Autismus: Total-Verweigerung (PDA) & Kleinkinder mit unerwarteten Gewohnheiten

Mark und Ines sprechen über die angeblich totale Verweigerung jeder von außen an Autisten:innen und Autisten herangetragene Aufgaben, der so genannten PDA (Pathological Demand Avoidance). Dabei sollen alle Aufgaben, die von außen vorgeschlagen oder eingefordert werden, abgelehnt werden, sogar solche, die früher einmal Spaß gemacht haben. Obwohl das ganze kein offizielles Krankheitsbild ist, lesen wir sehr viel davon in den Autismus-Gruppen. Unsere Gedanken dazu könnt ihr nun hier anhören. Im Hintergrund flackern Nordlichter✨

"Mein Kind spielt alleine, hört nicht auf Erklärungen, wiederholt immer dasselbe, sortiert gerne, heult, wenn andere laut lachen und schleppt eine leere Zahn-Pasta-Tube mit sich herum. Was ist da los?" 👶 Mark & Ines antworten auf eine Frage von vorgestern in der prima Facebook-Gruppe "Autismus-Spektrum: Offener Austausch für alle Interessierten".

Podcast: Fall Raven Vollrath (Live Radio Tirol)

Podcast mit Mark → Tirol: Wahre Kriminalfälle, über die Tirol spricht. Life Radio Tirol präsentiert die spannendsten Fälle der Tiroler Kriminalgeschichte. Life Radio Tirol Redakteur Philipp Granbacher spricht mit Ermittlern, mit Journalistenkollegen, Vertretern der Staatsanwaltschaft oder auch mit Angehörigen. Heute: Ein geschlossener Akt. Ein Fall, den niemand mehr anfassen will. Doch Maryon und Günter Vollrath geben nicht auf. Sie kämpfen gegen ein System, das sie längst abgeschrieben hat. Wie überzeugt man einen Anwalt, der den Fall ablehnt? Wie bringt man einen Journalisten dazu, hinzusehen? Gemeinsam gelingt es ihnen, den Akt „Raven Vollrath“ wieder zu öffnen. Was folgt, ist ein Wettlauf gegen die Zeit, voller Rückschläge und unerwarteter Wendungen. Am Ende steht ein Prozess, bei dem alles auf dem Spiel steht. Und obwohl die Chancen gleich null sind, gelingt ihnen das Unmögliche: Gerechtigkeit. 

Hitlers Erbgut (DNA): Kallmann-Syndrom

Neues zu Hitlers Schädel und Erbgut (Auf dem Foto seht ihr mich in Moskau mit einem Schädel-Stück von Hitler und der Sofa-Lehne, auf der er sich und seine Ehe-Frau erschossen hat.)

»Sa, 15.11.2025, Geschichte Fernsehen Medizin Forschung Wissenschaft Medien DNA:  Hitlers Blut im Labor - Kriminalbiologe sieht valide Probe /  Britische Forscher wollen aus einer alten Blutprobe Hitlers neue Rückschlüsse über den Nazi-Diktator und seine sexuelle Gesundheit ziehen. Doch wie belastbar sind die Erkenntnisse? 

London (dpa) - Der bekannte Kriminalbiologe Dr. Mark Benecke schätzt die in einer britischen Dokumentation verwendete Blutprobe zur Analyse von Adolf Hitlers DNA als valide ein. Die Probe in dem Film «Hitler's DNA: Blueprint of a Dictator» stammt von einem Sofa, auf dem sich der Diktator im Führerbunker erschossen haben soll. Er habe von einer anderen Stelle, der seitlichen Lehne, ebenfalls einen Abrieb gemacht, sagte Benecke der Deutschen Presse-Agentur.

Benecke hatte im Moskauer Staatsarchiv Zugriff auf diesen Teil des Sofas. In der Dokumentation wird zur Sequenzierung der DNA ein Stofffetzen mit Blut verwendet, der inzwischen in ein US-Museum gelangt ist. Er soll im Führerbunker von einem US-Soldaten gesichert worden sein. Hitler hatte sich am 30. April 1945 das Leben genommen. Der Beweis, dass das Blut auf dem Sofa Hitlers Blut ist, soll bereits 2008 durch einen Vergleich mit der DNA eines Mannes mit gemeinsamen Vorfahren väterlicherseits erbracht worden sein, berichteten mehrere britischen Medien begleitend zur Dokumentation, die an diesem Samstag im Vereinigten Königreich ausgestrahlt wird.

Den Berichten zufolge kommt das Forschungsteam der Doku zu der Analyse, in Hitlers Erbgut Hinweise auf das Kallmann-Syndrom entdeckt zu haben. Bei Menschen mit diesem Syndrom bleibt die Pubertät aus oder verläuft nicht vollständig. Bei Jungen entwickelt sich daher zum Beispiel nur wenig Körperbehaarung, der Stimmbruch kann ausbleiben. Auch die weiteren Geschlechtsmerkmale können sich nicht wie üblich bei Erwachsenen ausbilden.

Betroffene können außerdem nichts riechen oder ihr Geruchssinn ist stark vermindert. Bekannt sei, dass Hitler starken Mundgeruch hatte, diesen aber offensichtlich nicht selbst wahrgenommen hat, sagte Benecke. Hitler sei nahe an andere Menschen herangegangen und habe beispielsweise Witze erzählt. «Das hätte er vielleicht nicht gemacht, wenn er es selbst gerochen hätte», sagte der Sachverständige für biologische Spuren.«

Mit freundlicher Genehmigung der dpa 

Die Akte der magischen Zeichen

Quelle: YPS Nr. 1284, 1/2025

→ Hier gibt es den Artikel als .pdf

Eine universal-kriminalistische Untersuchung alter Yps-Ausgaben mit Mark Benecke.

Die Uhr zeigt zwölf Uhr Mittag, als der vielgefragte Kriminalbiologe und Comic-Fan Mark Benecke die Räume der Yps-Redaktion betritt. Beim Anblick dieses Einsatzortes kann er sich ein Lächeln nicht verkneifen. Mit schnellen Schritten läuft er auf seinen heutigen Tatort zu: ein Tisch, auf dem fächerartig alte Yps-Ausgaben ausgebreitet sind, die den Duft der Kindheit verströmen.

Im Hintergrund wird eine Kaffeemaschine gereinigt. Sie tönt wie eine Dampflokomotive. Die Aufzeichnung dieser Yps-Untersuchung muss warten, bis sich der Lärm der Säuberung legt.

Der Kriminalbiologe verliert derweil keine Zeit beim Eindrücke-Sammeln und steckt schon mitten in der gegenseitigen Befragung mit den anwesenden Yps-Redakteuren. Er erzählt ihnen, wie er als kleiner Junge zum Kiosk von Frau Michelmann in Köln-Zollstock gelaufen ist, um sich Yps-Hefte zu kaufen. Für jede Ausgabe hat das Geld in der Tasche nicht gereicht, aber für fast jede zweite. Mark ist also schon sehr früh mit Yps in Berührung gekommen und vorbelastet.

Das äußert sich sofort: Er schwelgt spontan in Erinnerungen an viele Gimmicks von damals. Eins interessiert ihn besonders: Eine Art Moosgummi-Maschine, aus der ein 10-Mark-Schein herauskam. Es war nicht die populäre Geldmaschine, die vorgab, ein leeres Papier in einen Geldschein zu verwandeln. Mark suchte privat lange nach dem einzigartigen Gimmick seiner Erinnerung, er hatte schon die Befürchtung, dass manch einer ihn für verrückt hält. Die Yps-Redaktion tut das nicht, sie nimmt sofort Nachforschungen auf: Sie stößt dabei auf die Zauberbrieftasche für Geld-Hexereien aus Yps Nr. 373.

Doch weiter führen die Ermittlungen nicht, denn just in dem Moment entdeckt Mark unter den vielen Ausgaben ein weiteres Gimmick, das ihn in seine Kindheit katapultiert. Er zeigt darauf: „Hier hat mich der totale Flash gepackt“ Die Wunderschrumpffolie – genau die hatte ich! Ich habe mir daraus eine Pif-Anhänger gemacht!“

Seine Begeisterung ist zu spüren. Ein Zeitfenster der Gefühle von damals ploppt auf. „Mit Yps war ich in meiner eigenen Welt, für die sich andere gar nicht so sehr interessiert haben!“ Er ist sich sicher, in dieser Phase ein leidenschaftlicher Comic-Fan geworden zu sein, und gesteht: „Es wurde ein Spezialinteresse von mir, das auch gefährlich sein kann. Zum Beispiel, wenn man alle Ausgaben einer Serie sammeln will. Das musste ich mir sofort abgewöhnen.“ Heute liest er immer noch viele Comics und verschenkt Exemplare auch an Bibliotheken, damit sie weitergelesen werden können.

Die anwesenden Redakteure fragen nach, ob Yps bei Mark als Kind auch den Forschergeister geweckt hat. Doch das beurteilt der Forensiker anders: „Yps hatte nicht nur eine kurzfristige, sondern auch eine langfristige Wirkung aufs Gemüt.“ Das belegt er auch umgehend: „Ich trage erstaunlicherweise noch viele Dinge mit mir, die es früher auch als Gimmick bei Yps gab!“ Seine Hände greifen in eine der vielen Jackentaschen und er zaubert eine Pfeife und ein Lupen-Set heraus.

