ADHS & Autismus: Netzhaut-Erkennung

Kleine Teile des Textes wurden verwendet auf → https://www.gamestar.de/artikel/adhs-diagnose-ki-netzhautbilder-auge-neurodivergenz,3432156.html 

1. Warum ausgerechnet die Netzhaut? Können Sie unseren Lesern in einfachen Worten erklären, warum sich gerade die Retina eignet, um neurodivergente von neurotypischen Menschen zu unterscheiden?

Es war eine wirklich abgefahrene Idee der Kolleginnen und Kollegen, in die Augen zu schauen. Uns ist klar, dass das Gehirn unsere Persönlichkeit ist. Dazu gibt es massenhaft Studien, auch unter Autistinnen und Autisten. Als nun die Augen von Autistinnen und Autisten angesehen wurden (klick hier und hier) fanden das besonders meine ärztlichen Kolleginnen und Kollegen zunächst "umstrtitten", obwohl die künstliche Intelligenz ja eine supergenaue Trefferzahl hinlegte. Aber es hätte ja an fehlenden Massen-Tests gelegen haben können.

Biologisch fand ich es nicht so merkwürdig, denn "die Dicke der ellipsoiden Zone (EZ) mit Zapfen-Photorezeptoren war bei ASD signifikant erhöht; die großkalibrigen arteriovenösen Gefäße der inneren Netzhaut waren bei ASD signifikant reduziert; diese Veränderungen in der EZ und den arteriovenösen Gefäßen waren am linken Auge signifikanter als am rechten Auge" — das ist ja schon deutlich.

In der ganz neuen ADHS-Studie, in der über dreihundert Erwachsene und Kinder untersucht wurden, war die Idee, dass sich Dopamin, das ja viele "seelische" Wirkungen hat, auch auf das Entstehen und Wachsen der Netzhaut im Auge auswirkt. Vermutlich hängt das mit der durch Dopamin veränderten Durchfluss-Menge von Blut, vielleicht auch mit der ebenfalls von Dopamin beeinflussten Durchlässigkeit der Butgefäße zusammen. 

Da die Dopamin-Sache noch untersucht wird, haben sich die Kolleginnen und Kollegen gesagt: Warum nicht einfach schauen, was wie im Auge sehen? Die genaue Entstehungsgeschichte der möglichen Netzhaut-Veränderungen können wir ja auch später untersuchen. 

Hinzu kommt, dass gerade im Berich von Künstlicher Intelligenz, Deep Learning, in Laboren und der Wissenschaft überhaupt superviele Autistinnen und Autisten arbeiten. Das mag ein weiterer Anreiz gewesen sein, einfach mal zu gucken anstatt zu denken.

 2. Wie würden Sie den derzeitigen Standard zur Diagnose von Autismus und ADHS beschreiben? 

Es gibt derzeit keinen Standard. Das ist sehr gute Forschung, keine allgemein zugelassene Anwendung.

Was kann ein solches, auf Biomarkern basierendes Verfahren, für die Diagnostik für potenziell Neurodivergente verändern?

Dass ihnen endlich — wie auch den ME/CFS-Patientinnen und -Patienten — nicht mehr von Menschen, die nichts davon verstehen, aber auch die Messungen nicht anschauen, gesagt wird, dass sie sich das alles einbilden oder, noch beknackter, es eine Mode-Erscheinung sei. 

3. Sehen Sie ein generelles Potential in solchen neuen Verfahren, unseren gesellschaftlichen Blick auf Autismus und ADHS zu verändern?

Auf den Autismus-Vorträgen und -Kanälen von meiner Frau und mir ist richtig was los, wenn es um die Eigenschaften und die Erkennung von Neurodiversität geht. Ich finde es daher gut, dass die saubere Erkennung immer besser gelingt. 

Der nächste Schritt ist, die Trennung zwischen angeblich normalen und dazu so verschieden dazu wirkenden Menschen aufzugeben. Nicht nur Autismus und ADHS sind ein Spektrum, wie es in der neuesten Fassung der Liste von Krankheiten (ICD-11) auch super dargestellt ist, sondern auch die angebliche Normalität. Wie wir in Köln sagen: "Mer sin all Mische": Wir sind alle Menschen mit Stärken und Schwächen. 

Gerade Autistinnen und Autisten sind überstark in Computerzeugs, Ingenieurs- und Natur-Wissenschaften vertreten, ADHSler:innen in der Bühnen-Kunst und AuDHSlerinnen vielleicht noch in vielem mehr. Das hat schon Hans Asperger gewusst, ich habe das in den Tiefen der Autismus-Bibliothek in London selbst ergründet. 

Es ist also schon mal prima, wenn Menschen mit Spezial-Interessen das in Ruhe machen können, was sie eben können. Hilft allen. 

Außerdem können die Angehörigen lernen, nicht das Kind so zu biegen, wie die Nachbarn es gerne hätten, sondern es leben zu lassen, wie es möchte. Das macht auch den Angehörigen das Leben leichter, die oft tausendmal verzweifelter sind als die Autistinnen und Autisten, weil sie irgendwas erzwingen möchten, was nicht geht und nicht sinnvoll ist. 

Unser Forschungs-Team hat in den letzten sieben Jahren schon heraus gefunden, wie wir es den Schülerinnen und Schülern leichter machen. jetzt führen wir eine fette Untersuchung mit Kindergarten-Kids dazu durch.

Und: Wer stärkere Schwierigkeiten hat, erhält mehr Unterstützung. So wie bei Knochenbrüchen oder Grippe auch.

Ray Martin: U-Comix 📚

Mini-Interview mit Ray Martin zum Comic-Festival in München (2025) & langes Interview aus den U-Comix (2016) mit dem damaligen Herausgeber Steff Murschetz

Mark: Lieber Ray, was hat dir an deinen U-Comix besonders gefallen? 

 Ray: Das Geld, welches ich damit verdient habe.

Es gibt ja bis heute deinen Shop mit wilden Dingen. Wenn du heute in die Welt schaust: Ist etwas vom anarchischen, wilden Getümmel von damals übrig geblieben? Falls ja, was?

Links ist das erste U-COMIX-Heft aus dem Sommer 1969, rechts das letzte von Ray herausgegebene U-Comix-Heft (Mai 1986) (Foto: Jutta Hoffmann).

Ja, die Trump-Administration.

Was denkst du über Comic-Messen und -Börsen? Warst du mit den U-Comix auf Messen? Erlebnisse, Erinnerungen? 

Na klar, ich war auf allen möglichen Messen. Vor 35 Jahren sogar in Köln. Über die Begegnung mit Ralf König auf dem Erlanger Comic-Salon 2018 habe ich in einem meiner Online-Workshops geschrieben. Der Text sagt viel über meine Lebenseinstellung.

 Okay. Dann schauen wir doch mal in einen deinen Text von damals.

Zum Glück holt mich meine Vergangenheit nicht all zu oft ein. Das liegt zum einen daran, dass viele Menschen in meinem Alltag meine Vergangenheit nicht kennen und ich ihnen auch nichts davon erzähle.

Meine engen Freunde (& siehe oben) und Verwandte wiederum haben alle unglaublichen Geschichten schon zehn mal gehört und sprechen mich auch nicht mehr darauf an. Dennoch gibt es immer mal wieder kleine Einbrüche der Vergangenheit in die Neuzeit. 

So waren wir im vergangenen Jahr auf einer Anti-Nazi Demo in Scheinfeld, haben einen kleinen Stand aus Partyzelt und Tapeziertischen aufgebaut und sehr erfolgreich T-Shirts, Caps, Buttons und Stickers (Gegen Nazis, Gebt Nazis keine Chance, Solidarität gegen Rassismus etc) verkauft. Alles Restbestände aus den 1980 und 1990er Jahren, die ich nie weggeworfen habe.

Ray auf der Comic-Messe (Comic-Salon) Erlangen 2018 (Foto: Archiv Ray Martin).

Oder unser Auftritt auf einer 'Legalize Cannabis'-Demo vor ein paar Wochen in Nürnberg, die vom örtlichen Cannabis Social Club veranstaltet wurde. Dort verkauften wir mehr oder weniger aus der Hand bzw. mit einem Bauchladen T-Shirts, Caps und Buttons von den Legalize-Kampagnen der 1980er und 1990er Jahre. Das lief nicht schlecht, obwohl nur ca. 200 total witzige, punkige und bekiffte junge Menschen da waren. Ich glaube, ich war der einzige Alte auf dem Platz.

Richtig ausgeflippt ist meine Jutta aber erst, als sie das Plakat (Anhang 1) mit der Ankündigung für U-COMIX Nr. 194 sah: „Wow, meine beiden liebsten Männer auf einem Plakat - Mark Benecke und Raymond Martin.“ Ich wusste erst gar nicht wer das ist, bin aber nun aufgeklärt: Eine Art Leichenbeschauer, der in einer Fernsehserie mitspielt und ein Heer von Fans unter SM-Mädels und Menschen mit einer leichten Störung aus dem nekrophilen Themenbereich hat. Führwahr ein guter Kontrast zu einem esoterischen Alt-Hippie.

Dazu muss man wissen, dass ich das Comic-Magazin U-COMIX schon vor 46 Jahren gegründet und 1986 damit aufgehört habe. In den besten Zeiten verkauften wir fast 30.000 Exemplare im Monat und wenn ich dabei geblieben wäre und nicht auch noch SCHWERMETALL, PILOT, VAMPIRELLA, HINZ & KUNZ, WITZBOLD etc. gemacht hätte, würde ich wohl nun selbst die Ausgabe 194 herausgeben. Die neuen Männer um den begnadeten Comic-Zeichner Steff Murschetz machen seit ein paar Jahren alle drei Monate ein Heft, dass nicht mal 3000 Exemplare verkauft. Sie zahlen sich alle keinen Lohn aus und leben teilweise von Harz 4. 

Als ich nach einem Interview gefragt wurde, habe ich sofort zugesagt, dass nun in der Ausgabe vom am 25. Mai 2016 erschienen ist.

Interview aus den U-Comix (Mai 2016)

  Ray auf dem Comic-Salon Erlangen 2016 (Foto: Archiv Ray Martin).

In den 1970er und 80er Jahre hat ein junger Verleger mit seinen Comics und Büchern zu Drogen, Ökologie und Bewusstseinserweiterung die alternative Presselandschaft nachhaltig geprägt. Mit seinen erfolgreichen Comic-Magazinen U-Comix und Schwermetall brachte er erstmals junge Deutsche in Kontakt mit Comiczeichnern wie Robert Crumb, Richard Corben, Moebius oder Gilbert Shelton. Was Comics betrifft, hat er den Rock ‘n’ Roll nach Deutschland gebracht.

