Quelle: Kriminalistik, 4/2025, Seiten 232 bis 236
Das letzte Wort: Ohne Trara, Werbung oder dicke Eier
Quelle: Tätowiermagazin, 6/2012, Seite 144
Kolumne von Mark
In Tätowierläden gibt’s Hautbilder. Zweitens kommt man dort mit schrägen und interessanten Menschen zusammen. Drittens kann eine Tätowierstube auch Angelpunkt eines ganzen Stadtviertels werden – ohne Trara, Werbung oder dicke Eier. Eins dieser Studios ist das von Jörg in der Kölner Südstadt.
Unser stiller Held hatte als Angestellter fast zwanzig Jahre in der shoppingintensivsten Megastraße Deutschlands gepierct. Diese Ladenlage brachte vor allem Laufkundschaft – gut fürs Geschäft, schlecht für spannende Bodmod-Aufträge. Letztes Jahr schmiss Jörg den Job und gründete mitten auf einer seit der Römerzeit (genauer: seit fast zweitausend Jahren) bestehenden Straße sein eigenes Studio. Dort ist er umgeben von einer 1893 gegründeten Zoofachhandlung, einer Schnell-Reinigung, mehreren Bäckern und Supermärkten. Was in diesem bodenständigen Stadtviertel keiner geahnt hätte: Schon am Eröffnungstag rannten die Leute Jörg buchstäblich die Bude ein. Kölner sind halt nicht nur tolerant und opportunistisch, sondern auch verdammt neugierig.
Ein halbes Jahr später. Neben Shop-Hand Daniel und dessen Mutter (yep!) erblicke ich im Studio-Vorraum Laura. Sie arbeitet anderswo als Aushilfskellnerin mit vielen schönen Piercings und Transdermals. Mit Laura kuschelt auf der fetten Studio-Couch Sabrina, die Azubine aus dem Reisebüro nebenan. Kennengelernt haben sich die beiden natürlich wo? In Jörgs Laden. Sabrina war mit Jörg schon vorher privat befreundet. Also besuchte sie ihn und ließ sich dabei die Wimpern zupfen und die Haut durchstehen – so wie heute auch wieder. Die zwei Schmusekatzen wirken wie ultradicke Freundinnen. Kein Wunder: Bei Jörg sehen sie sich wohl öfter als ihre eigenen Familien. Selbst das Mittagessen (ehrlich gesagt: ein sehr spätes Frühstück) nimmt man täglich gemeinsam im Vorraum ein.
Fehlt noch ein Tätowierer. Das ist Alex aus der Stadt Niš in Serbien. Weil er ein Angebot des bekannten Kölner Tätowier-Studios »Stigmata« falsch verstanden hatte (»Ich dachte, die suchten einen festen Angestellten, es war aber nur ein Guest Spot gemeint, argh!«), musste er sich nach Ablauf der Gästefrist etwas einfallen lassen. Er tingelte also durch die nicht minder bekannten Läden »Skinworks« und »Cologne Ink«, bis er zuletzt bei Jörg landete. Apropos, ist sein Lieblingsessen im Kreis der Tattoo-Familie dort etwas Serbisches? »Nein, er will immer asiatisch«, tönt es aus allen Kehlen im Laden.
Seit kurzem hat des Tätowierers Ehefrau Marja nebst Mini-Sohnemann den deutschen Visums-Dschungel durchdrungen. Nun können sich alle drei ohne Billigflieger-Heckmeck sehen. Ratet mal, wo? Bonus für Alex in Deutschland: Er kann öfter als in der Heimat zarte Frauenhaut tätowieren. In Serbien ist Tätowiertsein nämlich noch Männersache. Dafür muss Alex jetzt aber öfters mal den Kölner Dom stechen.
Fragt sich nur, wie es Studio-Chef Jörg findet, dass neben jungen Damen eine serbische Jungfamilie, immer mehr Mitarbeiter sowohl des Supermarktes als auch des Bioladens gegenüber, Kölner Z-Promis sowie auch sonst so ziemlich jeder von der altehrwürdigen Einkaufsstraße nicht nur vor und im Laden abchillt, sondern sich auch gestochene, gezupfte oder sonstige Körperverschönerungen abholt? »Och, das ist eigentlich ganz lustig«, sagt er mit professioneller Gelassenheit, »ich bin halt ein Familienmensch.« Und zwar einer, der gleich ein ganzes Stadtviertel adoptiert hat.
Das gefällt natürlich ganz im Sinne von tätowierter Liebe und Frieden,
eurem,
Dr. Doom
Das letzte Wort: Wenn ich fürchte, alt zu werden
Quelle: Tätowiermagazin, 8/2013, Seite 144
Kolumne von Mark
Immer, wenn ich fürchte, alt zu werden, denke ich an Essie und das East Village. Vor 15 Jahren hatte ich gehört, dass – damals noch eine ultra-crazy Sache – die zweite Person weltweit eine Zungenspaltung durchgezogen hatte. Nach etwas Tammtamm trafen sich die mysteriöse Lady und ich vor meiner Haustür in New York – am St. Mark’s Place, der Straße mit der größten Tattoostudiodichte der Welt.
Essie trug damals zu meinem Erstaunen keine einzige sichtbare Bodymodification. Nicht mal ein Tattoo oder eine gefärbte Haarsträhne waren zu sehen. Zeit für ein Tässchen Kaffee.
Die Zungengespaltene hat zwar Sozialwissenschaften studiert, arbeitete nun aber als Türsteherin zur Mercury Lounge. Das ist einer der bekanntesten Musikschuppen der Welt, gleich auf der Houston Street in Manhattan. Darin hängen Leute wie Julian Lennon rum, um ihre Schulfreunde zu treffen. Uff.
Essie und ich wurden fette Freunde. Neulich horchte ich sie aber zum ersten Mal zu ihren Tattoos aus. Denn in der Berliner Strychnin Gallery hatte ein spannendes Gruselkunstwerk gehangen – zerhackt, aber eindeutig mit Essies Tattoos versehen. Original oder Fälschung?
»Also«, erläutert Mylady, »die tätowierten Feuerringe auf meinen Brüsten und über meinen Girly Bits (Vagina) kennst du ja. Ich wollte halt Feuer an meine sexuellen Hotspots bringen.« Die Flammentattoos ranken sich um dicke Scarifications von Bodmod-Pionier Keith Alexander (TM 08/2005). Von ihm erhielt Essie übrigens auch die größten Schamlippen-Plugs, die ich jemals gesehen habe.
»Eines Tages«, berichtet Essie weiter, »habe ich ein Backpiece mit einem japanischen Drachen gesehen. Mein Kumpel Needles arbeitete im Laden von Paul Booth. Über Jahre hinweg stach er mir ein Gewitterblitz-Tattoo, das mir über Rücken, Beine und Rippen reicht. Dieses Tattoo ist wunderschön, aber nicht so spannend wie meine Zungenspaltung.
Denn an die Tattoos habe ich mich gewöhnt und vergesse sie im Alltag einfach. Tätowieren an sich ist für mich allerdings das Größte. Besonders mit meinem zweiten Tätowierer, Dave Wallin, erlebe ich dabei das Verschmelzen von Kunst, Geist und Gefühl – wie bei den Suspensions, die ich früher gemacht habe.«
Und der zerhackte Torso in Berlin? War ein Projekt von Till Krautkrämer (http://cheaptattooremoval.net/), der damit »die Individualität der Tattoos übernehmen, kontrollieren und auf den Markt werfen« möchte. Ars est celare artem – Es ist Kunst, Kunst zu verstecken.
Heute janz kosmopolitisch der Eure, Dr. Doom
Das letzte Wort: Die düstere Welt der Annemie
Quelle: Tätowiermagazin 10/2013, Seite 144
Kolumne von Mark
Auf der Leipziger Buchmesse fiel mir Annemie sofort auf. Beim Wave-Gotik-Festival, ebenfalls in Leipzig, trafen wir uns daher ein paar Wochen später noch einmal. Hier ist Annemies Geschichte. Ich lasse sie so stehen, weil ich selber baff von der krassen Story und ihrem Mut bin.
»Ich bin total leseverrückt – Bücher sind mein Heiligtum. Mein Freund hat eins von dir gelesen, also bin ich zu deiner Lesung auf der Buchmesse in Leipzig gegangen. Mein Lieblingsautor ist der Phantastik-Autor Kai Meyer.
