Quelle: Goslarsche Zeitung, Bad Harzburg, 13. Mai 2024, Seite 26
Kriminalbiologe Mark Benecke spricht über Tote auf alten Gemälden und darüber, ob Künstler korrekt malten
Von Sonja Weber
Bad Harzburg. Wissenschaft beruhe auf Messungen und Untersuchungen, nicht auf Meinungen und Vermutungen und in der Forensik sei jeder Fall ein Einzelfall, man dürfe da nicht unbedingt auf die eigenen bisherigen Erfahrungen bauen, sagte Dr. Mark Benecke, Gast des Kulturklubs am Freitagabend im Bündheimer Schloss.
Wie immer, wenn der international bekannte Kölner Kriminalbiologe in Bad Harzburg bisher einen Vortrag hielt, war auch dieses Mal jeder Platz im Saal besetzt, die Veranstaltung sozusagen wissenschaftlich bewiesen ausverkauft. Einen interessanten, spannenden und angemessen langen Abend erwartet man bei Benecke immer. Und darauf, dass es meist etwas eklig-gruselig wird für Menschen, die nicht forensisch unterwegs sind, war das erfahrene Publikum zumeist eingestellt.
Gute Sicht für alle
Drei große Leinwände nahmen die ganze Bühnenfront ein und boten gute Sicht für alle. Vor Beginn ein paar Videos mit Musik, auch gesungen von Mark Benecke und Bianca Stücker und natürlich wurden schon Bücher erworben und signiert. Alles also wie erhofft. Neu war das Thema des Vortrages und dieses fiel tatsächlich etwas aus dem Rahmen, beziehungsweise war jeweils in einem, denn es ging um Todesursachen auf alten Gemälden.
Mord im Museum war die Überschrift des Abends und zur Frage stand, wie gut haben die alten Meister recherchiert, was sie da malten. Wussten Rubens, Holbein und andere wie eine Kreuzigungsszene, die Auferstehung Christi oder der von Pfeilen getroffene Heilige Sebastian aussehen mussten? Frei nach dem Motto, dass man Zeugenaussagen nicht glauben könne, sondern stets selbst forschen, messen und ausprobieren muss, tastete sich Benecke also in Wort und Bild an die Richtigkeit der Darstellung heran und dabei auch gleich an die eigentlichen Todesursachen. Zur Frage stand unter anderem, warum Jesus immer mit kreisrunden Wunden in den Händen abgebildet wird, warum die Leichen auf den Gemälden eine grau-grüne Hautfärbung besitzen und Blut tatsächlich so wie dargestellt. Vielleicht hat es einige im Publikum ebenso erstaunt, wie Benecke in Teilen selbst. Nach diversen Untersuchungen und dem „Kramen" in alten und neuen Fällen mit ähnlichen oder gleichen Todesursachen und Wunden - ja, so der Autor, die Menschheit habe nichts aber auch gar nichts gelernt, jede nur erdenkliche Gräueltat würde immer noch überall auf der Welt jeden Tag verübt - wurde Bild für Bild klar: Diese Maler haben wirkliche Leichen gesehen, wussten Bescheid über das Zufügen von tödlichen Verletzungen und kannten die Tricks der Henker.
Fotos als Beweismittel
Da Dr. Mark Benecke aber ganz sichergehen wollte, dass er nichteinfach nur seiner Meinung aufgesessen war. Gab es nach der Pause die Beweise seiner Selbstüberprüfung. Da waren dann schon ein paar Fotos dabei, die nichts für schwache Nerven waren, allerdings immer mit der Warnung: „Machen Sie mal die Augen zu, ich zeige Ihnen jetzt ein paar Fotos." Das funktionierte erstaunlich gut, für alle hartgesottenen gab es Bilder von tatsächlichen Leichen, für alle anderen das Gefühl von Life -Podcast. Erstaunlich und für einige bestimmt ebenso interessant wie der Wahrheitsgehalt der Bilder war sicher auch das absolut notwendige Eintauchen in die historischen Lebensumstände und Epochen sowohl der Maler als auch der Dargestellten. So sollten nach drei Stunden spannender Wissenschaft alle Gäste auf ihre Kosten gekommen und vielleicht sogar Interesse an einem Museumsbesuch geweckt worden sein.
– Mit Dank an die Redaktion für die Erlaubnis zur Verwendung –