Steff Murschetz stellt für U-Comix 12 Fragen an Raymond Martin

Steff: Du wurdest 1953 geboren. Es war die Zeit der Piccolo-Comics. Viele Deines Jahrgangs verehren ja noch immer Hans Rudi Wäscher, der kürzlich verstarb. Hast Du diese Comics auch gelesen und was hast Du als Kind getrieben?

Ray: Ich bin in Berlin Neukölln in eine eher bildungsferne Familie hineingeboren. In diesen Kreisen stand man den Comic-Heftchen nicht so kritisch gegenüber wie das Bildungsbürgertum. Meiner jetzigen Freundin z.B. war es vor 40 Jahren noch untersagt, Comics zu lesen. Ich wuchs eher antiautoritär und selbstbestimmt auf und war früh eher an allen möglichen Comics, als an Schulbüchern interessiert: Kauka, Disney, Akim, Tibor, Falk etc., aber auch „Illustrierte Klassiker“ eigentlich fast alle Comics außer „Nick im Weltraum“. Mit der Pubertät verlor ich Interesse daran und wand mich den Mädchen zu. 

Mit 15 Jahren half ich ein bisschen bei der Entstehung einer unabhängigen Schülerzeitung (Paradox) und gründete mit 16 eine kleine Zeitschrift für Amateur-Lyrik, -Prosa und –Grafik (ex-libris), mit der ich allerdings nach der zweiten Ausgabe meine erste Pleite hinlegte.

Bereits mit 16 Jahren hast Du 1969 das Underground-Comicmagazin U-Comix gegründet und 1970 das bis 1976 erschienene Untergrund-Volksblatt Päng. Vor der allgemein bekannten U-Comix Magazinserie, gab es ja bereits 17 Nummern. Kannst Du Finanzierung, Herstellung, Vertrieb und Inhalt dieser ersten Hefte kurz beschreiben?

Das ist nicht ganz richtig, die erste Ausgabe von PÄNG kam schon 1969 heraus, die erste Ausgabe von U-COMIX kam erst 1970. Auflage 1000 Stück , 16 Seiten schwarz/weiße Comix von Crumb, Shelton, S. Clay Wilson und ein paar anderen aber auch eine Seite Little Nemo von Windsor McCay. Die Herstellung war damals sehr einfach, man klebte die deutschen Sprechblasen auf die Originale und machte davon Repros und Druckplatten. Der Druck wurde erst nach dem Verkauf der halben Auflage bezahlt. Am Anfang haben wir alle Blätter selbst zusammengetragen und gefaltet, um die Buchbinderkosten zu sparen. 

Wenn von einer Auflage soviel verkauft war, dass der Druck bezahlt werden konnte, wurde das nächste Heft gemacht. Das dauerte damals oft Monate. Ich kümmerte mich dann nach und nach um immer mehr Zeichner, aus der ganzen Welt, die bei uns veröffentlichen wollten. Alles per Brief oder Telefon, mehr gab es damals nicht. Irgendwann haben wir auch mal einen Seitenpreis bezahlt aber es wurde erst ein Geschäft, von dem man leben konnte, als wir in den bürgerlichen Pressevertrieb eindrangen.

Im Januar diesen Jahres verstarb der Künstler und Verleger Bernd Brummbär. Erst durch Deinen Artikel über ihn wurde mir klar, dass auch Du “Vorbilder” hattest. Wie hat Bernd Brummbär Dich inspiriert und wer gehörte damals noch zu jungen Undergroundcomix-Szene?

Ich habe zwar 1970 die erste Ausgabe von dem Heftchen U-COMIX herausgegeben, doch Bernd Brummbär hat die ersten Comic-Bücher mit diesen Zeichnern gemacht. Zusammen mit dem Verleger Abraham Melzer wurden eine unlizensierte deutschsprachige Ausgaben von Robert Crumbs HEAD COMIX und danach eine Buchreihe mit dem Titel BRUMM COMICS veröffentlicht. 

Steff Murschetz besucht Mark Benecke (U-Comix 194; im selben Heft erschien das Interview mit Ray Martin). Im Heft zuvor (also Nr. 193) gab es ein Interview mit Mark (Foto: Mark Benecke).

Dadurch wurde der deutsche Comic-Markt mit Fritz The Cat, Mr. Natural oder auch mit Anne & Hans bekannt gemacht. Letzteres ist ein legendärer Aufklärungs-Comic von Theo van den Boogaard, der ziemlich schnell auf den Index für verbotene Bücher wanderte. Da die Brumm Comics sehr gut liefen und man keine Royalties bezahlte, verdienten sich BB und Abi eine goldene Nase damit. 

Ich lernte also als Comic-Fan den Übersetzer und Letterer der Brumm-Comics kennen, der auch plante eine Underground-Zeitung herauszugeben..

1971 erschien ein Bericht im Spiegel über Deine Kommune in Kucha. Da musst Du etwa 18 gewesen sein. Im spießigen Stil eines 50er Relikts echauffierte sich der Autor in den Artikel über Eure Ideale. Worum ging es Euch wirklich?

Der Spiegel schrieb am 9. August 1971: „Raymond Martin aus Nürnberg kennt ähnliche Nachbarlichkeit von den Bauern im mittelfränkischen Dorf Kucha, wo er seit dem Winter mit einer 20köpfigen Kommune von ehemaligen Anarchisten, Schülerinnen und Opfern der deutschen Fürsorge-Erziehung für 300 Mark im Monat das Obergeschoß der Zwergschule bewohnt. Einen großen Acker bekamen die ausgeflippten Kommunarden umsonst. Ein motorisierter Bauer war so freundlich und pflügte. 

Zwar hält sich auf den Wangen dieser jungen Leute die Blässe ungezählter Trips. Doch auf ihrer Schulter tragen sie rührend entschlossen die Harke. Sie trinken viel Milch, der drogengereizten Leber wegen. Da lohnte sich für einen Nachbarn der Ankauf einer weiteren

Kuh. Der reinen Luft, der reinen Nahrung, des eigenen Hanfs im eigenen Garten sich zu freuen, werden diese Stadtkinder nimmer müde. Die Bauernkinder zieht es in Richtung Industrie. Zum Zeichen ihrer Seelenverwandtschaft beschlossen die Kommunarden, sich fortan "Sippe" zu nennen. Die Leute vom Dorf vergessen gerade, was dieses Wort bei ihnen bedeutete.“ 

Das klingt wirklich köstlich, wenn man das 44 Jahre später wieder liest. Wir waren am Anfang alles andere als Romantiker, sondern wollten einfach nur zusammen wohnen. Da wir die Mieten für große Wohnungen in der Stadt nicht bezahlen konnten, gingen wir aufs Land. Dort bekam man dreimal soviel Wohnraum zum gleichen Preis. Und man konnte nächtelang durchfeiern, Musik machen, einfach Partytime ohne das sich Nachbarn gestört fühlen. Unser Haus hatte ca. 20 Meter im Abstand zum nächsten, das war wichtig. Wir sind im Frühling 1971 eingezogen und haben schon im Herbst eine 3 Meter hohe Hanfplantage im Garten gehabt, einsehbar von allen Seiten. Keiner der Nachbarn wusste, was das ist.

Links: Das angeblich allerletzte Heft der U-Comix von Steff Murschetz. Rechts: Zwei Hefte erschienen U-Comix dann mit 3D-Bildern (Foto: Mark Benecke).

Du sollst auf Kucha mit vielen Frauen dem lockeren Leben gefrönt haben, sozusagen als Hahn im Korb und hast auch den Foto-Bildband “Mädels” mit Schönheiten der deutschen Freakszene gemacht und verlegt. Viele Comicfans sind Eigenbrödler und kommen mit Frauen gar nicht klar, denn vor dem Manga-Boom gab es in der deutschen Comicszene ja kaum Frauen. Hast Du einen Tipp für uns Dilletanten im Umgang mit Frauen? Was ist das Geheimnis Deines Erfolges beim anderen Geschlecht? Vorzeige-Hippie Rainer Langhans soll mal gesagt haben: “Jeden Tag Sex, ich fand es schrecklich!” Erging es Dir ähnlich?

Ich bin in Berlin Neukölln geboren, aber sozialisiert in Tempelhof, einem armen Bezirk neben Kreuzberg. Dort bin ich nur mit meiner Mutter und großen Schwester, also ohne Vater, aufgewachsen. Bei Familienfesten trafen sich noch drei Tanten zwei Cousinen und nur ein Onkel, der aber kaum auffiel. Alles wurde beherrscht von schnell und viel quatschenden Berliner Frauen und deren zickigen Töchtern. Ich war der einzige Mann und dazu auch noch der kleinste. Was blieb mir also anderes übrig, als mir mit Charme, Liebreiz und Humor Aufmerksamkeit zu verschaffen. 

Das hat dazu geführt, dass ich geistreich und witzig aber auch freundlich und zärtlich wurde, was sich bei den meisten Frauen später ausgezahlt hat. Ich hatte schon in der ersten Klasse der Grundschule eine süße blonde Freundin, mit der ich Hand in Hand in die Schule ging, wir waren beide 6 Jahre alt. Als ich 12 Jahre alt war, hat meine Mutter dann doch einen Mann geheiratet und wir sind nach Nürnberg gezogen. Das war für mich ein Kulturschock, zu dessen Überwindung ich viele Jahre brauchte.

Mein Alltag mit meiner Straßengang im Berliner Armenviertel (ca. 20 Jungs von 11 bis 16 Jahren alt), das war meine Welt, meine Familie. Da herausgerissen und nach Nürnberg verschleppt zu werden war so traumatisierend, wie man es sich kaum vorstellen kann. Zum Glück haben die Mädchen sich schnell für mich interessiert, weil ich so anders war. Damals kamen die Beatles auf und ich ließ mir eine Beatles-Frisur wachsen. Ich war nicht nur der erste im Block, sondern der erste Langhaarige in der ganzen Südstadt. Heutzutage würde man sagen, ich hatte damals viele Matchpoints für Partner-Sites: Groß (über 1,80), attraktiv, humorvoll, charmant, intelligent und großzügig. Wenn man also nicht alles davon hat, kann man zumindest witzig, charmant und großzügig sein. 

Eine meiner Frauen hat mal in Anspielung an eine Mitbewohnerin gesagt: „Wenn man dumm ist, sollte man wenigstens lustig sein.“ Das hat viel philosophische Essenz, finde ich.

Männer wollen ficken und Frauen wollen einkaufen, das ist eine simple aber zutreffende Formel. Die Frauen tauschen ihren Sex also gegen die Ressourcen der Männer. Meist sind es materielle Ressourcen, viele Frauen wollen aber auch geistige. Man kann das aber nicht strategisch angehen, sondern muss die Dinge geschehen lassen und sich versuchen in den energetischen Strom einzufügen. Man kann nicht sagen, ich will mal zwei Freundinnen haben und dann losziehen und versuchen Mädels dazu zu überreden. Das klappt nicht, da machen die nicht mit. 