Die Idee für das Tattoo auf meinem Arm kam vor zwei Jahren ganz plötzlich. Ich habe mir sofort einen Tätowierer gesucht, auf der Convention in Frankfurt. Das war weit von der Heimat, drei Autostunden entfernt, aber ich wollte es einfach erleben, dieses Convention-Feeling, dort tätowiert zu werden. Nach meiner Nachtschicht – ich habe damals in einer Fabrik gejobbt – bin ich direkt los.
Das Motiv soll gegensätzlich wirken. Fröhlich mit kräftigen Farben und niedlich, aber eben ein Häschen, das sich sein Herz rausreißt. Ich kann mich damit identifizieren, mit dem Niedlichen etwas sehr Trauriges zu verbinden. Mir wurde zwar nicht das Herz herausgerissen, ich bin nicht tieftraurig und depressiv. Aber ich finde das Tattoo und die Stimmung schön. Ich möchte es auf mir haben und anderen präsentieren. Ich bin stolz, darauf angesprochen zu werden. Ich fühle mich einfach zu den schwermütigen und traurigen Motiven hingezogen, sie üben eine besondere Faszination auf mich aus. So ein Bild sagt mehr als viele Worte.
Das große Tattoo an der kompletten linken Seite hat auch keine traurige Geschichte. Gestochen hat es David von der Villa Dunkelbunt in Kassel. Ich hab ihm gesagt, dass ich zwei Orks möchte, die gerade eine Frau vergewaltigen. Sie soll sehr leidend aussehen, man soll ihr ansehen, dass es ihr Schmerzen bereitet und sie es nicht will. Die Orks sollen sehr brutal und maskulin wirken und sie mit einer Kette festhalten.
Das ist mir sehr wichtig, dass sie eine Kette um den Hals hat und zurückgezogen wird, und so hab ich ihm das auch beschrieben. Wir brauchten fünf Sitzungen, denn ich bin sehr wehleidig. Meine Mama war bei jeder Sitzung dabei und musste Händchen halten. Sie steht voll und ganz hinter mir, findet das toll und möchte jetzt auch selber ein Tattoo haben, um sich mit mir verbunden zu fühlen.
Ich werde immer gefragt, ob ich mal vergewaltigt wurde. Ob ich das damit verarbeite, aber das ist nicht so. Ich hatte eine ganz, ganz tolle Kindheit und eine ganz tolle Mama. Mir ging es eigentlich immer gut. Ich weiß nicht, warum ich mich gerade zu diesen düsteren und finsteren Motiven hingezogen fühle.
Ich komme aus einer kleinen, katholisch-spießigen Stadt. Ich wurde nie so akzeptiert, mit meinem Aussehen, mit den vielen Piercings und schwarzen Klamotten. Ich hatte auch ziemliche Probleme in meiner Ausbildung als Physiotherapeutin.
Aufgrund dessen habe ich sie abgebrochen. Das war sehr schade, aber das geht einfach nicht, so wie ich aussehe. Meine Piercings und die dunklen Augen, das wäre ja gruselig, haben die Ausbilder gesagt. Ich hätte die Piercings rausnehmen können, dann hätte ich die Ausbildung beenden können. Ich habe aber immer gedacht: ›Leckt mich doch alle am Arsch‹.
Jetzt arbeite ich Vollzeit bei Amazon. Ich bin in der Qualitätsabteilung und dafür da, die Fehler zu suchen und zu bereinigen. Ich bin heiter, vergnügt und zufrieden und voller Vorfreude, weil meine Mum mich bald wieder besucht.«
Tja, man muss nicht alles nachvollziehen können. Ich nehme Annemie trotzdem alles wörtlich ab. Denn meiner beruflichen Erfahrung nach gilt am Rand des Randes nur noch eine Regel – die von Sherlock Holmes: »I never guess. It is a shocking habit.« (»Ich rate nie. Das ist eine fürchterliche Angewohnheit.«)
Wilde Welt und coole Annemie: der Eure – Dr. Doom
Beneckes Begegnungen: Finnisches statt Knöcheldefin
Quelle: Tätowiermagazin 8/2015, Seite 128
Kolumne von Mark
Finnische Wörter sind cool, und ich habe selbst welche auftätowiert (»suojakänni«, »pinkkimeikkipillu« ...). Dass sie auch eine Lebenseinstellung ausdrücken können, beweist mein Co-Model Elli bei einem Fotoshooting mit mir.
Mark: Du hast einen großen Frauenkopf auftätowiert. Was ist das für ein Motiv?
Elli: Stammt von einem befreundeten Fotografen. Das Model kenne ich nicht.
Huch?
Das Bild ist relativ abgefuckt und passt zu dem Zitat, das daneben steht.
Hast du denn nicht mal das Bedürfnis gehabt, dem Model ein Foto davon zu schicken, per Facebook oder so?
Nicht so.
Du lebst die finnische Ruhe und das Understatement. Dazu passt das Wort »sisu«, das ich hier ebenfalls sehe.
Ja, »sisu« ist ein schwer erklärbarer Begriff, das sieht jeder anders. Man kann sisu sehen, schmecken. Es heißt immer: Wo andere schon lang aufgeben, da kommt der Finne und macht sisu.
Hat dich das Tattoo gestärkt?
Nö. Entweder man hat sisu in sich oder gar nicht.
Dein zweites finnisches Tattoo ist ein Schimpfwort.
Das hört sich so schön an – »voi perkele«. Umso mehr man das »r« rollt, umso mehr Bedeutung hat’s, umso intensiver ist es.
Hinter deiner und der finnischen wortkargen Art stecken also doch Emotionen.
Jeder hat insgeheim Momente, in denen er mehr grübelt und nachdenkt.
Du hast auch meinen Tatortaufkleber und eine meiner Fauchschaben fett auf einer besonders schmerzhaften Stelle.
Die Schabe fand ich irgendwie knuffig. Einen Knöcheldelfin oder ein Pony, das hat ja jeder.
Ja, ich zum Beispiel beides. Aber wozu der Tatortaufkleber?
Es war eine Kurzschlussreaktion, nachdem ich zum Spaß gesagt habe, ich lasse mir dein Autogramm stechen. Ich habe es einen Tag danach wirklich machen lassen.
Wenn du im Schwimmbad bist, sehen die Leute, dass du einen Tatortaufkleber mit Fauchschabe und meine Unterschrift auftätowiert hast – was sagst du denen?
Ich geh eigentlich nie schwimmen.
Und beim Sex?
Das bin halt ich. Ich hab, ehrlich gesagt, keinen Bock drauf, jedem meine Lebensgeschichte vorzukauen. Es gibt Dinge, die gehen keinen etwas an.
Als Model bist du auch etwas eigen.
Da lass ich mir nicht reinreden. Wenn ich auf ein Shooting Bock habe, dann hab ich Bock. Ich bin auch nicht der Mensch, der jedes Mal hochgeschminkt und mit irgendwelchem Firlefanz auf Strange oder Horror getrimmt wird. Beauty kann fast jeder.
In der Tat: Stille Wasser sind tief. Das weiß allerspätestens jetzt
der Eure -- Marky Mark
Beneckes Begegnungen: Gesichtstattoo im Knochenjob
Quelle: Tätowiermagazin 9/2015, Seite 128
Kolumne von Mark
Hamburg wirkt auf Fremde schon mal versnobt. Nachdem ich neulich mit einem universitätstypischen Riffelplastik-Kaffeebecher im Foyer des Institutes für Zoologie saß, schlenderte allerdings mit völliger Selbstverständlichkeit ein Mensch mit fettem Gesichtstattoo durch den Flur ins Uni-Museum. Wtf?
»Ich arbeite freiberuflich hier«, erklärt mir Lars. »Hauptberuflich leite ich ein Tattoostudio in Hamburg, das ›Lars Vegas Tattoo- Studio‹ in Altona. Angefangen habe ich vor siebzehn Jahren auf dem Hamburger Berg – die schlimmste Gegend bei uns. Ich habe meinen Lehrmeister dort vollgetextet, dass ich supertoll sei. Meine Zeichnungen waren grottenschlecht, aber er hat irgendwas in mir gesehen. Ich habe dann zwei Jahre lang eine Tätowierlehre gemacht, richtig oldschool mit Müll rausbringen, mit dem Hund Gassi gehen, Kaffee kochen. Mit fünfzehneinhalb habe ich meinen ersten Kunden tätowiert.