Letzteres sieht aus wie ein Schweizer Taschenmesser: viele unterschiedliche Gläser, die übereinander geschichtet sind und sich auseinander spreizen lassen. Damit vergleicht er die Vergrößerungsleistung des Gimmicks aus der Ausgabe Nr. 511: dem Insekten-Mikroskop, das vor ihm auf dem Tisch steht. „Nicht schlecht“, befindet er. Noch begeisterter ist er aber von der Trägerschale des Gimmicks. Es hat eine Einbuchtung, damit die zu untersuchenden Tiere nicht gequetscht werden. „Eine clevere Lösung“, befindet Mark und nimmt gleichzeitig die abgedruckten Insekten der Ausgabe unter die Lupe: „Das hier ist eine Assel, – kein Insekt. Insekten haben sechs Beien, macht aber nix! Dafür ist daneben eine sehr schöne Goldfliege! Großartig! Und eine Waldameise.“ Der Kriminalbiologe ist auf der Suche nach weiteren Details, die es zu entdecken gibt: „Hier steht, dass die Kinder die Insekten nach der Beobachtung freilassen wollen. Sehr gut.“

Mit der Lupe in der Hand geht die Spurensuche weiter. Der auf Kleinigkeiten geschulte Blick des Forschers wandert erneut über die vor ihm ausgebreitete Sammlung alter Yps-Ausgaben. Jedes einzelne Objekt kann der Forscher mit einer Geschichte verbinden und er fragt sich, wie das möglich ist. Wurde das so vorbereitet? Und falls ja, wer wusste, mit was sich Mark vor Jahrzehnten im Kinderzimmer befasst hat? Sein Finger zeigt auf die Ausgabe mit dem Überlebens-Set: „Haargenau dieses Hemd habe ich bei meinem ersten Auslandseinsatz 1994 auf den Philippinen getragen!“ Freudestrahlend und mit fragendem Blick nimmt der das Heft in die Hand. Der anwesende Redakteur, der den Tatort vorbereitet hat, beschwört, dass die Auswahl der Magazine etwas Zufälliges hat, und bittet ihn, das Gimmick „Überlebens-Set“ genauer anzuschauen und auf seinen Zweck zu prüfen.

Mark nimmt das Gimmick in die Hand: „Ein Morsespiegel, ein Brennglas, eine reißfeste nylonschnur, Verbandpflaster und Traubenzucker…“, nach einer kurzen Pause merkt er auf: „… tatsächlich, unser Sport- und Englischlehrer, Herr Mevenkamp, hat damals gesagt, dass Traubenzucker zum Überleben eine gute Sache ist. Nicht nur, dass man dann auf einmal wieder Energie im Blut und im Körper hat, es reicht schon der Glaube daran.“

Er blättert durch die Zeitschrift. Die Leserpost von damals hat es ihm sofort angetan. Ein Zeitdokument. Er liest einen Leserbrief von damals vor: „In Ausgabe Nr. 340 schrieb ein Junge, dass er die Platte von Mecki Spaghetti einsame klasse findet. Wenn ich so etwas lese, frage ich mich, wo der Verstand ihrer Leser geblieben ist.“ Mark unterbricht sich mit einem Lachen: „Aha, es wurden kritische Briefe gedruckt.“ Dann liest er gleich noch einen zweiten Leserbrief vor: „Ich bin begeisterter Yps-Leser und glaube, dass Yps noch gelesen wird, wenn die Marsmenschen die Erde bevölkert haben!“

Dann entdeckt der findige Forscher den „echten Zauberer, der aus dem Fernsehen bekannt ist“ und auf der Titelseite der Ausgabe Nr. 219 abgebildet ist. Doch weder Mark noch eine andere Person im Raum können sich an den bekannten Fernsehzauberer erinnern. Allerdings fällt Mark sofort die spannende Geschichte von Harry Houdini ein, einem der bekanntesten Illusionskünstler, die es jemals gab. „Er war befreundet mit Arthur Conan Doyle, der wiederum Wissenschaftler war und Sherlock Holmes erfunden hat. Houdini und Doyle haben sich irgendwann zerstritten, weil Doyle behauptet hat, Houdini sei ein echter Zauberer! Houdini bestand aber darauf, ein Illusionskünstler und kein Zauberer mit übersinnlichen Kräften zu sein. Dann war die Freundschaft kaputt. Total verrückt! Einer der größten Aufklärer, Arthur Conan Doyle wollte an Magie glauben.“

Dann ist der Fall abgeschlossen. Das Ergebnis der Untersuchung braucht Zeit, um seine Wirkung zu entfalten: Alte Yps-Ausgaben aktivieren magische Verbindungen zu Erlebnissen, Erinnerungen und Wissen und lassen diese lebendig werden.

Eine andere Frage an diesem Nachmittag bleibt dafür ungeklärt. Mark will wissen „warum das Yps-Känguru kariert ist. Wurde es auf Karo-Papier gezeichnet? Als Kind habe ich das einfach so hingenommen.“ Die Redakteure können diese Frage nicht beantworten. Vielleicht klären sie diesen Fall bis zur nächsten Woche auf!


Michael "Bully" Herbig, Michael Holtschulte, Oliver Kalkofe und Dr. Mark Benecke sprechen über ihre Erlebnisse mit dem Kult-Magazin und den Gimmicks und dem Zeitgeist der 70er und 80er, als Yps seine Blütezeit erlebte. EUROPA-Hörspiel-Ikone Heikedine Körting und "Die drei ???"-Sprecher Oliver Rohrbeck erzählen vom goldenen Zeitalter der Hörspielkassette und Yps-Mitschöpferin Hannelore Müller-Scherz berichtet aus der Entstehungszeit des Magazins nebst Schöpfung des karierten Kängurus. In einem klassischen Yps-Magazin, wie Fans es aus ihrer Kindheit und Jugend kennen, dürfen neben Witzen, Rätseln und Bastelspaß natürlich auch die Comics nicht zu kurz kommen. Die Yps-Redaktion hat für das 2025er-Heft ein Wiedersehen mit Yps, Kaspar, Patsch und Willy, dem Yps-Fernseh-Team Yinni + Yan, Pif und Herkules sowie Ben's Bande zusammen gestellt.

Rechtsmedizin: Instituts-Zusammenlegungen 👩🏼‍⚕️

11. Nov. 2025

Immer mal wieder ziehen dunkle Wolken über das Fach Rechtsmedizin: Es soll gestrichen, gekürzt und zusammen gelegt werden.

Nun hat der Wissenschafts-Rat eine seltsame Anmerkung getätigt, zu der die beiden Präsidentinnen der DGRM (Deutsche Gesellschaft für Rechtsmedizin) und des Berufsverbandes der Rechtsmediziner:innen etwas sehr richtiges mitteilen. Laut Wissenschafts-Rat sei "die Rechtsmedizin kaum oder wenig im Gesundheitssystem verankert, ihre dritte Leistungsdimension ist neben der Forschung und der Lehre nicht die Krankenversorgung im eigentlichen Sinne".

Das ist falsch.

Ich bin seit etwa dreißig Jahren Mitglied der DGRM und habe in vielen Ländern mit Rechtsmediziner:innen zusammen gearbeitet.

Die Wahrheit ist diese:

"Tatsächlich ist die Rechtsmedizin integraler Teil der Versorgung gewaltbetroffener Menschen im Gesundheitssystem. Die sog. vertrauliche Spurensicherung einschließlich einer gerichtsverwertbaren Verletzungsdokumentation ist mittlerweile als „Krankenbehandlung“ (SGB V, §27) anerkannt und wird für gesetzlich Versicherte durch die Krankenkassen übernommen. 

Rechtsmedizinische Ambulanzen und Kinderschutzhäuser sind fest als Anlaufstellen für Betroffene etabliert; hier geht es um die Verletzungsdokumentation, Spurensicherung und Diagnosebestätigung „Folge von Gewalt“, wie auch um Beratung zu psychosozialer Unterstützung und Anbindung, z. B. an Traumaambulanzen. Die Rechtsmedizin hat Systeme zur Flächenversorgung mit diesen Leistungen entwickelt.

Rechtsmediziner:innen sind beratend für Kliniken und niedergelassene Ärzt:innen tätig (Kompetenzzentrum Kinderschutz in der Medizin, Köln; Gewaltschutzambulanz und Kompetenzzentrum für Kinderschutz am UKE, Hamburg) und allerorten in Kinderschutzgruppen und Gewaltprävention eingebunden. Erkenntnisse aus Todesfallanalysen (z. B. zum Drogenkonsum, häusliche Gewalt, Suizide) fließen unmittelbar in gesundheitspolitische Maßnahmen ein.

Durch die rechtsmedizinische Aufarbeitung von potentiellen Behandlungsfehlervorwürfen wird ein wesentlicher Beitrag zur Patientensicherheit und Qualitätssicherung im Gesundheitssystem geleistet.

Rechtsmediziner haben durch Forschung zu den Risikofaktoren für einen Plötzlichen Kindstod (SIDS) zu dessen Inzidenzrückgang aktiv beigetragen."

Das alles kann ich nur bestätigen. Setzt euch dafür ein, dass nicht noch mehr Institute für Rechtsmedizin geschlossen werden.

Herzlich euer: Mark

Stücker & Benecke: Absymal Affairs

Meldung aus dem ORKUS-Newsletter (November 2025):

BIANCA STÜCKER & MARK BENECKE reinterpret classics

Photo: Chelsea B.

Multi-instrumentalist and singer Bianca Stücker and forensic biologist Mark Benecke worked together for the first time in 2018 for the single “A Velvet Morning”. 

“Henry Lee” is the first single from their fourth EP “Abysmal Affairs”, which will be released on January 9, 2026. 

In our winter edition, we talk to the dream team about the new EP, fatalities that lead to legendary memories including a female musicologists trapped in stalactite caves as well as glittering hearts as an expression of emotion and … oh! It’s just going to be wonderfully crazy, colorful, entertaining and interesting again.

Ausstellung 'SCHLEIM' (Charité Berlin 2025/2026)

Berliner Medizinhistorisches Museum

Foto: Aloe Vera Blob © Vera Franke

Schleim ist enorm vielseitig, etwa als Gleitmittel, Klebstoff oder Schutzbarriere im Körperinneren. Seine scheinbar simple Struktur macht Schleim wandlungsfähig und damit unersetzlich für viele Körperfunktionen.

Biologische Schleime sind meist Hydrogele und bestehen aus wenig mehr als Wasser, das in molekularen Ketten liegt. Wenn einer der essenziellen Schleime versagt, können Infektionen und andere Krankheiten auftreten. Auch deshalb werden Hydrogele in der biomedizinischen Forschung immer wichtiger.

Schädel-Modell von Mark Benecke: Claudia Rindler | Fotocredit: Ines Benecke

Wir betrachten Schleim mit ambivalenten Gefühlen. Beim Sex stört er eher nicht, zieht jemand den Schleim wieder in die Nase hoch, finden wir das eklig.