Bei mir lief das so, dass ich in der Schule zwar der beliebteste Junge war (nur bei den Mädchen, die Jungs haben mich vielleicht bewundert aber die Lehrer haben mich alle gehasst) aber mit keiner Mitschülerin „gegangen“ bin. Ich lernte damals zwei Mädchen von anderen Schulen kennen, Rosi und Uschi, die mich nach dem ersten Kennenlernen angerufen und mir mitgeteilt haben, dass sie beide mit mir gehen wollen und ich mich für eine entscheiden soll. Beim nächsten Treffen habe ich geantwortet, dass ich mich nicht entscheiden kann, also beschlossen wir zu dritt „ miteinander zu gehen“. 

Ich hatte ja auch zwei Hände, also konnte ich eine rechts und eine links an die Hand nehmen, wenn wir weggegangen sind. Bei meinen Freunden war ich ab dann unten durch. Ich bin aus dem Fußballverein Jahn 93 ausgestiegen, von meiner kleinen Kumpelcique verstoßen worden und ein Jahr später dann in der Nürnberger Drogen-Scene abgetaucht und ohne jeglichen Abschluss aus der Schule geflogen. Aber ich bin danach mit fast allen schönen Blondinen des Englischen Fräulein-Gymnasiums gegangen und habe gemerkt, dass ich beliebt bin beim anderen Geschlecht.

      Auch Ralf König, den Ray wie auch 'Werner' nicht verlegte, war einst umstritten (Foto: Mark Benecke).

In die Kommune bin dann, kurz bevor ich 18 wurde, nur mit einer Freundin eingezogen. Über die Jahre kamen aber immer wieder neue Mitglieder dazu, auch über 1000 Besucher/innen (in 30 Jahren), die manchmal nur Tage, manche aber auch Wochen und Monate dablieben und mitmachten. Da hat man dann automatisch mehr sexuelle Kontakte als in der „normalen Welt“.

Und die Frauen haben mich einfach geliebt und wollten mit mir zusammen sein. Aber sie wären sich blöd vorgekommen, zu verlangen, dass die anderen schönen, schlauen und sensiblen Frauen an meiner Seite verschwinden müssen. In meinem Dorf hatte ich lange Zeit des Spitznamen „Scheich“, was mir egal war. Ich habe mich nie um gesellschaftliche Konventionen gekümmert. 

Ich bin niemals „fremd gegangen“, sondern habe meine Freundinnen alle miteinander bekannt gemacht, mit ihnen zusammen gelebt und gearbeitet, teilweise viele Jahre lang. Daraus sind sogar tolle bildschöne Kinder entstanden. 

Ich erfinde neben IQ-Text-Fragen auch gerne Witze: Mein Lieblingswitz geht so: Mein Sohn Dianus steht 12 Jahre alt mit zwei Kumpels auf dem Schulhof. „Wir sind zuhause drei Kinder und haben jedes sein eigenes Zimmer“, sagt der eine. Darauf der andere, „das ist doch gar nichts. Wir sind zuhause vier Kinder und jedes hat seinen eigenen Computer.“ Darauf sagt mein Sohn: „Das ist überhaupt noch nix. Wir sind zuhause fünf Kinder und jedes hat seine eigene Mama.“

Haussuchungen, Indizierungen von Comix und Büchern, Geldstrafen wegen des Comicalbums “Nachahmungen” von Roger Brunel, das etablierte Comicfiguren großer Verlage verwurstete — Mit dem deutschen Gesetz gab es einige Reibereien und einige Male hast Du es geschickt ausgetrickst, wie es scheint. Du hast Restbestände von U-Comix zu Weihnachten an Häftlinge verschenkt, Flüchtigen Unterschlupf gewährt u.s.w. Hattest Du jemals Angst vor der Staatsgewalt?

Du weißt ja ganz schön viel. Sogar ein Mitglied von den damals gesuchten RAF-lern war mal in meiner Küche gesessen, aber Flüchtlingen Unterschlupf gewähren klingt schon sehr heroisch. Vielleicht mal 15 jährige Runaways aus Erziehungsheimen oder desertierten Soldaten (BW und US-Army!), aber Flüchtlinge nicht. Damals gab es so etwas nicht. Angst vor der Staatsgewalt nach 42 Verfahren vor dem Amts- oder Landgericht? Da ist man nach einer Weile selbst ein kleiner Rechtsanwalt. Ich mache schon seit 20 Jahren alles selbst, schreibe alle Schriftsätze selbst und nehme nur einen Anwalt, wo Anwaltszwang herrscht. Der macht dann aber, was ich sage. 

Ich habe fast alle Verfahren gewonnen, vor allem das wichtigste „Raymond Martin gegen die Bundesrepublik Deutschland (Verwaltungsgericht). Allein das ist eine lange spannende Geschichte. Auch die über 24 Hausdurchsuchungen aus verschiedensten Gründen sind bestimmt gut für einen Eintrag im Guinnes Buch der Rekorde. Die haben in den 70gern sogar den entführten Arbeitgeberpräsidenten Schleyer bei uns gesucht. Ich hatte auch schon unzählige Autodurchsuchungen, an einem Tag sogar zweimal hintereinander in zwei Bundsländern. Aber Angst hatte ich nie vor den Beamten, die waren immer sehr respektvoll und höflich zu mir, weil auch ich immer so zu ihnen bin.

Heutzutage möchte die Piraten-Partei das Urheberrecht kippen und Raubkopien im Internet sind ein großes Thema, nicht nur für Plattenfirmen und Filmverleiher sondern auch für den netten Cartoonisten von nebenan. Wie stehst Du heute zu Raubkopien?

      Robert Crumb war ein Star der U-Comix (Foto: Mark Benecke).

Solange man selbst vom Verkauf von Bootlegs-Schallplatten und Raubdrucken von Büchern, Poster, T-Shirts etc. leben muss, wie ich viele Jahre lang, dann hat man ein eindeutiges Verhältnis dazu: Es ist überlebenswichtig. Wenn man als Künstler oder Verleger dann selbst davon betroffen ist, findet man es nicht so lustig, zumal wenn es zu einer materiellen Bedrohung wird. 

Ich habe also ein sehr ambivalentes Verhältnis zu dem Thema, sowohl als auch, wie der Zustand von Schrödingers Katze. Ganz schlimm ist es natürlich, wenn die große Industrie alles raubt oder alles noch billiger nachmacht (Asien) und kleine Produzenten untergehen. Dann würde ich mit allen rechtlichen Mitteln dagegen vorgehen.

Es kursiert ein altes Schreiben der Staatsanwaltschaft, in dem angeprangert wird, die Freak Brothers böten ein schlimmes Rollenvorbild. Wenn ich meine Kumpels und mich so anschaue, muss ich grinsend eingestehen, da ist was dran. Leider sind auch einige Freunde nicht gut mit den Substanzen klar gekommen. Heute sind ganz andere Drogen im Umlauf, Crystal Meth und Ähnliches. Welchen Rat würdest Du “Neueinsteigern” an die Hand geben?

Ich sage zu meinen Kindern immer, laßt die Finger weg von synthetischen Nahrungsmitteln und Medikamenten, nehmt nur natürliche Nahrung und nur Naturmedizin. 

Wenn man aber seiner Neugier nicht standhalten kann und auch mal was „böses“ probieren will, nimmt man nur ¼ der dir angebotenen Dosis. Ich kenne natürlich alles aus den wilden Zeiten, war aber niemals auf irgendwas süchtig, außer Sex. Zum Thema Meth, das in den 70ern schon als Speed bekannt war, hier ein schlaues Zitat.“They say it’s for horses but not for men. And they say it will kill you, but they don’t say when.“

Rand Holmes prächtiges Comicalbum “Hitlers Kokain” wurde durch Dich angestoßen. Zum Gratis Comic Tag 2016 verschenkst Du 500 Comic-Alben von Rand Holmes, einem meiner Lieblingszeichner, der leider viel zu früh starb. Man erzählt, er habe durch die Verkäufe seines Anti-Walfang-Poster maßgeblich die damals gegründete Organisation Greenpeace mit finanziert. Habt Ihr Euch mal getroffen und in wie weit hast Du auf den Inhalt von “Hitlers Kokain” Einfluss genommen?

Das Album „Hitlers Kokain“ ist mit 42.000 Stück eins der meist verkauften meines damaligen Verlags. Rand Holmes hat es damals extra für unser neues U-COMIX als Serie gezeichnet, weil ich ihm darum gebeten habe. Ich hatte zu den meisten Zeichnern (außer Robert Crumb, der mal in München öffentlich zugegeben hat, dass er eifersüchtig auf meine vielen Mädels war) ein gutes persönliches Verhältnis. Ich habe gut bezahlt und sehr gute Produktionen abgeliefert. 

Jean Giraud hat mir in Paris persönlich bestätigt, dass ich seine Arbeiten sehr authentisch veröffentliche. Der Herausgeber von METAL HURLANT Jean-Pierre Dionnet hat mir sogar schriftlich gegeben, dass ihm SCHWEMETALL besser gefällt, als sein eigenes Magazin. „Du hast mich überholt!“ Das war mein Ritterschlag, haha! 

Getroffen habe ich Rand Holmes nie, aber wir haben uns viel geschrieben. Auf der hinteren Umschlagseite von „Hitlers Kokain“ habe ich das Poster abgedruckt, welches Rand 1975 für eine kleine lokale Umweltschützergruppe aus Vancouver gemalt hat, damit die sich durch den Verkauf ein bisschen Geld für Aktionen verdienen können. Die Gruppe nannte sich GREENPEACE und aus dem Haufen Kiffer-Freaks wurde tatsächlich irgendwann die weltberühmte Organisation, die wir alle bewundern. So läuft manchmal das Leben!

In Deinem Blog schreibst Du, Deine Lieblingsthemen seien Sex, Natur und der Tod. Kannst Du Deine Erkenntnisse dazu für uns auf wenige Zeilen verdichten?

Das kann kein Mensch auf wenige Zeilen verdichten. Das wären nur Kalendersprüche. Ich könnte zu den Themen ein dickes Buch schreiben, bzw. schreibe seit ca. 10 Jahren immer mal wieder Beiträge in meinem kleinen Blog. Wer die Beiträge kostenlos gemailt bekommen möchte, kann einfach eine Anfrage senden an heartland@t-online.de und eine Aufnahme in den Verteiler erbitten.

Wie lebst Du heute, was machst Du so und was hast Du noch vor? Würdest Du rückblickend etwas anders machen?

Sogar Little Nemo — unfreiwillig psychedelisch und immer traumhaft (1905—1913) — erschien in den U-Comix (Foto: Mark Benecke).