Hier im Museum habe ich zunächst Präparate gezeichnet. Von Anfang an fanden die Kinder bei Rundgängen meine Tätowierungen ziemlich faszinierend. Bei meiner ersten Führung alleine, habe ich aber trotzdem Blut und Wasser geschwitzt - mir lief der Schweiß aus dem Hemd raus, das war total peinlich. Nach einer halben Stunde hatte ich aber drei Jungs und drei Mädchen an den Händen, die alles total toll fanden.
Ich musste die Kinder danach zum Parkplatz begleiten, wo die Eltern warteten, und die sahen nur diesen zutätowierten Freak – damals noch mit Glatze – und dachten, ich wolle die Kinder entführen. Ein Riesengeschrei ... Das war herrlich.
Universitäten sind ganz, ganz konservativ, aber mein Chef im Museum ist cool gewesen. Ich hatte hier schon elf Monate ehrenamtlich gearbeitet, 240 Stunden im Monat ohne Bezahlung, weil es einfach unglaublich viel Spaß gemacht hat, und dann ist was ganz Lustiges passiert. Ich habe ein paar Freunden eine Führung im Museum angeboten und zufällig hat jemand aus dem Unipräsidialamt die Führung begleitet. Am nächsten Tag haben sie gesagt, dass sie mich als Pädagogen haben wollen.
Ich war nie ein guter Schüler in Biologie, aber das Team hier im Museum ist so genial, dass es mein Interesse geweckt hat. Jetzt ist es für mich die Hauptaufgabe, es auch bei den Kindern zu wecken. Die Begeisterung, die man in mir hervorgerufen hat, gebe ich jetzt weiter an die nächste Generation.
Beim gemeinsamen Mittagessen mit den Professoren und Doktoren rutschen mir öfter Begriffe aus dem Milieu raus, aber auch das wurde immer akzeptiert. Das ist in Hamburg auf jeden Fall einmalig und wäre in Köln oder München wohl nicht so.«
Genau so isses. Für mich ist Lars’ Story ein waschechtes Wunder. Und die gibt’s dann hoffentlich immer öfter und immer wieder.
Hofft stets der Eure: Marky Mark
Beneckes Begegnungen: Narben sind meins nichts Fremdes
Quelle: Tätowiermagazin 10/2015, Seite 128
Kolumne von Mark
Jeder hier auf dem Wave-Gotik-Treffen staunt über Deine Engelsflügel, dear Punzel...
Es sind nicht nur Engelsflügel, sondern Seraphinflügel, sprich nicht zwei, sondern sechs. Wir haben vor vier Jahren mit normalen Engelsflügeln angefangen, zweieinhalb Jahre später haben wir daraus dann insgesamt vier Cherubimflügel gemacht und vor kurzem sind alle sechs Flügel, auch die Gelenke des Seraph, endlich fertig geworden. Das ist ein hoher Aufwand, auch wegen der Heilung. Man muss das Ganze feucht halten, denn eine irritierte Wunde ergibt eine stärkere Narbenbildung. Genau anders herum, als es Mama einem als Kind immer erzählt hat: »Lass die Wunde in Ruhe, die braucht Luft ...«
Mark: Apropos Mama: Weiß sie, dass du ...
Punzel: Mama weiß das, Papa weiß das nicht.
Du hast noch mehr Cuttings. Ist dir schon mal passiert, dass da was versaut wurde?
Nein, meine Cuttings wurden alle von Gert aus dem Studio »Das Wildall« gemacht. Dort habe ich auch mit siebzehn mein Fachpraktikum gemacht.
In der Welt der Bodymodifications bist du also sehr früh angekommen.
Ich fand Narben schon sehr früh als Schmuck interessant. Das hat mit Dragonball angefangen. Ich hatte kurzfristig die Idee, mit einer Rasierklinge etwas zu schneiden, habe das aber glücklicherweise verworfen, weil man dafür wirklich Fingerspitzengefühl haben muss. In den Populärmedien ist Cutting ja momentan immer mal wieder mit dabei. Allerdings sind das Skin Removals, sprich Hautentfernungen. Das haben wir bei mir fast gar nicht gemacht.
Und dann kam das Rückenprojekt?
Die mythologische Geschichte des Seraph ist mir in meinem Leben immer wieder begegnet. Und nicht nur der Seraph hat sechs Flügel. Auf einer Steintafel, die hängt momentan in Berlin, hat ein mesopotamischer Greifendämon auch sechs Flügel, in der gleichen Position, wie ich meine habe.
Fühlst du dich dadurch mit der Vergangenheit verbunden? Oder ist so eine Steintafel eher ein netter Zufall?
Ich glaube nicht an Zufälle. Ich bin durchaus der Meinung, dass das von irgendwo so gewollt war. Höhere Wesen können existieren und uns führen. Wir haben mehrere Leben, und pro Leben haben wir verschiedene Sachen zu lernen. Erst, wenn wir diese Sachen gelernt haben, kann es weitergehen. Man muss sich dabei auch aus negativen Sachen heraus weiter entwickeln.
Warum hast Du dir das alles nicht tätowieren lassen?
Für mich sind Tattoos etwas Fremdes im Körper. Die Farbe ist nicht so ohne weiteres wieder wegzukriegen, das möchte ich nicht. Piercings nehme ich raus, dann sind sie weg. Narben sind mein Fleisch und Blut, das ist meins, das ist nichts Fremdes.
Bist du denn jetzt soweit fertig?
Momentan hab ich kein Bedürfnis, weiterzumachen, weil ich auch mit der ganzen Narbendehnung von den neuen Cuttings zu tun habe, die auch nicht ganz schmerzfrei ist. Wenn man auf einmal vom Postboten geweckt wird und ruckartig aufsteht – das ist ein Fehler. Ich arbeite meistens nachts – ich bin selbständiger Maßschneidermeister – und deswegen weckt mich der Postbote.
Das kenne ich gut. Mein uralter Bademantel aus New York ist darum im Treppenhaus schon wohlbekannt. Aber immer noch weniger bekannt als deine sehr geilen Seraphen-Flügel.
Alles Gute und bis zum Wave-Gotik-Treffen 2016!
Distinction of twins and clones on DNA level (ISFG 2001)
Source: Progress in Forensic Genetics (click for .pdf) (B. Brinkmann & Angel Carracedo (eds.)), International Congress Series #1239 (2003):857-859
Discrimination of monocygotic twins (and clones) on the DNA level
Von Daniel Schlieper, Mark Benecke, Andreas Ehlich
Recent DNA typing methods (RFLP, STR, RAPD; e.g. [3]) do not allow discrimination of monocygotic twins. To overcome this restriction, we suggest the use of variable DNA sequences of bone-marrow derived memory B lymphocytes that are likely to be different even in monocygotic twins. Since memory B cells are transported in the blood stream, they can be found in blood stains on crime scenes and checked for a match to the cells of a living pair of twins. The size of the antibody repertoire has been estimated to comprise theoretically up to 1010 specificities [2].
Since each B lymphocyte is endowed with a single antibody specificity, this estimate corresponds to the number of different B cells that can be generated. A major source of antibody diversity in the preimmune repertoire is the stochastic recombination of V, D, and J elements of the immunoglobulin heavy (IgH) chain locus. It takes place in B cell precursors in the bone marrow, and it results in the generation of genes encoding immunoglobulin heavy chains [1,4]. Apart from random selection of V, D, and J elements, diversity is increased by the random addition of non-germline encoded nucleotides (N sequences) and the addition of nucleotides palindromic to the termini of rearranging gene segments (P nucleotides) resulting in extremely diverse stretches of approximately 45 bp.
These stretches should be specific markers to aid forensic differentiation between monocygotic twins because, due to their extreme diversity, they are highly unlikely to be shared by two individuals in the subset of B cells that forms the population of memory cells. Upon stimulation by an antigen, specific B cells are activated. In the germinal centers (in secondary lymphoid organs like spleen, lymph nodes, Peyer's Patches) they proliferate and differentiate into antibody secreting plasma cells and memory cells [8]. At the same time, further diversity is generated by the introduction of point mutations into Ig genes (somatic hypermutation; [10]).
