ewald und Philosoph Thomas Grundmann / Weltweite Bewegung für die Bedeutung der Wissenschaft im Zeitalter von „alternativen Fakten“ 

Nach der erfolgreichen weltweiten Bewegung „March for Science“ 2017 geht der Science March 2018 in die zweite Runde. Die Universität zu Köln unterstützt die Initiative, die am Samstag, den 14. April 2018, von der Domplatte bis zum Rudolfplatz zieht und am Rudolfplatz ein Bühnenprogramm gestaltet, das den Wert der freien Wissenschaft und des kritisch hinterfragenden Denkens betont. Seitens der Uni Köln werden der Philosophieprofessor Dr. Thomas Grundmann, die Prorektorin für Gleichstellung und Diversität, Professorin Dr. Manuela Günter, sowie die Leiterin des Zentrums für LehrerInnenbildung, Myrle Dziak-Mahler, sprechen. Alle Bürgerinnen und Bürger, Forscherinnen und Forscher, Vertreterinnen und Vertreter der Presse sind herzlich zur Teilnahme eingeladen.   

Termin:

Samstag, 14. April 2018

11.00 Uhr

Startpunkt des Demonstrationszuges auf der Domplatte Köln

12.00 Uhr

Start des Bühnenprogramms auf dem Rudolfplatz „March for Science Köln/Rheinland: Stand up for science“

Rudolfplatz, 50923 Köln

Sprechen werden unter anderem:

Reinhold Ewald, Physiker und ESA-Astronaut

Thomas Grundmann, Professor für Philosophie, Universität zu Köln

Manuela Günter, Professorin und Prorektorin für Gleichstellung und Diversität, Universität zu Köln

Enno Aufderheide, Generalsekretär der Alexander von Humboldt-Stiftung

Myrle Dziak-Mahler, Leiterin des Zentrums für LehrerInnenbildung, Universität zu Köln

Reinhard Remfort, Physiker, Wissenschaftskommunikator, Science-Slammer, Podcaster und Autor

Mark Benecke, Kriminalbiologe, Spezialist für forensische Entomologie

„Wissenschaftsfreiheit geht uns alle an“, sagt Enno Aufderheide, Generalsekretär der Alexander von Humboldt-Stiftung, die Kooperationen zwischen ausländischen und deutschen Forscherinnen und Forschern fördert. „Der March for Science tritt dafür ein, dass Regierungen die Suche nach der Wahrheit und nach den bestmöglichen Lösungen für unsere Probleme nicht verhindern, sondern den offenen Austausch auch über kontroverse Ideen zulassen und fördern. Deshalb freue ich mich, dabei sein zu dürfen“, sagt Aufderheide.   

Auch ESA-Astronaut Reinhold Ewald, bekannt durch seinen Flug zur Raumstation Mir, wird auf dem March for Science in Köln sprechen. „Nur mit der Anwendung von Wissenschaft und Technik kann der Mensch die Erde verlassen und beginnen, den Weltraum zu erforschen“, sagt Ewald. „Fakten haben Mythen ersetzt und uns eine neue Sicht auf die Erde gegeben. Nun gilt es, die Chance dieser Sicht klug zu nutzen und nicht wieder in Mythen zu versinken.“

In Köln sammeln sich die Demo-Teilnehmer, die aus der gesamten Region Köln-Bonn-Aachen-Ruhrgebiet erwartet werden, um 11 Uhr auf der Domplatte und ziehen dann gemeinsam zum Rudolfplatz. Dort findet zwischen 12 und 14 Uhr die Kundgebung statt.

Organisiert wird die Veranstaltung von Privatpersonen aus der Wissenschaft und vielen anderen Bereichen der Gesellschaft, die über Facebook und Twitter zusammengefunden haben. Alle engagieren sich ehrenamtlich, sind ausdrücklich überparteilich und repräsentieren weder eine Universität noch eine andere Institution oder Vereinigung.

Linnean Society: Darwin, Wallace, Evolution & Old Books 📚

Mark besucht seine Patenbücher in der Linnean Society of London, wo Darwin & Wallace die Wissenschaft von der biologischen Evolution erstmals vorstellten. Es gibt einige Überraschungen, darunter Einhörner, griechische Statuen und ein altes Thier-Buch, von dem er noch nie etwas gehört hatte 🦄

Tätowierte Nerds, die Nasa und warum das Universum so ist, wie es ist

Quelle: Tätowiermagazin 4/2011, Seiten 98 bis 102

Hier gibt es den Artikel als .pdf

Interview mit philip von Doetinchem

Von Mark Benecke

Wenn Kinderträume in Erfüllung gehen: Philip hält einen Vortrag bei der NASA am Johnson Space Center in Houston, Texas.

Philip von Doetinchem ist Experimental-Physiker an sehr bekannten und angesehenen Unis: der RWTH Aachen und an der University of California at Berkeley. Er mag Hardcore-Musik und könnte der erste volltätowierte Nerd werden, der eines Tages eure Kids prüft – falls sie Physik studieren und sich für Alpha-Magnet-Spektrometer interessieren. Anfang April 2011 startet eines der von Philip mitgebauten Messgeräte mit einem Space Shuttle in den Weltraum zur internationalen Raumstation, ein weiteres baut er gerade an der University of California in Berkeley. Mark Benecke hat dem Messgeräte-Spezialisten für kosmische Strahlung auf die Haut geschaut.

Mark: Yo, Philip, ich erinnere mich noch, dich vor gar nicht so langer Zeit verschwitzt von einem Hardcore-Konzert heimkehrend gesehen zu haben. Was für Musik hörst du im Reinraum-Labor?

Der Gorilla mit Doktorhut symbolisiert, dass Philip sich selbst und seinen Doktor-Titel nicht so ernst nimmt. Wer seine Doktorarbeit wirklich selbst geschrieben hat, kann sich eben auch ein gewisses Understatement leisten …

Philip: Im Reinraum arbeitet man ja meist mit Kollegen zusammen und zudem können Vakuumpumpen oder anderes Equipment ziemlich laut sein, so dass Musikhören eher ausfällt. Wenn ich aber in Ruhe vor dem Computer sitze und beispielsweise Daten analysiere, dann höre ich Sachen wie Johnny Cash, Social Distortion und Hardcore-Bands wie 7 Seconds oder Gorilla Biscuits, aber auch gerne klassischen Metal von Iron Maiden.

Musst Du dich bei der Arbeit sehr auf Deine Geräte konzentrieren? Ist das so ein bisschen wie im Film »2001: Odyssee im Weltraum«, wo der Rechner geradezu ein Team-Mitglied ist, das allerdings auch mehr entscheidet, als es sollte?

Bei der Arbeit an einem Subdetektor oder auch Anticoincidence Counter am CERN , der europäischen Organisation für Kernforschung, in Genf.

Ganz so ist es noch nicht. Unsere Computer scheinen zwar einen eigenen Willen zu haben – manchmal – aber meist liegt es dann an unserer eigenen Unzulänglichkeit. Es gibt aber schon mal die Tendenz, gerade bei jüngeren Studenten, dass sie blind allem glauben, was aus einem Softwarepaket herauskommt, ohne kritisch zu bleiben und zu verstehen, ob das Sinn ergibt, und was die jeweiligen Algorithmen wirklich machen. Allgemein sind Computer ein absolut zentraler Bestandteil meiner Arbeit, um Messgeräte zu kontrollieren und auszulesen oder die gemessenen Daten zu verstehen. Es ist allerdings nicht ganz so wie im Film, wo Computer scheinbar schon alles ohne großes Zutun können. Man muss alles erst beibringen, also programmieren, sonst tut sich nichts. Die Hauptaufgabe ist dann zu verstehen, ob die Programmierung Sinn macht um bei der Fehler nicht verrückt zu werden.

Sind viele deiner Kollegen tätowiert?

Also, in meiner alten Arbeitsgruppe in Deutschland war niemand von den Physikern tätowiert, soweit ich weiß. Bei den Technikern in den Werkstätten kam das bei den Jüngeren aber schon häufiger vor. Bei alten amerikanischen Kollegen habe ich auch mal ein paar Militär-Tätowierungen gesehen. An meinem jetzigen Institut in Kalifornien ist aber sogar mein Chef tätowiert und es gibt auch ansonsten mehr Leute im Institut, die mit teilweise großen sichtbaren Tätowierungen herumlaufen, aber trotzdem immer noch eher Ausnahme bilden. Es scheint insgesamt so zu sein, dass die Physiker eher zurückhaltend bei Tätowierungen sind.

Wie cool sind die Leute an deiner Uni abgesehen von Tattoos? Immerhin ist die Mega-Freak-Hauptstadt San Francisco gleich um die Ecke.

In meiner Arbeitsgruppe sind die Leute ziemlich cool, was auch ein Grund für mich war, dort anzufangen. Das liegt aber bestimmt auch an meinem sehr entspannten Chef. Ansonsten gibt es in Kalifornien insgesamt sehr viel mehr schräge Individualisten als in Deutschland, die sich dann natürlich auch an den Unis wiederfinden. Gerade bei den Studenten habe ich schon einige große und richtig gute Tätowierungen gesehen.

Du warst neulich auf der Tattoo-Convention in San Francisco. Wie waren deine Eindrücke?

Ich war bisher auf zwei Conventions in San Francisco, die sehr unterschiedliches Publikum angezogen haben. Die eine war zwar riesig überall beworben, aber eine eher prollige Angelegenheit und irgendwie nicht so mein Ding. Die Bay Area Tattoo-Convention hingegen war ein echter Hammer, aber leider oder vielleicht zum Glück, nicht so gut besucht. Hier waren einige Superstars wie Shige, Mike Rubendall, die Leute von Black Heart, Grime, Jack Rudy und verschiedene andere extrem gute Japaner bei der Arbeit in einem entspannten Rahmen zu betrachten.

Als ich deine Tattoos neulich auf einer Party fotografiert habe, hast du eins besonders in den Mittelpunkt gestellt.

Der Engel mit dem Schwert triumphiert über das Böse. Ebenfalls von Andreas vom Studio The Sinner and the Saint.

Das war meine letzte Tätowierung. Es ist eine Hochzeitstätowierung mit einem blumendekorierten Porträt meiner Frau, im westlich traditionellen Stil, mit flammendem Herz und japanischen Wellen. Das Porträt wurde dabei einem der Fotos unserer Trauung nachempfunden. Da ich manchmal dann doch nicht nur rational denkender Physiker bin, bedeutet es für mich, dass ich auf immer und ewig zu meiner Liebsten stehen möchte.

Sehr oldschoolig. Nach welchem Kriterium hast du dein Aachener Studio »The Sinner and the Saint« ausgewählt?

Als ich angefangen habe, tätowiert zu werden, hatte ich wenig Ahnung davon. Ich kannte aber Andreas vom Aachener »The Sinner and the Saint«-Studio vom Sehen, da er auch in einer Hardcore-Band gesungen hat. Da die ganze Szene ja ziemlich gehackt ist und davon auch viele zu Andreas gehen, bin ich dann dort auch vorbei und mir gefiel der Laden direkt. Im Übrigen sind Andreas und Imme wirklich feine Leute mit denen es Spaß macht zu reden, während man tätowiert wird.

Seine Arbeit schlägt sich natürlich auch symbolisch in den Tattoo-Motiven nieder, die Philip trägt.

Gibt es Momente, in denen du deine Tattoos versteckst? Beispielsweise, wenn du mit Leuten von der NASA oder anderen Behörden zu tun hast? Ich erlebe die ja oft als sehr bieder, oder zumindest tun sie so.

Meiner Erfahrung nach sind Physiker eher informell, und von den Jüngeren laufen nicht viele im feinen Zwirn mit Hemd in der Hose herum. Vorträge halte ich meist einfach in normalen Straßenklamotten, das waren dann beispielsweise im letzten Sommer bei einer Konferenz in Frankreich bei knapp 40°C kurze Hose und T-Shirt. Erfreulicherweise scheinen sich die meisten Nerds eher um Inhaltliches als um Klamotten zu kümmern. Ich muss aber zugeben, dass ich bei meinem Vorstellungsgespräch in Berkeley die Tattoos abgedeckt habe, da ich nicht genau wusste, was mich erwartet.

Hat dich schon mal irgendwer auf deine Tattoos angesprochen, von dem du es wirklich nicht erwartet hättest?

Ich kann leider nicht von irgendeinem besonderen Schlüsselerlebnis berichten, aber der überwiegende Teil der Reaktionen, die ich mitbekomme, ist positiv und interessiert. Da ich auch gern reise, habe ich aber schon ein paar Mal in Ländern wie beispielsweie Thailand, Marokko oder Fidschi interessierte Fragen zu den leuchtenden Farben bekommen. Tätowierungen waren so immer wieder Ansatzpunkt für gute Gespräche jenseits der typischen Touristen-Einheimischen-Konversation.

Erzähl doch noch ein bisschen über den Inhalt weiterer Motive, die du trägst.

So sehen heute Wissenschaftler aus: Philip von Doentinchem vor dem Haupteingang der Uni Berkeley.