In dieser Ausstellung folgen wir ganz unterschiedlichen Schleimspuren – biologisch, historisch, kulturell – und decken die Geheimnisse dieser unterschätzten Körperflüssigkeit auf.

PARTEI-Tag der Die PARTEI NRW in Mönchengladbach (2025)

Der frisch gewählte Landes-Vorstand der Die PARTEI NRW 👋🏻

Ich bin wie seit fünfzehn Jahren oder so Landes-Mutti, die Arbeit macht das ganze restliche Team in superguter Weise 🤝: Finanzen, Streit schlichten, Pläne & Plakate aushecken, Wahlen bestreiten, Glitzer in handhabbare Bahnen lenken — läuft ✨

Danke an alle in der PARTEI, ihr macht mein Leben schöner, lustiger & wirkungsvoller 🥹

Die PARTEI NRW in Höchst-Form beim Landes-PARTEI-Tag im malerischen Mönchengladbach 😅 So geht moderne Politik: Mit Xylophon & Tätowierungen ️⚓️

Herzlich eure: Markito & Ines, die Landes-Muttis NRW 

Autismus und Tiere: Kriminalbiologe und Tierschützer — der Schirmherr der Spendenaktion

Quelle: BraWo, 8. November 2025, Seite 2

Er ist nicht nur Deutschlands bekanntester Kriminalbiologe, er ist auch bekennender Tierschützer und eine Stimme für autistische Menschen: Dr. Mark Benecke. 

Im Gespräch mit Tierschutzengel René Vogel spricht er darüber, warum er die Schirmherrschaft über deren diesjährige Spendenaktion zugunsten des Tierheims Brandenburg in der Caasmannstraße übernommen hat und was wir alle voneinander lernen können.

Frage: Herr Benecke, die Schirmherrschaft über die Spendenaktion zugunsten des Tierheims Brandenburg haben Sie übernommen weil...?

Mark Benecke: ... ich ganz nett gefragt wurde. Nette Menschen, die sich für andere nette Menschen einsetzen und auch noch für Tiere (lacht) ... mehr geht ja nicht.

Autismus und Tierschutz - zwei ihrer Steckenpferde. In der Spendenaktion für das Tierheim Brandenburg kommt beides zusammen. Was denken Sie, können „Normalos" von Autisten und Tieren lernen?

Zunächst einmal denke ich, dass alle von allen was lernen können. Auch Tiere von Menschen und Menschen von Tieren. Und wenn es um neurodivergente Menschen geht, die aus irgendeinem Spektrum kommen - ADHS oder Autismus oder auch etwas, was da zusammengefasst wird... - würde ich fast sagen, es ist eine schöne, dauerhafte Übung darin, dass wirklich alle Menschen gleich sind und ihre Stärken und Schwächen haben, sowohl die angeblich Normalen (ich habe noch nie normale Menschen getroffen) noch die angeblich Neurodivergenten. Alle haben wirklich Stärken und in jeder Beziehung ist es auch so, dass es besser ist, wenn man sich das anguckt und sich vielleicht sogar ergänzen kann. 

Benecke spricht über Felsenbein-Skandal

Quelle: Sächsische Zeitung, Lokales, 6. November 2025

Es erzeugt erfahrungsgemäß Gerüchte und noch mehr Fragen, wenn berechtigtes Nachhaken der Öffentlichkeit abgelehnt wird

Beispielsweise war es früher normal, Wasser-Leichen (das sind Tote aus dem Wasser) die Hände und die Kiefer abzusägen, um sie im Labor genauer anzuschauen: Wer war die Person? Finger-Abdrücke? Zahn-Anordnung?

Ich habe live mit erlebt, wir es nach regelmäßigen Gesprächen in der Deutschen Gesellschaft für Rechtsmedizin DGRM (ich bin Mitglied), besonders auf Nachhaken von Prof. Saternus, dazu kam, dies nicht mehr zu tun und anders zu lösen — nämlich an der Leiche selbst und damit ohne sie zu zersägen.

Ähnlich ist es mit Knochen zu Forschungs- oder Rettungs-Zwecken: Wie der Kollege Prof. Püschel aus Hamburg im sehr guten Film "Rest in Peace", in dem mein Team etwas über Insekten auf Leichen berichtet, erklärt: Knochen von freiwilligen Organ-Spender:innen können superwichtig sein, um dutzende von Menschen zu heilen.

Wenn nun Knochen aus Leichen fehlen, dann wäre es einfach und korrekt, dazu etwas zu sagen. Ehrlichkeit siegt.

»Unter anderem fragte die Sächsische Zeitung im Uniklinikum nach, ob dort reguläre Forschungen oder Untersuchungen an Felsenbeinen durchgeführt werden und wo genau die betreffenden 13 Knochen entnommen wurden. Mit Verweis auf die laufenden Ermittlungen gab es darauf keine Antworten. „Das Felsenbein ist ein vergleichsweise sehr harter Schläfen-Knochen um das Innenohr herum" erklärt Dr. Mark Benecke. „Es schützt wie eine Burg unsere Hör- und Gleichgewichts-messung."

In der Nähe des Felsenbeins lägen auch wichtige Nerven für die Steuerung des Körpers. Mark Benecke kann sich vorstellen, dass die Mediziner sich möglicherweise für bestimmte Teile des Knochens interessiert haben könnten. „Da es kniffelig ist, am recht kleinen und harten Felsenbein zu operieren, könnte es vielleicht im Sinne einer Organspende zur Operation erkrankter Lebender verwendet worden sein." Organspender spendeten in der Regel nicht nur ihre Organe, sondern auch Haut und Knochen, um möglichst vielen erkrankten Menschen helfen zu können. Nur wenn die ausdrückliche Zustimmung vorläge, sei das rechtlich erlaubt.

Was also könnte am Dresdner Uniklinikum vorgefallen sein? „Falls die Ereignisberichte stimmen, kann es von einem Nebenverdienst bis hin zu Forschungsneugier alles Erdenkliche gewesen sein", sagt Benecke. Aus dem Klinikum hieß es zuletzt, man habe eine interne Untersuchungskommission einberufen und erste personalrechtliche Maßnahmen veranlasst.

Bei den Durchsuchungen hatte die Staatsanwaltschaft Dresden „umfangreiche Beweismittel" sichergestellt, darunter Smartphones und Speichermedien. Das Uniklinikum hatte sich „zutiefst schockiert" von den Vorwürfen gezeigt und angekündigt, die Ermittlungen „mit absoluter Transparenz" zu unterstützen.«

Estimation of post mortem intervals in humans

Source: Tagungsband der 12. Wissenschaftlichen Tagung der Gesellschaft für Entwicklungsbiologie e. V. vom 11. - 14. März 1997 in Köln (GER)

A macroscopic application of developmental biology called Forensic Entomology

From Mark Benecke

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Insect development is well-studied and thus can be used as a marker for estimation of time intervals. Blowflies and several beetles together with their larvae are used in forensic science to help diagnosing how long a corpse has been exposed to defined environmental conditions.

Most times the forensic entomologist is asked if the insect fauna of an corpse can tell the time and date of a person's dead.

For various reasons, pest control experts as weIl as entomologists and (forensic) medicinal practitioners have studied the correlations between temperature, humidity and speed of development of several insects.

Forensic scientists put together those facts and calculated curves which now allow a precise estimation of the living time of an insect found associated to a corpse. In most cases, length, weight, and macroscopic state (e.g., filling of intestines) of larvae are determined and compared to the standard data curve.

Because of several insects visiting corpses only at a defined state of decomposition, further information about the post mortem interval is given by determination of species. Sometimes it is quite hard to determine species just by their pupae or even worse by their larvae. That is why it can be necessary to breed larvae to adultship. In doing this, developmental biology once again is in focus of research and criminal investigations.

Only a lew laboratories in the world (Rosny sous Bois, Hawaii, Wien, Köln, Quantico among few others) perform(ed) studies concerning the forensic application of insect development. We present our aims to establish a database of developmental processes of insects which are specific for the western German fauna of human corpses, especially for the diptera Lucilia caesar, Calliphora vicina and Calliphora erythrocephala.

Anhörung im Bundestag

Quelle: Tätowiermagazin 6/2012, Seite 100

Diskussion über den Selbstbeteiligungs-Paragraphen: Müssen Krankenkassen die medizinische Versorgung von Komplikationen bei Tattoos und Piercings bezahlen?

VON MARK BENECKE

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Andy vom D.O.T. und Mark von ProTattoo nahmen am 25. April an einer Experten-Runde aus Juristen, plastischen Chirurgen, Sozlalverbänden und vielen anderen während einer zweistündigen Anhörung im Bundestag teil. Die LINKE möchte - in erster Linie zugunsten der Frauen, die minderwertige Brust-lmplantate auswechseln lassen müssen - gerne den so genannten Selbstbeteiligungs-Paragraphen kippen. Da Ende der 1990er Jahre gesetzlich auch Tattoos und Piercings mit Selbstzahlungen für medizinisch nicht notwendlge Körperveränderungen verwoben wurden, war unsere Meinung gefragt.

Die Stimmen der insgesamt etwa zwanzig Experten reichten während der wirklich interessanten Anhörung von rein Iobbyistischer Ablehnung jeder Kostenübernahme (»finanzieIIe Hilfen finden wir gut zahlen dafür aber natürlich keinen Cent«) bis zu überraschend angenehmen, juristischen Mitteilungen (»das Leben ist bunt, die Menschen sind verschieden, man kann nicht alle möglichen Kosten aus der Solidargemeinschaft ausgliedern«).

Der EAPP konnte niemanden entsenden, so dass wir als Vertretung und dank der unkomplizierten Mitwirkung der Polizei im Bundestag eine fachkundige Berlinerin mit Implants, Piercings und Tattoos auf den kurzfristig freigewordenen Platz brachten. Der Altersdurchschnitt wurde dadurch deutlich gesenkt, die Implant-Quote hingegen klar erhöht.