In contrast to naïve, antigen inexperienced B cells, memory cells are clonal. They are long-lived cells [9] and can provide immunity to the specific antigen for decades. Even if two individuals will have undergone an immune response to the same antigen, the pools of memory cells generated are likely to differ due to the variability in naïve B cells that are recruited into the response. This means that from a statistical standpoint, it is unlikely that monocygotic twins will share a majority of identical VDJ stretches in memory B cells. VDJ genes from B lymphocytes in a blood stain can be isolated by PCR and sequenced. Sequences that are derived from memory B cells can be identified by the presence of somatic hypermutations. The PCR primers used are specific for sequences downstream of J and inside of V elements, respectively. This will result in amplification of VDJ regions of all B cells in a given sample. 25% of all amplificates are expected to represent VDJ sequences from memory cells (e.g., [6,7]).
The forensic question to be asked in a case involving monocygotic twins would be: In whom of both twins are memory B cells (i.e. specific VDJ combinations) present that are identical to the ones found in a given stain? Technically, native blood samples of both twins would be taken, and memory B cells would be isolated by fluorescence-activated cell sorting [5]. Then, possible VDJ sequences matching the stain-derived ones would be detected by PCR using primers specific for the sequences in question. If a specific VDJ sequence of one of the twins’ blood cells matches a VDJ sequence in a stain, a possible match is established. Due to the high variance in specific VDJ sequences, false positives are unlikely.
On the other hand, false negatives are possible, as the lack of a specific VDJ sequence in one individual might not exclude this individual: Depending on the size of the memory B cell clone no cell of a given type might be found in an actual sample of native blood. The data needed to calculate the probabilities for the exclusion of the matched twin and for the inclusion of the other twin are not yet fully available. In particular, comprehensive statistical data concerning the diversity of the available B cell repertoire and on the size of memory clones in humans have still to be established. In any case, an important piece of circumstantial evidence might be obtained by our investigation method.
NOTE: Apart from the potential use for forensic purposes, the method described here can also be applied to distinguish individuals within a population of animals, e.g. sheep or cattle. This might be inbred lines, twins, or clones.
Podcast: »DNA 🧬 War Kolumbus Spanier?«
Die ARD Madrid berichtet (oder hat zumindest im März 2025 einen Beitrag bereit gestellt): War Christoph Kolumbus Spanier oder nicht? Das Labor des Kollegen Lorente hat dazu im TV eine neue Untersuchung vorgestellt .
Hier geht es zum Podcast ↓
Meldung des MDR (ARD):
»Christoph Kolumbus stammte einer neuen Theorie zufolge nicht aus dem norditalienischen Genua, sondern aus dem spanischen Mittelmeerraum. Das wollen Forscher der Universität Granada anhand von DNA-Proben herausgefunden haben.
Über die Herkunft des Entdeckers Christoph Kolumbus gibt es eine neue Theorie. Spanische Wissenschaftler der Universität Granada wollen anhand von DNA-Proben des Seefahrers und seines Sohnes herausgefunden haben, dass der Entdecker Amerikas aus dem spanischen Mittelmeerraum stammte. Sie erklärten zudem, das Erbgut seines Sohnes Hernando enthalte auch Merkmale, die mit einer jüdischen Herkunft vereinbar seien. Lange Zeit war angenommen und gelehrt worden, dass Kolumbus aus der italienischen Hafenstadt Genua stammte.
Die spanischen Forscher um José Antonio Lorente erläuterten ihre Theorie von der spanisch-jüdischen Herkunft von Kolumbus in der Dokumentation Colón ADN, su verdadero origen (Kolumbus DNA, seine wahre Herkunft) des spanischen öffentlich-rechtlichen Fernsehsenders RTVE. Das Team hatte zahlreiche Theorien zu Kolumbus' Herkunft überprüft. Unter anderem nahmen die Forscher DNA-Proben von Männern mit dem Nachnamen Colombo in Norditalien, bei denen es jedoch keinerlei genetische Ähnlichkeiten zu Kolumbus gab.
Letztlich kamen Lorente und sein Team zu dem Schluss, dass eine spanische Herkunft des Amerika-Entdeckers am wahrscheinlichsten sei.«
Rätselhafter Leichenfund bei Gröditz
Quelle: sächsische.de, 23. April 2025, 13:28 Uhr
Kriminalbiologe Benecke zum Leichenfund im Güllebecken: „Es gibt kaum Vergleichsfälle dazu“
Der Fall der beiden Gülle-Toten von Spansberg wirft Fragen auf. Einige könnten ungelöst bleiben. Nachgefragt bei Deutschlands bekanntestem Kriminalbiologen Dr. Mark Benecke.
Von Jörg Richter
Seit über 20 Jahren ist Dr. Mark Benecke, Jahrgang 1970, international auf dem Gebiet der wissenschaftlichen Forensik aktiv und hat sich insbesondere der Entomologie verschrieben. Der Kriminalbiologe absolvierte nach seiner Promotion an der Uni Köln diverse fachspezifische Ausbildungen auf der ganzen Welt, so zum Beispiel beim FBI. Als Deutschlands einziger öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger für biologische Spuren untersuchte er unter anderem Adolf Hitlers Schädel. Bekannt wurde er durch Fernsehsendungen, in denen er wissenschaftliche Hinweise zu realen Kriminalfällen gab. Nebenbei veröffentlichte er zahlreiche wissenschaftliche Artikel, diverse Sachbücher sowie Kinderbücher und Experimentierkästen.
Gröditz. Zwei Wochen nach dem Fund zweier Leichen in einem Güllebecken bei Gröditz tappen die Ermittler weiter im Dunkeln. Bisher ist nicht geklärt, um wen es sich bei den beiden Toten handelt. Das bestätigt ein Sprecher der Polizeidirektion Dresden.
Es ist lediglich bekannt, dass es sich bei den Leichen um einen Mann und eine Frau handelt. Wie Feuerwehrleute berichteten, seien die Körper noch relativ gut erhalten gewesen, kurz nachdem sie aus dem Güllebecken mithilfe eines Radladers geborgen wurden.
Sächsische.de fragte bei Deutschlands bekanntesten Kriminalbiologen Dr. Mark Benecke nach, wie genau sich feststellen lässt, wie lange die beiden Toten in dem Güllebecken lagen.
Herr Dr. Benecke, wann und wie zersetzt sich ein menschlicher Körper, wenn er dauerhaft mit Gülle in Berührung kommt?
Das hängt von der Durchlüftung der Gülle beziehungsweise der Schicht-Dicke und der Temperatur ab. Je wärmer es ist und umso mehr Luft an sie kommt, umso schneller zersetzen sich Leichen. In kalter Gülle versunken würde sich ein Körper besser erhalten als in einem flachen See aus Kot, an den Luft und Wärme gelangt.
Auf wie viele Monate oder Wochen genau kann man ermitteln, wie lange die beiden Leichen in der Gülle lagen bzw. schwammen?
Möglicherweise gar nicht. Es gibt kaum Vergleichsfälle dazu.
Bei dem Fall aus Spansberg wird vermutet, dass es sich um ein älteres Paar aus dem Nachbarort handelt. Sie wurden zuletzt zwischen Weihnachten und Neujahr gesehen. Wie weit kann der Zerfall fortgeschritten sein?
Wenn es eine tiefe, kalte, dicke Kot-Schicht war, dann könnten die Leichen noch vergleichsweise gut erhalten sein. Wenn sie durch Aufblähung — Bakterien bilden Gase im Körper — nach oben getrieben sind, können auch Fliegen Eier abgelegt haben. Daraus schlüpfen Maden und diese können bakteriell erweichte Leichen rasch skelettieren. Ich habe auch schon Leichen in Flüssigkeiten gesehen, die oben skelettiert waren und unten, in der Flüssigkeit, noch reich an Gewebe.
Hatten Sie schon mal einen ähnlichen Fall?
Wir hatten beim „ersten“ Tsunami (2004, Anm. d. Red.) einige Nachfragen zu Leichen, die oben, im Teil, der aus dem Wasser ragte, dunkel verfärbt waren. Unten, im Wasser, waren sie aber faulig-feucht. Einen echten Gülle-Fall kenne ich nur vom Kollegen Prokop, dem Leiter der Rechtsmedizin der Charité in Ost-Berlin (Otto Prokop 1921 - 2009, Anm. d. Red.). Der Fall ist in seiner Biografie von mir ausführlicher dargestellt. Prokop beschrieb 1951 den Tod einer Bäuerin, die bäuchlings in einer Jauche-Grube lag.