Die meisten Tätowierungen zeichne ich selbst vor oder gehe zumindest mit einer halbwegs aussagekräftigen Skizze zum Tätowierer, so dass am Ende etwas auf mich persönlich Zugeschnittenes entsteht. Meine Tattoos sollen mich dabei an Ideale, persönliche Momente und Reisen erinnern. Hier und da gibt es auch mal einen physikalischen Einfluss. Der Gorilla mit Doktorhut soll mir zum Beispiel sagen, dass ich mich nie zu Ernst nehme.

Finden deine Kollegen deine Tattoos komisch?

Ich bin jedenfalls schon eher eine Ausnahme mit meiner Anzahl und Fläche an Tätowierungen, so dass ich damit eher auffalle und vermutlich als schräger Vogel gelte. Bei der Arbeit versuche ich das aber nicht in den Vordergrund zu stellen und durch gute Ergebnisse zu überzeugen. So war mein Aachener Professor ein Physiker der alten Schule und mit seinen über siebzig Jahren in Cordanzügen mit Flicken auf den Ellbogen wahrscheinlich kein großer Fan von Tattoos. Auf Nachfrage eines amerikanischen Kollegens in einem Pub hat er zum Thema Tattoos aber nur mit den Achseln gezuckt.

Umgekehrt: Finden deine Tätowierer deinen Job komisch?

Komisch kann ich nicht sagen. Bei manchen hatte ich den Eindruck, dass sie das schon ganz cool fanden. Die meisten Leute fragen aber sowieso nicht viel weiter, wenn herauskommt, dass ich Physiker bin, und das ist auch bei Tätowierern nicht ganz anders. Aber man muss ja auch nicht immer über den Beruf reden.

Wer sagt, dass Wissenschaftler nicht auf Rock 'n' Roll im Blut haben dürfen? Philip mit Pommes-Gabelvor seinem imposanten Techno-Dingsbums, von dem wir eigentlich auch nicht so genau wissen, was es eigentlich macht.

Eine perfekte Gelegenheit, es hier im TätowierMagazin zu tun. Erklär doch mal in höchstens vier Sätzen, warum Du so gerne kosmische Strahlung aus Supernovas, dunkle Materie und Antideuteriumkerne misst.

Für mich ist es sehr spannend besser zu verstehen, warum das Universum so aussieht wie es aussieht. Die sogenannte dunkle Materie spielt dabei eine entscheidende Rolle, um beispielsweise die Anordnung von Galaxien zu verstehen. Die Physiker glauben nun recht sicher zu wissen, dass es etwa fünfmal mehr dunkle Materie als uns bekannte Materie gibt, wobei der Name »dunkel« meint, dass wir erstens noch keine Ahnung haben um was es sich genau handelt und zweitens, dass diese Materie nicht in leuchtenden Sternen zu finden ist. Es ist aufregend, dass dieser große Haufen Unbekanntes da draußen zu sein scheint und wir nur wissen, dass er da ist, aber nicht was es ist. Es wäre also echt cool, bei dieser ziemlich existenziellen Frage der Menschheit etwas Licht ins »Dunkel« bringen zu können, wozu die genaue Messung von kosmischer Strahlung hoffentlich beitragen kann.

Sehr wahr und abgefahren. Zurück zu Tattoos: Von wem wirst du dich in den USA zum ersten Mal tätowieren lassen? Und warum?

Ich habe ja bereits ein paar Tätowierungen von Amerikanern wie Kaz von New York Adorned oder Justin Martinez aus San Antonio, aber die nächste Tätowierung aus der Region um San Francisco wird von Paul Dobleman vom Spider Murphy’s Tattoo Shop in San Rafael sein: cooler Oldschool-Stil mit tollen Schattierungen und ein paar guten Extra-Ideen.

Tätowierte Doktoren unter sich: gemeinsam plündern TM-Mitarbeiter Dr. Mark Benecke und Dr. Philip von Doentinchem einen Adventskalender.

In den USA war es früher ja üblich, wichtige Flugzeuge, Schiffe und dergleichen mit einer Comicfigur oder einem kleinen oldschooligen Motiv zu bemalen. Du kannst ja selber auch gut zeichnen und malen. Darfst du das Alpha-Magnet-Spektrometer (AMS), das im April auf die internationale Raumstation fliegt, oder den Weltraum-Detektor für Antideuteriumkerne beim wissenschaftlichen Ballonflug in etwa vierzig Kilometer Höhe, den du gerade in Berkeley baust, auch bemalen?

Coole Idee eigentlich! Das AMS-Experiment trägt ja ein offizielles NASA-Logo, was auch schon was her macht. Vielleicht kann ich ja für mein derzeitiges Projekt an der Logogestaltung mitwirken? Darüber habe ich sogar schon einmal nachgedacht, vielleicht irgendwas mit Lichtblitzen und peitschender See, da unser Forschungs-Ballon von der Küste Japans starten wird.

Aye, chefmässig! Peitschenden Hochsee-Piraten! Danke für das Gespräch – und möge die dunkle Materie sich mithilfe Deiner Arbeit gefälligst deutlicher zeigen!

Mike vom Stechwerk, Berlin

Quelle: Tätowiermagazin 7/2010, Seiten 92 bis 97

Hier gibt es den Artikel als .pdf

Text: Mark Benecke | Fotos: Mike (Stechwerk)

Mike und seine Kundschaft in seinem Berliner Studio

Während Tattoos bei Rappern, Hardrockern und im Rockabilly etwas völlig normales sind, ist das in anderen Szenen nicht so. Umso erstaunlicher, dass Mike Johnson nicht nur am Synthie einer der bekanntesten deutschen Elektro-Bands, nämlich “Agonoize” steht, sondern auch Chef des Tätowierstudios "Stechwerk" in Berlin ist. Außerdem ist er der Lehrmeister von Eugen, dem Gewinner des TM-Nachwuchs-Contests 2008.

Hi, Mike. Dein Laden liegt ja hier in Spandau gegenüber einem Park und in einem beschaulichen Berliner Viertel. Immerhin ist die Bäckereiverkäuferin nebenan aber schwer tätowiert. Wie bist du hier gelandet?

Der King und sein Mike: Andächtiges Elvis-Tattoo

Stimmst schon, das ist ein eher spießiger Teil Berlins. Ich komme aber von hier und habe hier auch schon vor zwanzg Jahren angefangen, zu tätowieren. Die Maschine habe ich noch, moment ... hier. Selbst gebaut.

Welche Kunden kamen denn damals zu dir?

Biker, Metaller und Mütterchen. Das war die Zeit der roten Teufelchen mit Mistforke, Einhörner und Pegasusse. Ab 1997 kamen dann Delfine und ab Ende der Neunziger Arschgeweihe. Während dieser Zeit hatte ich nacheinander mehrere Läden, mit denen ich mich räumlich immer weiter vergrößert habe. "Stechwerk" heißen wir seit 2006.

Meinst du mit "wir" auch Eugen, den Gewinner des TM-Nachwuchs-Contests 2008?

Am Arsch: Der hier zu sehende Eugen wurde von Mike ausgebildet. Dieses Portrait prangt auf dem Hintern von Eugens Kumpel

Ja, wobei mein ehemaliger Lehrling Eugen seit Mai 2008 sein eigenes Studio im Kempten hat. Nach einer Anzeige im Tätowiermagazin hatten sich sieben Leute beworben, aber Eugen war nach einem Jahr schon erkennbar weiter als andere, die selbst nach fünfzehn Jahren noch nichts auf die Reihe kriegen. Nach einer Schnupperwoche ging es los und jetzt kooperieren wir unter dem Namen "Stechwerk" in Berlin und Kempten, weil ich sicher bin, dass wir in puncto Kundenumgang und Qualität denselben Standard haben.

Trefft ihr euch auch öfters?

Eugen kommt selten vorbei, weil er ja lange im Voraus ausgebucht ist. Ich habe ihn aber natürlich im Allgäu besucht. Das ist witzig, mal andere Leute kennen zu lernen, die wirklich cool sind, aber eben nicht aus Berlin kommen.

Auch in Sachen Portraits ist man beim Stechwerk an der richtigen Adresse

Zurück zu dir. Du hast ja eine stilistisch sehr breite Palette, aber was sind deine Favourites?

Portrait und Realistic sowie Dark Style und Biomechanik, was ich auch besonders gut kann. Ich hatte früher auch den ganzen Laden entsprechend düster eingerichtet. Leider zieht das hier in der Gegend aber nicht und bringt auch nicht die Leute aus Friedrichshain dazu, bis nach Spandau zu fahren. Eigentlich schade, denn ich bin schwer von Paule (Paul Booth, Anm. d. Verfassers) inspiriert, den ich auf der ersten internationalen Tattoo Convention in New York getroffen hatte. Bei seinem Geburtstag dort servierte er so lustige Sachen wie ein Gehirn und eine abgehackte Hand aus Wackelpudding.

Morbider Schädel. Diesmal etwas in Farbe

Sah es bei dir wie in Pals altem Laden in Alphabet City aus? So eine richtige Gruselhöhle mit tiefer Decke aus Pappmachégeröll und schwarzen Vitrinen?

Das nicht, aber die schöne und aufgeräumte Stimmung Lichtern und einem Schachbrett im Warteraum wie heute, war's auch nicht. Immerhin hilft mir meine Tischler-Ausbildung dabei, den Laden zu gestalten und beispielsweise so etwas wie den beleuchteten Tresen zu bauen, den du hier siehst.

Ich nehme an, dass du, wie die meisten Tätowierer, schon immer sehr kreativ warst?

Das schon, ich hatte in Kunst aber trotzdem immer eine fünf, weil ich keinen Apfel abzeichnen wollte oder andere tote Gegenstände. Das hat mir keinen Spaß gemacht. Also habe ich versucht, wenigstens einen Schädel aufs Papier zu bringen. Ich musste mir deshalb alles selbst beibringen, besonders Schattierungen und die räumliche Darstellung. Auch sonst war ich in der Schule bestimmt kein Vorbild, sondern eher der Kasper.

Wie passt das mit eurem Auftreten als "Agonoize" zusammen? Eure Fans sind ja harte Elektro-Heads und Sänger Chris ist bei euren Auftritten schwer am Bluten, also alles andere als kaspermässig.

Der rote Hintergrund lässt das Hauptmotiv Schädel deutlich hervortreten

So muss das auch sein, um unserer Texte optisch zu unterstreichen, denn unsere Texte drehen sich oft um Sex und gegen kirchliche Institutionen, allerdings nicht gegen den Glauben Einzelner.

... was in Berlin, einer Stadt mit extrem niedriger Zahl von Christen und religionsfreier Tradition nicht so ungewöhnlich ist.

... und werden außerdem auch manchmal falsch verstanden. Der Text "Staatsfeind" enthält am Ende die Frage: "Bin ich ein Staatsfeind?". Diesen Song haben wir geschrieben, weil wir mal in Gießen ein Auftrittsverbot bekommen haben. Der dortige Stadtrat dachte, wir wären Rechte, und das geht ja gar nicht.

Wie bitte? Seit wann gibt es rechte EBMler?

Vielleicht wegen den kurzen Haaren, unserem Logo mit der Knochenhand, die sich in den Kopf schießt? Oder wegen unserem Bandname, mit dem Wort "Agonie"(Todesringen). Dabei geht es uns gerade nicht um Selbstzerstörung, sondern darum, dass normale Menschen - andes als beispielsweise Paranoide - die Möglichkeit haben, selbst zu entscheiden, wie sie mit sich selbst umgehen.

Hin und wieder tunkt Mike seine Nadel auch in bunte Farbtöpfe und lässt knackige Rockabilly-Styles entstehen.

Stammt das Band-Logo eigentlich von dir?

Jau, ich habe es auch schon sechs oder sieben Mal tätowiert, aber für mich selbst hab ich ein eigenes entworfen, das nicht wie die letzten Male hinterher sofort im Internet auftaucht. Es wird speziell, biomachanisch und nur auf meiner Haut zusehen sein.

Hab ich vergessen dich etwas Wichtiges zu fragen?

Ja, du hast ich vorhin nach dem Tattoo von Eugens Portrait gefragt, das da an der Stechwerk-Mitarbeiter-Wand hängt. Das war eine Überraschung für ihn, als er seinen Laden eingeweiht hat. Er hatte einen Auftritt mit seiner Brüllmetall-Band "Nasvai" und wir dachten uns, dass wir ihn dazu mit etwas Besonderem überraschen müssen. Am Tag der Eröffnung setzten wir uns also im Hotel hin und tätowierten unserem Kumpel Dominik Eugens Portrait auf die rechte Arschbacke. Während des Auftritts enterten wir die Bühne und Eugen sah sich auf einmal selbst auf dem Arsch seines Kumpels. Er war sprachlos - und das als Frontmann einer Band vor wartendem Publikum.

Ich sehe, ihr habt Humor.