Auch das ist einfach zu komplex und interessiert die Leser eines Comic-Magazines nicht. Wer sich wirklich dafür interessiert, kann mich gerne mal besuchen und sehen, was ich so mache und was ich jetzt so denke. Und natürlich würde ich einiges anders machen, aber im großen Ganzen war mein Leben eine Aneinanderreihung von sogenannten Wundern. Das kann man nur geschehen lassen und voller Dankbarkeit feststellen: Mein Leben war so toll, das hätte leicht das Leben von zehn Männern füllen können!

Ich kann mich noch heute an den Moment erinnern, wie ich mit 14 nach Donald Duck, Spinne, Hulk und den Fantastischen Vier das allererste Schwermetall in einer Monatanus-Filiale entdeckte. Ich wage zu sagen, es hat mich stärker umgehauen, als später mein erster LSD-Trip und tatsächlich mein Leben verändert. Der Zeichner Bert Henning prägte das Wort: Die Leser von damals sind die Zeichner von heute. Ich traue mich kaum zu fragen, wie findest Du das neue U-Comix und seine Künstler, die ebenfalls zum großen Teil durch Deine Publikationen auf den Weg gebracht wurden?

Ich weiß schon, was du meinst. Ich habe auch viel Menschen durch meine Magazine PÄNG und LIEBE „angetörnt“, weit mehr als nur die ca. 20.000 Leser. Das waren nämlich oft junge progressive Lehrer, Journalisten und sonstige Verteiler.

Unter meinen alten treuen Lesern waren auch Daniel Cohn Bendit und Joschka Fischer, die dann selbst eine Kommune gegründet, eine Zeitung (Pflasterstrand) herausgegeben und eine Partei (Die Grünen) mitgegründet haben. Ich finde nicht alles gut, was die Ökobewegung auf den Weg gebracht hat und finde auch nicht alle Underground-Comics gut, die nach mir veröffentlicht wurden.

Aber wie mit der Öko-Energie aus den schrecklichen Windkraftanlagen (Thema: Infraschall) oder die Dächer der Dörfer verschandelnden Solar-Anlagen, die ich nicht brauche, geht es mir auch mit den neuen Comics: die werden nicht für mich gezeichnet und gedruckt. Ich habe schon Jahrzehnte keinen Comic mehr gekauft, lese nur die Sachen, die man mir schenkt. Und für die Kunden, die das kaufen, ist es dann scheinbar richtig, weil sie es gut finden. In dem neuen U-COMIX-Heft fehlen mir Crumb, Shelton, Edika und Gotlib oder überhaupt große internationale Zeichner. 

Auch fände ich gut, wenn man in Deutschland ein Magazin macht mit den Arbeiten von Röttger „Brösel“ Feldmann, Walter Moers und Ralf König herausgeben würde . Die haben sich übrigens alle drei bei mir beworben, weil sie im Volksverlag veröffentlicht werden wollten. Ich habe die damals alle abgelehnt (zu Brösel mit der Begründung: Dein Alkohol-Humor passt nicht zu uns) was mein größter Fehler was, weil ich mehrfacher Millionär hätte werden können. Es sollte scheinbar nicht sein. 

     Mark Benecke signiert U-Comix-Poster (Comic-Festival München 2019) (Foto: Mark Benecke).

Zum Schluss noch eine wirklich witzige wahre Episode von unserem kurzen Aufenthalt am letzten Samstag nachmittag in Nürnberg. Jutta und ich waren ein bisschen Shoppen bei C & A, die seit Jahren schon Kleidung in Bio-Baumwolle anbieten. Zum Bezahlen an den langen Kassentisch ging ich zu einer jungen Aushilfe mit einem schwarzen T-Shirt auf dem in riesigen weißen Lettern stand WHO RULES THIS WORLD? Weil mir spontan keine Antwort einfiel und Jutta sicher wieder genörgelt hätte, ich soll nicht immer junge Mädchen anmachen, habe ich nichts zu ihr gesagt, obwohl mich die Frage richtig provoziert hat. Wir gingen dann in eine andere Abteilung und Jutta suchte sich irgend einen Fummel, während ich meine Augen mäandern ließ. Da viel mir ein junges Mädchen mit einem frustrierten Gesichtsausdruck auf, die auf ihrem grauen T-Shirt ganz groß die weißen Buchstaben RESPECT gedruckt hatte. Ich sprach sie leise an aber sie ging einfach weiter. Dann rief ich laut: „ Hey!“

Sie drehte sich erschrocken um. „Weißt du was, ich habe oben eine Verkäuferin mit einem T-Shirt gesehen, darauf stand riesengroß die Frage WHO RULES THE WORLD, also wer regiert diese Welt. Ich habe lange nach der Antwort gesucht, aber du hast sie auf dem T-Shirt: RESPECT! Respect rules the world!“ 

Sie hat total schön gelächelt und Jutta hat mich am Ärmel gezupft, „Komm wir gehen, die Leute schauen schon.“

Comic Festival München: U-Comix Reloaded (2025)

...mit Dave Gibbons (Watchmen) & Denis Kitchen

Ich bin mal wieder am U-Comix-Stand ✍🏻 Wie beim letzten Mal gibt's Geschenke (garantiert: aussortierte Comics von mir; vermutlich: Poster von Steff Murschetz mit mir) und natürlich die Gäng der U-Comix zu bestaunen 🎨 sowie sehr wahrscheinlich ein druckfrisches, neues U-Comix-Heft 😍

Bilder und mehr Infos folgen nach der Comic-Messe in München

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Dreckecken Kölner OB-Kandidat mit irrer Idee: „Das lässt sich doch verticken“

Quelle: Express, 23. Mai 2025, 09:49 Uhr

Wie will die Politik das Kölner Müllproblem in den Griff bekommen? Nachdem sich die Kölner OB-Kandidaten von SPD und CDU bereits geäußert haben, wird es nun etwas kurioser.

von Matthias Trzeciak  (mt)

Das Müll-Problem in Köln ist ein Dauerthema. Seit Wochen schicken EXPRESS.de-Leser und -Leserinnen Fotos von Dreckecken in Köln.

Am 14. September 2025 wird in Köln ein neuer Oberbürgermeister oder eine neue Oberbürgermeisterin gewählt. Wie will die Politik das Kölner Dauer-Ärgernis MÜLL in den Griff bekommen? EXPRESS.de hat bei den Parteien nachgefragt.

Kriminalbiologe tritt als Kölner OB-Kandidat an

Mit drei Fragen haben wir die Parteien/Kandidaten oder Kandidatinnen konfrontiert. In mehreren Folgen werden die Antworten hier veröffentlichen.

Den Anfang machten Torsten Burmester (62), OB-Kandidat der SPD, und der CDU-Kandidat Markus Greitemann (64). Im dritten Teil wird es etwas kurioser. Denn nun kommt der bekannte Kölner Kriminalbiologe Dr. Mark Benecke zu Wort. Er wird als OB-Kandidat für die Satireparte „Die PARTEI“ ins Rennen gehen. Ganz ernst zu nehmen sind seine Antworten allerdings nicht.

Wie bekommt man das Müllproblem in Köln in den Griff?

Dr. Mark Benecke: „Die Bürgerinnen und Bürger sollen selbst sammeln. Am Ebertplatz haben wir neulich bei einer großen Sammelaktion jede Menge Kokain und 'ne Prothese gefunden. Das lässt sich doch verticken – und ich setze es dann für den Rückbau der Oper in ihren Grundzustand ein.“

Welche Schritte/Maßnahmen würden Sie einleiten, um die Stadt sauberer zu machen?

Dr. Mark Benecke: „Eine Sammelstelle für die ganzen Fundstücke vom Müllsammeln, die alles von einem Ort aus verkauft. Spart Zeit und Personal.“

Provokant gefragt: Ist Köln die dreckigste Stadt Deutschlands?

Dr. Mark Benecke: „Politisch schon. Ab Herbst ändere ich das als Oberbürgermeister aber. Ich gieße einfach über alles Glitzer.“

http://obmarky.koeln 

Plant Based Treaty 🪴

14. November 2021

Wir freuen uns, dass wir Dr. Mark Benecke @markito_benecke als Unterstützer für das Abkommen 'Plant Based Treaty' @plantbasedtreaty gewinnen konnten.

Das @climatesavemovement versucht mit dem #plantbasedtreaty Druck auf die Regierungen dieser Welt aufzubauen ein internationales Abkommen zu schließen, welches folgende Eckpunkte enthält:

1.) Keine Ausweitung der Tierindustrie. Keine neuen Schlachthäuser, Mastanlagen oder Naturzerstörung für die Tierindustrie.

2.) Aktive Transformation des Agrar- und Ernährungssektors hin zu einem pflanzenbasierten Ernährungssystem

3.) Renaturierung und Wiederaufforstung frei werdender Flächen um den Klimawandel und das Artensterben zu verlangsamen.

Auch DU kannst den Plant Based Treaty unterstützen. Als Einzelperson, Organisation, Unternehmen oder Kommune.

Unter: www.plantbasedtreaty.org/de/endorse 🌎 ❤️ 🌱

Morden im Verborgenen: Der stille Serienkiller im Krankenhaus — "Todes-Engel"

Quelle: web.de

Pflege und Palliativmedizin

Von Maria Berentzen

Ein Berliner Palliativarzt steht im Verdacht, mindestens 15 Menschen getötet zu haben. Das ist kein Einzelfall. Kriminalbiologe Dr. Mark Benecke erklärt, was sogenannte Todesengel antreibt – und warum sie oft lange unentdeckt bleiben.

In Berlin ist ein Palliativarzt angeklagt, der mindestens 15 Menschen getötet haben soll. In weiteren 75 Fällen wird gegen ihn ermittelt. Der 40-Jährige soll seine Patienten getötet haben, während er für das Palliativ-Team eines Pflegedienstes arbeitete. Um die Taten zu vertuschen, legte er mehrere Brände, die schließlich zu den Ermittlungen gegen ihn führten.

Das ist kein Einzelfall: Immer wieder geraten Pflegekräfte oder Ärzte unter Verdacht, sogenannte Todesengel zu sein, die ihre Patienten absichtlich töten. Häufig geschieht das an Orten, an denen das Sterben gewissermaßen zum Alltag gehört, etwa in Kliniken, Pflegeheimen und Hospizen.

Einer der bekanntesten Fälle in Deutschland ist der des ehemaligen Krankenpflegers Niels Högel. Er tötete nachweislich mindestens 80 Menschen. Er beging diese Taten in verschiedenen Kliniken und über Jahre hinweg – bis gegen ihn ermittelt und er verurteilt wurde.

Was treibt solche Täter an? Und warum bleiben sie so lange unentdeckt? Der Kriminalbiologe und Forensiker Dr. Mark Benecke kennt die Motive hinter solchen Taten: Er hat mit mehreren Serienmördern und Todesengeln gesprochen und dabei bestimmte Muster erkannt.

