Quelle: Auer Zeitung, 15. Januar 2013, Seite 11
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Interview: Mario Ulbrich
Sein Job ist das Leben, das nach dem Tod kommt: Maden, Fliegen und Käfer, die sich über verwesende Leichen hermachen. Weil er auch gerne darüber spricht, ist der Kriminalbiologe Mark Benecke heute in Presse, Funk und Fernsehen als „der Madendoktor“ bekannt. Am Freitag hält er im Kulturhaus Aue einen Vortrag. Mario Ulbrich sprach mit ihm.
Freie Presse: Man nennt Sie nicht ohne Grund den Madendoktor. Gibt es ein Leicheninsekt, dem Sie eine spektakuläre Erkenntnis in einem Kriminalfall verdanken?
MB: Bei uns ist nie was spektakulär. Wir finden öfters aber etwas Spannendes, zum Beispiel hatten wir mal den Flügel eines Insekts, das nur an Waldrändern lebt. Da es bei diesem Fall darum ging, wann und wie lang die Leiche an der Fundstelle - einem Waldrand - lag, war das ein schöner Treffer.
Wie ist es um Ihren Geruchssinn bestellt. Ist er inzwischen abgestumpft oder stehen Sie auf gut gereifte Leichen?
MB: Er wird immer besser, wie bei Rotwein- oder Käse-Kennern: Je mehr man sich mit den betreffenden Gerüchen beschäftigt, desto besser kann man sie auseinanderhalten. Ist auch ganz praktisch, weil die technischen Methoden immer noch nicht gut genug sind, um verfaulte Leichen zu finden. Da verlassen wir uns dann lieber auf unsere Nasen.
Sind während Ihrer Vorträge schon mal Leute ohnmächtig geworden?
MB: Ganz selten mal Blut-Phobiker, also vor allem Männer. Dagegen kann man aber nix machen, das ist nicht schlimm, ich habe auch Erfrischungstücher dabei. In den meisten Vorträgen ist aber nicht viel oder gar kein Blut zu sehen, sondern Fäulnis, Fasern oder Fummelei.
Meist haben Sie einen kleinen Stoffhasen dabei. Was hat es mit dem Kleinen auf sich?
MB: Das ist für die Zuschauerinnen, damit sie in der Pause oder auch während der Show etwas zum Streicheln haben. Ich habe übrigens auch Schaben dabei, die man sich ansehen kann, wenn es in der Pause zu langweilig sein sollte.
Es heißt, Sie halten Schaben sogar als Haustiere. Womit füttern Sie die eigentlich?
MB: Mit dem, was in der Küche so anfällt: Karottenenden, Kartoffelschalen oder einem Zweig vom Gebüsch, das natürlich nicht in meiner Küche wächst. Die Tiere kriegen aber nicht allzu viel zu fressen, damit sie sich nicht so stark vermehren.
Bei Ihren Vorträgen lassen Sie das Publikum aus verschiedenen Themen wählen. Wovor dürfen sich die Auer jetzt schon gruseln?
MB: Wir werden ganz entspannt ein paar Themen zur Auswahl stellen -- was noch nicht dran war in Aue, kommt dann dran. Zum Beispiel die Alien-Autopsie, Insekten auf Leichen oder die plötzliche Selbstentzündung von Menschen. Oder Gerüche von Leichen. Wir stimmen einfach ab.
Sie sind Tattoo-Fan. Einige haben Sie sich bei Michael Kugler aus Grünhain stechen lassen. Kommt während Ihres Besuchs ein neues Tattoo hinzu?
MB: Wenn es sich ergibt, immer. Öfters ist aber keine Zeit, weil die Studios natürlich nicht auf mich warten. Ich habe aber schon aus vielen Orten ein Tattoo mitgebracht, darunter Medellin in Kolumbien, Eberswalde und Manhattan.
Für die, die Ihren Vortrag in Aue verpassen: Kann man Sie in diesem Jahr wieder während der Ostdeutschen Krimitage in unserer Region erleben?
MB: Ja, ich werde am 24. und am 25. April im Rahmen der Krimitage nach Zwickau ins Gasometer kommen.
Mit herzlichem Dank an Mario Ulbrich und die Redaktion der Auer Zeitung für die Freigabe und die Genehmigung zur Veröffentlichung.