Realistic ist Mikes Spezialgebiet. Es gelingt ihm, jede Falte in der Haut des Elefanten heraus zu kitzeln

Naja, seltsam ist noch, dass ich unseren Sänger Chris schon 1998 in New York bei der schon erwähnten Convention getroffen hatte. Wir waren damals vermutlich die einzigen Berliner, hatten uns zwischendurch aus den Augen verloren. Und jetzt spielen wir in derselben Band.

Ansonsten bist du aber kein Fan von Zufällen. Du legst ja mega Wert auf individuelle Beratung der Kunden, Sterilisation und Nachsorge - ganz ohne Zufälle.

Ja, ich möchte unbedingt das Vertrauen der Kunden gewinnen. Abgesehen davon ist es mir eigentlich egal, ob jemand tätowiert ist oder nicht. Hauptsache, es passt zur Person. Mein Motto: Der Tätowierer ist der Künstler, der Kunde das Kunstwerk.

Der Herr der Fliegen

Quelle: Kinkats, No. 12, Februar/März 2010, Seiten 72 bis 74

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Er wird als "Herr der Fliegen", "Madendoktor", "Mystery Man", "Detektiv der Toten" oder als "Quincy von Köln" bezeichnet viele merkwürdige Titel, von denen einer offiziell ist, Dr. Mark Benecke ist Kriminalbiologe mit dem Schwerpunkt forensischer Entomologie. Er bearbeitet Kriminalfälle, indem er die Maden und Fliegen auf den Leichen studiert, Blutspritzer analysiert und genauer hinschaut als andere. Gleichzeitig ist der Kölner international als Autor von Fachartikeln und Büchern über seine Arbeit bekannt und wird von Sendungen wie "Galileo Mystery", "Autopsie" oder "Medical Detectives" regelmäßig als Fachmann eingeladen. Als tätowierter EBM-Fan und bekennender Donaldist ist er dabei ein Freak seiner Zunft. KinKat und Special-Effects-Profi Claudia von Rotten sprach mit dem Wissenschaftler.


KK: Mark, wie wurdest du zum "Herrn der Fliegen"? Wie sieht dein Werdegang aus?

M.B.: Das war Zufall. lch habe früher mehrere Monate lang auf einer Insel vor der irischen Küste mit Tintenfischen gearbeitet, das war absolut gehirndurchblasend. In die Rechtsmedizin bin ich gestolpert, weil ich genetische Fingerabdrücke lernen wollte ... Biologen wurden dort in der Medizin allerdings in den alten Affenstall, einen Raum im Keller gesteckt - kein Witz -, wo aber zu meinem großen Glück eben auch die Wirbeltiere lebten: Insekten auf Leichen ... So kam eins zum anderen. leh habe sehr viel von den Jungs der Spurensicherung bei der Polizei gelernt, die haben ein extrem gutes Auge für etwas größere Spuren. Das hat mir geholfen, meine fuzzikleinen Spuren im Tatort-Zusammenhang zu sehen.

Mit dem FBI und vergleichbaren Einheiten war es während meinen Ausbildungen dort auch immer lustig, und auf der Body Farm habe ich auch mal gearbeitet. Mittlerweile kriegen wir, mein Team und ich, die irrsten Fälle, so dass ich das Kniffeln gelernt habe. Saskia, die seit zehn Jahren mit mir arbeitet, rafft allerdings besser als ich soziale Zusammenhänge; ich fahr' dafür lieber in den Knast und mache sachliche Sachen.

Du hast Biologie, Zoologie und Psychologie in Köln studiert. Wie gestaltete sich deine Zeit an der Uni?

Es geht so. Die Uni war uralt, es herrschten total lahme Strukturen, keiner der wichtigen Verwaltungsleute hat je mit einem geredet, es war wie eine Karikatur einer deutschen oder Schweizer Behörde.

Der damalige Chef hat uns aber immer - und das bis heute - erlaubt, im Sommerkurs Versuche mit verwesenden Tieren im Hinterhof zu machen und den Kurssaal zu nutzen, um Studenten aus aller Welt zu uns zu holen. Der Nachteil war früher, dass ich alles selbst machen musste: den Klo-Vorraum streichen, riesige Müllberge aus alten Taubenhäusern schaffen, die Tafeln putzen. Aber auch da haben wir das Beste draus gemacht: Mit Saskia habe ich vor zehn Jahren mal zum Sound von Manowar, die sie geil fand, einen total verschimmelten Raum geweißt. Seitdem lassen wir in allen Kursen und auch sonst beim Arbeiten entweder EBM laufen - meine Musik - oder Rock, das ist Saskias Ding.

Für Gunther von Hagens (verantwortlich für die umstrittene Ausstellung "Körperwelten" Anm.d.Red.) hast du auch bereits gearbeitet. Wie war das?

Leider war der Zoologie nach meiner Rückkehr aus der Rechtsmedizin Manhattan in New York, wo ich von 1997 bis 1999 angestellt war, die Kohle komplett ausgegangen. Mein letztes Gehalt betrug 250 Mark pro Monat das wurde ein wenig eng. Weil Gunther gerade in der Stadt war, habe ich bei ihm - eigentlich nur als Mann zum Aufbauen der Technik - angeheuert. Nach dem Aufbau haben die eine Art Casting gemacht, und ich wurde dann der Mensch, der vor der Tür die ellenlangen Schlangen bespaßt hat und morgens die Plastinate wieder aufpolierte, wenn z.B. mal wieder eine Hüfte umgefallen war.

Mittlerweile benutze ich selbst Plastinate für Veranstaltungen. Wenn ich beispielsweise was für Kinder zum Thema Anatomie mache, habe ich Darmstücke und Kopfscheiben dabei. Das ist um ein Vielfaches anschaulicher als jede Zeichnung und jedes Plastikmodell.

Du hast eine enorme Medienpräsenz. Hilft dir das bei deiner Arbeit, oder ist es eher hinderlich?

Es ist oft anstrengend, wenn man in letzter Sekunde einen Dreh aus dem rappelnden Scheißregionalbimmelzug arrangieren soll und todmüde ist, aber durch die Dreharbeiten habe ich mit den geilsten Leuten zu tun gehabt, darunter aktuell Heather Langenkamp aus "Nightmare On Elm Street", deren Autogramm seit heute meinen Arm ziert und die mich sehr beeindruckt hat. Außerdem habe ich etwas Interessantes festgestellt: Die Leute, die echt ganz oben sind, sind alle cool. Arschlöcher und Wichtigtuer habe ich nur in der dritten und vierten Liga festgestellt, die richtigen Stars sind sehr angenehm und interessant, egal, wie sie im TV wirken.

Was hast du noch durch die Arbeit vor der Kamera mitnehmen können?

Ich habe viel über mich und das gelernt, was im Fernsehen gezeigt wird; das ist alles reine Erfindung, auch in den Nachrichten. Das ist mir schnuppe, denn ich hatte noch nie Radio und Fernsehen, aber es ist schon geil, wenn die Zuschauer vielleicht meinen, dass das, was sie da sehen, auch nur im Ansatz relevant oder wahr wäre. Immerhin kann ich SO versuchen, ein bisschen Verstand in die Runde zu werfen. Über mich selbst habe ich gelernt, dass man sich nicht von Neid, Hass und Dummheit anderer Leute ärgern, sondern sein Ding machen sollte und das auch kann, wenn man da einfach nicht hinhört. Das erzähle ich auch immer den Studenten: dass sie sich erst mal überlegen sollen, was ihr Ding überhaupt ist und es dann wirklich ohne weiteres Rumgefuckel durchziehen sollen.

Bisher hat das allerdings nur bei meiner Tochter Jule gewirkt, allerdings hätte die es auch ohne meine Ratschläge gemacht... Das scheint also eher genetisch bedingt zu sein.

Du bist stark tätowiert, auch an Stellen, die man kaum verbergen kann. Hat das in deinem Beruf Auswirkungen darauf, wie andere Menschen dich wahrnehmen?

Obwohl ich in den Medien offenbar recht präsent bin, werde ich nach wie vor bei Veranstaltungen gefragt, ob ich der Techniker oder der Zivildienstleistende bin. Allerdings nie was anderes! Ich sehe also offenbar wie eine Mischung aus Zivi und Bühnentechniker aus. Das finde ich allerdings cool, denn erstens labern mich deswegen kaum Spinner, sondern zu 99 Prozent korrekte und nette Leute an, und zweitens lernen diejenigen, die stark auf das Äußere statt aufs Innere schauen, etwas über ihre Denkstrukturen. Etwas nachteilig ist, dass ich wegen meines Aussehens auf Bahnhöfen hin und wieder verhaftet werde; in Cottbus beispielsweise sogar in Handschellen und mit einem kompletten Bundesgrenzschutz-Team in Vollschutz, die mich - ich lag flach mit dem Gesicht nach unten auf dem Bahnsteig - anschrien, ob ich Deutsch kann sowie in München, wo der echt widerliche, etwa 1,60 Meter große Zivilfahnder mich, nachdem ich ihm nett mitteilte, dass ich ihm nicht sagen möchte, wo ich hinfahre, vor so einer Art Käfig hinter den Schließfächem total auseinander gebaut hat. Er hat allerdings nur einen Kompass, Vampirzähne, Pinzetten, ein Minifernrohr, ein Maßband, Tatort-Aufkleber, meinen iPod, Tintenpatronen für den Füller, Ohrstöpsel sowie ein wenig SM-Ausrüstung gefunden, was ihn in der Gesamtschau irgendwie irritierte.

Auf dem letzten "Weekend Of Horrors" haben wir zwei ein spontanes, etwas gewagtes Fotoshooting hingelegt. Bist du oft für verrückte Aktionen zu haben?

Das sagen mir andere hin und wieder, ja ... Mir selbst fällt das nicht auf. Das Gute ist, dass meine Gattin genauso verrückt ist wie ich, so dass wir im Alltag nicht. merken, dass wir spinnen, falls wir wirklich spinnen sollten. Mein Team spürt es allerdings umso deutlicher, hat aber auch schon vor einigen Jahren aufgehört zu fragen. Neugierig sind sie aber geblieben. Mein kriminalistischer Spürsinn sagt mir, dass sie stets auf der Suche nach spannenden Infos, Ereignissen und Aktionen sind - nur halt beschränkt auf zehn Prozent von dem, was ich im Wahn für machbar halte.

Was möchtest du in deinem Leben unbedingt noch tun oder erreichen?

Grundsätzlich bin ich echt happy. Wenn ich mir etwas wünschen könnte, wäre es, dass die Menschen sich einfach viel weniger aufregen, also nicht dauernd von einer Wand gegen die anderen springen ich kann die Aufwallungen schlecht interpretieren. Viel cooler ist es doch, seinen Kram so gut es geht zu machen und ansonsten Liebe und Frieden herrschen zu lassen.


Mathematik in der Forensik

Inwiefern unterstützt Mathematik die Blutspurenmusteranalyse an einem Tatort?

Facharbeit am Burg-Gymnasium Bad Bentheim im Seminarfach Mathematische Wanderwege

Vorgelegt von: Sarah Sophie Thiemann

Fachlehrerin: Frau Lietz

Tag der Abgabe: 15.03.2023

Die ganze Arbeit gibt es hier als .pdf

5.2 Das Interview

Bei dem Interview, welches ich mit Dr. Benecke am 27.02.2023 geführt habe, entstanden folgende Aussagen.