HorrorCon Germany / Traumatica 2025
HorrorCon Germany / Traumatica im Europa-Park ☺️ Mit knorken Cosplayer:innen, Film-Fans, Aussteller:innen sowie Gast-Stars aus Baden & Hollywood, darunter James Duval (Frank aus Donnie Darko) 🐰, Douglas Tait (Freddy vs. Jason, Hellboy etc.), Alexandra Alex Essoe (Starry Eyes, The Pope’s Exorcist, Doctor Sleeps, Midnight Mass usw.), Leah Voysey (Terrifier 2, A Work of Art – ICE NINE KILLS usw.), Costas Mandylor (SAW 3/3D—6 & 10) und Marcus Nispel (Friday 13th, Texas Chainsaw Massacre) 🏚️ Außerdem erhält Mark ein Tattoo von James ✍🏻 Nebenbei: Vampire, Zombies, Sticker, Tätowierungen, Schilder, Freddy Kru(e)ger, Jigsaw & viele weitere Bekannte 🧛♂️
YPS: Der Herr der Maden
Quelle: Yps, Heft 1263 (1/2014), Seiten 34 bis 36
Er gilt als „Herr der Maden“, untersuchte Hitlers Schädel und half mit, entsetzliche Gewaltverbrechen aufzuklären: Deutschlands bekanntester Kriminalbiologe Dr. Mark Benecke (43) ist Spezialist für forensische Entomologie, wie das Fachgebiet des 43-Jährigen eigentlich heißt, Experte für das Abwegige und erklärter Yps-Fan.
Interview: Andreas Hock
Yps: Was sind Ihre Erinnerungen an Yps?
Dr. Mark Benecke: Ich bin immer zum Kiosk getigert und habe mir alle Hefte gekauft! Nur eine Zeitlang hatte ich einen Groschen zu wenig Taschengeld und konnte nur jedes zweite Yps kaufen. Ein Drama!
Irgendein Lieblings-Gimmick?
Eigentlich mochte ich alles. Nur manchmal habe ich mich geärgert, wenn etwas nicht funktionierte. Etwa der Windmesser fürs Fahrrad. Das war Plastik-Schrott.
Hat Yps Ihren weiteren Berufsweg denn irgendwie beeinflusst?
Ich denke schon. Denn alles, was ich heute gerne mache, kam da schon vor: messen, tüfteln, forschen. Yay!
Sie beschäftigen sich praktisch ausschließlich mit den extremen Auswüchsen der menschlichen Psyche und ihren Folgen. Woher die Begeisterung fürs Abgründige?
Ich arbeite einfach gerne am Rand des Randes, dort, wohin keiner mehr gucken mag. Das finde ich besonders spannend.
Was genau macht eigentlich ein „Kriminalbiologe“?
Zweierlei Sachen. Einerseits bin ich als Spurenkundler tätig und schaue mir vor allem die Insekten an. Danach kann ich beispielsweise sagen, wie lange das Insekt auf der Leiche gelebt hat, was den Todeszeitpunkt bestimmen helfen kann. Oder ich stelle fest, dass die Leiche zunächst nicht an der Stelle gelegen hat, wo sie gefunden wurde. Der Rest des Falles ist mir dabei vollkommen egal. Wenn es aber um den Bereich der Tatortrekonstruktion geht, hole ich mir wie ein Ermittler alle möglichen Infos heran. Dann rede ich mit jedem, der irgendetwas Relevantes wissen könnte. Ich notiere, fotografiere und katalogisiere. Dabei glaube ich aber erstmal gar nichts – nicht einmal mir selbst.
Und wie kann man bei all den furchtbaren Dingen noch ein halbwegs normales Leben führen
Ich betrachte ich das Ganze nicht von einem emotionalen Standpunkt aus, sondern eher rein wissenschaftlich. Wenn ich einen Tatort oder eine Leiche untersuche, dann habe ich dabei keine Gefühle. Schon eher, wenn ich bemerke, dass bei der Aufklärung eines Falles Fehler gemacht wurden und etwa die falsche Person verurteilt worden ist!
Kriegen Sie denn nach Feierabend die Bilder aus dem Kopf?
Ich hasse Feierabend, Urlaub und dergleichen. Außerdem habe ich zum Glück als Bilder nur die Räume oder Wege der Tatorte im Kopf, weiter nix. Sonst wäre es in der Tat ein bisschen anstrengend.
Wenn der kleine Yps-Leser Mark gewusst hätte, was der große Dr. Benecke später macht – was hätte der gedacht?
Et is, wie et is...
Wie erklären Sie sich die wachsende Faszination, die von Gewaltverbrechen ausgeht? TV-Serien wie „Medical Detectives“ oder „Autopsie“, wo Sie ja auch mitgewirkt haben, sind Quotenrenner, und Ihre Vorträge sind voll....
Ich schaue selbst nie fern. Insofern kann ich nicht beurteilen, was den Erfolg oder den Reiz solcher Sendungen betrifft. Aber durch sie ist natürlich schon die soziale Akzeptanz für Berufe wie meinen gestiegen. Und was die so genannte Faszination dafür angeht: Für die meisten Menschen fungiere ich wohl als Puffer, indem ich an einem „neutralen“ Ort von meinen Erlebnissen berichte. Mein Publikum freut sich wahrscheinlich, dass irgendjemand den Drecksjob macht. Oder manche Zuschauer haben selbst einen seltsamen Todesfall erlebt und wollen wissen, wie dann vorgegangen wird.
Was erwartet denn Ihre Zuschauer an einem solchen Abend?
Ein Blick auf das Ungeheuerliche. Es lohnt sich, das Tor zur Hölle mal kurz aufzureißen, um hineinzusehen. Ich mag es nicht, wenn die Leute zuhause auf dem Sofa sitzen, Chips in sich hineinstopfen und dabei eine bessere Welt fordern. Man muss auch mal dorthin schauen, wo es stinkt – und sich fragen, wo die eigene Verantwortung anfängt.
Nämlich?
In meinem Fall dort, wo Gewalttäter etwas tun, das nur sie selbst erklären können. Bevor dieses Wissen einfach untergeht, muss ich doch die Möglichkeit ergreifen, das zu erhalten und Schlüsse daraus ziehen.
Empfinden Sie selbst noch so etwas wie Ekel?
Nein, sonst könnte ich das Ganze ja auch nicht machen! Ich arbeite mit menschlichen Ausscheidungen aller Art – Kot, Sperma, Blut. Ich weiß nicht, was daran ekelhaft sein soll. Den Geruch von frischem Fleisch – etwa beim Metzger – empfinde ich als genauso fies!
Und Angst?
Höchstens vorm Autofahren oder vor einem Hubschrauberflug. Ich bin nicht besonders mutig, aber das hat mit meiner Arbeit nichts zu tun.
Sie haben sich zum Beispiel auch mit dem kolumbianischen Serienkiller Luis Garavito Cubillos befasst, der 300 Jungen zwischen 8 und 13 Jahren getötet haben soll. Haben Sie eine Erklärung dafür, wie jemand so böse werden konnte?
Zunächst gibt es genetische Faktoren. Dann kommt noch die Umwelt hinzu. Bei manchen Mördern findet man wirklich das ganze Programm – Gewalt in der Familie, Alkoholismus, sexueller Missbrauch, geringe Bildung. Andere sind lupenreine Schizophrene. Eigentlich ist also die Tat an sich das Böse und nicht der Mensch, der sie begangen hat. Wobei ich klarstellen möchte, dass ich kein Mitleid mit diesen Tätern habe, im Gegenteil. Ich habe viel mit traumatisierten Kindern und Jugendlichen zu tun, die allesamt schlimme Dinge erlebt haben. Jeder einzelne von ihnen hat mehr Mumm in den Knochen als diese Typen, die immer alles auf ihre schwere Kindheit schieben! Man hat immer die Wahl.
Ist die Welt böser geworden?
Eigentlich ist die Welt durch die ständige Vernetzung und den internationalen Informationsaustausch sogar besser geworden: Je mehr kulturellen Kontakt die Menschen haben, desto toleranter sind sie im Grunde. Einzig durch sozioökonomische Umstände wird das Aufkommen von Straftaten gesteigert.