"Viele von ihnen haben ein Bedürfnis nach Aufmerksamkeit und Aufregung – und wollen ein Teil davon sein", sagt Benecke. "Genau wie bei Brandstifterinnen und Brandstiftern, die das Feuer betrachten. Einige Täter bringen ihre Patienten absichtlich in Gefahr – nur um sie dann selbst wiederzubeleben, so etwa Niels Högel."

Dabei handelt es sich um ein makabres Spiel mit dem Tod, bei dem der Ausgang oft zweitrangig ist. Wichtig ist die Aufregung: Maschinen piepsen, das Personal rennt, es gibt hektische Wiederbelebungsversuche. "In diesen Momenten spüren die Täter die Aufregung", sagt der Forensiker.

Doch nicht immer geht es um Aufmerksamkeit: Hinter vielen Taten steckt auch ein Bedürfnis nach Macht und Kontrolle. "Die Täter oder Täterinnen entscheiden, wer stirbt – und wann", sagt Benecke. "Sie ziehen ihre Energie daraus oder füllen ihre innere Leere damit, dass sie anderen Menschen das Leben rauben."

Manche Täter sind zudem überzeugt davon, dass das Leben ihrer Opfer nichts mehr wert sei – und nutzen die Situation aus. "Ich habe Fälle erlebt, in denen sehr alte, schwerkranke Menschen geheiratet und dann getötet wurden, um ans Erbe zu kommen", sagt Benecke. Andere bestehlen ihre Opfer, bevor sie sie töten.

Wie Todesengel töten, unterscheidet sich von Fall zu Fall – und es sagt viel über ihre Persönlichkeit aus. "Die Vorgehensweise hängt stark von den Fantasien des Täters oder der Täterin ab", sagt Benecke. Manche suchen die große Bühne, wenn etwa im Krankenhaus der Alarm schrillt und Wiederbelebungsversuche starten. Andere dagegen töten Patienten still in ihrem Zuhause.

Auch die Mittel sind vielfältig, etwa Gifte, Medikamente und Betäubungsmittel. "Es gibt unzählige Möglichkeiten, Menschen in medizinischen Einrichtungen zu schwächen oder zu töten", sagt der Forensiker. Oft spiele der Zufall eine Rolle – oder das, was Täter zuvor gesehen, erlebt oder sich ausgemalt haben. "Eine Frau erzählte mir zum Beispiel, dass sie ihre Opfer mit Medikamenten vergiftet hat, die unter anderem Erbrechen auslösen. Die Spuren störten sie nicht." Ihre Opfer waren sehr alt, deshalb waren nach deren Ableben keine polizeilichen Ermittlungen zu befürchten.

Beängstigend ist: Viele Täter werden wohl niemals enttarnt. "Wenn jemand nur gelegentlich tötet, fällt das kaum auf", sagt Benecke. Das betrifft vor allem Bereiche und Abteilungen, in denen viele Menschen sterben, etwa in der Palliativmedizin. "Dort ist der Tod alltäglich, was die Aufdeckung erschwert."

Mathematische Analysen könnten helfen, den Tätern auf die Schliche zu kommen. So könnte man prüfen, wann welche Menschen wo und in welcher Zahl sterben – um dann Auffälligkeiten zu untersuchen. Doch solche Methoden scheitern häufig, wegen Bedenken beim Datenschutz, aus mangelnder Vorstellungskraft – oder auch aus der Angst vor dem, was man finden könnte. "Viele Einrichtungen halten es schlicht nicht für möglich, dass das eigene Personal zu so etwas fähig ist", sagt Benecke. "Überwachung wird als übergriffig empfunden."

Gelegentlich gibt es jedoch Hinweise, makabre Spitznamen zum Beispiel, wenn Pfleger in ihrer Einrichtung als "Todespfleger" bezeichnet werden, weil in ihren Schichten auffällig viele Personen sterben. Doch oft geschieht dem Forensiker zufolge auch dann nichts, sondern die Betroffenen bekommen gute Zeugnisse und werden regelrecht weggelobt – und können ihre Taten dann woanders fortsetzen. "Krankenhäuser und Pflegeheime haben kein Interesse daran, dass Untersuchungen zu Todesfällen sie in ein schlechtes Licht rücken."

So erhielt auch der Pfleger Niels Högel ein sehr gutes Arbeitszeugnis und konnte seine Mordserie zunächst unbehelligt in einer anderen Klinik fortsetzen. "Die Arbeitszeugnisse in Deutschland sind oft kaum aussagekräftig", sagt Benecke. "Niemand will einen Rechtsstreit riskieren. Also wird gelobt und nicht gewarnt."

Und selbst wenn Verdachtsmomente bestehen, schweigen die Einrichtungen meist, wenn sie zum Beispiel von einem potentiell neuen Arbeitgeber zu einer weggelobten Pflegekraft oder einem Arzt kontaktiert werden. "Kaum ein Krankenhaus würde zugeben, dass ein Mitarbeiter oder eine Mitarbeiterin im Verdacht stand oder einen entsprechenden Spitznamen hatte", sagt Benecke. "Das würde sofort rechtliche Folgen nach sich ziehen – mindestens wegen Beleidigung, oft auch wegen anderer Straftatbestände."

Die Letzte Generation im Knast: Karl 🥦 (Teil 9)

»Nach fünf Monaten Gefängnis wird der 69-jährige Klimaaktivist Karl Braig am 15. Mai 2025 gegen 07:30 aus der JVA Kempten entlassen.  

Am 16. Dezember 2025 trat Braig als erster Unterstützer der ehemals Letzten Generation eine Haftstrafe in Folge zweier Straßenblockaden in Bayern an. Das Amtsgericht Passau hatte den zweifachen Vater und Rentner für in beiden Fällen kurze Unterbrechungen des Autoverkehrs zu 5 Monaten Haft wegen Nötigung verurteilt, ausgesetzt auf Bewährung.

"Klimanotstand mit all seinen Konsequenzen kann nicht weggesperrt werden. 5 Monate Freiheitsentzug hat mich nicht überzeugt, vom Protest und Widerstand gegen ein zerstörendes System, das so viel Leid für die Menschen und für die Natur verursacht, abzulassen. 'Diese Wirtschaft tötet', sagte der verstorbene Papst. Wir sollten erkennen, dass wir Menschen ein Teil der Natur sind und mit ihr Frieden schließen. Dafür brauchen wir ein fürsorgliches und gemeinwohlorientiertes Wirtschaftssystem. Soziale Gerechtigkeit schreit danach, die reichen Mitbürger*innen einzubinden in das demokratische Miteinander. Protest, Widerstand gegen die Zerstörung und Beteiligung an der Entwicklung von Lösungen sind für mich Teil des Menschseins."

Braig entschied sich dagegen, die 500 Euro Bewährungsauflage zu zahlen: Er habe sich sein Leben lang auf unterschiedlichen Wegen für Umweltschutz und Klimagerechtigkeit eingesetzt, saß dafür unter anderem im Zuge der Anti-Atom-Proteste der 80er Jahre im Gefängnis. Für dieses uneigennützige politische Engagement erneut inhaftiert zu werden, nahm er hin. In Deutschland ist er damit einer der ersten Klimaaktivisten der letzten Jahre, der eine rechtskräftige Haftstrafe antreten musste.

Karl Braig ernährt sich seit über 20 Jahren vegan. In der JVA Kempten wurde ihm keine vegane Ernährung ermöglicht. Durch die radikale und plötzliche Ernährungsumstellung litt er unter starken körperlichen Beschwerden. Auch litt einhergehend die psychische Gesundheit.

Auf einen Antrag auf veganes Essen an die Anstaltsleitung hin kam die Rückmeldung, dass dies nicht möglich sei. Lediglich konnten beim persönlichen Einkauf wenige Dinge wie Müsli und Reismilch gekauft werden. Das Hinzuziehen des Anstaltsarztes ermöglichte am Abend eine kleine Sonderration Obst.

Daraufhin wurde in Absprache von Braig bei der Amtsleitung Beschwerde (Art. 115 BaySt VollzG) eingelegt. Nachdem dem dieser nicht nachgekommen wurde, wurde beim Landgericht Kempten beantragt, über den Sachverhalt zu entscheiden (§109 StVollzG). Auch das Landgericht ist der Beschwerde nicht nachgekommen, weswegen beim Oberlandesgericht (OLG) Bayern Rechtsbeschwerde (§116 StVollzG) eingelegt wurde. Es gibt zum jetzigen Zeitpunkt noch keine Entscheidung des OLGs. Sollte auch das OLG der Beschwerde nicht nachkommen, besteht noch die Möglichkeit eine Verfassungsbeschwerde vor dem Bundesverfassungsgericht einzureichen. In Folge einer Klage aus der Schweiz stellte der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte fest, dass vegane Ernährung ein Menschenrecht sei und auch im Gefängnis ermöglicht werden müsse.

Mit diesem Verfahren wollten wir damit nicht nur Karl eine angemessene Ernährung ermöglichen, sondern auch alle zukünftig in Bayern Inhaftieren dabei unterstützen, alle Möglichkeiten auszuschöpfen, um eine ausgewogene, vegane Ernährung im Strafvollzug einzufordern.« 

Experteninterview: Felix Altenbach

Datum: 11. März 2008
Uhrzeit: 18.30 bis 19.00 Uhr
Ort: Aula am Aasee, Münster
Beteiligte Personen:

Dr. Mark Benecke Kriminalbiologe, Köln
Daniela Eschkotte Redakteurin Antenne Münster, Münster
Felix Altenbach Schüler der Ludgerusschule Münster-Hiltrup, Klasse 4a
Marcel Sablotny Lehramtsstudent im Forder-Förder-Projekt zur Begabtenförderung im Drehtürmodell (Praktikum ICBF, VVWU Münster, Ludgerusschule)

Experteninterview, durchgeführt im Rahmen des Forder-Förder-Projektes
Wissenschaftliche Begleitung: Prof. Dr. Christian Fischer
Internationales Centrum für Begabungsforschung an der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster
Schule: Ludgerusschule Münster-Hiltrup
Schulleiterin: Gabriele Langkamp
Stellvertretender Schulleiter: Martin Nielebock
Klassenlehrerinnen: Claudia Sander-Braunert, Maria Kerkmann, Claudia Thies
Projektleiterin: Monika Kaiser-Haas
Studierende: Marcel Sablotny, Daniel Bublitz, Nadine Wrocklage, Andreas Micke, Antje Depping

Von Felix Altenbach

Frage: Wie viel Prozent der Kriminalfälle können durch solche Untersuchungen endgültig geklärt werden?

Antwort: Endgültig ... , na ja, was endgültig ist, entscheidet der Richter. Ich würd' mal sagen, durch genetische Fingerabdrücke kannst Du viel mehr Fälle als früher sehr schnell lösen.

Und insgesamt?