Dr. Benecke bestätigte mir, dass der Auftreffwinkel mit der Breite und der Länge eines Bluttropfen berechnet werden kann. Dabei wird meiner Nachforschung ergänzt, wie man diesen abmisst, dabei nimmt man einen Faden und hält diesen an die Blutspur, wodurch man den Auftreffwinkel einfach mit einem Winkelmesser ablesen kann. (vgl. BENECKE, 2023, siehe Anhang 1: Z. 38 – 54)

Zu meiner Frage, ob man die Körpergröße eines Täters anhand des Auftreffwinkels berechnen könne, antwortet mir Dr. Benecke, dass dies höchstens möglich sei, wenn der Täter sich selbst an der Hand verletzt habe. Ansonsten könne man hauptsächlich die Höhe der Blutungsquelle bestimmen. (vgl. BENECKE, 2023, siehe Anhang 1: Z. 58 – 82)

Dr. Benecke erwähnte des Weiteren, dass sich eine Ungenauigkeit bei Blutspurenanalyse ergeben hätte. Seine Frau, Frau Fischer erläuterte daraufhin das Problem, welches daraus besteht, dass bei relativ senkrechten Bluttropfen, der Winkel nicht genau berechnet werden kann, da man Winkel von 80 bis 90 Grad kaum unterscheiden kann. Meistens kommt man dann auf einem Winkel von 90 Grad. Ebenfalls bei 70 bis 80 Grad, bei diesem Bereich wird der Winkel in 5 Grad Schritten angegeben. Jedoch betont Frau Fischer die große Genauigkeit, die bis zu einem Auftreffwinkel von 70 Grad möglich sei. Die Ursache für das Problem sei außerdem die Sinuskurve, welche am Bogen stark abflacht, wodurch die Werte dort schwer zu unterscheiden seien. (vgl. Abb. 9, Anhang) (vgl. BENECKE, 2023, siehe Anhang 1: Z.110 – 131)

Dr. Benecke erläuterte weiter, dass es möglich sei Blutspuren noch Jahrzehnte nach ihrer Entstehung zu untersuchen, hierbei müsste man jedoch einige Faktoren beachten. Der Ort sollte wettergeschützt liegen. Die Oberfläche spielt eine Rolle dabei, wie sich die Ränder des Bluttropfen abzeichnen können. (vgl. BENECKE, 2023, siehe Anhang 1: Z. 140 – 149) Ebenfalls sei ein Faktor, wo die Blutspur ist, ist sie an einem Ort, wo viel gelaufen wird, ist es schwerer, als wenn die Blutspur an einem Ort ist, wo eher seltener einer lang läuft, zum Beispiel eine Abstellkammer. Des Weiteren würden laut Dr. Benecke die Täter und Täterinnen oft Blut übersehen, vor allem Blut, welches von Objekten abgeworfen wird und an die Decke spritzt. (vgl. BENECKE, 2023, siehe Anhang 1: Z. 149 –162)

Dr. Benecke vertritt außerdem die Meinung, dass das Zuordnen von Blutspuren in drei Kategorien nicht dazu beiträgt, sinnvolle Informationen zu erhalten. Er bleibe bei seinen Gerichtsgutachten bei einer Beschreibung vom Gesehenen und von seinen Messergebnissen, zusätzlich bemängelt er, dass sich irgendwann eine Gewohnheit einspielen würde, wenn man von bestimmten Blutspuren spreche, als Beispiel nennt er die beschleunigten Blutspuren, wo man nach einiger Zeit direkt an eine Schusswaffe denken würde. (vgl. BENECKE, 2023, siehe Anhang 1: Z. 179 – 214) Auch führt er als Beispiel eine Auslöschung an. Eine Blutspur wird von einer anderen Blutspur überdeckt, wo man lange alles systematisch aufschreiben könne, ohne vernünftig über die Herkunft dieser zu schreiben. (vgl. BENECKE, 2023, siehe Anhang 1: Z. 216 – 226)

Am Ende des Interviews erzählt Frau Fischer, wie Sie und Dr. Benecke zur Entwicklung einer Blutspurenmesssoftware, bloodonline.de, gekommen sind. Als Hauptgrund nennt Sie die Vereinfachung der Berechnung des Auftreffwinkel für Studenten und die Polizei. Sie betont, dass man jedoch trotzdem wissen müsse in welche Richtung der Auftreffwinkel geht und wie man die Fäden anlegt, um die Blutungsquelle zu bestimmen. (vgl. BENECKE, 2023, siehe Anhang 1: Z. 240 – 251)

Die Erfindung des Menschen

Quelle: Tätowiermagazin 5/2007, Seite 9

Ausstellung von Stannes Schwarz im "Tatau Obscur" (Berlin)

Von Mark Benecke

Sowas gibt’s nur in Berlin: Berit lud ihren alten Freund Stannes ein, seine aquarellierten Bilder von echten Präparaten in ihrem hochschicken und riesengroßen Studio “Tatau Obscur” auszustellen.

“Monatelang saß ich in den Archiven des Medizinhistorischen Museums der Charité”, berichtet der Künstler. “Je länger ich die Präparate, eins nach dem anderen, zeichnete, desto mehr sah ich nicht mehr das Ausgestoßene und Besondere in ihnen, sondern die Gemeinsamkeit: Die Kinder scheinen Gefühle widerzuspiegeln.”

Gefühle bei toten Pathologie-Objekten? Je länger sogar das künstlerisch ungeschulte Auge (beispielsweise meins) hinsieht, umso mehr wandeln sich die Zeichnungen Toter tatsächlich zu einem Blick auf lebende Menschen. “Diese zwei Brüder hier”, erklärt Stannes, “sind miteinander verwachsen und innig umarmt, aber ich meine, dass einer hinter seinem Rücken schon die Faust ballt. Der hier sieht im wahrsten Sinne des Wortes verstreut oder zerstreut aus, und dieser hier wirkt wie ein selbstzufriedener Pfennigfuchser. Der hier scheint voller Zorn zu sein und diese beiden dort wollen sich wohl beschützen.”

Die teils über hundert Jahre alten Präparate sind in der öffentlichen Sammlung der Charité meist nicht zu sehen. Dennoch hat Präparatorin Navena Widulin sie in den letzten Jahren kunstvoll hergerichtet und wirkt damit dem gruseligen Touch eines Horrorkabinettes von vornherein entgegen. “Stannes hat mit viel Geduld fast alle Kinder-Präparate unserer Sammlung gezeichnet”, erinnert sie sich. “Jetzt, wo die Bilder hier an der Wand von “Tatau Obscur” hängen, erinnern sie mich an die Tätowier-Vorlagen und -Fotos, die in vielen Studios im Eingangsbereich hängen”, sagt Navena. “Allerdings erkenne ich auf den Bildern immer noch mein jeweiliges Präparat wider und weniger die darüber hinaus weisenden Gefühle.”

Doch diese Gefühle sind wohl vor allem symbolisch zu verstehen -- so wie die Zeichnungen auch in empfundenen, aber nicht den wirklichen Farbtönen der Originale gehalten sind. “Tätowierungen spiegeln ja auch starke Empfindungen wider”, meint Studiobesitzerin Berit. Für mich geht es in der Ausstellung daher auch darum, dass wir Menschen unsere Körper immer perfekter stylen wollen. Dieser Wunsch bewirkt, dass Kinder mit solchen Fehlbildungen gar nicht mehr geboren werden.”

“Die sehr emotionalen Reaktionen”, ergänzt Berit, “die man als Tätowierter noch immer erhält, ähneln außerdem stark den Gefühlen der Betrachter der Zeichnungen von Stannes. Meist ist es eine rein vordergründige Ablehnung, die sich nur an äußeren Formen festmacht. So können Tätowierte genauso wie die hier dargestellten Kinder zu Outcasts werden, ohne dass man sich mit ihnen beschäftigt hat.”

Wer den ungewöhnlichen Kontrast von Deutschlands wohl schickstem Tätowier-Studio und den pathologischen Präparaten auch nach Ende der Ausstellung noch erleben will, kann bei einem Abstecher in die Hauptstadt jederzeit zuerst bei Berit und dann im Medizinhistorischen Museum der Charité vorbei schauen (oder natürlich auch umgekehrt  ;) ). Ein Kontrast, den es wirklich nur in Berlin gibt.

Keith Alexander bei Fahrradunfall gestorben

Quelle: Tätowiermagazin 7/2005, S. 9

(Dies ist die Originalversion des Textes; die Version im Tätowiermagazin ist etwas gekürzt.)

Von Mark Benecke

Keith Alexander brachte Body Modifications in die New Yorker Großstadt-Subkultur ein.

Während an der Westküste der USA Fakir Musafar und andere schon seit Jahrzehnten mit Piercings, Brandings und Cutttings arbeiteten, waren diese scheinbar extremeren Körper-Bearbeitungen für die partyverwöhnten Ostküstler noch etwas Neues. Keith gelang es ab 1996, nach einer Ausbildung bei Gauntlet, in seinem kleinen Laden in Brooklyn, weitab von der Manhattener Laufkundschaft*, einen seelisch ansprechenden Haltepunkt zu gestalten, den die Kunden und Kundinnen -- bei letzteren hatte er einen gewaltigen Schlag -- auch nach den herbsten Stretchings über beide Ohren strahlend verließen.

Keith hatte seine Finger im Spiel, als 1998 das erste menschliche Mobile in Manhattan zu sehen war, plagte sich stilecht mit seinen Haus-Schlangen im Terrarium herum, spielte fett die E-Guitarre und war, obwohl er selber nicht tätowierte, unter anderem mit einem sehr schönen Fullback-Koi von Chris O'Donnell (2003, New York Adorned) geschmückt. Ende Mai 2005 ließ er sich von Daniel DiMattia (Calypso Tattoo, Lüttich), bei der Convention in New York noch ein marquesanisches Tattoo stechen.

Trotz seiner großen Erfahrung -- er setzte mehr als 20.000 echte und Play-Piercings und 150 sehr gute Cuttings und Brandings -- sowie hochkarätiger Medien- und Szene-Auftritte, machte es ihm immer Spaß, auch der völlig ahnungslosen Azubine bei der schrottigen Bank um die Ecke mit Humor auseinanderzusetzen, was Body Modification bedeutet. Wer nicht danach fragte, ahnte noch nicht einmal, dass er sowohl von der Village Voice als auch von Time Out New York zum Lieblings-Piercer der New YorkerInnen gekürt worden war.

Darüber hinaus peitsche Keith seine Arbeit von Anfang an ins Internet. Mit seinen aus eigener Anschauung gespeisten Hygiene-Tipps stand er beispielsweise in den 90er Jahren zumindest in Manhattan noch recht allein. Im übrigen programmierte, chattete und blogte er schneller, als es normale Finger erlauben.

Was nur über wenige Menschen gesagt werden kann, gilt für Keith Alexander ohne Einschränkung: Er war eine Inspiration. Sein Lebensmotto “Never say die” holte ihn erst vor wenigen Tagen ein: Er starb bei einem Fahrrad-Unfall, bei dem er keinen Helm trug.

  • Nachtrag 2015: Brooklyn war damals noch nicht cool und man konnte Taxi-Fahrer kaum überzeugen, dort hin zu fahren, weil sie sich nicht auskannten. Kein Witz. MB, 19. März 2015

Gesichtstattoos in New Orleans

Quelle: Tätowiermagazin 11/2005, Seiten 72-74

Auf den Spuren eines modernen Tabus

Von Mark Benecke

Die meiner Meinung nach spinnertsten Plätze der Welt sind Medellin, Manhattan, Marrakesch und, bis vor kurzem, New Orleans. Während zumindest die ersten drei auch im TM öfters gewürdigt sind (etwa Medellin in TM 2/2005; NYC in TM 9/2004), ist mir mit dem Untergang von New Orleans klar geworden, dass dort weit mehr absoff als einfach nur mittellose Menschen. Es wurde auch eine Lebens-Weise fortgespült, die sich so schnell woanders nicht mehr entwickeln wird.

Die Stadt galt beispielsweise stets als stille Hauptstadt der Vampire. Das lag nicht nur daran, dass Leichen wegen des hohen Wasserdruckes in der Erde schon immer durch die Straßen trieben und die wackelig-romantischen Häuser viel zu lange vor sich hin ächzten -- ganz wie Untote.

Es lag auch am allgegenwärtigen Glaube an Voodoo, der sich in lagerhallengroßen Läden mit Liebes-Bädern, Fluch-Umkehrern und alles zerstörenden Duft-Ölen äußerte. Auf der Jahrestagung der U.S-Gesellschaft für Rechtsmedizin im Februar diesen Jahres in New Orleans kamen die örtlichen Kollegen daher nicht umhin, eine Lehr-Veranstaltung eigens für durch Voodoo getarnte Verbrechen zu geben.

Es ist also kein Wunder, dass ganz besondere Menschen hier ihren Lebens-Mittelpunkt gefunden hatten. Dazu gehörte Aura Fist, die ich hier vorstellen möchte. Sie geht wörtlich mit dem Kopf durch die Wand, ist fürchterlich anstrengend und traut sich auf keinem der Fotos mit offenem Mund zu lachen, weil ihre Zähne eine einzige Ruinen-Landschaft sind. Für ihre Zähne schämt sie sich, aber nicht dafür, dass sie wie viele Menschen in New Orleans das tut, was sie gerade für richtig hält.

Aura Fist, Mark Benecke and the gang, New Orleans

Auras Gesichts-Tattoos sind Ausdruck dieses unbedingten Willens. Aufgefallen ist sie damit im French Quarter von New Orleans übrigens nicht: An ihrem letzten Arbeits-Platz waren erstens mehrere Mitarbeiter im Gesicht tätowiert und zweitens erwarteten die dort vorbeiströmenden Touristen genauso wie die Einwohner des Viertels dort nicht weniger als eine möglichst wilde Welt. Dass diese eines Tages in ebenso wilden Wassern untergehen (oder wie das French Quarter zumindest evakuiert) würde, war nur eine Frage der Zeit. Ich hoffe, dass es Aura gut geht -- wenn ein/e LeserIn sie trifft, möge er bitte ihre neue Anschrift durchsagen, damit sie ihrer Mutter wie versprochen auch wirklich das Beleg-Exemplar des TM senden kann.

"Ich war 23, als es bei mir klick gemacht hat", erzählt Aura Fist. "Ein Kumpel von mir tätowierte sich vor dem Spiegel das Gesicht. Weil ich mir das schon lange gewünscht hatte, bat ich ihn, mich auch zu tätowieren. Ich wusste, dass ich ihm vertrauen kann. Wir arbeiteten beide bei einer Sideshow (Wanderzirkus), dem Hard Times Club aus Minneapolis. Meine Eltern waren Rocker. Wir rannten zu hause nackt rum, und nicht nur meine Eltern, sondern auch alle ihre Freunde waren tätowiert. Meine Mutter war dabei allerdings die Ausnahme: Sie hat bis heute nur einen Schmetterling auf dem Hintern.