Sie ernähren sich vegetarisch. Aus beruflichen Gründen?
Nicht unbedingt. Aber ich habe ja tatsächlich viel mit den detaillierten Überbleibseln von Gewalt zu tun, etwa mit Blutresten und verwestem Fleisch. Im Klartext: Bei einem Stück Schinken sehe ich das gleiche Leichengewebe vor mir wie an einem Tatort. Das kann ich offensichtlich nicht mehr ausblenden. Was kurios ist: Ursprünglich wollte ich eigentlich Koch werden!
Sie wollten also niemals mit Maden zu tun haben?
Nein. Aber ich war schon immer der kauzige Junge mit dem Chemie-, Physik- und Detektivkasten. Und mit Yps natürlich.
Mit herzlichem Dank an Andreas Hock und die Yps-Redaktion für die Freigabe und die Genehmigung zur Veröffentlichung.
Film: Sterben ohne Gott (2024/5)
Barnsteiner Film., Deutschland, 2024/2025
Filmstart in Deutschland: 13. März 2025
Regie & Buch: Moritz Terwesten
Mitarbeiter:innen: Scherwin Hosseini, Christopher Uhring, Abdel & Salah Lamar
80 Min, FSK: Ohne Angabe
Mit: Mark Benecke, Lawrence Krauss, Franz Josef Wetz, Sheldon Solomon, Jörg Buttgereit, Wolfgang M. Schmitt & Eric Wrede
Der Tod, das unausweichliche Ende des Lebens, ist in einer modernen Welt, in der er zunehmend aus dem alltäglichen Bewusstsein verschwunden ist, zu einem Thema der Unterhaltungskultur geworden.
In Krimis, Horrorfilmen und Actionthrillern suchen wir den Nervenkitzel, die „kontrollierte Angst“.
Doch wie gehen wir mit unserem eigenen Tod um, der uns irgendwann einholt? Wie reagiert der moderne Mensch, dem Gott längst als veraltetes Konzept erscheint, auf die unaufhaltsame Realität seines eigenen Todes und den Verlust seiner Liebsten?
Kinder- und Jugend-Buch
Wave Gotik Treffen (WGT): Festspiel der Geister / Festival of Spirits and Spectres
Quelle: Black Celebration. 20 Jahre / 20 years Wave-Gotik-Treffen (pdf) Plöttner Verlag, Leipzig, Juni 2011
Von Mark Benecke
Deutsche Version: Festspiel der Geister
Als ich zum ersten Mal auf den nassen, grottengrau zerfurchten und rostigen Vorhof der Agra trat, fühlte ich mich zum ersten Mal im Leben zu Hause. So wie andere Menschen in einen Alptraum hinein erwachen, wenn sie fieberkrank die Augen öffnen und nichts mehr wissen, so erwachte ich ins Paradies. Alles war schwarz, alles war laut, alle waren völlig gestört und das Chaos war unübersehbar. Wie wunderschön.
Der große Unterschied des WGTs zu Parties, auf denen die Garderobe mit vierhundert schwarzen Mänteln bestückt ist (schon erlebt, auch cool) oder Festivals, die unter der tausendfach verfluchten Sonne auf Riesenflächen stattfinden, ist eben der: dass in Leipzig jeder vier Tage lang macht, was ErSieEs will. Das gilt sowohl für die Künstlerinnen als auch die Veranstalter, die sich so dermaßen nicht reinreden lassen, dass ihre Standfestigkeit schon fast gruselig ist. Doch davon erfährt keiner was. Bis vor Kurzem gab es noch nicht einmal einen englischsprachigen Wikipedia-Eintrag zum Wave-Gotik-Treffen. Ich habe überlegt und es dann gelassen. Wer außer den TeilnehmerInnen soll schon verstehen, was dort seit zwanzig Jahren passiert?
Dass sich Menschen wirklich in fast mittelalterlichen Seifen-Zubern säubern, um sogleich wieder in den Schlamm zu steigen, dass Vampyre nachts auf weichem Rasen lagern, dass sich knallrosa Polyester-Locken aus Cyberköpfen winden oder blasse Gothic-Lolitas ihre sexuell verirrten FreundInnen an die Kette legen, während Oldschool-EBMler mit Zahnrad-Shirt die Fassung zu wahren versuchen, während um sie herum die vierte und fünfte Generation mal wieder nichts als Quatsch macht und auf dem Zeltplatz zu viel säuft, anstatt den alten Göttern auf der Bühne zu huldigen: Das begreift keiner, der nicht tief eintaucht.
Apropos Bühnen. Dass die so weit auseinander liegen, bürdet den ZuschauerInnen nervtötende Reisen auf, vor allem, wenn sie kein Geld für ein Taxi oder wahlweise viel Zeit oder reiche Gönner haben. Daher lassen viele WGT-Gänger das Hin- und Herreisen einfach bleiben und schnallen sich auf einem der zahlreichen Gelände fest. Oder sie kleiden sich tagelang in den Agra-Shops ein, kaufen Bücher oder lassen sich Aufsteckzähne oder Halsbänder anpassen. Oder sie quatschen nur Nacht um Nacht mit ihren Buddies. Sinn ergibt das nicht, denn eigentlich ist das WGT ja das schwärzeste Musik-Festival der Erde. Macht aber nix. WGTler ziehen eben hin und ziehen her, doch irgendwann zieht niemand mehr. Dieser Moment der Ruhe und Einsicht ist schon fast religiös: Es ist der völlige Einklang mit den vielen schwarzen Subkulturen nebst der Einsicht, wie stark sie schillern — ohne dass irgendwer da draußen das wahrnimmt.
Zwar beschlossen auch die Boulevard-Medien ab 2009, dass Gruftis die FreundInnen Leipzigs seien, weil sie so eine prima Pensions- und Hotel-Auslastung besorgten sowie am Bahnhof durch unerwartete Höflichkeit auffielen. Dennoch gelangte bisher kaum Inhaltliches vom WGT nach außen. Auch wenn es abgedroschener nicht sein kann — ich sehe wirklich die tausenden Schuppen der schwarzen Schmetterlingsflügel, wenn ich durch die WGT-Menge treibe. Doch im Dunkeln ist die Sicht halt schlecht, wenn man es nicht gewohnt ist.
So kommt es, dass der Rest der Welt sich eben nicht für schwarze Subkulturen interessiert. Letztlich ist das WGT auch das Festival der Traumatisierten, der Ausgestoßenen, der Kinder, die früher zu mild oder zu strange oder zu zurückgezogen waren, als dass sie Fußball hätten lernen oder Tiere als Eigentum betrachten können. Gruftis grübeln und zweifeln halt lieber, anstatt sich an die brachialen oder — Gott bewahre — bunten Fronten zu begeben. Manche wachsen heraus, andere nicht. Oh, sagte ich Gott? Entschuldigung.
Dazu passte einer der für mich bewegendsten Vorträge, bei dem meine Ex-Frau [...] und ich als Redner über Serienmord hinterher durch viele Anfragen feststellten, dass nicht nur viele Opfer von Missbrauch, sondern auch eine Anzahl von möglichen Tätern im WGT-Publikum saß. Dass ich trotz dieser ansonsten luftabschneidenden Gedanken AGONOIZE krachen lassen und ausnahmsweise sogar EMILIANA TORRINI auf der Leinwand durch den Dschungel toben lassen wollte, durfte und konnte, zeugt von der sprichwörtlichen Toleranz und, auch wenn der Begriff eigentlich nicht so richtig passt — extremen Coolness der Szene.
Natürlich bitchen auch Elektroheads über Guitarrenmusique, EBMler über blutende Engel mit samtenen Tränen und überhaupt alle über alle, ganz wie in jedem anderen Kleingartenverein. Doch auch dabei herrscht wieder ein großer Unterschied zum Rest der Welt: Die harten Kämpfe bleiben in den schwarzen Szenen aus und die Bitterkeit im eigenen Herz. Manchmal heilt sie, wie gesagt. Manchmal aber auch nicht. Das WGT ist daher für mich ein großes Treffen von Phantomen, Geistern, Elfen, Monstern und Gespenstern, die miteinander wispern und flüstern, anstatt zu brüllen und zu kloppen.