Durch alle forensischen und kriminalbiologischen Untersuchungen? So viel man weiß, bei Tötungsdelikten, also bei Mord und Totschlag und so werden dadurch angeblich 95 % der Fälle gelöst. Aber wir wissen ja gar nicht, wie viele Fälle wir gar nicht erst entdecken; das heißt, die sogenannte Dunkelziffer. Wir glauben, dass wir 95 % der Fälle lösen, aber in Wirklichkeit sind es viel weniger, weil wir nicht die anderen Fälle haben.

Kann es sein, dass es dann nur 50 % der Fälle sind?

Ja, könnte sein. Aber ich glaub', es sind nicht ganz so viele, weil manchmal entdeckt man ja zufällig ein Verbrechen und dann stellt man fest, dass da nur irgendetwas Bestimmtes übersehen wurde. Aber es kann sein. Ich halt's nicht für sehr wahrscheinlich, aber möglich ist es, ja.

Was ist eine forensische Untersuchung?

Forensische Untersuchung ist alles, was man vor Gericht macht. Es gab früher bei den Griechen ein Scherbengericht. Da haben sich alle Leute auf den Marktplatz gestellt und da wurde dann eine Gerichtsverhandlung gemacht. Auf dem Forum, dem Marktplatz. In foro = vor der Öffentlichkeit. Und dann haben die in die Scherben geritzt, ob sie geglaubt haben, ob derjenige schuldig ist oder nicht. Also Gerichtsverhandlungen sind theoretisch öffentlich, also wenn man nicht arbeiten müsste - die meisten müssen zwar arbeiten - und Zeit hätte, könnte man dahin gehen. Gut.

Jede Untersuchung, die einen Sachbeweis darstellt, ist dann forensisch. Das heißt, wenn ein Arzt zum Beispiel sagt, diese Verletzung kommt von einem Messer, dann ist das forensisch. Oder wenn ein Giftkundler sagt, man kriegt nur ein blaue Zunge von dem und dem Gift. Oder ich als Kriminalbiologe sage zum Beispiel, das Tier da lebt normalerweise nur in einem Mangofeld. Jetzt haben wir die Leiche aber im Wasser gefunden, da wachsen aber keine Mangos. So was. Also alles, was Expertenwissen darstellt.

Es gibt auch andere Fälle, wie ein Techniker. Oder hier, Tätowierer. Mein Tätowierer war mal ein forensischer Tätowierer, weil er vor Gericht sagen musste, wie schlecht das Tattoo von dem Mann ist, der gesagt hat: Mein Tattoo ist so schlecht, ich will jetzt Schmerzensgeld oder so was dafür. Oder Du, Du hast ja Lehrer. Dann könnte man Dich als Experten befragen und sagen: Findest Du, dass Deine Lehrer nett sind oder nicht nett sind, oder, ob die was können oder nicht können. Dann bist du auch ein Experte, nicht forensisch, aber Experte bist Du dann.

Gibt es eigentlich viele Lehrlinge in Ihrem Beruf, also Menschen, die das lernen?

Ja, wir haben ganz viele Studenten. Ja, wir machen auf der ganzen Welt Kurse und dann sind das Studenten. Übrigens, das mit dem "Lehrling" ist auch eine gute Frage. Wir sagen auch, das ist wie ,Lehrlingsein' und später, wenn Du das ein bisschen kannst, ist das wie beim Gesellen im Handwerk. Und wenn Du das richtig lange machst, bist Du ein Meister, wie zum Beispiel ein Bäckermeister oder ein Fliesenlegermeister oder so was. Da muss man es aber länger machen und mehr Erfahrung haben.

Welche Methoden zur Aufklärung eines Verbrechens sind in letzter Zeit neu hinzugekommen?

Also 1985 - was für mich eine kurze Zeit und für Dich 'ne lange Zeit ist - sind die genetischen Fingerabdrücke erfunden worden. Das war eine sehr neue Methode. Und jetzt, in allerneuester Zeit gibt's noch so Spezialmethoden, wo alles viel schneller geht. Das, was sonst ein Mensch machen musste und ganz lange dauerte, machen jetzt Roboter. Das geht schneller, denn da kann man Tag und Nacht die Maschinen laufen lassen, sogenannte Hochdurchsatzgeräte zur DNA-Typisierung.

Und was auch noch besser geworden ist, sind die Gifte. Früher musste man alle Gifte einzeln untersuchen. Zum Beispiel, wenn man eine Gewebeprobe aus einem Muskel oder vom Urin einer Leiche oder von einem lebenden Menschen hatte, dann musstest Du alles einzeln machen. Jetzt können die Maschinen das alles gleichzeitig machen. Das geht dann 1000 oder 5000 mal schneller als vorher.

Warum wird die DNA in Streifen gedruckt und nicht, wie sie wirklich ist?

Weil das nicht geht. Also, das ist eine gute Frage. Ne bessere Frage als von der Frau ...

Die hat ja keine Ahnung.

Ja, genau! Weil die DNA, wenn sie wirklich ist, ist sie ein langer Faden. Also, das ist so ein 2 Meter langer Faden in jeder Zelle. Da kannst Du nicht die Unterschiede sehen. Wenn ich zum Beispiel aus Deinen Zellen die DNA herausziehe und aus meinen Zellen die DNA herausziehe, dann sehen die gleich aus. Man muss das ganz ganz stark vergrößern, um die Unterschiede zu sehen. Und deswegen nimmt man diese Balken und die sind bei Dir, bei einer Frau und bei mir verschieden groß. Deswegen muss man das so machen.

Wie lange werden die Untersuchungsergebnisse aufbewahrt und wo?

Bei DNA? Auch sehr gute Frage! Alles gute Fragen.

Nein überall.

Von den genetischen Fingerabdrücken?

Alle Untersuchungsergebnisse.

Also, es kommt darauf an, die Gerichtsmediziner bewahren das, glaube ich, so 10 bis 20 Jahre auf in so Papierordner. Und die Polizei, da hängt's davon ab, was es für ein Verbrechen war. Zum Beispiel Mord: da bewahren die das so 50 Jahre oder so auf, aber beispielsweise bei Verkehrsunfällen dann nicht so lange. Wir bewahren die auch so mindestens 10 bis 20 Jahre auf. Bei genetischen Fingerabdrücken kommt's darauf an, ob die Person etwas getan hat oder nicht. Wenn die Person nix getan hat, müssen die Daten sofort gelöscht werden.

Mit welchen Mitteln wird die DNA in kleinere Stücke geschnitten?

Also, Du musst heutzutage die DNA gar nicht mehr zerschneiden. Man hat sie früher mit so ganz kleinen Teilen wie Scheren zerschnitten. Aber das war keine Schere aus Metall, sondern ist ein Molekül, so wie eins aus Deiner Haut, Deinem Blut oder Deinen Haaren. Das ist eine biologische Substanz, die ist so klein, dass sie eine ganz ganz kleine Schere ist und dann kann die den Faden, der ja - wie gesagt 2 m lang in jeder Zelle ist zerschneiden, weil sie dann bestimmte Stellen erkennt. Eine Schere, also wenn Du zu Hause eine Schere hast, die kann das dann nicht. Die weiß ja nicht, wo sie schneiden muss. Die schneidet ja nur da, wo Du sie hinhältst.

Aber diese biologischen Moleküle die können das besser, die wissen das. Die schneiden nur da. So, als ob die Schere wissen würde, wo man den Faden durchschneiden möchte. Und das macht man dann so. Das sieht aus wie ein Röhrchen, ein ganz kleines Röhrchen. Und Du hast ein Gefäß, das ist ungefähr so groß wie Deine Fingerkuppe und mit dem kleinen Röhrchen kannst Du es da reintropfen. Und dann erkennt es das und zerschneidet es an den Stellen. Aber heutzutage braucht's man nicht mehr.

Weil heute macht man es so, dass man die Stellen, die man haben will, die schneidet man nicht mehr aus, sondern die kopiert man mit einem anderen Molekül. Also statt des Rausschneidens nimmt das Molekül nur noch diese Stellen und kopiert sie einfach. Das ist wie beim Kopieren. Du hast ein Buch mit 500 Seiten, legst es darauf und dann wird immer nur diese eine Seite kopiert.

Diese Schere kann also ganz viel. Dann müsste es doch möglich sein, die DNA so zu anzuzeigen. wie sie wirklich aussieht?

Ja, das geht auch. Ich verstehe. Du kannst sie, wenn Du willst mit einem ziemlich teuren Gerät sehen. Die DNA besteht ja aus vier einzelnen Teilen und die kann man auch darstellen. Da hast Du recht, das würde gehen. Aber ist ein bisschen teuer, kann man aber machen. Aber der Unterschied ist das Sehen. Wenn ich Dich von da hinten aus sehe, dann kann ich die Deine Brille sehen, aber nicht, welche Farbe sie hat. Gesehen hab ich Dich aber trotzdem. Oder, wenn ich ganz nahe dran gehe, dann kann ich die Farbe Deiner Brille auch nicht sehen, weil ich nur die Farbe Deiner Wimpern sehe. Man muss den richtigen Abstand finden.

Also man könnte die DNA schon sichtbar machen, aber meistens ist das eine sinnlose Information. Etwa so: wenn die Frau da mich fragen würde, welche Farbe hat denn die Brille. Wenn ich hinten stehe, bin ich zu weit weg, wenn ich ganz nahe stehe, kann ich die Brille auch nicht sehen. Sehe ich nur die Wimpern, dann stehe ich zu nahe dran. Haste Recht! Wenn man den Abstand richtig einstellt, dann könnte man die DNA sichtbar machen. Okay!

Die Flatterhaftigkeit des Seins

Quelle: museen.köln – Das Magazin, Ausgabe 1/2025, Seiten 60 bis 63

Text: Mark Benecke | Illustrationen: Kat Menschik

Hier gibt es das gesamte Heft mit dem Artikel

Manche stören sich am krähenden Gesang der kölschen Sittiche. Ich hingegen liebe sie, wie sie sind. Abends fahre ich sie mit meinem Klapprad am Rheinufer besuchen, wenn sie lustig schaukelnd in den Bäumen zwischen Heumarkt und Dom ihr Nachtlager beziehen. Bei Tageslicht sind sie: unfütterbar, pfeilschnell, an Menschen nicht die Bohne interessiert. Sie machen ihr Ding. Auch eine Haltung.

Die Rede ist von Alexandersittichen, die meist in Schwärmen durch Köln rasen. Laut und lebenslustig wie diese bekloppte Stadt. Schon im 14. Jahrhundert zitiert der Weltgeistliche Konrad von Megenberg seinerseits Aristoteles in seinem »Buch der Natur« mit der Feststellung, »dass der Alexandersittich gerne Wein trinke und ein sehr unkeuscher Vogel« sei. »Der Wein«, so erklärt der Priester dazu, »ist die Ursache der Unkeuschheit, Aristoteles sagt, dass der Vogel, wenn er vom Wein trunken ist, gerne Jungfrauen ansehe und sich an ihrem Anblick erfreue.« Ein echt kölscher Charakter, dieser Sittich. Und da sich niemand einen Vogel zu Hause halten sollte, halten wir sie uns alle schön gemeinsam – in unserem Veedel, in den öffentlichen Parks.