Ich erinnere mich noch gut daran, wie mein Vater mich eines Tages beiseite nahm und sagte: "Du kannst machen, was Du willst, aber Du musst dafür gerade stehen." Damals war ich sieben, und mein Vater ging in den Knast. Danach habe ich ihn nie mehr gesehen. Als ich neulich zu meiner Mutter gefahren bin und sie zum ersten Mal meine Gesichts-Tätowierung gesehen hat, meinte sie bloß: "Mann, Du wirst ja auch immer hässlicher!" Ich habe gelacht und geantwortet: "Und Du wirst immer dicker!" Ansonsten hat meine Mutter nichts gesagt. Sie kramte allerdings ein uraltes Foto aus der Schublade, auf dem ich mein Gesicht angemalt hatte. Ich habe nicht schlecht gestaunt: Es war fast dasselbe Muster, das ich jetzt wirklich tätowiert habe.

Mittlerweile bin ich 30 und für meine Verhältnisse ganz gesetzt. Ich hab ein Häuschen, einen Lebensgefährten und Hunde. Mein Job ist die Mittags-Schicht in der Küche von Flannegan's Pub hier in New Orleans. Im Sommer juckts mich aber meist in den Fingern und ich geh raus, entweder als Bauarbeiterin oder im Herbst als Ernte-Helferin. Meine Schwester ist genau so, sie ist von Beruf Schweißerin. Den Winter verbringe ich oft in New Orleans, weil's hier immer warm ist und auch dauernd eine Party läuft. Ich glaube, New Orleans ist die betrunkenste Stadt der Vereinigten Staaten, und man kann sich einiges leisten, das woanders reichlich Ärger geben würde.

Meine Gesichts-Tattoos sind ein guter Filter. Entweder die Leute sehen hindurch, oder sie bleiben am Tattoo kleben und fragen dann eh nur die selben zwei Fragen: "Ist das echt?" und "Hat das nicht weh getan?" Ich habe unheimlich viele Freunde mit Gesichts-Tätowierungen; das ist für mich überhaupt nichts besonderes. Hier in der Küche arbeitet zum Beispiel mein Kumpel Jared. Er hat seine Tattoos zwar erst seit einem guten Jahr, ist aber kein gutterpunk oder oogle (in etwa: "Poser", "Pfeife", "verwahrloster Loser"), sondern meint es Ernst. Das kann man schon daran sehen, dass seine Gesichts-Tattoos teils abgefallen sind; er hat sie sich dann aber trotz der Vernarbungen gleich neu stechen lassen. Naja, meine Tattoos sind jedenfalls viel älter.

In der Sideshow tourten mit mir auch zwei "Clowns for Life". Das sind Künstler mit auftätowierter Clown-Maske. Allerdings nicht so das klassische Weiß und Lippenrot, sondern eher farbige Kreise auf den Wangen, ein John-Waters-Schnurrbart und solche Sachen. Aus dieser Tour-Zeit stammen auch meine Finger-Tattoos ("Meat Rack"), die sich auf einen der Stunts beziehen, für den ich bekannt bin: Ich hänge zum Entsetzen des Publikums ein Sixpack Bier an meine Schamlippen. Da wir durch alle möglichen Städte und Bundesstaaten getourt sind, gab das schon mal Ärger, denn in den USA ist es verboten, Geschlechtsorgane zu zeigen. Wir haben uns aber nie drum gekümmert und sind von Tennessee über New York bis Alaska überall aufgetreten.

Mein zweiter Stunt war, eine Handvoll Regenwürmer nacheinander durch die Nase einzusaugen und aus dem Mund wieder auszuspucken. Die Tiere haben das meist überlebt, zumindest hab ich sie mehrfach benutzt. Heute sind die Sideshows nicht mehr ganz so angesagt wie Ende der 90er Jahre, es entstehen so langsam wieder richtige Vaudeville-Theater. Da kommt es weniger drauf an, dass man mit Willenskraft etwas durchzieht, sondern man muss auch richtig singen und tanzen können. Das finde ich zwar gut, aber für mich als Künstlerin ist es nichts.

Meine Tattoos haben meist keinen sehr tiefen symbolischen Sinn, sie bedeuten aber natürlich trotzdem etwas. Auf meinem Hintern habe ich zum Beispiel einen Hahnen-Kampf tätowiert, was mir folgenden Spitzen-Witz ermöglicht: "I have two cocks fighting over my ass!" Hehehehe...ich bin halt manchmal etwas zügellos. Auch der rosa Elefant auf meinem Arm hat so eine Doppelbedeutung erhalten. Das Tattoo stammt von Jason Angst aus Pittsburgh, der es wie alle meine Tattoos privat, also nicht im Laden, gestochen hat. Aus "Make me drunk and I fuck you" wurde beim Stechen "Make me drunk, and fuck you", was meine Einstellung mittlerweile eh besser widerspiegelt.

Das große Tattoo auf meinem Bauch ist einer der Voodoo-Geden, ein mächtiger Gott, der viel mit Sexualität und Schutz zu tun hat. Scheint auch zu funktionieren: Bislang habe ich mir weder Kinder noch Geschlechtskrankheiten eingefangen. Der Stern auf der Innenseite meines Handgelenkes ist auch was Besonderes: Die Linien in ihm sind die Adern, die dort wirklich verlaufen. Ich bin mal ins Fenster gefallen und konnte da meine Adern pulsieren sehen, so bin ich auf die Idee gekommen.

Ach ja, der Vogel auf meiner Hand. Der erinnert mich an meinen Ex. Er blieb zu Hause, als ich auf Tour war, und da habe ich mal von ihm geträumt. Allerdings konnte ich mich nicht mehr an sein Gesicht erinnern, sondern nur daran, dass er wie ein Vogel aussieht und auch so eine vogelartige Stimme und rote Ringe unter den Augen hatte. Jetzt sehe ich ihn überhaupt nicht mehr, nur noch das Tattoo. Tja. Mit der Polizei hatte ich komischerweise noch nie Ärger. Zwar werde ich natürlich viel öfter kontrolliert als andere Leute, es ist bisher aber immer gut ausgegangen. Der extremste Fall ist mir ausgerechnet in Texas passiert, wo ich auch aufgewachsen bin.

Ich war nachts um zwei mit einem Auto, das mir jemand geschenkt hatte und deswegen nicht angemeldet war, mit Nummernschildern vom Schrottplatz, zwei Hunden, Alkohol, Drogen und einem der Clowns for Life im Auto unterwegs. Als Kleidung hatte ich nur Chaps (offene Hose) an, sonst nichts. Als wir rausgewunken wurden, war ich hundertprozentig sicher, dass ich jetzt in den Knast wandern würde. Das einzige, was der Polizist sagte, war allerdings: "Zieh'n Sie sich ein Hemd über und fahren sie auf direktem Weg nach Hause, okay?" Das war Magie.

Noch einmal zu den Gesichts-Tattoos. Das einzige echte Problem kann dadurch entstehen, dass sie leicht ausbleichen. Ich selbst habe aber Glück: Meine Haut hält die Farben so gut, dass sie selbst nach vielen Sommern im Freien immer noch recht frisch sind. Nur Gelb und Weiß kann man völlig vergessen, diese beiden Farben verschwinden wirklich sofort. Es gibt seit ein paar Jahren auch neue Pigmente, die deutlich länger halten. Spannend wird es werden, wenn ich tiefe Falten im Gesicht kriege. Darauf freue ich mich schon, das sieht zusammen mit den Tattoos bestimmt interessant aus. Vorher erweitere ich die Muster aber noch ein bisschen; besonders auf die Oberlippe muss unbedingt noch was drauf. So, jetzt muss ich mal los, mein Hund hat sieben Welpen bekommen und ich hab' deswegen seit bestimmt drei Wochen nicht mehr geschlafen. Bitte schick mir das Tätowier-Magazin mit dem Artikel über mich -- den will ich meiner Mutter zeigen. Dann ist sie garantiert stolz auf mich."

Neues vom Herrn der Fliegen

Quelle: Tätowiermagazin 2/2008, Seite 68

Der Artikel als .pdf

Von Dirk-Boris Rödel

Eigentlich könnte man sich schon fragen, wann Deutschlands bekanntester Kriminalbiologe überhaupt noch dazu kommt seiner Arbeit nachzugehen. Dr. Mark Benecke ist im Fernsehen zusammen mit Aiman Abdallah bei Galileo Mystery geheimnisvollen Phänomen auf der Spur, plaudert mit Johannes B. Kerner oder schwingt mit Tim Mälzer den Kochlöffel. Er hält Seminare, Vorträge, hat unlängst ein neues Buch herausgegeben (Mordspuren) und hat trotzdem noch genug Zeit seinem Hobby nachzugehen, nämlich Tattoos sammeln. Dass eine schillernde Persönlichkeit wie Dr. Mark Benecke sich dabei nicht mit Standard-Motiven abgibt, dürfte einleuchten. Wir konnten einen Blick auf seine Sammlung werfen und unterhielten uns mit dem Herrn der Fliegen über chinesische Girl-Bands, Kannibalen und Tattoos.

Ich hatte mich sehr gefreut meinen Namen in der Danksagung deines neuen Buches zu lesen. Du schreibst, dass mein Hinweis auf die japanische Kriminalgeschichte »Rashomon« zur Inspiration für dein Buch beigetragen hat. Die Freude relativierte sich allerdings, nachdem ich die ersten Seiten gelesen hatte, wo penibelst der authentische Fall eines Kannibalen beschrieben wird, der seine Freundin ermordet und verspeist ... mein Schinkenbrötchen konnte ich danach nicht mehr aufessen ...

Der rote Faden in dem Buch ist eben der, dass es zu den Geschichten und Kriminalfällen darin oft keine Auflösung gibt, dass man oft nicht mehr sagen kann, was ist Wahrheit oder Lüge, so eben wie in der Geschichte »Rashomon« auch nicht geklärt wird, wie der darin beschriebene Mord wirklich passiert ist. Ich hatte keine Lust, wieder etwas zu schreiben wo immer die Auflösung mitgeliefert wird. Es gibt einfach Fälle, die sind unlösbar, selbst wenn man weiß, wer der Täter ist oder selbst dann, wenn man die Wahrheit kennt.

So in etwa wie man ganz genau weiß, was dieser Kannibale aus Japan angerichtet hat - weil er es selbst später beschrieben hat - aber es keine wirkliche adäquate Lösung zu der Tat gibt: anstatt dass der Mörder und Kannibale im Gefängnis sitzt, geniesst er seine Freiheit und schreibt Kritiken für eine Feinschmecker-Zeitschrift. Man hat also eine Tat von maximaler Grausamkeit, die eigentlich gesellschaftlich völlig geächtet ist - und dann übt der Mann als Gastro-Kritiker eine Tätigkeit aus, die von hoher gesellschaftlicher Anerkennung geprägt ist ...

... und zudem thematisch noch so nah an der Tat ist. Aber das ist es auch, was viele nicht sehen können oder wollen, dass gerade solche monströsen Taten oft eben nur einen sehr kleinen Teil im Leben solcher Menschen ausmachen und dass deren Leben zum größten Teil völlig normal und harmlos verläuft. Wir hatten ja vor dem Interview auch über organisierte Kriminalität gesprochen: Solche Leute haben ja auch nicht 24 Stunden am Tag damit zu tun, andere Leute zu verprügeln, zu erpressen und Drogen zu verkaufen. Die machen ja auch ganz normale Sachen, fahren mit der Familie zum Picknick usw.

Piratenbraut von W. T. Norbert, No Pain No Brain (Berlin). Was sie bedeutet? »Such dir was aus!«

Das ist zwar ein Bild von Tätern das wahrscheinlich näher an der Realität ist als das vom Monster, aber das ist eben auch oft schwer zu vermitteln, denn viele wollen entweder schwarz oder weiß haben während die Realität eben oft grau ist ...

... und im Grau ist es ja auch gar nicht so schlimm. Wenn man sich eine Meinung bilden will, muss man eben auch mal dahin gehen, wo es neblig und unklar ist.

Das Buch hat ja sicher einige Zeit in Anspruch genommen, dazu kommen noch deine zahlreichen TV-Auftritte ... wann kommst du eigentlich zum Arbeiten?

Also wenn ich nen Kurs halte, für Polizisten oder so, das mache ich in der Wohnung nebenan, da sind die Wege kurz. Und wenn der Kurs zehn Stunden dauert, dann arbeite ich bei mir zu Hause vorher zwei Stunden und danach noch fünf Stunden. Ich schlaf dann in der Zeit auch kaum. Bei den Fernsehauftritten ist das ähnlich, das zählt ja nicht als Arbeit. Da arbeite ich dann im Zug und später im Hotel. Also ich beute mich da halt selbst aus ... meine Assistentin macht das genauso, die schreibt gerade ihre Doktorarbeit und ihre Erwerbsarbeit macht sie bei mir. Und ihren Kram bei mir muss sie halt erledigen - wie sie mit ihrer Doktorarbeit klar kommt, ist mir dann halt egal, das ist nicht mein Problem. Das ist halt so wenn man frei arbeitet ...