Andy und ich machten in kurzen Stellungnahmen deutlich, dass kassenpflichtige Nachbehandlungen von Tattoos und Piercings fast nie entstehen bzw. dass sie wenn überhaupt fast immer durch ausdrücklich unerwünschtes Schwimmen, Saunieren, Sonnenbaden oder mangelnde Hygiene bei der Heilung - ergo: durch vermeidbare Dummheit - entstehen, so dass unerklärlich ist, warum Tattoos und Piercings im Selbstbeteiligungs-Paragraphen § 52, Abs. 2 SGB V überhaupt erwähnt werden.

Vermutlich ungewollte Unterstützung unserer Hinweise kam vom Vertreter der Krankenkassen, der einräumte, dass die durch Selbstverschuldung eingeforderten Beträge so gering sind, dass sie kaum erhebbar sind.

Erstaunlich war ein Beitrag des Präsidenten der Vereinigung plastischer Chirurgen, der emotional darauf hinwies, dass plastische Eingriffe zur Angleichung des Körpers an ein gewünschtes Bild längst gesellschaftlich akzeptiert sind. Im Sinne beispielsweise der Dokumentation »Modify« sehe ich hier angenehme, neue Gesprächsmöglichkeiten auf uns zukommen.

Insgesamt war ich sowohl über das breite Stimmungsbild als auch die Ernsthaftigkeit der RednerInnen und ZuhörerInnen erfreut und habe gelernt, dass Verbands-Arbeit unerwartet zielführend ist und Politikerlnnen sehr wohl die Menschen vertreten, von denen sie gewählt wurden.

Nach der Anhörung haben wir Berliner Tätowierer und Piercer bei einer der örtlich so beliebten Fassbrausen (gibt's wirklich!) zusammen gebracht und überlegt, wie wir auch in Zukunft gemeinsam unsere bunten, durchlöcherten und nicht immer völlig gleichen Interessen vertreten können und werden.

Ein dickes, fettes Dankeschön an alle - ausdrücklich auch die PolitikerInnen - die diese spannende und interessante Anhörung angeschoben haben. So geht das!

Tätowierte haben häufiger Sex

Quelle: Express Köln vom 19. April 2009, Seite 11

... und noch mehr verrückte Forschungsergebnisse

Köln - In wie viele Teile brechen Spaghetti? Mit welchem Druck kommt Pinguinkot aus diesen lustigen Tierchen? Kann eine Kokosnuss eine Kochsalzlösung-Infusion ersetzen? Es gibt viele Forschungen und Studien, die vor allem eine Frage aufwerfen: Warum erforscht man so etwas? Doch jede Studie hat ihren Sinn. Hört sich die Fragestellung auch noch so kurios an, die Forscher wollen erstn genommen werden. Der Kölner Kriminalbiologe Mark Benecke hat die skurrilsten Forschungen und Studien zusammengetragen. Sein Buch "Warum man Spaghetti nicht durch zwei teilen kann" (Lübbe-Verlag) ist jetzt im Handel.

Das tätowierte Menschen mehr Sex haben, wurde bereits im Jahr 2000 in den USA belegt. Doch der Grund, weshalb die Menschen mit Tinte unter der Haut sexueller aktiver sind, liegt nicht an den Tattoos selber. "Viel mehr sind Menschen, die sich tätowieren lassen, neuen Anregungen gegenüber offener. Und das wirkt sich auch aufs Sexualverhalten aus", so Benecke. "Anders gesagt, hat Sex nichts mit Tattoos zu tun und Tattoos nichts mit Sex."

Wenn der Pinguin mal muss...

Pinguine gelten allgemein als lustig anzuschauende, possierliche Tierchen. Wieso ein amerikanischer Forscher auf die Idee kam, die Geschwindigkeit und den Druck der Verrichtung ihres Geschäftes zu erforschen, ist nur schwer nachvollziehbar. Fakt ist nach dieser Studie jedenfalls, dass der Pinguinkot den kleinen Körper mit einem deutlich höheren Druck verlässt als der menschliche. In leicht gebeugter Haltung "schießt" der Frackträger seinen Kot mit einer Geschwindigkeit von 7,2 km/h etwa 40 Zentimeter weit - im Laufe der Wochen sternförmig um das eigene Nest herum. Gut, dass es Unterschiede zu Menschen gibt.

Schleimige Schwimm-Studie

Auf den ersten Blick bedarf es eigentlich keiner großen Studie bei der Beantwortung der Frage: Worin schwimmt man schneller - in Wasser oder in Schleim? Wasser ist da die naheliegende Antwort. Denn Forscher der Uni in Minneapolis wollten es genauer wissen und ließen Probanden im unieigenen Schwimmbecken zuerst in Wasser, dann in Guarkernmehl-Schleim schwimmen. Was dabei herauskam, ist ein verblüffendes Ergebnis: Die erzielten Zeiten waren in etwa gleich.

Reicher ohne Verhütungsmittel

Lapdancerinnen (Tänzerinnen, die sich auf dem Gast räkeln) bekommen mehr Trinkgeld, wenn sie keine hormonellen Verhütungsmittel nehmen. Das fanden Forscher der Uni New Mexico heraus. Am meisten verdienten die Probandinnen in den sechs Tagen um ihren Eisprung herum, weil sie dann (wie andere Frauen auch) in ihrem Körpergeruch hormonell bedingt bestimmte Duftstoffe haben, die besonders betörend auf Männer wirken.

Mozart ist gut für junge Karpfen

Im Jahr 2007 kamen Forscher zweier Athener Unis zu dem Schluss: Neugeborene Karpfen, die in ihren ersten zwölf Lebenswochen fast ununterbrochen mit Musik von Mozart beschallt wurden, nahmen stärker zu und hatten weniger Stresssubstanzen im Blut als ihre Artgenossen ohne musikalische Unterhaltung.

Claudia Rindler

Quelle: Tätowiermagazin 10/2009, Seiten 106-109

Maskenbildnerin aus Leidenschaft

VON MARK BENECKE

Deine Kurzfilme sind ja herb und charmant zusammengehauen. Warum machst du nicht mal richtig fette Filme mit geilem Ton, guter Kameraführung, getimtem Skript und so?

Weil Filmemachen für mich einfach nur ein Hobby ist, das auch Spaß bringen soll. Hauptberuflich bin ich ja Maskenbildnerin. Die Movies drehe ich in meiner Freizeit, und da mag ich nicht unter Zeitdruck arbeiten und mir auch nicht von irgendwelchen Geldgebern Vorschriften machen und reinreden lassen.

Apropos Maskenbild: Warum bist du auf eine Maskenbildner-Schule gegangen? War es cool da?

Ja, sehr cool. Ich habe ja 1999 angefangen, als Make-up-Artistin zu arbeiten. Da ich mir anfangs alles autodidaktisch beigebracht habe, bin ich irgendwann nicht mehr weiter gekommen, was das Material betrifft. Da wollte ich einfach unbedingt die Schule von Klaus Börnert (er hat unter anderem die Mönche in "Der Name der Rose" gemacht) in Waldshut machen, weil der echt was drauf hat. Ich habe sehr viel von ihm gelernt.

Erzähl bei der Gelegenheit doch mal die Geschichte mit der Aufnahmeprüfung und Gigers Empfehlung.

Das mit der Giger-Empfehlung war beim Stipendium, nicht bei der Aufnahmeprüfung für die Schule. Die Stadt Zürich wollte mir drei Jahre lang kein Stipendium geben, obwohl ich die Aufnahmeprüfung bestanden hatte. Erst nachdem ich ihnen das Empfehlungsschreiben von H. R. Giger schickte, ging's innerhalb von drei Tagen mit dem Stipendium klar. Manchmal komisch, nicht?

In der Tat. Was hast du eigentlich gedacht, als du die Faul-Leichen-Teile für mich gebaut hast? Ich erinnere mich, dass sie dir laut deiner Aussage ganz ans Herz gewachsen waren.

Ich hatte ja einige Wochen Arbeit daran, und wenn man so viel Zeit miteinander verbringt, freundet man sich schon irgendwie an...

Wie erklärst du dir das zunehmende Interesse an Horror in letzter Zeit, besonders auch den harten Spielarten mit Splatter?

Besonders Horrorfilme haben mich schon immer fasziniert. Als Kind hab ich mir immer heimlich welche bei meiner Oma angeschaut und konnte danach nicht mehr einschlafen. Man hat mir dann erklärt, "dass das alles nur Masken sind und dass es da einen Mann gäbe, der diese Monster kreiert". Von da an war mein Berufswunsch festgelegt. Später dann, habe ich die professionelle Ausbildung in Deutschland gemacht. Da ich vom Beauty Make-Up und von Bärten knüpfen aber weit weniger angetan war als vom Arbeiten mit Latex, Silikon, Gips & Modelliermasse, war es naheliegend, dass ich eher Richtung Special Effects & Creature Design gehen würde. Es ist für mich auch eine kreative Tätigkeit, da man besonders bei Monstern und abartigen Figuren oft viel künstlerische Freiheit beim Gestalten hat. Beim Herstellen von Föten, Leichen & Körperteilen etc., ist es interessant für mich, das Ganze so realistisch wie möglich zu gestalten. Da ich speziell diese Arbeiten besonders mag, hat es sich ergeben, dass ich irgendwann in der Ecke der Splatter & Horrormovies landete. Sie sind zu einem Teil meines Lebens geworden. Das spiegelt sich jetzt mittlerweile natürlich auch in meinen Tattoos wieder.

Und wie bist du zu deinen Tattoos gekommen?

Angefangen hat es damit, dass ich wie so manche(r) nur ein Tattoo wollte: Den Baphomet von HR Giger auf meinem Rücken. Nach einiger Zeit bin ich dann auf Till von Bluenote Tattoo gestoßen, der gerade als Gasttättowierer in Zürich war. Da ich mit dem Ergebnis sehr zufrieden war, stand ich bald wieder bei ihm auf der Matte mit der Idee des Gargoyles auf meinem linken Oberarm, gefolgt vom Guardian Angel. Da Till aber in Honduras wohnt, wurde die Terminplanung immer schwieriger.

Irgendwann erfuhr ich, dass Ralf ein Studio in Winterhur (nahe Zürich) eröffnet. Ralf war schon bei meinem ersten Motiv in der engeren Auswahl der Tätowierer die in Frage kommen könnte, er war jedoch in Köln in einem Studio zu Gange. Aber ein glücklicher Zufall wollte es, dass er einige Jahre später zu Freibeuter Tattoo in die Schweiz übersiedelte.