Ursprünglich lebten die grünen Edelpapageien in Afrika, Indien und Asien. Halsbandsittiche und Alexandersittiche, die ich hier wegen ihrer nahen Verwandtschaft zusammenwerfe, waren dort schon lange in Käfigen gehalten worden. »Es gibt zahlreiche literarische und Bildbelege aus der Antike und aus dem byzantinischen Einflussgebiet«, berichtet mein tierkundlicher Kollege Ragnar Kinzelbach von der Uni Rostock. »Seit dem Feldzug Alexanders des Großen vom Frühjahr 334 bis März 324 vor unserer Zeitrechnung kamen Halsbandsittiche aus dem nördlichen Indien und dem Sudan vor allem nach Alexandria und Rom. Im Mittelalter tauchte der Halsbandsittich regelmäßig als ›der Papagei‹ in Büchern über alle möglichen interessanten Wesen auf.«

Verarbeitete Halsbandsittichhäute wurden als Kopfschmuck getragen, und es galt als schick, sich wie der Vogel zu nennen: Man hieß dann offiziell »Sittich« und verwendete sein Bild in Wappenbildern. Auch ich nutze ein solches Wappenbild mit Alexandersittich als jahreszeitlich wechselnden Anhang unter E-Mails: Mal sitzt mein Sittich auf einem beschneiten, mal auf einem erblühten Birnbaum mit Früchten. Die Liebe zum als Haustier gehaltenen Halsbandsittich währte bis ins 16. Jahrhundert. »Danach«, so Kollege Kinzelbach, »traten nach der Einfuhr amerikanischer Papageien durch Kolumbus auch alle anderen jeweils verfügbaren Papageienarten auf Altarbildern, besonders zusammen mit dem Jesuskind, auf.« Zur zeitlichen Einordnung: Die heute bekannten Wellensittiche kamen erst 300 Jahre später, Mitte des 19. Jahrhunderts, nach Deutschland. Alexandersittiche, die heute zu Tausenden frei im Rheinland leben, sind also die ursprünglichen und eigentlichen »bunten Vögel«. Die knallbunten Ara-Papageien, wie wir sie noch in meiner Kindheit auf der Schulter von Piraten und Seebären im Comic kannten, erschienen erst später.

In Köln wurden freilebende Alexandersittiche erstmals Ende der 1960er Jahre gesichtet. Sie tauchten nahe und auf dem Gelände des Zoologischen Gartens auf. »Ein neuseeländischer Pfleger«, fand meine Kollegin Ulrike Ernst in den 1990er Jahren heraus, »hatte 1967 sechs Alexandersittiche gezähmt und im Kölner Zoo frei fliegen lassen. Sie kehrten nur zur Fütterung in den offenen Käfig zurück.« Bis dahin hatte die Besiedlung Kölns durch den Alexandersittich ziemliche Umwege genommen. Die ersten Tiere waren zwischen 1901 und 1908 aus dem Zoo von Gizeh in Ägypten geflohen. Sie kamen dann aber nicht vom heißen Süden her ins warme Rheinland, sondern wanderten aus dem Norden hier ein. Vermutlich hatten Seeleute die grasgrünen Gesellen als Souvenir aus der tropischen Ferne in englische Hafenstädte mitgebracht. Das passt mit der Verbreitung der Alexandersittiche in Europa zusammen – die nämlich zunächst an britischen Küstenstreifen siedelten. Weitere Gruppen hatten derweil schon nach Belgien und in die Niederlande rübergemacht. 1975 sah und hörte man sie dann lautstark erstmals im rheinischen Brühl im Schlosspark. Wie schon erwähnt, sind die Tiere ohrenbetäubend laut.. Aber ich liebe ihr fröhliches Schreien schon allein deshalb, weil es der Sound meiner Heimat Köln ist. Heute gelten Alexandersittiche in Europa als typische Stadtbewohner. In Düsseldorf heißen sie nach der schnieken und baumbestandenen Königsallee, wo sie tagsüber oft anzutreffen sind, »Kö-Papageien«. In Köln lebten sie in den 2010er Jahren in der Südstadt im Trude-Herr-Park, benannt nach der in Köln geborenen Volksschauspielerin, die um die Ecke des Parkes ihr eigenes Theater betrieb. Ich war bei Trude Herrs Trauerfeier in ihrem ehemaligen Theater, das heute ein Kino ist: Die Anwesenheit der wilden Vögel dort hätte ihr, die selber einer war, sicher gefallen.

Wie die meisten Kölner*innen verschwenden Alexandersittiche alles Mögliche, besonders ihr Futter. Das passt schon wieder, denn im katholisch gefärbten, rheinischen Karneval werfen die an den Umzügen (»Zööch«) teilnehmenden Jecken tonnenweise Süßigkeiten in die Menge. Schokolade, Bonbons, früher sogar das Duftwasser 4711. Mehr Verschwendung geht nicht.

Die Freude am Verschenken teilen Kölner*innen wirklich mit den Sittichen. Besonders, wenn die grünen Vögel verliebt sind, schenken sie sich gegenseitig Futter. Während das Füttern von Partner*innen auch bei menschlichen Tieren verbreitet ist – man denke nur an die aussterbende, bei Älteren aber noch weit verbreitete Sitte, dass Männer im Restaurant möglichst die Rechnung zahlen wollen und sollen –, geht die Nahrungsmittelverteilung bei den Sittichen deutlich weiter. Sie verstreuen die Nahrung nämlich auch in der Gegend. Weshalb die Fachliteratur Alexandersittiche als »Schlemmer und Schlamper« beschreibt.

Das finde ich lustig. Denn Alexandersittiche haben sich ausgerechnet entlang des römischen Straßennetzes verteilt, wo schmausende Lebenslust ihre Blüte erlebte. Krüge mit Fischsauce, der damaligen Entsprechung unseres heutigen Ketchups (»passt zu allem«), gelangten deswegen hunderttausendfach an den Rhein. »Schiffsladungsweise wurden die Delikatessen in Amphoren angelandet«, so das Römisch-Germanische Museum. »Die Tonbehälter, die man als antike Einwegverpackungen bezeichnen kann, wurden später zerschlagen und entsorgt. Wein kam aus Kleinasien, Griechenland und Südfrankreich, Olivenöl bezog man aus Südspanien, Portugal und Tunesien, und Garum, die beliebte salzige Fischsauce, wurde aus Spanien, Portugal und Süditalien beschafft.« Die sogenannte appische Straße der Römer*innen führte in ihren Verlängerungen aus Italien über Rom und Innsbruck (Veldidena) auch nach Wiesbaden (Aquae Mattiacorum), Köln (Colonia Agrippina) und London (Lundinium). Allsamt Orte, an denen heute Sittiche vergnügt leben.

Ob die identischen Verbreitungslinien der verschwenderischen Vögel, Römer*innen Zufall sind oder nicht – das können Sie gerne selbst entscheiden. Mir gefällt die Idee. Schließlich bin ich von Herzen Kölner und halte es mit der Lebenslust der Sittiche.

Facharbeit: Ein Vergleich von Körperflüssigkeiten und -geweben mit entomologischen Untersuchungsmaterialien in der chemisch-toxikologischen Analyse

Facharbeit von Margarethe Ellke (klick für das .pdf)

Gymnasium Luisenstift Radebeul
Klasse: 10/1 
Betreuender Lehrer: Herr Reichel 
Fach: Biologie 
Abgabetermin: 03.03.2025 

Interview mit Dr. Mark Benecke

M. Ellke: Ich habe ein paar allgemeine Fragen und auch ein paar, die spezifisch zu meiner Facharbeit sind. Ein Entomologe wird ja jetzt nicht zu jedem Tatort gerufen, denn es gibt ja auch nur ganz wenige in Deutschland. Wann ist denn so ein spezifischer Fall, wo ein Ento-mologe gerufen wird? 

Dr. Benecke: Ein Entomologe wird gerufen, wenn die Polizei oder die Staatsanwaltschaft das gerade für gut hält. Das kann sein, weil die dich kennen und halt wissen, dass das eine Technik ist, die verfügbar ist. Oder weil sie es grade cool finden und mal sehen wollen, ob es was nützt. Also mehr so als Test. Oder weil gerade z. B. im Landeskriminalamt eine solche Abteilung eingerichtet werden soll und da wollen die sich das mal angucken. Einfach, um zu schauen, wie das funktioniert. Oder weil es in den USA gemacht wird z. B, wenn die eine Seite jemanden hat, der das macht und dann will die andere Seite das selber auch machen, um ein Gegengutachten zu haben. Das gibt es in Deutschland ja nicht. Also, das kann viele Gründe haben. Oder weil die Zusammenarbeit sowieso schon vorher besteht, bspw. weil in der Rechtsmedizin einer dabei war, der die ganze Zeit die Insekten eingesammelt hat, dann kennen die sich schon und dann sagen die, ach, wenn du jetzt eh da bist, dann sammele die schnell ein und vielleicht, wenn wir das Gutachten brauchen, kannst du dann später ein Gut-achten machen. Da gibt es ganz viele Möglichkeiten. 

Man tötet dann manche dieser Insekten ab und manche zieht man weiter auf, um die Art zu erkennen. Kann man die Abgetöteten dann zusammenmixen, wenn man sie auf eine toxische Substanz untersuchen will oder untersucht man jede einzelne Art? 

Das Auszüchten brauchst du eigentlich heute nicht mehr machen. Wenn du ein Naturkundemuseum in der Nähe oder selber die Primer dafür hast, um die PCR zu machen, dann kann man das heutzutagee auch genetisch bestimmen. Also ich mach das noch gerne, mir die erwachsenen Tiere anzugucken, weil ich das noch gut kann. Meine Mitarbeiterin auch. Aber ehrlich gesagt, wenn du das jetzt machen wölltest, könntest du das auch genetisch machen. Die Datenbanken sind mittlerweile auch gut. Früher waren in den Datenbanken auch falsch bestimmte Tiere eingespeist. Heute sind die aber richtig bestimmt, da geht das alles. Ich würde auch nie was zusammenschmeißen, nie. Ich würde grundsätzlich, wenn du was getrennt gesammelt hast, es auch getrennt lassen. Sobald du was zusammenschmeißt, verlierst du Informationen. Wo das gesammelt wurde, oben, unten, an den Füßen, hinten, innen, klebend oder krabbelnd, unten am Baum, wo die Leiche hing, in der Hose, in welcher Schicht von den Klamotten, in der Tasche, z. B. bei Schnecken wichtig, nicht bei Insekten. Also, ich würde immer alles getrennt lassen. 