Aber das mit den Fernsehauftritten hat schon ziemlich zugenommen in letzter Zeit?

Vieles sind ja auch Wiederholungen, wie die ganzen Folgen von »Medical Detectives«. Und hier in Köln gibt’s ja auch einfach viele Produktionsfirmen. Und den Tim Mälzer hab ich kennen gelernt, das ist halt auch ein lockerer Typ, mit dem man sich mit ner Bierflasche ins Eck setzen kann ... und der will halt nur Leute in seiner Sendung haben, die ihn interessieren und so kam das eben. Wir haben da auch ne Menge Sachen gemacht, die man in der Sendung nicht zeigen kann, Mord-Szenen mit Hühnchen nachgestellt und so ... Also das sind halt schon fast private Kontakte und Bekanntschaften und oft ist das reiner Zufall, dass da dann Fernsehsendungen draus werden, genau so wie da, wo ich beim Kerner war mit diesem Puppenspieler, den ich gut kenne.

Die Galileo Mystery-Sendung zum Thema Voodoo hat ja dann auch gut für dich gepasst, das ist ja auch eines deiner Hobbies.

Susi 9mm, eine Freundin von Mark, porträtiert von Rosti Vida Loca, New Wave (Helsinki)

Hobby würde ich nicht sagen, eher Interessenerweiterung. Ich hab mich damit auch befasst als ich in New Orleans war - also bevor es abgesoffen ist - und hab da auch Voodoo-Kaufhäuser besucht. Früher dachte ich, das ist mehr so 'n Witz oder was aus TKKG oder Drei Fragezeichen. Aber die meinen das da völlig ernst, es gibt da riesige Kaufhäuser mit allem, was man zum Voodoo braucht. Ich hab mir da auch ein Voodoo-Tattoo machen lassen, das Kreuz-Symbol des hohen Voodoo-Geden und Toten-Loa Baron Samedi. Der Tätowierer wollte das erst gar nicht stechen, obwohl er selber gar nicht an Voodoo glaubt.

Beim Aiman Abdallah hab ich auch mal in 'ner Sendung über Flüche mitgemacht, und wenn die mich einladen, wollen sie eben auch den wissenschaftlichen Aspekt beleuchten. Da hatte zum Beispiel ein sibirischer Schamane behauptet, er könne Pfeile verfluchen, damit die besser oder schlechter treffen. Da haben wir dann einen Doppelblind-Test gemacht, mit einem Sport-Bogenschützen-Kader, wo keiner dann wusste, welches die verfluchten und welches die normalen Pfeile sind. Solche Versuchsanordnungen sind für mich als Wissenschaftler dann natürlich spannend. Ich als Privatperson kann ja nicht einfach einen sibirischen Schamanen und ein Sportschützen-Kader einladen - aber in so 'ner Sendung geht das natürlich. Oder ich bekomme dann Unterlagen zur Verfügung gestellt, an die ich selber nie im Leben drankommen würde. Auch bei der Vampirsendung von NATIONAL GEOGRAPHIC, dafür sind wir drei Mal nach Rumänien gefahren. Also insofern lohnt es sich.

Aber um dich tätowieren zu lassen hast du trotz allem noch genug Zeit ...

Die meisten Tattoos ergeben sich ja nebenher, deshalb hab ich ja so viele Sachen aus verschiedenen Ländern und von verschiedenen Leuten. Als ich zum Beispiel fürs ZDF in Berlin war bei der Funkausstellung, da war dort auch eine chinesische Girl-Band, die ich lustig fand und von denen ich mir ihre Autogramme auf den Arm habe schreiben lassen. Dann hab ich eben in Berlin rumtelefoniert und dann bin ich auf die Ewa gestoßen, die mir das dann tätowiert hat. Also die Zeit nehm ich mir dann auch, auch als ich in Peking war und mir von Dong Dong das Bein tätowieren ließ. Da hatte ich dann zuerst vergessen, mir seinen Stempel, sein Zeichen dazu tätowieren zu lassen, das hab ich dann später nachgeholt.

Aber wie kommst du denn auf die Idee dir von ner chinesischen Mädels-Band die Unterschriften tätowieren zu lassen? Also die sind ja nun auch nicht besonders bekannt oder so ...

Ach, in China machen die schon mal schnell ein Stadion mit 60.000 Leuten voll ... aber ich glaub inzwischen gibt’s die Band schon gar nicht mehr. Na, ich fand die halt in dem Moment cool - die konnten ihre Tanzschritte nicht richtig, waren richtig trashig und da hab ich das eben machen lassen. Ich hab ja auch ein tätowiertes Autogramm von Helge Schneider, also Kommissar 00Schneider, den hab ich in ner Kneipe getroffen. Was hab ich denn sonst noch ... also von Kurt Krömer hab ich noch eins, mit dem hab ich ne Show zusammen gemacht, aber den kennt man hier wohl nicht so ...

Ach doch, inzwischen ist der auch über Berlin hinaus bekannt glaube ich. Aber du lässt dich dann immer spontan aus ner Laune raus tätowieren?

Ja, wenn ich zufällig über was stolpere. Oder hier, diese Vampir-Zahlen, da war ich in München mit ner Freundin aus der Vampir-Szene unterwegs und noch ner Professorin für Neurophysiologie und dann kam das Gespräch auf diese Vampirzahlen. Da hab ich dann spontan beim Wild at Heart Studio in München gefragt, ob die nen Termin dazwischen schieben können, aber der Tätowierer wollte das erst nicht machen, weil er die Idee beknackt fand. Erst als ich es ihm dann erklärt habe, war er dann bereit dazu.

Vampirzahlen, Unterschriften chinesischer Girl-Bands und das HIM-Logo – Marks Tattoo-Ideen entstammen meist irgendwelchen Launen oder Winkelzügen des Schicksals

Also sind das Tattoos, die schon eine Bedeutung haben, aber doch was anderes sind als »normale« Tätowierungen?

Die Tattoos werden ja automatisch zu Souvenirs. Im Nachhinein puzzelt man sich das später eh zurecht, warum man irgendwas gemacht hat. Aber wie man das bewertet, ich denke, das darf man auch nicht zu ernst nehmen. Zum Beispiel mit dieser Mädchen-Band: Ob das jetzt bedeutet, dass ich Girl-Bands toll finde oder ob ich transkulturell interessiert bin oder an dem Tag einfach crazy drauf war ... such dir was aus. Mit der Piratin das selbe - da könnte ich jetzt erfinden, dass mich Piraten immer schon interessiert haben oder dass ich auf Frauen mit großen Brüsten stehe oder dass ich das gemacht habe, weil das ein aktuelles Motiv ist ... ich denke das wandelt sich auch, je nachdem.

Und die Problematik, dass irgendwann mal kein Platz mehr ist?

Damit muss man leben ... und die Stelle hier an den Rippen, die bleibt auf der anderen Seite eh frei, das ist zu schmerzhaft, da hab ich keinen Bock mehr drauf. Ich find ja auch Gesichtstätowierungen cool, aber da muss man sich eben überlegen: Wie wichtig ist mir das im Vergleich zu Dingen, die mir sonst noch wichtig sind.

Aber mit dem Kompass-Tattoo auf deinem Handrücken hast du ja schon eine Grenze überschritten?

Du meinst, weil man es nicht mehr verdecken kann?

Gerade im Wissenschaftsbereich und auch in der Zusammenarbeit mit der Polizei stösst man da doch sicher oft auf Vorurteile, in dem Sinne, dass Tätowierten ja oft auch Kompetenz abgesprochen wird ...

Ja klar, aber das ist für mich kein Risiko, sondern eine Chance. Ich sehe das wie der Tom, der bei Elektrische Tätowierungen in Köln arbeitet; das ist halt auch ne Art Versicherung, dass man nie im Leben einen Job macht, der einem stinkt und bei dem man sich ständig überlegen muss, wie man sich am besten anpasst. Mir ist das egal, ob mich jemand wegen meines Aussehens mag oder nicht. Und letzten Endes ist es ja auch genau das, was ich meinen Studenten beibringe: Dass man eben nicht nach dem ersten Eindruck gehen darf, sondern immer schauen muss, was hinter dem vermeintlich Offensichtlichen steckt.

Und was wirtschaftliche Gesichtspunkte angeht: das Gute ist, dass ich in einem Umfeld aufgewachsen bin, wo nie Geld da war, drum kann mich nie jemand über die finanzielle Schiene unter Druck setzen, das ist mir total egal. Und dadurch wird man auch völlig unverletzbar. Aber abgesehen vom Geld: Leute, die glauben, sie können mit einem Blick die Welt erklären, von denen will ich ja auch gar keine Aufträge, denn mit denen ist die Arbeit an einem Kriminalfall sowieso nicht möglich. Also wenn ein Kriminalist nur in der Lage ist, schwarz-weiß zu sehen und eben nicht das Grau, von dem wirvorher geredet haben, dann hat eine Zusammenarbeit für mich ohnehin keinen Sinn.

Dann wünsch ich dir mit deiner Arbeit weiterhin alles Gute - und bei deinem Tempo, neue Tattoos zu sammeln, wird es sicher nicht lange dauern, bis wir uns das nächste Mal treffen!

Interview mit Dirk-Boris Rödel

Quelle: Tätowiermagazin 2011

Fragen von Mark Benecke

Dirk-Boris Rödel ist Japanologe, Chefredakteur ältesten deutschen Tattoo-Zeitschrift und von Herzen Schwabe. Seine Hobbies sind historische antike maritime Blankwaffen sowie das Dudelsack-Spiel, das er auf Wettkampf-Niveau beherrscht. Mark Benecke besuchte den Mann, der das Genre des hochwertigen Tattoo-Journalismus für Deutschland erfunden hat.

Mark Benecke: Du hast das Genre der mittlerweile allgegenwärtigen Tätowier-Zeitschriften völlig neu erfunden. Wie kamst Du dazu?

Dirk-Boris Rödel: Wie die Jungfrau zum Kinde. Um 1995 habe ich in Japan während eines Auslands-Semesters japanische Tätowierer gesucht und interviewt. Als ich zurück kam, schossen in Deutschland gerade Tattoohefte wie Pilze aus dem Boden und verschwanden sofort wieder. In einem der ersten Hefte des „Tätowiermagazins“ war ein Bericht über japanische Tätowierkunst drin, und der war Schrott. Ich habe denen also geschrieben, dass ich mich wissenschaftlich damit befasst und gutes Bildmaterial habe. Die hat mich gleich am nächsten Tag angerufen und gemeint, ich soll mal loslegen. Mein erster Artikel war ein Dreiteiler über japanische Tätowierkunst -- die Geschichte, traditionelle und moderne Tätowierer, also die japanische Tattoo-Szene aus verschiedene Winkeln beleuchtet.

Als ich mit meiner japanologischen Magisterarbeit schon beinahe fertig war, hat das TM von zweimonatiger Erscheinungsweise auf monatliche Ausgaben gewechselt. Dementsprechend war dann eine Redakteurstelle frei und zu besetzen. Da bin ich dann mehr oder weniger automatisch reingerutscht.

So ein Jobangebot, ohne dass man sich jemals für irgendwas beworben hat, mit bezahltem Urlaub und Sozialabgaben und was da noch alles dabei ist...da hab ich gedacht, also das wäre schon ein bisschen dumm, das abzulehnen. Knapp zwei Jahre später bin ich nachgerutscht als Chefredakteur.

Man sieht, dass Du sehr bodenständig bist, ein waschechter Schwabe. Gleichzeitig machst Du ein Szene-Magazin, und im selben Verlag erscheinen Biker-Magazine, für Rocker und Schrauber, also teils für Menschen, die in meist friedlichen, zu kleinen Teilen aber auch zurecht gefürchteten Motoradclubs organisiert sind. Wie passt das alles zusammen?

Der ganze Verlag ist ein Sammelsurium von Quereinsteigern. Der Chefredakteur der „Bikers News“ hat Philosophie und Theologie, meine Vorgängerin beim Tätowiermagazin Gartenbau studiert. Das hat jetzt auch nicht notwendigerweise was mit Tätowierungen zu tun hat.

Trotzdem: Ihr müsst und wollt eine Schnittschnelle zur Szene und zu Szene-Veranstaltungen sein.

Ich mach's so, dass das Heft meinem eigenen Anspruch gerecht wird. Ich bin mir bewusst, dass wir nicht die Financial Times oder das Wall Street Journal machen, und dass man da bei manchen Themen nicht alles bis zu Adam und Eva zurückverfolgen muss. Einzige Ausnahme ist Travelling Mick, einer unseren freien Mitarbeiter, der teilweise, wenn er über ethnologische Themen geschrieben hat, einfach noch mal ein paar Literaturtipps drangehängt hat. Aber dann muss ich schon ein bisschen aufpassen, dass es nicht zu verkopft und anspruchsvoll wird. Ich übersetze auch Fremdwörter ins Deutsche.