Gehts mit den Tattoos noch weiter?

Ja, erst mal wird der linke Arm noch fertig gemacht. Da gibt es noch ein paar Schädel auszufüllen. Danach kommt noch ein weiterer Kinski auf meinen rechten Unterarm. Da ich feststellen musste, dass es auch andere Leute mit Kinski Tattoos gibt, brauch ich unbedingt noch ein zweites, da ich der grösste Kinski-Fan von allen bin!

Du lebst ja auf dem platten Acker - was sagen die Leute da eigentlich zu deinen Tattoos, wenn du einkaufen gehst?

Ich vermeide Supermarkt-Besuche generell - zum Glück gibts Internetshops! Nicht wegen den Tattoos, sondern weil ich Supermärkte an sich fürchterlich finde. Falls ich mal in "die Hölle" komme, ist das bestimmt ein Supermarkt am Samstagnachmittag. Bis in alle Ewigkeit... Aber ernsthaft, die meisten Leute reagieren ganz normal. Die einen glotzen, was zuweilen etwas unangenehm ist, und die andern schauen wirklich interessiert. Einige nutzen die Tattoos um ein Gespräch zu beginnen, was ganz lustig sein kann. Neulich fragte mich eine ältere Dame ganz im Ernst, ob die "Bildchen" aus einem Kaugummi seien - Hallo? Wie groß müsste der sein? Andere erkundigen sich nach meinem Tätowierer oder zeigen mir ihre eigenen Tattoos und man tauscht sich ein wenig aus. Manche Leute mögen Tattoos und andere nicht, so ist das eben.

Du stylst dich ja gerne sehr schön, sowohl, was schwarze Klamotten angeht als eben auch in Sachen Tattoos. Siehst du da einen Zusammenhang, also: sind deine Tattos auch Körperschmuck?

Danke, Herr Doktor! Meine Tattoos dienen mir schon als Körperschmuck, da ich sonst, bis auf ein paar Piercings, meistens überhaupt keinen Schmuck trage.

Ich finde Tattoos sind eine schöne Sache um seine Persönlichkeit zu unterstreichen und Motive zu verewigen die einem wichtig sind. Ich habe auch das Glück, dass ich mich beruflich bedingt nicht einschränken muss diesbezüglich, da ich selbstständig bin

Letzte Frage: Warum hast du nur Black- & Grey-Tattoos?

Weil ich es mit Farben nicht so habe. Auch bei den Klamotten. Ich trag am liebsten schwarz und wenn da sonst noch eine Farbe wie z.B. Rot dazu kommt, fühle ich mich sehr schnell "zu bunt". Ich mag schon bunte Tattoos. Nur eben lieber an anderen Leuten als an mir selber.
Sehr lässig. Danke schön!


Anmerkung von Mark: Der Schädel aus unserem Labor, der ab November 2025 in der Ausstellung des Medizinhistorisch-anatomischen Museums der Charité in Berlin liegt, stammt von Claudia. — MB, Nov. 2025

Der Herr der Fliegen

Quelle: Tätowiermagazin 4/2005

Oder: Die Suche nach der Wahrheit

VON DIRK-BORIS RÖDEL
(Der folgende Text ist die Rohfassung des später gedruckten und dabei etwas etwas veränderten Textes)

Ein Akademiker, ein forensischer Biologe und international anerkannter Experte auf dem Gebiet der Gerichtsbiologie, mit ausgedehnter Tattoo-Sammlung? Da steckt eine ungewöhnliche Geschichte dahinter, dachten wir uns, als wir Dr. Mark Benecke in seiner Wohnung in Köln besuchten - und sollten recht behalten...

Dipl.-Biol. Dr. rer. medic. Mark Benecke, das ist sein kompletter Titel. Die Berufsangabe auf seiner Visitenkarte lautet: Öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger für kriminaltechnische Sicherung, Untersuchung und Auswertung biologischer Spuren. Certified Forensic Biologist. Das hört sich verdammt wissenschaftlich an, und wer soviel Zeugs auf seiner Karte stehen hat, muss wohl mindestens 70 Jahre alt sein, lichtes Haupthaar und schlohweißen Bart haben. Irrtum; Dr. Mark Benecke ist gerade mal 34 Jahre alt, mit seinem jugendlichen Alter bereits einer der weltweit angesehensten Kriminalbiologen und tätowiert - und zwar nicht zu knapp. Aber was genau macht eigentlich ein Kriminalbiologe?

Als ich zum ersten Mal von Marks Arbeit hörte, hatte ich Bilder im Kopf von Gerichtsmediziner Quincy, dieser TV-Serie aus den 80ern, von Ulrich Tukur in "Der letzte Zeuge" aus dem ZDF oder auch von Professor Börne, der im "Tatort" aus Münster von Jan Josef Liefers gespielt wird. Männer, die im weißen oder grünen Kittel in der Pathologie an Edelstahltischen stehen und an blassen Leichen von Mordopfern Untersuchungen vornehmen. Ganz falsch. "Damit haben wir gar nichts zu tun" erklärt Mark; das "wir", das ist er zusammen mit Assistentin Saskia, 23 Jahre, Biologie-Studentin und ebenfalls Tattoo-Fan.

"Wir arbeiten nicht im gekachelten Sezierraum", führt er weiter aus, "wir wühlen im Dreck." Das hört sich krass an. Um mir einen Eindruck von seiner Arbeit zu geben, erläutert mir Mark anhand von Bildern einige seiner letzten Fälle. Jetzt verstehe ich ziemlich genau, was er meint. Einige der Bilder verschlagen mir die Sprache, so etwas habe ich noch nie zuvor gesehen. Natürlich hat man im Fernsehen schon Bilder von Toten gesehen, auch vielleicht von in Verwesung übergegangenen Leichen. Aber die menschlichen Überreste, die Mark mir teilweise zeigt, sind kaum noch als Körper zu identifizieren.

Verwesung, Blut und Maden: Marks Job ist nichts für zart Besaitete

Selbst in Horror-Filmen habe ich sowas noch nicht gesehen. Ich werde die Bilder nicht näher beschreiben, vielleicht nur so viel: Ich hätte Mühe gehabt zu erkennen, wo genau die Leiche aufhört... "Das ist auch das Problem, die Sachen auseinanderzuhalten." führt Mark aus, "Schau mal diese schwarzen Pünktchen," (mit dem Laser-Pointer deutet er auf ein vergrößertes Bild einer Nahaufnahme der Leiche, die er an die Wand projiziert) "das sind Puppen, ein Zwischenstadium zwischen der Larve und dem Insekt, das später daraus schlüpft. Die meisten halten das für Schmutz, für Erdkrümelchen, spülen das vielleicht sogar weg."

Dabei sind genau diese biologischen Spuren von großer Wichtigkeit, um beispielsweise fest zu stellen, seit wann ein Toter an einem bestimmten Platz liegt, ob er zuvor in einer anderen Umgebung gelegen hat und so weiter. "Und wir müssen das im Zusammenhang untersuchen, wir müssen sehen, wo hat das Opfer gelegen, in der Sonne, im Schatten, in einer Wohnung mit geöffneten oder geschlossenen Fenstern - in der Rechtsmedizin kann man das nicht mehr erkennen." Dass das, worauf sich Puppen und Insektenlarven befinden, mal ein Mensch war, scheint Mark nicht im mindesten zu berühren. Auch Assistentin Saskia macht der Umgang mit Toten, die sich oft schon im stark verwesten Zustand befinden, nichts auszumachen.

"Es würde mich mehr mitnehmen, wenn ich Rettungssanitäter wäre, schnell Entscheidungen treffen müsste, die über ein Menschenleben entscheiden" erklärt sie. Aber verspürt man da nicht automatisch Ekel und Widerwillen? Mark erklärt mir seine Einstellung dazu anhand eines praktischen Beispiels: "Wenn ich beim Schlachter für Experimente mit Blutspritzern ein paar Liter Blut haben will, sagt der mir auch, das sei ja eklig - da denke ich mir "Hallo!? Sie stehen hier zwischen Bergen von Tierleichenteilen, und erklären mir, dass Experimente mit Blutspritzern eklig sind?"

Schön und gut - aber der Geruch, der ja, wie Mark mir selbst versichert, gerade bei Leichenfunden in verschlossenen Räumen sehr stark ist? "Alles eine Frage der Wahrnehmung," erwidert der Wissenschaftler, "ich konzentriere mich auf Spuren, die ich auswerten muss, auf Details. Den Geruch nehme ich wahr, und er ist nicht angenehm, aber er steht nur im Hintergrund." Und der Tod an sich? "Tod ist ein Programm, um der nachkommenden Generation Platz zu machen, die sich in möglichst vielen Variationen immer neu an die Umwelt anpassen kann. Der einzelne Mensch, das Individuum, ist scheißegal. Also für die Natur jedenfalls, unserer persönlichen Auffassung nach ist das Individuum unheimlich wichtig, aber für die Natur ist der Einzelne ziemlich Wurst." Und nach dem Tod, was kommt da? "Nichts. Da kommt nichts." erklärt mir Mark, der die Leichen scheinbar völlig aus seiner Wahrnehmung ausblendet: "Ich arbeite ja auch so gesehen gar nicht mit toten Menschen. Ich arbeite mit dem, was darauf lebt. Der Kreislauf des Lebens ist das, was mich interessiert, wie aus dem Tod wieder etwas entsteht."

Aber warum ekeln sich manche Menschen vor zerfallenden Leichen, andere nicht? Was ist das Abstoßende an Tod und Verwesung? - ein Thema, das natürlich im Gespräch mit Mark einen großen Raum einnimmt. Ist es das Auslöschen der Identität und Individualität, was uns so schockiert? "Solange wir leben, möchten wir Individuen sein, uns unterscheiden. Wenn man stirbt, werden die individuellen Merkmale ausradiert. Und vielleicht ekelt man sich weniger vor dem, der da liegt, als vor dem Wissen und der Erkenntnis, dass einem das auch bevorsteht." Klingt logisch, denn das, was uns hauptsächlich ausmacht, unsere Gesichtszüge, Augen, Mund, Nase, das wird als erstes von Insekten "aufgelöst", unkenntlich gemacht, sozusagen biologisch "verpixelt": schon nach kurzer Zeit sind keine individuellen Gesichtszüge mehr erkennbar.