Dass dabei regelmäßig meine Kofferrollen von den schrottigen Granitplatten der Leipziger Bürgersteige zerschunden werden, dass die Bändchenausgabe mal klappt und mal nicht, dass der schwarze Nagellack zumindest in der Agra zu teuer verkauft wird und dass die Toilettenräume von sehr eigentümlichen Wesen, oft genug undefinierbaren Geschlechts, bevölkert werden — all das ist Teil der Tatsache, dass beim WGT etwas ganz Besonders vonstatten geht — nämlich das Outing von Menschen, die andernfalls so unauffällig sind, dass man sie niemals gefunden hätte, wenn, ja wenn, es das WGT nicht schon seit zwanzig Jahren gäbe. Danke schön.
English Text Version: Festival of Spirits and Spectres
Festival of Spirits and Spectres
When I walked through the wet, grey and rusty forecourt of Agra for the first time, I felt at home for the first time in my life. Unlike other people who, from being sick of fever; awake into a nightmare when they open their eyes and know nothing more, I woke up in paradise. Everything was black, everything was loud, everyone was completely deranged and the chaos was obvious. How beautiful.
The big difference between the WGT and parties where the cloak-room is filled with four hundred black coats (already experienced, also cool) or festivals which take place at an open air venue under the thousand times cursed sun, is namely that in Leipzig everyone does what he/she/it wants for four days. This is true for the artists as well as the organisers, who couldn't care less about others' opinions, so much so that their steadfastness is almost scary. Although nobody realises this. Until a short time ago, there wasn't even a single English language Wikipedia entry about Wave-Gotik-Treffen. I thought about it and then did nothing. Who other than the participants could understand what has been taking place there over the last twenty years?
That people scrub themselves clean in practically medieval wooden bathing tubs, just to step directly back into the mud, that vampyres spend the evenings hanging about on soft lawns, that bright pink polyester curls creep out of cyber-heads or pale gothic lolitas lead about their sexually confused boy/gir/friends on leashes, while old school EBM fans with cogwheel-shirts try to keep their balance, as all around them the fourth and fifth generations just fool around and drink too much at the camp ground rather than worship the old gods on the stage: anyone not deeply immersed could not comprehend this.
Speaking of stages. Since they are so far apart from one another, the concert goers are forced into nerve wracking journeys, especially if they have neither money for a taxi nor enough time nor wealthy patrons. Therefore many WGT-attendees refuse the travelling to and fro and just stay put at one of the numerous venues. Or they dress themselves all day at the Agra-shops, buy books or get fitted for removable fangs or collars. Or they stay up night after night just chatting with their buddies. This is somewhat senseless considering that the WGT is the darkest music festival in the world. But it doesn't matter. WGT'ers move about here and there, but at some point none of them moves anywhere. This moment of tranquility and insight is almost religious: It is the cornplete harmony between the many dark subcultures combined with the insight of how much they sparkle - without anyone from the outside taking notice.
However, the tabloids decided from 2009 on that Goths are friends of the city of Leipzig, because they are known for thoroughly booking the pensions and hotels to juli occupancy and for their unexpected courtesy at the train station. Yet even so the inner lift of the WGT is still not visible from the outside. Although it could not be anymore trite - I really do see the thousands of scales of the black butterfly's wings when I drive by the masses of WGT. But in the dark, the view is just obscured if one is not accustomed to it.
So it happens that the rest of the world is just not interested in dark subcultures. Ultimately, the WGT is also the festival of the traumatised, the outcasts, the children who used to be too mild or too strange or withdrawn when they were scheduled to learn how to play football or to regard animals as property. Goths prefer to brood and doubt rather than defecting to the brachial or - God forbid - colourful front. Some grow out of it, others do not. Oh, did I say God? Sorry.
For me this goes along with one of the most moving lectures when my former wife and I, speaking about serial murder, found after many inquiries that not only many victims of abuse, but also a number of possible suspects sat in the WGT audience. That despite this otherwise breath taking realisation, I wanted to, ought to, and could rock with AGONOIZE and in exceptional cases even rave with EMILIANA TORRINI on the screen through the jungle, begets the proverbial tolerance and, even if the term really does not fit right - the extreme coolness of the scene.
Naturally electroheads bitch about guitar music, EBM fans about bleeding angels with velvet teardrops and in general everyone bitches about everyone else, just the same as in any gardening club. But here there is a big difference compared to the rest of the world: hard fighting fails to appear in the dark scene and the bitterness remains inside one's heart. Sometimes it heals, as I said. But sometimes not. The WGT is therefore for me a big gathering of phantoms, spectres, elves, monsters and ghosts, whispering and murmuring to each other, rather than yelling and striking out.
That my suitcase will be regularly abused and battered by the granite plates of the Leipzig sidewalks, that the issuing of wristbands will sometimes function and sometimes not, that the black nail polish, at least in the Agra, will be too expensive and that the toilets will be populated by creatures of a very peculiar nature and often enough of indefinable gender - all of this is apart of the fact that the WGT is about something special - namely tke coming out of people who are otherwise so inconspicuous that they would have never been found, if, yes if, the WGT hadn't already existed for twenty years. Thank you.
Mark & Ines: Südstadt (Severinsviertel Köln) 🏡
Fotos von Richard Bargel
→ Gespräch zwischen Mark und Bestatter Christoph Kuckelkorn
→ Mit Mark durch die Kölner Südstadt
Die Erfindung des Menschen
Quelle: Tätowiermagazin 5/2007, Seite 9
Ausstellung von Stannes Schwarz im "Tatau Obscur" (Berlin)
VON MARK BENECKE
Sowas gibt’s nur in Berlin: Berit lud ihren alten Freund Stannes ein, seine aquarellierten Bilder von echten Präparaten in ihrem hochschicken und riesengroßen Studio “Tatau Obscur” auszustellen.
“Monatelang saß ich in den Archiven des Medizinhistorischen Museums der Charité”, berichtet der Künstler. “Je länger ich die Präparate, eins nach dem anderen, zeichnete, desto mehr sah ich nicht mehr das Ausgestoßene und Besondere in ihnen, sondern die Gemeinsamkeit: Die Kinder scheinen Gefühle widerzuspiegeln.”
Gefühle bei toten Pathologie-Objekten? Je länger sogar das künstlerisch ungeschulte Auge (beispielsweise meins) hinsieht, umso mehr wandeln sich die Zeichnungen Toter tatsächlich zu einem Blick auf lebende Menschen. “Diese zwei Brüder hier”, erklärt Stannes, “sind miteinander verwachsen und innig umarmt, aber ich meine, dass einer hinter seinem Rücken schon die Faust ballt. Der hier sieht im wahrsten Sinne des Wortes verstreut oder zerstreut aus, und dieser hier wirkt wie ein selbstzufriedener Pfennigfuchser. Der hier scheint voller Zorn zu sein und diese beiden dort wollen sich wohl beschützen.”
Die teils über hundert Jahre alten Präparate sind in der öffentlichen Sammlung der Charité meist nicht zu sehen. Dennoch hat Präparatorin Navena Widulin sie in den letzten Jahren kunstvoll hergerichtet und wirkt damit dem gruseligen Touch eines Horrorkabinettes von vornherein entgegen. “Stannes hat mit viel Geduld fast alle Kinder-Präparate unserer Sammlung gezeichnet”, erinnert sie sich. “Jetzt, wo die Bilder hier an der Wand von “Tatau Obscur” hängen, erinnern sie mich an die Tätowier-Vorlagen und -Fotos, die in vielen Studios im Eingangsbereich hängen”, sagt Navena. “Allerdings erkenne ich auf den Bildern immer noch mein jeweiliges Präparat wider und weniger die darüber hinaus weisenden Gefühle.”
Doch diese Gefühle sind wohl vor allem symbolisch zu verstehen -- so wie die Zeichnungen auch in empfundenen, aber nicht den wirklichen Farbtönen der Originale gehalten sind. “Tätowierungen spiegeln ja auch starke Empfindungen wider”, meint Studiobesitzerin Berit. Für mich geht es in der Ausstellung daher auch darum, dass wir Menschen unsere Körper immer perfekter stylen wollen. Dieser Wunsch bewirkt, dass Kinder mit solchen Fehlbildungen gar nicht mehr geboren werden.”