Grundsätzlich kann man Tattoos und die Tattoos-Szene und was Tätowierungen bedeuten durchaus anspruchsvoll darstellen. Umso mehr wenn's von anderen Medien eben gerade nicht anspruchsvoll dargestellt wird, sondern immer reduziert wird auf "Was sind denn die neuesten Trends?" und "Haben Männer mehr Tattoos als Frauen oder andere?" Den meisten Medien fällt ja nichts anders dazu ein.

Die verschiedenen Ansprüche der LeserInnen bedient ihr mit zwei Spin-Offs des Tätowiermagazins, der „Tattoo Erotica“ und der normaleren „Tattoo Style“, von denen Du allsamt Chefredakteur bis.

Als erstes hat sich die Tattoo Style abgespalten, die ein Motivheft ist, das zu neunzig Prozent einfach aus Tattoo-Fotos besteht. Wir hatten die ganzen schönen Bilder, und es gibt genügend Leser, die nicht so gern lesen, sondern sich lieber Bildchen angucken.

Für die „Tattoo Erotica“ kam der Impuls von der „Bikers News“. Die hatten immer so eine Beilage "Bikes & Babes" wo halt spärlich oder auch gar nicht bekleidete junge Damen sich auf Motorrädern geräkelt haben. Wenn man das in der „Bikers News“ macht, war dann die Idee, warum sollte man nicht was ähnliches fürs TM machen?

Ich war von der Idee am Anfang nicht so überzeugt, weil das Tätowieren ja eh immer so ein bisschen ein, im Schwäbischen würde man sagen, Gschmäckle, hat, was relativ schnell in die Knast-Ecke und ein bisschen in die Schmuddel-Ecke geht. Da dachte ich, jetzt noch ein Erotikheft, um das noch womöglich zu unterfüttern, das ist vielleicht keine gute Idee.

Andererseits war meine Überlegung: Gut, Tätowieren ist ja nun mal etwas, das auf der Haut stattfindet und mit Körpergefühl, Körperbewusstsein zu tun hat und auch einem gewissen Stolz auf sich selbst und das Bild auf der Haut, das Tattoo. Natürlich haben wir mitgekriegt, dass es 'ne Menge junger Frauen gibt, die nicht nur kein Problem damit haben, sich so darzustellen, sondern die das auch sehr offensiv wollten.

Im Tätowiermagazin wollten wir das nicht haben, weil da die Information im Vordergrund stehen sollte, und man uns nicht nachsagt: „Aha, da dringt der Schmuddel ein und letztendlich kommen sie doch nicht ohne Titten aus.“

Meine Auflage war also, dass es nicht in die Porno- und Schmuddel-Ecke gehen darf. Es muss klar sein, das ist authentisch, das sind keine professionellen Models -- ein paar modeln innerhalb der Subkultur, aber das will ich nicht vergleichen jetzt mit den Aktmodels, die man im Penthouse, im Playboy findet. Das sind authentische junge Frauen, die man auch auf Tattoo-Conventions trifft.

Wenn man das schön fotografiert darstellen kann in einer Art und Weise, dass ich die Hefte auf dem Tisch liegen lassen kann, wenn Besuch kommt, dann hab ich da kein Problem damit.

Erneut ein sehr schwäbischer Gedanke. Sind die Hefte wegen dieser Aufspaltung und einer eben doch gewissen Erdung so erfolgreich?

Wenn wir das Heft eher so ein bisschen boulevardmäßiger aufgemacht hätten, hätten wir vielleicht sogar höhere Verkaufszahlen. Ich habe den Eindruck, dass wir den Leuten manchmal schon ein bisschen zu anstrengend sind. Es ist aber ausgeschlossen, dass wir das ändern. Das werden wir nicht machen.

Die Leser können sich bei uns darauf verlassen, dass sie eben nicht zum hundertfünfzigsten Mal dieselbe Brigitte-Diät vorgesetzt bekommen oder dieselben Bauch-Weg-Übungen und Sex-Tipps wie bei irgendwelchen Fitness-Magazinen.

Fernsehserien wie "Miami Ink" haben uns auch einen enormen Schub gegeben. Andererseits war "Miami Ink" nur ein beschleunigender Faktor in einer Entwicklung zu einem stark vermehrten Interesse an Tätowierungen, die über die Jahre und Jahrzehnte schon kontinuierlich läuft und lief.

Du bist im Heft oft persönlich präsent und dabei geradezu pädagogisch: Du stellst trashige Tattoos genauso bloss wie Du auf innovative Sachen hinweist. ODer Du stößt ausführliche Diskussionen um Tätowierer an, die deutlich politisch rechte Position haben, aber trotzdem sehr sehr gute Tätowierer sind.

Das stimmt. Passenderweise haben wir gerade diesen ACAB-Fall. Da hat sich ein Leser erkundigt, ob es denn legal wäre, auf die Hand „ACAB“ für „All Cops Are Bastards“ zu tätowieren. Ich habe im Heft jetzt nicht geschrieben "wie blöd geht's eigentlich", aber...

...man müsse sich nicht wundern, wenn der Polizist, der das Tattoo sieht, das uncool findet.

Genau. Dieser Leser -- und damit war auch zu rechnen -- hat sich davon auf den Schlips getreten gefühlt und jetzt nochmal geschrieben. Es ging es mir aber gar nicht um eine Diskussion darum, ob Polizisten gut oder schlecht sind oder ob ein Polizist jemanden anzeigen darf, der „All Cops Are Bastards“ auf seiner Hand stehen hat. Der Punkt war: Wenn du Dir das stechen lässt und Dich nachher drüber beklagst, bist du blöd. Das ist genauso blöd, als wenn du dir SS-Runen stechen lässt und dich dann beklagst, wenn du nicht in die Synagoge rein darfst. Das ist absehbar.

Der ACAB-Leserbriefschreiber hat sich als nächstes darüber beklagt, was denn meine persönliche Stellungnahme im Heft verloren hätte, die könnte ich mir doch bitte schenken. Aber das ist eben mein Punkt: Hat sie eben doch. Ich rede nicht über den Sinn oder Unsinn des Berufsbildes des Polizisten und auch nicht über juristische Belange, sondern ich spreche über Tätowierungen und über den Sinn von Tätowierungen. Denn Tätowierungen haben einen Sinn. Das ist mein Punkt und über den darf ich sehr wohl sprechen.

Eine Zeit lang waren ja Charles-Manson-Portraits angesagt. Das ist einfach saudumm.

Charles Manson gilt als jemand, der den Schwachen, Unterdrückten, Kaputten, psychisch Kranken, Traurigen, von der Gesellschaft Enttäuschten sagt, dass sie liebenswerte Menschen sind. Viele in der Szene denken, wenn sie sich sein Bild wie das von Bhagwan oder Jesus Christus auftätowieren, dass er ihnen dann beisteht.

Da unterstellst du den Leuten aber viel. Vor etwa sieben Jahren, da war das voll im Schwange. Wenn ich da jemand gefragt hätte, was das soll, der hätte außer "Öh, ich find‘s cool" nicht viel rausgebracht.

Das ist genau die Grenze, auf der du dich im TM immer bewegst: Zwischen teilweise gewalttätigen Hirnis, die nicht wissen, was Freiheit ist, und der Tatsache, dass jeder gerade bei Tätowierungen selbst überlegen und Entscheidungen treffen muss. Oder Du stellst hyperindividualistische Tätowierer vor, manche mit Grafikdesign-Studium, die alle Seh-Grenzen sprengen.

Ich weiß gar nicht, wie viel von dem, was ich den Leuten mitgeben will, ankommt. Ich mach's eben so, wie ich es mach, und freu mich dann, wenn wirklich angekommen ist, was ich meine.

Es kommt ja auch noch die Verjüngung der Leser dazu. Zuletzt hat Sonja, die neue Redakteurin, eine junge Modedesignerin aus irgend so einer TV-Designer-Casting-Show besucht, die recht tätowiert war, sowie einen tätowierten Schauspieler, der bei irgendeiner Doku-Soap, "Unter uns" oder sowas, mitgespielt hat. Da bin ich nicht so nah dran, und es ist dann ganz schön, wenn man sich da ergänzt.

Der zweite Redakteur, Jan, hat Sido und Azad und einen der Söhne Mannheims interviewt, die auch alle tätowiert sind. Das ist ganz prima, wenn wir unterschiedliche Interesse haben. Wir versuchen, möglichst in die Breite zu gehen und alles abzudecken, was das Thema Tattoo hergibt. Inzwischen gibt es ja sogar schon Immobilienagenturen für Tätowierte. Das haben wir dann auch im Heft.

Ihr bringt allerdings auch sehr oft eine uralte Kategorie, die Anklänge an die Kolonialzeit hat: Ferne, wilde Länder. Als Szene-Publikation für tätowierte Menschen, die oft als Randgruppe stilisiert werden, berichtet ihr über die Fremde -- da, wo man krank wird und nichts klappt, wo die Leute nackt sind und bemalt und Pflöcke und Federn durch Nasen, Ohren, Mund gesteckt haben. Noch nicht einmal „National Geographic“ macht solche Geschichten noch, und Ihr springt sogar auf die reine Beobachtung und Beschreibung zurück.

Ich bin immer noch völlig platt und überrascht, wenn Travelling Mick wieder von irgendeinem Fleck, aus irgendeinem Land der Erde berichtet, das ich kaum buchstabieren kann, und dann dort achtzigjährige Omas findet, die sich die Gesichter total schwarz tätowieren, was ich noch nie vorher gesehen habe. Und das, obwohl ich mich relativ intensiv mit dem Thema befasse. Oder dass er eben mal nach Afrika fliegt, wo Leni Riefenstahl noch die Nuba besucht hat und guckt, was da inzwischen abgeht -- ob die jetzt schon völlig verwestlich sind, ob es noch Leute gibt, die sich die Narbentattoos noch ritzen.

Das alles kennt man irgendwie noch aus Kinderzeiten, wenn man sich mal nackte Mädels angucken wollte, dann hat man mal in National Geographic geblättert und hat dann die barbusigen Mädchen gesehen. Aber ich bin überzeugt, dass Travelling Mick schon Völker ausgegraben hat, bei denen die Redaktion von „National Geographic“ sicher auch gesagt hätte "Mein lieber Schwan, hätten wir auch gerne gehabt".

In aller Bescheidenheit: Dabei knallt halt die Authentizität vom Tätowiermagazins voll durch. Als Travelling Mick beispielsweise über Tattoos auf den Philippinen berichtet hat, da hatte er nichts weiter als ein Schwarz-Weiß-Foto aus den 40er Jahren. Er wusste nur, dass es irgendeinen Stamm auf den Philippinen gibt und die sind ja auch nicht gerade klein. Er wusste nicht, ob im Norden, Süden, Westen oder Osten -- er ist einfach nach Manila und hat sich durchgefragt.

Er hatte keine Ahnung, ob er die Leute überhaupt findet, ob es die überhaupt noch gibt, ob die sich noch tätowieren.

Mich selber müsstest du schlagen, ich würde das nicht machen, weil ich einfach nicht gerne reise. Travelling Mick ist da wahrscheinlich einer der unterschätztesten Journalisten überhaupt. Das ist wirklich Tim-und-Struppi-Journalismus...

...in Reinform.

Im Prinzip ist Travelling Mick unser Tim, könnte man sagen, der da wirklich aufs Geradewohl in die Welt geht und sich anguckt, was es Skurriles gibt. Und das trotz und in der ganzen Internetwelt. Er ist analog unterwegs, geht direkt zu den Leuten hin und gräbt Sachen aus, die man in der virtuellen, digitalen Welt einfach nicht findet.

Das ist ganz unverzichtbar, wirklich faszinierend und scheint unerschöpflich zu sein. Du denkst, irgendwann musst du ja mal alle Stämme und Völker durchhaben. Aber dann sitzt da wieder irgend so ein Clan von fünfzig Leuten, die noch irgendwas abgedrehtes machen, und er gräbt sie aus.

Leider trifft Mick oft auf Kulturen, wo nur noch die ganz Alten tätowiert sind, wahrscheinlich die letzte Generation, die überhaupt noch solche Tätowierungen haben. Aber wenn er ihnen dann Fotos da lässt oder beim nächsten Mal TM-Hefte mitbringt und sagt "Guckt mal, da wart ihr im Heft, die Welt interessiert sich für das, was ihr macht, und die Welt findet das gut, und ja, Eure Zentralregierung will euch das verbieten und will Euch hier irgendwie verwestlichen und anpassen, aber es gibt auch Leute in Deutschland, im Westen, in Amerika, in Europa, Leute, die sich tätowieren lassen, es gibt ganze Hefte dafür“ -- das musst du dir vorstellen!