Ein Akademiker mit Faible für Tattoos ungewöhnlich oder "völlig normal"?

Marks Einstellung zu seiner Arbeit ist extrem wissenschaftlich, technisch, sachlich, emotionslos. Trotzdem ist er alles andere als ein verknöcherter, dröger Akademiker, ganz im Gegenteil. Sich mit Mark zu unterhalten, ist extrem kurzweilig. Eine Frage drängt sich natürlich auf: Sind denn für den Wissenschaftler, der Mordopfer kaum als Individuen, sondern mehr als Nährboden für Insekten sieht, nicht die eigenen Tattoos doch ein Mittel, um sich selbst individueller zu gestalten? "Nö. Individualisierung ist für mich nicht das Thema. Die Sachen haben für mich einfach eine Bedeutung, und ich will sie bei mir haben, nicht als Bild an der Wand sondern als Tätowierung. Ich zeig die auch niemandem - also dir natürlich schon, du bist ja schließlich vom TätowierMagazin, aber ich würde nie auf die Idee kommen, mich extra so anzuziehen, dass man meine Tattoos sieht, das ist mir total egal, ob das jemand mitkriegt oder nicht."

Für Mark haben Tattoos auch absolut nichts damit zu tun "anders" zu sein - ganz im Gegenteil: "Ich finde tätowiert sein normaler als nicht tätowiert zu sein. Ihr zeigt das ja auch im TM immer, dass das bei vielen Kulturen völlig selbstverständlich ist: Sobald man erwachsen ist, lässt man sich tätowieren oder lässt sich Narbenmuster schneiden - also wenn auch hier jeder Erwachsene tätowiert wäre, fände ich das völlig normal, als Zeichen des Erwachsenseins. Das Tätowieren an und für sich ist für mich also gar nicht das Thema, die Frage ist eher: Welches Motiv?, und da ist es eben naheliegend, Motive zu wählen, die einem etwas bedeuten. Aber dass Erwachsene an sich selbst Körperveränderungen vornehmen, ist doch völlig logisch, oder?"

Mark definiert Tattoos als Zeichen dafür, Verantwortung für sich selbst zu übernehmen, Entscheidungen für das eigene Leben zu treffen, das eigene Leben mit Sinn zu füllen. "Damit mein ich nicht irgendeinen gesellschaftlich anerkannten Sinn, den man eben übernimmt - es kann einer nach Irland gehen und sich in einer einsamen Hütte einschließen - wenn er das gut findet ist das doch OK. Und wenn einer heiratet und die Kehrwoche macht, weil er das toll findet und ihn das ausfüllt ist das auch in Ordnung. Nur wenn einer heiratet und die Treppe putzt, nur weil er nichts anderes mit seinem Leben anzufangen weiß und es den anderen eben nachmacht, weil alle das machen, dann ist es sinnlos."

Insofern bewundert Mark auch Tom Leopard, den schottischen Freak, der sich am ganzen Körper mit einem Leoparden-Muster tätowieren ließ. "Wenn ich für den die Grabrede halten müßte, würde ich sagen: Wenigstens hat er die Eier gehabt, zu machen, was er wollte, ohne das groß zu begründen. Ob ich das scheiße finde oder nicht ist eine ganz andere Frage, aber er hat es durchgezogen.”

Eine ganz persönliche Sammlung und die Suche nach der letzten Wahrheit

Mark ist ganz offensichtlich ein Sammler - ein durchgehender Stil ist bei seinen Tattoos nicht auszumachen. Einige der Bilder haben Sinn und tiefergehende Bedeutungen, andere entstanden eher aus der Situation heraus, wie zum Beispiel die etwas grottige Fledermaus am unteren Rücken. "Ich hatte nach einem Seminar noch etwas Zeit, und in der Nähe des Bahnhofs war ein Tattoo-Studio" erklärt Mark, "Wir hatten uns lediglich auf eine Fledermaus als Motiv geeinigt. Als ich es mir nachher im Spiegel angeschaut habe, konnte ich erst gar nicht erkennen, was das sein soll." Besonders schön finde ich persönlich die Nebelschwaden, die hinter (!) dem Mond verschwinden - ein echter Klassiker! Dass er damit keine Preise abräumen wird, stört Mark nicht im Geringsten - es ist halt Teil seiner Sammlung.

Ansonsten legt er aber schon Wert auf Qualität, die meisten seiner Hautbilder stammen von der Belegschaft von "Elektrische Tätowierungen". Von Studio-Betreiber Dieter stammen zum Beispiel der Erzengel Michael auf der Brust (nach einem Stich von Dürer) und der abstrahierte Frosch am linken Bizeps ("Ich hab ja doch Muskeln!" erkennt Mark verwundert, als er während der Foto-Session für ein paar Minuten ein schweres Buch hält...). Der Frosch ist eigentlich erst in zweiter Linie ein Frosch, eigentlich ist das nämlich ganz einfach ein Relief, dass die Gulli-Deckel der Stadt Bogota in Kolumbien schmückt (wo Mark neulich zu Vorträgen und Seminaren eingeladen war - fürs TM schrieb er einen Artikel über die Tattoo-Szene in Medellin (siehe TM 2/2005). "Der Gullideckel passt gut zu unserer Arbeit," meint Mark, "wir müssen ja auch in unteren Ebenen forschen und im Dreck wühlen."

Der Oktopus auf dem linken Oberarm und der Totenkopf auf der Brust stammen von Cappucchino & Tattoo "... oder so ähnlich, ein Laden in Manhattan, East Village - ich hab da mal um die Ecke gewohnt." Der Totenkopf, Marks Logo, steht ebenfalls in Bezug zu seiner Arbeit. "Der Schädel schaut nicht nur nach vorn, auf das Offensichtliche, sondern auch in alle anderen Richtungen." Auch in Marks Arbeit ist es von allergrößter Wichtigkeit, kein Detail zu übersehen - kleinste Hinweise können in einem Kriminalfall bereits ein völlig neues Bild ergeben. Die Dotwork-Fliegen am Unterarm sind geklaut, wie er unumwunden eingesteht. "Ich wollte von diesem Tätowierer in Medellin ein Tattoo, aber hatte überhaupt keine Vorlage - da haben wir auf ein Bild aus dem TätowierMagazin zurückgegriffen, das ein Tattoo des britischen Hand-Tätowierers Pier Makanda zeigt." Immerhin eine schöne Kopie.

Die Makrelenhaut am rechten Oberarm ist sicher Marks ungewöhnlichstes Motiv. "Jeder kennt Makrelen in der Dose, aber über das Tier an sich ist praktisch nichts bekannt!" begeistert sich der Biologe. Als Vorlage diente Tom von "Elektrische Tätowierungen" eine echte Makrelenhaut. Tom hat auch das Seemanns-Traditional auf Marks Rücken gestochen, das vielleicht bedeutungsschwangerste Teil der Sammlung. "Sailing for Truth", also "Segeln nach der Wahrheit" ist im Spruchband zu lesen ("...und nicht etwa Sailing for T. Ruth, wie meine Gattin zunächst eifersüchtig zu lesen glaubte", fügt Mark grinsend hinzu).

Das ist eigentlich das Wichtigste an der Arbeit von Mark und Saskia: Die Wahrheit herauszufinden, nackte Tatsachen erheben, beschränkt auf ihren Arbeitsbereich, ohne jegliche emotionale Beteiligung oder Wertung der Befunde. Wie nüchtern und sachlich er dabei vorgeht - oder besser: vorgehen muss - erklärt Mark an einem Beispiel: "Es kommt auch vor, dass ein Verbrecher aufgrund unserer Arbeit vielleicht wieder aus der Haft entlassen wird, der vielleicht alles mögliche angestellt hat, aber eben nicht das, was ihm in dem Fall vorgeworfen wird. Finde ich das gut? Nein, aber geht es mich was an? Nein. Ich befasse mich nur mit der Wahrheit, nicht damit, welche Folgen sie hat." Dass Wahrheit auch nichts mit Gerechtigkeit zu tun hat, erläutert Mark an einem anderen Fall.

"Was hier gerecht ist, ist noch lange nicht in Puerto Rico gerecht oder in Russland. Ich hab mal auf den Philippinen bei einem Vaterschaftsstreit die Vaterschaft eines Mannes mit einer DNA-Untersuchung belegt. Der Richter befand aber, dass er nicht der Vater sei. Als ich nachfragte hieß es: "Der Beklagte ist älter als Sie. Deshalb hat er Recht." Wir empfinden das natürlich als ungerecht, aber nach philippinischem Recht geht das völlig in Ordnung. Recht ist überall auf der Welt etwas anderes, aber Wahrheit ist immer und überall wahr." Aber welchen Wert hat dann Wahrheit, wenn sie zu völlig unterschiedlichen, ja gegensätzlichen Ergebnissen führen kann?

"Die Wahrheit ist einfach nur da. Und für mich bleibt das einfach so stehen. Wahrheit hat keinen Sinn, keine Bedeutung. Sie ist einfach da und ich finde sie schön. Ich als Naturwissenschaftler darf das: ich darf sagen "es interessiert mich nicht, was die Wahrheit gesellschaftlich bedeutet, was sie für Folgen hat". Ich erhebe einfach die reine, kristalline Wahrheit - wenn die vor einem ungerechten Richter, in einem totalitären Staat oder einfach nur bei Leuten, die sie nicht verstehen, jeweils zu anderen Ergebnissen führt, da kann ich dann auch nichts dran machen."