“Die sehr emotionalen Reaktionen”, ergänzt Berit, “die man als Tätowierter noch immer erhält, ähneln außerdem stark den Gefühlen der Betrachter der Zeichnungen von Stannes. Meist ist es eine rein vordergründige Ablehnung, die sich nur an äußeren Formen festmacht. So können Tätowierte genauso wie die hier dargestellten Kinder zu Outcasts werden, ohne dass man sich mit ihnen beschäftigt hat.”
Wer den ungewöhnlichen Kontrast von Deutschlands wohl schickstem Tätowier-Studio und den pathologischen Präparaten auch nach Ende der Ausstellung noch erleben will, kann bei einem Abstecher in die Hauptstadt jederzeit zuerst bei Berit und dann im Medizinhistorischen Museum der Charité vorbei schauen (oder natürlich auch umgekehrt ;) ). Ein Kontrast, den es wirklich nur in Berlin gibt.
Meeresschützertag 🌊
Sonntag, 13. April 2025, Uni Bremen | Keksdose
Auf nach Bremen Der neue Vortrag 'Time is up': Wasser 💦
»Wir freuen uns sehr, Dr. Mark Benecke, den bekannten Kriminalbiologen und faszinierenden Sprecher, beim Meeresschützertag in Bremen begrüßen zu dürfen!
Unter dem Titel „Time is up: Leben & Wasser“ wird Dr. Mark Benecke spannende Einblicke in die Bedeutung des Wassers für das Leben geben und zeigen, wie dieses essentielle Element unser Leben beeinflusst – von der Kriminalbiologie bis zur Umweltforschung.
Seid dabei, wenn er uns mit fundierten Fakten und wissenschaftlichen Einblicken auf den neuesten Stand in Bezug auf Biologie und Klima mitnimmt! Merkt euch den Termin vor – das dürft ihr nicht verpassen!«
Mit der Cpt. Paul Watson Foundation
Zu Gast sind unter anderem:
→ Dr. Mark Benecke
→ Julian Münster und Oliver Feist von Stop Finning
→ Janek Andre von WeWhale & Iberian Orca Guardians
→ Sofian Zerelli von FishAct
→ Martin Metzger für die Gesellschaft zur Rettung der Delfine & Voice of the Seas
Außerdem wird Captain Paul Watson per Videokonferenz zugeschaltet!
HEIDI X DRACULA 🌄 lit.cologne 2025
Wohl eine der schrägsten Veranstaltungen, an denen ich je teilnahm: Was Dracula mit Heidi zu tun hat 🧛♀️
Deine Welt sind die … Särge!? Wie viel „Dracula“ steckt in „Heidi“?
Mark Benecke, Peter Otto Büttner und Mavie Hörbiger über zwei Ikonen der Weltliteratur
Moderation: Tobias Rüther
Beide sind legendär:
Heidi, das Mädchen aus den Schweizer Alpen, und Dracula, blutsaugender Graf aus den Karpaten. Und beide wurden zu Ikonen der Popkultur. Welche Parallelen gibt es zwischen Spyris Werk und dem großen Roman aus der Feder von Bram Stoker (1847–1912)? Haben Fräulein Rottenmeier, Clara, der Alm-Öhi und Dracula mehr gemeinsam als wir ahnen?
Peter Otto Büttner ist Experte für „Heidi“ und arbeitet daran, dass Johanna Spyris (1827–1901) Geschichte endlich ernst genommen wird und einen neuen kulturellen Stellenwert bekommt. Er ist Präsident der Heidiseum Stiftung und Direktor des Heidi-Archivs.
Mark Benecke ist forensischer Biologe und hat eine große Leidenschaft für jegliches Abgründige, insbesondere für die blutsaugenden Nachtgestalten, die Vampire. Er ist Vorsitzender der internationalen Dracula-Gesellschaft und Mit-Produzent des Filmes 🧛🏾 Beide entdecken Weltliteratur neu. Mavie Hörbiger liest aus „Dracula“ und „Heidi“.
Freitag, 28. März 2025, 20:00 Uhr
Stadthalle Köln, Jan-Wellem-Str. 2, Köln-Mülheim
Was Mark Benecke zum Thema Blut zu sagen hat
Quelle: Gießener Allgemeine, Gießen, 7. März 2025
Von Barbara Czernek
Gießen (bac). Wer es wenig blutig mag, der ist bei Dr. Mark Benecke, Kriminalbiologe, Spezialist für forensische Entomologie, Autor, Politiker und Schauspieler an der richtigen Adresse. Er gehört zu den bekannten Gesichtern, wenn es um Fragen der Forensik geht. Mit seinen Wissenschafts-Programmen »Insekten auf Leichen« oder »Blutspuren« füllt er große Säle, so auch am Donnerstagabend die beiden Säle der Kongresshalle.
In der Reihe »Blutspuren« geht es darum, welche Aussagen man anhand von Blutspuren treffen kann: Passt die vorgefundene Spurenlage zu den weiteren Informationen und Aussagen der Beteiligten Personen oder nicht? Seine Maxime lautet: »Nicht meinen, sondern messen« Benecke geht rein wissenschaftlich vor, die entsprechenden Beurteilungen und Auslegungen überlässt er seinen Auftraggebern. Daher bekam das Publikum von den vorgestellten Fällen auch nur die Informationen mitgeteilt, die für die Erläuterung und Spurenlage notwendig waren. Das mag enttäuschend für einige gewesen sein, die sich vielleicht mehr Crime-Stories erhofft hatten. Jedenfalls verließen immer wieder Personen den Saal.
Die Bilder, die er zeigte, waren jedenfalls nichts für schwache Nerven. Ob ein großer Blutfleck an einem Bretterzaun, ein blutverschmiertes Bad oder Blutspuren im Flur: Anhand dessen deckte er auf, ob die Behauptungen der Täter oder Opfer zutreffen oder nicht.
Zwei spektakuläre Fälle hatte er im Gepäck: 2004 wurde der 26-jährige Amerikaner Nick Berg vor laufenden Kameras von Mitgliedern von Al-Kaida enthauptete. Benecke sollte prüfen, ob dieses Video echt oder fake sei. Er suchte nach entsprechenden Quellen von Enthauptungen, um zu prüfen, ob die gefilmten Bewegungen der Person realistisch seien. »Da muss man einfach mal Leute fragen, die sich mit so etwas auskennen«, meinte er trocken. Da es diese Hinrichtungsmethode in Deutschland nicht mehr gibt, hat er sich umgeschaut, wie in anderen Ländern und Religionen Tiere geschlachtet werden und wurde fündig. Ergebnis war, dass die gefilmten Vorgänge der Hinrichtung realistisch waren. Der zweite bekannte Fall war die Ermordung von Nicole Brown, der Ex-Frau von O.J. Simpson. Er zeigte auf, wie Simpson zwar anhand der Spurenlage überführt wurde, jedoch von der Jury freigesprochen wurde.
»Wir kämpfen nicht für eine Seite, sondern nur für die messbare Wahrheit«. Damit räumte er zugleich auch mit gewissen Mythen auf, die sich um seinen Beruf als Forensiker ranken. »Zum Feststellen, wie der Blutverlauf war, nehmen wir keinen Laser, sondern Wollfäden und Tesa-Film«, sagte er. Für andere Ausrüstungsdinge fehlten die Geldmittel. Da dieser Beruf längst nicht so spannend sei, wie in Krimi-Serien wie »CSI« dargestellt, fehle auch der Nachwuchs.
Dr. Benecke ist ein besonderer Mensch. Er ist bekannt durch seine zahlreichen Fernsehauftritte wie »Autopsie - Mysteriöse Todesfälle«, »Akte Mord« (RTL II) und »Medical Detective«s (VOX), dennoch macht er kein besonders Aufheben um seine Person. Er saß neben der großen Bühne vor seinem Laptop und warf die Bilder auf die beiden Leinwände. Wer ihn nicht kannte, der konnte diesen dunkel gekleideten Menschen leicht mit einem Technikmitarbeiter verwechseln. Seine Präsentation gestaltete er wie einen Vortrag vor Studenten ohne Schnickschnack, aber mit strikten Vorgaben. Er mochte keinerlei Störungen und forderte die volle Aufmerksamkeit seines Publikums. Wenn jemand den Saal verlassen wollte, dann stoppte er (»Wir machen jetzt eine kurze Pause, kein Problem«) und er begann erst wieder, wenn die Personen den Saal verlassen hatten. Darauf hatte er zu Beginn aufmerksam gemacht. Strenge Regeln, die er durchzog.