Die haben ja überhaupt noch nie eine Zeitschrift in der Hand gehabt und dann sehen sie ein Heft nur für Tätowierte, nur für Leute, die das machen, was sie auch machen, wofür sie aber unterdrückt oder lächerlich gemacht oder von der jeweiligen Hauptkultur an den Rand gedrückt werden.

Und die sehen dann, dass das an anderen Ecken der Welt wirklich was ist, was geschätzt wird und wo Künstler gefeiert werden, dass sie dann dazu gehören. Und das gibt denen natürlich auch entsprechendes Selbstbewusstsein.

Am deutlichsten sieht man es ja bei den Maori auf Neuseeland, wo das Tätowieren ja schon beinahe einen sehr patriotischen Black-Power-Anstrich hat. Also wo es bei der neuseeländischen Black-Power-Bewegung beinahe schon zum guten Ton gehört, dass man sich das Gesicht tätowieren lässt, also aus Patriotismus oder Nationalstolz. Oder dass man die alten Traditionen wieder verstärkt praktiziert im Sinne von sich bewusst machen, wo man herkommt und sich unterscheiden zur westlichen Kultur. Auch die Streetshops, die es in Malaysia gibt, bieten wieder die traditionellen Motive an.

Oder Leute aus ehemaligen niederländischen Kolonien reisen jetzt in die Niederlande und blättern da in den Universitätsbibliotheken: Was haben denn da vor 100, 150 Jahren die Missionare zu Papier gebracht, wie haben denn unsere Tattoo-Motive früher ausgesehen? Das ist eigentlich ganz schön, wenn das wieder zurückwirkt.

Da sind wir wieder bei der hundertsten identischen Diät im immer gleichen Heft. So etwas hat keinerlei Rückwirkung, da lernt keiner was von, das ist in dem Moment, wo es gedruckt wird, schon Müll. Ihr aber wirkt aber zurück und fördert das Alte, aber auch sehr stark das Neue in der Tattoo-Szene. Welche Grenzen sind da noch nicht so richtig angekratzt?

Ich denke ich oft, dass da meine Phantasie doch anscheinend etwas begrenzt ist, weil ich mir das nicht überhaupt vorstellen kann, mit was die Leute ankommen -- als zum Beispiel aus der „Boucherie Moderne“ aus Brüssel plötzlich diese Pixel-Tattoos kamen...also, verpixelte Portraits oder Tattoos, die man mit 3-D-Brille angucken kann....auf die Idee wäre ich nie gekommen.

Gerade eben hat uns eine junge Mediendesignerin ein Buch angeboten, was man als Tätowierung aus der deutschen Kultur heraus umsetzen kann. Der Tätowierer entwickelt sich aus der Kultur heraus, wie in Borneo. Tattoos sind immer mit der Kultur und in der Tradition verwurzelt. Da gehört in Deutschland der Hund mir rein, der Schäferhund, das ist grafisch noch relativ normal, dann der Wolpertinger, wo man sich im Buch seinen eigenen Wolpertinger zusammenstellen kann. Dann geht es um Ordnung -- da hat sie dann einen Tattoo-Vorschlag, wo man eine ganze Reihe von Buntstiften ganz akkurat montiert oder ein Karl Lagerfeld-Portrait in der Art eines Schnittmusters oder einen König Ludwig, wahlweise als Portrait oder einfach mal den Grundriss von Schloss Neuschwanstein über den ganzen Arm montiert.

Inzwischen ist die Entwicklung der Tätowierungen so rasant -- es gibt eigentlich keine Grenzen mehr.

Der Anfang war relativ steinig. Als wir die modernen Sachen der Franzosen und Belgier abgedruckt haben, ist eine Welle des Protestes über sie hereingebrochen: „Was soll das denn sein? Das kann ja meine siebenjährige Tochter! Das sind keine Tätowierungen!“.

Du hattest ja vorhin gefragt, wie ich als Schwabe in dieser Szene lebe. Da hätte ich eigentlich sagen können: Im Prinzip passt das eigentlich ganz gut, weil wenn ich es mir so überlege, ist doch ein großer Teil der Tattoo-Szene eigentlich extrem spießig -- so spießig, wie ich nicht werden kann.

Man ist wie man ist, das ist meine Haltung. Man lässt sich auch nicht tätowieren, um anders zu sein -- das wäre Blödsinn. Man lässt sich tätowieren, weil man sich tätowieren lassen will. Sobald es eine andere Begründung hat, ist es eigentlich schon blöd.

Tätowieren ist eh nur das Medium. Ob es Kunst ist oder nicht, ist eine blöde Frage. Das ist ja wie wenn man fragen würde, ist Ölmalerei Kunst oder nicht. Ich kann irgendwas klecksen und ich kann mir Caravaggio anschauen. So wie dort die Ölfarbe und den Pinsel gibt es hier die Tattoo-Maschine und die Farbe. Sie sind nur Medien. Du kann alles draus machen.

Tattoo People: Dr. Mark Benecke

Quelle: Tattoo Extreme (China), March 2012, S. 24 bis 29

Dr. Mark Benecke im Kurzportrait

Photo: Annie Bertram

Forensic medical officer is a heavy and unattractive work for most people. It happens all the time that you have to face the incomplete and smelly corpses. Out of our imagination, Mark Benecke is a unique figure in this field, and by achieving a great idea in his work, Dr. Mark becomes a world-renowned forensic entomologist. Mark Benecke was born in 1970, in Bavaria, Germany.

After receiving a Dr. rer. medic. at Cologne University in 1997, he worked in the Chief Medical Examiner's Office in Manhattan, New York from 1997–1999. As of 2008, he works internationally on forensic cases as a freelance expert witness. He also teaches at various police academies and acts as a visiting professor to universities in Germany, England,Vietnam, Colombia, and the Philippines.

With his highly specialized knowledge of bugs, Mark has a lot experiences to help with the murder cases and prove the murder guilty by the examination of insects such as maggots and bluebottles in rotting flesh, and determine the cause and time of the dearth. There are seldom people know about forensic entomology in Taiwan, not even to mention the maggots which everyone hates to touch. Why does Mark want to study it? Mark thinks that he couldn’t be further from the truth without his examination of maggots, and these small and creeping maggots become the detectives for Mark, and show him the unspeakable secret for the dead body.

Photo: Rocksau Pictures

Mark mentioned that when he worked in the Bureau of Criminal Investigation, New York, other colleagues always think he is a weird guy from German. That’s because Mark always spent a lot of time to study maggots even out of work, and sometimes, a large number of maggots will drop out from the dead body, and Mark could still focus on them without feeling any disgusting. Right now, Mark Benecke already becomes the authority on forensic entomology, but Mark still works very hard on any investigation, he realizes the importance of his job, and no matter what kind of insects he needs to study, he will do his best all the time!

Besides those maggots, Mark is also a big tattoo fan since he was young, he got his first tattoo (a lizard) on his shoulder about 20 years ago, and Mark had the lizard surrounded by a super weird tribal tattoo later. The meaning of the tattoo is not the most important thing for him, Mark thinks that tattoo is a very natural thing for him, and it’s also a very good way for him to mark life experiences. Mark is invited to be a visiting professor at international universities, and by the chance of travelling around the world, Mark said that he would like get more tattoo in other cities if he finds good tattooist, how about Taiwan? Possible!


來來㉂自德國的法㊩醫昆蟲㈻㊫學權威

法㊩醫的工作在我們的想像㆗㊥中,是㆒㈠㊀一個吃重不不討喜的工 作,因為常常面對的不不是殘缺的大體,就是惡惡臭的腐 屍。但來來㉂自德國Mark Benecke,卻在這個工作㆖㊤上㈲㊒有著 亮亮眼的表現。今年年 42 歲的 Mark,在 1997 年年取得科隆隆大㈻㊫學的㊩醫 ㈻㊫學博士㈻㊫學位,不不但幫助警察屢屢破奇案,更更受過紐紐約市長朱利利安尼 的邀請,成為紐紐約市首席㊩醫檢官的法㊩醫顧問,不不但㈿㊯協助過 FBI 的 探員辦案,也曾接受探險頻道Discovery Channel的採訪,介紹 他最重要的研究領領域:法㊩醫昆蟲㈻㊫學。

與蟲蟲情報㈵㊕特搜隊為伍

法㊩醫昆蟲㈻㊫學這個㈴㊔名詞在台灣幾乎沒㈲㊒有聽過,在全世界的研究㆟人員 更更是寥寥可數數,而 Mark 所研究的更更是大家都都厭惡惡之極的蛆蟲。 為什什麼要研究蛆蟲呢? Mark 說說說,在他的眼㆗㊥中,蛆蟲就是他的情 報㈵㊕特搜隊㆒㈠㊀一樣,可以用來來判斷屍體確切切的死亡時間,這跟蛆蟲本 身的㈵㊕特性㈲㊒有關,Mark 跟我們介紹,雌蠅並不不是到處產卵卵,必須 是溫暖潮濕又㈲㊒有充足的蛋白質供應的㆞地方,而㆟人體就是絕佳的產 卵卵㆞地。雌蠅在幾分鐘內就可以完成產卵卵,小蛆蟲在幾小時或是㆒㈠㊀一 ㆝天內就會孵化完成,而能夠精精準判斷的關鍵更更是因為蛆蟲不不同的 生命週期相當分明,出生、幼蟲、成蛹。屍體的內部化合物也因 腐敗程度度不不同而產生變化,這些判讀讀就可以提供檢方㈲㊒有利利的證 據,即使是高度度腐敗的屍體,也可以透過這些蛆蟲透露露出遇害的 時間,再與嫌疑犯等相關供詞㆒㈠㊀一對照,就能將不不法之徒繩之以 法。 雖然 Mark 現在已經是全球法㊩醫昆蟲㈻㊫學的權威,但是這個常 常與蛆蟲共處的工作內容,實在讓㆟人不不太敢與他靠近,Mark 說說說, ㉂自己在紐紐約刑事調查部裡裡,可是被大家封為頭號怪咖,因為他㆘㊦下 班後會在腐肉㆖㊤上培養蛆蟲,還㈲㊒有同事說說說常看著他對著滿身蛆蟲蠕 動的屍體發呆,㈲㊒有時屍袋㆒㈠㊀一打開,大量量的蛆蟲劈哩趴啦的掉㆒㈠㊀一 ㆞地,可把驗屍房的其他同事嚇得半死。Mark 說說說,雖然工作㆖㊤上每 ㆝天與蛆蟲相處,但其實驗證的工作相當㈲㊒有壓力力,德國的法㊩醫機構 ㈩㊉十分健全而且嚴謹,如果事後發現驗證㈲㊒有問題而導致冤獄的話, 負責驗證的法㊩醫就必須付出每㈰㊐日 1000 歐元的㈹代價,累累積幾來來也 是相當可觀,所以他們對於驗證的工作做得非常小心謹慎。

刺青是用來來記錄錄生命當㆘㊦下的方式

除了了法㊩醫的工作,Mark也很喜歡刺刺青,他說說說㉂自己第㆒㈠㊀一個刺刺青是肩膀㆖㊤上的蜥蜴, 那是在 20 多年年前德國第㆒㈠㊀一家官方認證的刺刺青店所刺刺的,之後更更沿著蜥蜴的圖 延展了了許多很㈵㊕特別的圖騰,對Mark來來說說說,他覺得刺刺青是㆒㈠㊀一種很㉂自然的行行為, 每個成年年㆟人都都可以做的事情,㈲㊒有時候他也會對於不不刺刺青的㆟人感到奇怪。刺刺青 的圖紋對他來來說說說並不不是非常重要,而是他用來來記錄錄生命的方式,他知道當初 ㉂自己為什什麼刺刺這個圖,但時間㆒㈠㊀一過去,刺刺什什麼似乎不不再是重點!長年年受邀擔 任國際間各大㈻㊫學的客座教授,Mark 常常㈲㊒有機會到其他城市,如果再來來愈到不不 錯的刺刺青師,Mark也會想要再刺刺青,就如同他所說說說的,這是再㉂自然不不過的 事了了。

法醫學小常識

利利用昆蟲來來㈿㊯協助刑事案件的調查在國外是㆒㈠㊀一門專門的㈻㊫學問,叫做法㊩醫昆蟲㈻㊫學。其實在㆗㊥中國春秋戰國時㈹代,孫子就記載過㆒㈠㊀一個與昆蟲㈲㊒有關的案件,㈲㊒有㆒㈠㊀一個㆟人被殺殺害後遺屍在稻田裡裡,前來來查案的公差看見見㈲㊒有㆒㈠㊀一個嫌 疑犯手㆗㊥中的鐮刀㆒㈠㊀一直㈲㊒有蚊蠅飛繞盤旋,心㆗㊥中起疑,後來來捉拿嫌疑犯後察看鐮刀,果然看出刀㆖㊤上還㈲㊒有㆒㈠㊀一些血跡,這也是因為蚊蠅喜歡接近血腥的關係。蛆蟲除了了會在屍體的㉂自然孔穴㆗㊥中產卵卵,也會在屍體的傷口㆖㊤上 繁殖,是抓出真凶的重要線索索。