Was vom Führer übrig blieb: Hitler-Reste in der Plastik-Box

Leichenteile der besonderen Art sollte Dr. Mark Benecke vor einiger Zeit in Moskau untersuchen: In den Archiven des Geheimdienstes war eine eher unscheinbare Disketten-Box aufgetaucht, darin: Teile eines menschlichen Gebisses (mit massiven Zahnschäden) und ein Schädel-Fragment mit Austrittsöffnung eines Schusses sowie ein Zettel, auf dem der Name des angeblichen ehemaligen Besitzers dieser Knochenfragmente vermerkt war: Adolf Hitler. Auf bislang nicht eindeutig geklärten Kanälen hatten die Fragmente nach dem Krieg ihren Weg in die Lager des ehemaligen KGB gefunden, der seinerzeit verbreitet hatte, Hitler habe sich feige vergiftet, anstatt den "mannhaften Offizierstod" durch Erschießen zu wählen. Dass zumindest das äußerst schadhafte Gebiss tatsächlich einst des Führers Physiognomie verunzierte, ist anhand alter Röntgenbilder und zahnärztlicher Aufzeichnungen schnell geklärt. Auch durch Filmdokumente, in denen Hitler bei Reden mit hassverzerrtem Gesicht sein lädiertes Gebiss in die Kamera reckt, lässt sich belegen, dass er das Konzept von "Reinheit", das er so gern auf die Rassenideologie anwandte, für seine Zahnhygiene offenbar weitestgehend ausgeklammert hatte.

Ob die Schädeldecke dagegen wirklich vom Diktator stammt, konnte Mark auch in Zusammenarbeit namhafter Kollegen nicht eindeutig klären. Als eine Ironie der Geschichte könnte man ansehen, dass Hitler (oder zumindest Teile von ihm) posthum selbst zum Objekt wissenschaftlicher Untersuchungen wurde; unter seinem Regime wurden Untersuchungen wie Schädel- und Gesichtsvermessungen durchgeführt, mithilfe derer anhand biologischer und genetischer Merkmale die angebliche Minderwertigkeit so genannter nicht-arischer Völker "bewiesen" werden sollte. "Die Wissenschaftler zu der Zeit wussten alle - und das weiss man aus ihren eigenen Berichten - dass es eben nicht stimmt, dass bestimmte Bevölkerungsgruppen genetisch minderwertig sind, das wussten die ganz genau - im Gegensatz zu Hitler, der das ja wirklich geglaubt hatte. Und trotzdem haben die sich dieser bekloppten Rassenlehre angeschlossen." kommentiert Mark die pseudo-wissenschaftliche Arbeit seiner damaligen "Kollegen".

Die Mumie des Hausmeisters - Liebe zum Arbeitsplatz über den Tod hinaus

Ist es eine Moorleiche? Eine Mumie aus irgendeiner Kirchen-Gruft? "Ach, Du meinst den Hausmeister!" meint Mark. Ich schaue verständnislos. "Das ist der Hausmeister von der Rechtsmedizin in Bukarest. Dem gefiel es im rechtsmedizinischen Institut so gut - also das ist wirklich ein schönes Institut, muss man dazu sagen - dass er in seinem Testament verfügt hat, dass er auch nach seinem Tod da bleiben will und dass man ihn mumifizieren soll. Naja, dann haben die das eben gemacht, seitdem steht er da im Museum des Instituts. Die haben auch ein sehr gutes und lockeres Verhältnis zu ihrem ehemaligen Hausmeister, und wenn man die freundlich fragt, ob man ihn mal rausnehmen darf, klar, gar kein Problem. So was kann man sich hierzulande halt schlecht vorstellen." Womit Mark sicher Recht hat.

Vampire und Wiedergänger - ist mit dem Tod doch nicht alles vorbei?

Ungefähr vor einem Jahr erreichte Mark aus Rumänien, wo der Glaube an Vampire und "Wiedergänger" besonders im ländlichen Raum noch sehr verbreitet ist, eine gruselige Meldung: Ein Verstorbener, den man für einen Untoten gehalten hatte, war von seinen Verwandten exhumiert worden, sein Herz wurde auf einer Wegkreuzung verbrannt, die Überreste wurden von den Angehörigen in Wein aufgelöst getrunken. Dass diese grausige Zeremonie tatsächlich stattgefunden hat, belegt eine Videoaufzeichnung.

"Die Wiedergänger sind nach dem Aberglauben nicht wirklich böse; im Gegenteil lieben sie ihre Freunde und Verwandten so sehr, dass sie weiter mit ihnen zusammen sein wollen, deshalb machen sie diese krank, um sie zu sich in die Zwischenwelt von Leben und Tod zu holen. Deshalb muss man den Untoten dann eben das Herz, das Organ der Liebe, herausnehmen und zerstören." erklärt Mark das Verhalten der Dorfbevölkerung. Dafür, dass einige Tote allem Anschein nach wirklich ihr Grab wieder verlassen, sprechen verschiedene Hinweise: Einige Leichen scheinen, wenn man sie wieder ausgräbt, nicht verwest zu sein, sehen im Gegenteil sogar dicklich und wohlgenährt aus. Manchen läuft roter Saft aus den Mundwinkeln, ihre Zähne sind länger als zu Lebzeiten.

Die Arme, die bei der Beerdigung noch über der Brust verschränkt waren, liegen inzwischen in ganz anderer Haltung, sie haben oft auffallend lange Fingernägel. "Und das sind keine wilden Geschichten, das ist wirklich so!" verblüfft mich Mark, der das Phänomen untersuchen sollte, "schon aus preußischer Zeit gibt es solche Berichte, und die Preußen haben selbst nach unseren heutigen Standards sehr sauber gearbeitet. Nur die Erklärung stimmt halt nicht. Die Leichen sehen nicht so aus, weil sie nachts aus dem Grab aufsteigen, sich vom Blut der Lebenden ernähren und deshalb dick sind. Die innerlich verwesenden Körper sind einfach von Fäulnisgasen aufgetrieben, deshalb sind sie so dick. Die Gase drücken Körperflüssigkeit aus den Körperöffnungen, und durch den Auftrieb rutschen die Hände von der Brust zur Seite. Und Zähne und Fingernägel erscheinen einfach länger, weil Haut und Zahnfleisch mit dem Austrocknen des Körpers zurück weichen." Also gibt es eben doch keine Vampire. Irgendwie auch schade, wenn man alles wissenschaftlich erklären kann...

Die "Body Farm" - ein Park der ganz besonderen Art

Vor über dreißig Jahren entstand in Knoxville, Tenessee, eine "Farm" der ganz besonderen Art. Gegründet wurde die "Body Farm" von William Bass, einem forensischen Anthropologen, zum Zwecke den Zerfall menschlicher Leichen unter verschiedensten Bedingungen für kriminaltechnische Untersuchungen zu beobachten. In einem Waldstück mit der Fläche von ca. eineinhalb Fußballfeldern liegen ständig ungefähr 40 Leichen. Die Körper, welche von den Verstorbenen zu Lebzeiten der Wissenschaft vermacht worden waren, weisen unterschiedlichste Fäulnis- und Zersetzungsstadien auf. Einige liegen auf dem Waldboden, andere sind teilweise oder komplett vergraben. Manche sind in Plastik gehüllt, in Kofferräumen von Autos deponiert, unter Zweigen verborgen, liegen offen in der Sonne oder im Schatten - hier wird jedes nur denkbare Szenario eines Leichenfundes experimentell nachgestellt - in Deutschland völlig undenkbar.

Für Dr. Mark Benecke ein ideales Terrain, um zu untersuchen, welche Insekten eine Leiche in welchem Fäulnisstadium befallen - für jeden "normalen" Menschen dagegen einfach nur ein Alptraum auf 12.000 Quadratmetern. Alle paar Schritte stolpert man beinahe über eine verwesende oder schon halb skelettierte Leiche, das Szenario könnte aus einem Zombie-Horrorfilm stammen. Mark zeigt sich unbeeindruckt: "Wenn man sich vor so etwas ekelt, kann man den Job nicht machen, das kann man sich auch nicht abtrainieren oder so. Entweder man ekelt sich, dann bleibt das immer so, oder es macht einem eben nichts aus."

Leichen im Keller - der Tod verfolgt Mark bis nach Hause

Normalerweise ist es ja eher im übertragenen Sinne gemeint, wenn man von jemandem sagt, er habe "Leichen im Keller", also irgend etwas zu verbergen. Bei Dr. Mark Benecke dagegen darf man das ruhig wörtlich nehmen; wie es sich für die Unterkunft eines forensischen Gerichtsbiologen gehört, beherbergt das Haus, in dem Mark wohnt auch zwei Skelette. Um ganz präzise zu sein: Die gehören nicht wirklich Mark, geschweige denn, dass er in irgend einer Art für das Ableben der Beiden verantwortlich wäre. Und richtig im Keller liegen sie auch nicht, eher im Hof der Holzhandlung, die sich im Erdgeschoß befindet.

Denn dort stieß man bei Ausbauarbeiten auf Gräber aus der Römerzeit. Köln war ja um 38 v.Chr. als "Colonia Claudia Ara Agrippinensium" von den Römern gegründet worden und noch heute sind in der Domstadt viele Überbleibsel aus dieser Zeit zu finden - über- wie unterirdisch. Die beiden Römer, die in Marks Hinterhof entdeckt wurden, fanden ihre vermeintlich letzte Ruhestätte entlang der Nord-Süd Römerstraße Trier-Köln, bevor ihre Gebeine vor wenigen Jahren entdeckt wurden. Nach der wissenschaftlichen Untersuchung wurden die Skelette wieder an ihren ursprünglichen Ruheort zurückgelegt; allerdings nicht, wie zuvor, nebeneinander, denn da es sich um Männlein und Weiblein handelt, fand die Gattin des Holzhändlers es unschicklich, dass die beiden nebeneinander in einem Grab lägen.

Nun liegen sie im Hof der Holzhandlung (unter einer Plexiglas-Scheibe, für Interessierte jederzeit zu besichtigen) in zwei "Schubladen", übereinander angeordnet - ob das wohl weniger unschicklich ist? Wir wissen aber nicht, wer von den beiden oben liegen darf, oder ob ab und zu gewechselt wird...

Wie wird man überhaupt forensischer Biologe?

"Das war alles mehr ein Zufall" erzählt der junge Kölner, "ich wollte am Anfang nur genetische Fingerabdrücke machen. In den 80ern gab es den Film Blade Runner, wo nachgebaute Menschen auf die Erde gelangen, die sich äußerlich nicht von echten Menschen unterscheiden, und die Frage ist, wie kann man die auseinander halten? Mit genetischen Fingerabdrücken geht das, und das wollte ich machen. So kam ich während des Studiums in die Rechtsmedizin, und weil das Labor im Keller bei den Leichen war, kam ich überhaupt erst zu den Leichen.

Als Biologe interessierst du dich dann eben auch für die Tiere auf den Leichen, und Polizisten meinten dann, ihnen sei aufgefallen, dass da zu verschiedenen Zeiten verschiedene Insekten zu finden seien. "Klar", hab ich gesagt, "die sind ja auch auf unterschiedliche Fäulnisstadien spezialisiert." Dann hab ich angefangen, mich dafür zu interessieren, hab mir die gesamte Literatur zu dem Thema geholt, hab gesehen, dass diese Arbeit der Polizei nützt, für die die Kenntnis der Liegezeiten unheimlich wichtig ist, und so hat sich das entwickelt." Neben dem Rechtsmediziner, der sich lediglich dafür interessiert, welche Gewalt auf das Opfer eingewirkt hat und dem beispielsweise Insekten völlig egal sind, gibt es bei Kriminalfällen also auch für Wissenschaftler anderer Ausrichtungen ein reichliches Betätigungsfeld, beispielsweise auch für Physiker, die sich mit dem Verhalten von Tropfen auskennen - sehr wichtig beim Untersuchen von Blutspritzern, um Winkel oder Intensität von Schlägen oder Schüssen zu erkennen.

Beneckes irre Freak-Show

Quelle: Express Köln vom 1. Mai 2011

Maden, Fliegen, Käfer: Das ist die Welt des Dr. Mark Benecke

VON SANDRA EBERT und ZIK

Dr. Mark Benecke ließ sich „In Dude we trust“ tätowieren. Daneben der Bremer Stadtschlüssel. Foto: Zik

Doch Deutschlands bekanntester Kriminalbiologe (er untersuchte sogar schon Hitlers Schädel), der Ausbilder an deutschen Polizeischulen sowie Gastdozent in den USA, Vietnam, Kolumbien und auf den Philippinen ist, hat noch andere irre Passionen:

Benecke ist Donaldist, Vampir-Experte, trat als Kanzlerkandidat für „Die Partei“ an. Das Neuste: Nun ist der 40-Jährige auch noch „Dudist“. „Nach dem Film »The Big Lebowski« mit Jeff Bridges als Dude.“

Zwar heißt „Dude“ übersetzt nur so viel wie „Alter“, steht im Film aber für eine extrem entspannte Lebenshaltung. „Kann ich mich absolut mit identifizieren“, grinst Benecke. Zum Zeichen dafür, dass er gläubiger „Dudist“ ist, ließ er sich gleich eine Yin&Yang-Bowlingkugel mit dem Schriftzug „In Dude we trust“ – analog zum amerikanischen Staatsmotto „In God we trust“ (übersetzt: Wir vertrauen auf Gott“) – auf die Wade tätowieren.

„Ich habe über 30 Tattoos auf dem ganzen Körper“, erklärt Benecke. Eine Windrose auf dem einen Handrücken, den „Autobahnfink“, der früher an Raststätten für Sauberkeit warb, auf dem anderen. Auf seinen Fingern steht „Hold fast“: „Als Erinnerung, dass man das, was wichtig ist, festhält.“

[...]

Das Bundesinstitut für Risikobewertung stellt sich vor

Quelle: Presseinformation des Bundesinstitutes für Risikoberwertung, 25/2013

Informationen zu Tattoos, Nahrungsergänzungsmitteln, Nanotechnologie, Stillen und Vergiftungen bei Kindern

Flyer als .pdf

Mit interaktiven Spielen, Umfragen, einem Glücksrad und vielen Informationen wendet sich das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) am kommenden verkaufsoffenen Wochenende auf dem Alexanderplatz an Verbraucherinnen und Verbraucher. Jeweils am Sonnabend und Sonntag, den 7. und 8. September, haben Besucherinnen und Besucher von 11 bis 18 Uhr die Möglichkeit, direkt mit BfR-Expertinnen und -Experten zu sprechen. „Es gibt Angebote für alle Altersgruppen“, sagt BfR-Präsident Andreas Hensel.

„Unsere Informationen zu Tattoos sind vor allem für Jugendliche und junge Erwachsene interessant, Stillempfehlungen und eine neue App für Vergiftungen bei Kindern richten sich an junge Familien, und Nahrungsergänzungsmittel sind ein Thema, das vor allem ältere Menschen anspricht.“ Am Sonnabend steht der bekannte Kriminalbiologe und Autor Dr. Mark Benecke zu Fragen rund um das Thema Tätowierungen zur Verfügung.

Das Wesentliche ist für die Augen unsichtbar

Quelle: Tätowiermagazin 9/2014, Seite 52

Aus: »Der kleine Prinz« von Antoine de Saint-Exupéry

Von Mark Benecke

Der Artikel als .pdf

In Berlin fällt man mit Tattoos an Händen und Hals schon gar nicht mehr auf. Viele Arbeitgeber auch fern der Metropolen haben sich auf die ungeschriebene Regel für ihre bunten Mitarbeiter festgelegt, dass zumindest die Hände tintenfrei sein sollen; bei Behörden gilt die Maßgabe, dass die Ärmel eines Kurzarmhemdes die Tattoos bedecken sollen. Mitten in dieses Durcheinander ist Tatiana Vallova gestolpert, die eigentlich nur eines werden will, nämlich Polizistin.

Auslöser für ihre Ablehnung zum Eignungsauswahlverfahren der Bundespolizei ist ihr Schriftzug auf ihrem Unterarm, ein Zitat aus der Erzählung »Der kleine Prinz«: »S’il te plaît ... apprivoise-moi!«, auf Deutsch: »Bitte ... zähme mich!«.

Die Teilnahme wurde ihr verweigert, obwohl sie bereit ist, sich den Schriftzug mittels Laser entfernen zu lassen. Seit 2012 hat sie dafür über dreitausend Euro bezahlt. Noch ist das Tattoo auf dem Unterarm lesbar, was normal ist. Es braucht Zeit und etliche Behandlungen, ehe die Pigmente verschwinden.

Im Beschluss des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs in Kassel konnte sie dagegen lesen, dass sie »keinen erkennbaren Willen« gezeigt habe, ihr Tattoo zu entfernen. Und es kommt noch ärger. »Die Bescheinigungen des Laser-Institutes wurden in der Stellungnahme der Bundespolizei vor Gericht sogar als Fälschungen bezeichnet«, berichtet Tatiana sichtlich angesäuert.

»Es war vermutlich auch nicht schlau«, ergänzt sie, »dass ich meinen ersten Widerspruch gegen die Ablehnung im Jahr 2012 nicht weiter verfolgt habe. Der Polizist am anderen Ende der Leitung empfahl mir damals, ich könnte mich ja im kommenden Jahr ja für die höhere Laufbahn bewerben, weil ich ein abgeschlossenes Studium habe. Also ließ ich meinen Widerspruch fallen«.

Damit war dieses Rechtsmittel für sie nicht mehr offen. Ihre zweite Option, die Bewerbung für die höhere Laufbahn, soll jetzt wegen ihres »großflächigen« Tattoos auch nicht greifen.

Hat vielleicht jemand etwas gegen Tatjana? Schwer vorstellbar, denn sie ist freundlich, ruhig und hat im Vorfeld alles getan, um die Zulassungsbedingungen zu erfüllen: Auf das vorgeschriebene Körpergewicht von mehr als fünfzig Kilogramm hat sie sich hochgefuttert, Gewichte gestemmt und sich auf die sportlichen Prüfungen vorbereitet. Denn sie möchte nichts lieber tun, als mit anderen Menschen im Dienst der Gerechtigkeit zu arbeiten. Wie viel Einsatz kann frau noch für einen Arbeitgeber zeigen?

Um sich ihren Berufswunsch doch noch erfüllen zu können, hat sie sich im Anschluss noch bei der Landespolizei beworben. »Den schriftlichen Eignungstest habe ich bestanden, bei der Sportprüfung habe ich die vorgeschriebene Mindestzahl der Hebungen beim Bankdrücken sogar überschritten. Hinterher hieß es dann, dass die ersten beiden Heber und einer in der Mitte nicht sauber gewesen seien und ich damit genau einen Heber unter der geforderten Mindestzahl lag.« Erneut flog Tatiana aus einem Bewerbungsverfahren.

Anstatt das Gespräch mit der jungen Frau zu suchen, wie es jede andere Firma in einem solchen Grenzfall täte, noch dazu mit einer Bewerberin, die menschlich, freundlich und engagiert ist, erhielt Tatiana von allen angefragten Polizeistellen Ablehnungen. »Bei der Bundespolizei könnte es auch daran gelegen haben«, mutmaßt Tatiana, »dass gerade erst ein Bewerber mit einer kleineren Tätowierung, einer ›13‹ am Hinterkopf, gerichtlich durchgewinkt wurde.« Ob man bei der erzkonservativen Bundespolizei, die mit ihrer Kampagne »Die Bundespolizei wird ›bunter‹ – und das ist auch gut so!« BewerberInnen mit »Migrationshintergrund« einbinden will, zu den ethnisch bunten Menschen nun nicht auch noch Menschen mit Tattoos auf dem Buckel haben möchte? Es scheint so.

Aufgeben will Tatiana noch nicht und wartet nun das Hauptverfahren ab. »Die Entscheidung dort wird aber wohl erst Anfang 2015 gefällt«, sagt Tatiana, »und dann kann ich noch bis zum Bundesgerichtshof gehen.« Ich drücke ihr die Daumen für diesen langen Weg. Den Glauben an das, was Tatiana zur Polizistin machen sollte – nämlich Kommunikation mit anderen, die menschliche Arbeit bei einer Behörde und einen lupenreinen Sinn für Gerechtigkeit – hat sie mittlerweile aber fast schon verloren. Und das ist, abgesehen von dem kleinkarierten und anachronistischen Theater um den liebevollen Spruch über das Wesen der Freundschaft von Antoine de Saint-Exupéry, das wirklich Traurige und Verrückte an dieser Geschichte.