Ich habe die Frage, ob man vorher vielleicht auch schon an dem Verhalten der Insekten sehen könnte, ob die tote Person sich vielleicht vergiftet hat? 

Gute Frage! Aber nein, so hohe Konzentrationen erreichst du normalerweise nicht. Bei Kokain ist es ja z. B. so, da wachsen die Insekten dann verschieden schnell. Da ändert sich die Wachstumsge-schwindigkeit, was man aber natürlich nicht sieht, wenn man da einfach so draufguckt am Fundort. Also, ich denke nein. Höchstens, wenn jetzt jemand irgendwas drübergekippt hat über die Leiche oder sie in irgendwas reingelegt hat, z. B. in eine Tonne mit irgendwelchen Chemikalien, dann schon. Nehmen wir jetzt z. B. mal Insek-tengift. Das ist jetzt zwar total abwegig.

Aber mal angenommen, du hättest jetzt ein super-krasses Insektengift und die Leiche würde in einem Sack gelagert, der durchlässig ist, Kar-toffelsack oder Baumwolle. Und da wären jetzt Bettwanzen drin, die jetzt zufällig da dran sind und dir nur sagen, der Sack lag jetzt in der Nähe von Insektengift, denn dann gehen die Wanzen so ganz komisch, wie auf Stelzen. Die machen dann ihre Beine so ganz grade und dann gehe die auf so langen Beinen, wie sie halt normalerweise überhaupt nicht gehen. So-was würdest du dann sofort sehen. Und das wäre dann ein Insektengift, also auch ein Wanzengift.

Ich erfinde jetzt mal: in einem Hochhaus würdest du den Sack unten im Müllschluckerbereich finden und da würdest du die Wanzen rumstelzen sehen. Jetzt benutzen die da unten aber kein Insektengift, weil die höchstens ein Rattenproblem haben. Aber aus der Wohnung, aus der der Sack kam, hat jemand so was benutzt. Also in solchen Fällen, könnte man das schon mal sehen. Aber Schwermetalle oder normale Medikamente, die wirken jetzt nicht so stark auf die Insekten, dass du denen das sofort ansiehst. Und wenn sie tot sind, die Insekten, weißt du ja nicht, woran sie gestorben sind. Sie könnten ja auch einfach daran gestorben sein, weil jemand den Plastiksack zugezogen hat und alle erstickt sind.

Ja, verständlich. Wenn man die Insekten auf Drogen untersucht, gibt es ja verschiedene Analysemethoden, denen man die Insekten unterziehen kann. Welche wäre die beste Methode? 

Das kannst du frei entscheiden. Wenn du ein Naturmassenabsorptionsspektro-meter hast, würde ich das nehmen. Was es halt nicht immer gibt, ist HPLC und GC-MS. Also Gaschromatographie mit Massenspektrometrie. Das ist so was ähnliches wie ein Naturmassenabsorptionsspektrometer, aber das ist dann da zusammengefasst. Es hängt eigentlich von der Substanz ab. In der kriminalistischen Chemie benutzt man sehr gerne HPLC. Aber es gibt auch andere Verfahren. Also, wir waren mal in einem Labor, das geheime Labor vom Zoll, die haben da die abgefahrensten Geräte stehen gehabt. Wirklich. Das hängt auch ein bisschen davon ab, in welche Richtung du gehen willst. Gifte in Insekten… da werden die Gifte ja wahrscheinlich auch in ziemlich großer Menge vorliegen. Z. B. Haare fressen ja Insekten nicht, da würden sich jetzt Schwermetalle ablagern. Da würdest du kleine Mengen finden. Aber das, was jetzt tatsächlich in die Insekten übergeht, also was du bei einer ver-faulten Leiche in Insekten findest, müsste schon ziemlich hoch konzentriert sein. Da brauchst du jetzt nicht so was ultrafeines. Die Geräte sind heute alle super, ultrafein, aber da brauchst du nicht so was ganz Spezielles. Ich denke, mit solchen Sachen, wie gerade genannt, kommst du auf jeden Fall klar. 

Also kann man z. B. eine Gaschromatographie mit Massenspektrometrie machen? 

Ja, genau. GC-MS. Das steht in jedem Institut für Rechtsmedizin, wenn die eine giftkundliche Abteilung haben. Aber, wie gesagt, HPLC kann auch ganz gut sein. Es hängt wirklich davon ab, welche Menge das ist und welche Stoffgruppe. 

Hängt dann auch die Probenvorbereitung von dem Material ab? Oder von der Methode, die man dann anwendet? 

Nun, ich bin Biologe. Eine Chemikerin oder ein Chemiker wird das jetzt vielleicht anders beantworten. Aber ich würde sagen, ob das jetzt menschliches Material ist oder Insektenmaterial, das spielt nicht so eine große Rolle, denk ich mal. Du könntest jetzt aber einen Spezialfall haben, z. B. ausgetrocknete Puppen in einem archäologischen Umfeld. Wir hatten ja schon 1600 Jahre alte Käferflügel oder so. Da würdest du sicher ganz genau überlegen, welche Vorbereitungsreaktion du machst. Denn da kann es natürlich sein, dass ganz bestimmte Stoffe dann gar nicht mehr nachgewiesen werden können, andere können aber nachgewiesen werden. Da würde man sich dann zusammensetzen. Nehmen wir an, das wäre jetzt ein Kriminalfall, dann würde sich am besten eine Rechtsmedizinerin/ein Rechtsmedi-ziner, eine Chemikerin/ein Chemiker und eine Biologin/ein Biologe zusammensetzen und man würde anfangen zu überlegen. Ich als Biologe würde überlegen, was frisst das Tier überhaupt. Dann wird der Chemiker/die Chemikerin sagen, naja, wenn sich das im Fettgewebe des Insekts ablagert oder im Insektenflügel, wo überhaupt kein Fettgewebe ist, hat das dann bestimmte chemische Eigenschaften. Und der Rechtsmediziner/die Rechtsmedizinerin wird sagen, vor Gericht werden wir aber nach dem oder dem gefragt. … Das wird man zu dritt besprechen. 

Ich versuche ja in meiner Facharbeit, die Aussagekraft der körpereigenen Stoffe und der Insekten in der toxikologischen Analyse zu vergleichen. Ich habe schon herausgefunden, dass sich natürlich körpereigene Stoffe besser eignen, als die Insekten. Auch weil die ja nicht zum Körper gehören. Aber könnte man da durch Forschung noch mehr erreichen oder eher nicht? 

Nehmen wir mal an, du hättest jetzt ein Labor, wo du genau das vergleichen würdest. Dann wäre natürlich die Frage, reichert sich das in Insekten an oder ist das Gegenteil der Fall? Das haben wir auch schon mal gemacht. Da könntest du verschiedene Organe nehmen, z. B. Lebern, wo du dann bei manchen Stoffen viel drin hast oder Abbauprodukte von der Droge und dann ist die Frage a) verstoffwechselt das Insekt das, b) reichert es sich im Insekt überhaupt an oder nicht, c) rutscht das durch das Insekt durch, sodass a) und b) überhaupt gar keine Rolle mehr spielen. Und das könntest du dann für verschiedene Stoffgruppen erforschen und für verschiedene Insekten. Auf jeden Fall! Das ist schon sinnvoll

Wird eigentlich immer – egal bei welchem Material – wenn man auf eine oder mehrere toxische Substanzen untersucht, eine „general unknown Analysis“ durchgeführt oder kann man schon, wenn man einen spezifischen Verdacht hat, gleich zur GC-MS übergehen? 

Beides stimmt. Weder ja noch nein, sondern das ist so ein Zwischending. Du kannst natürlich, z. B. wenn du jetzt Schnelltests machst, den Schnelltest nur auf Opiat, nur Cannabioide, nur Sperma oder was auch immer machen. Das ist klar, das ist die Natur des Schnelltests. Das sind so Equalizer meistens, die funktionieren so ähnlich wie Coronatests oder Schwangerschaftstests. Dann hast du halt eine Farbanzeige oder eben nicht auf diesem Strich, mit Kontrolle und mit Positivbalken, wenn’s geht. Also negativ, positiv usw. Aber wenn du eine bestimmte Stoffgruppe im Auge hast, kann sich das schon über die von dir bereits angesprochene Probenvorbereitung auswirken. Das macht einen großen Unterschied. Da kann es passieren, dass du gar nicht die anderen Stoffe siehst. Aber wenn du jetzt so eine durchschnittliche HPLC mal machst oder GC-MS, mit der Gewinnungstechnik, die du angewendet hast, um den Stoff da herauszulösen, siehst du mehr. Natürlich kannst du bestimmte Voreinstellungen machen, um z. B. was anzureichern. Wenn du jetzt einen bestimmten Verdacht hast, kannst du natürlich sagen, es ist nicht schlimm, wenn ich ganz viel verliere, ich will ja nur nach der einen Sache gucken. Als Biologe würde ich natürlich gern breit gucken.

Als Biologe würde ich sagen, wenn du genug Probenmaterial hast, lass uns erst einmal ein Zehntel von dem gewonnenen, also von dem, was wir aus der Probe genommen haben, nehmen und in dem Zehntel gucken wir erst einmal, was drin ist. Wenn jetzt aber der Chemiker oder die Chemikerin sagt, nein, dann handelst du dir ein mörderisches Hintergrundrauschen ein, da sehen wir nicht vernünftig was… und dann könnten auch die Kollegen aus der Rechtsmedizin sagen, uns interessiert rechtlich oder gerichtlich oder medizinisch eh nur die oder die Stoffgruppe. Da sind wir halt alle völlig verschieden. Ich würde jedenfalls alles dafür tun, dass man möglichst die Breite sieht, die aber dann verrauschen kann, wenn du Pech hast. Der Chemiker/die Chemikerin wird dagegen sehr viel Wert auf die Probenvor-bereitung legen, weil die sagen, das ist hier so wenig Material, das ist uns zu gefährlich, da verlieren wir vielleicht viel, wenn wir einen Fehler machen. Oder wenn das jetzt von der Staatsanwaltschaft käme, da könnte es sein, dass die sagen, passen Sie auf, für diesen spezi-ellen Einzelfall interessieren uns jetzt meinetwegen nur Opiate. Der Rest ist uns absolut egal. Und selbst wenn Sie was anderes finden würden, wäre es uns immer noch egal. Ein Beispiel wäre Fentanyl. Wenn die den Verdacht haben, dass jemand mit Fentanyl getötet wurde, dann sagt die Staatsanwaltschaft, wenn Sie ganz sicher Betäubungsmittel, ohne dass wir von un-serer eigentlichen Frage nach Fentanyl abweichen, mit nachweisen können, alles klar. Oder wenn die chemisch ähnlich genug sind. Aber wenn auch nur der Hauch einer Chance besteht, dass wir jetzt hier Material verlieren und die ganze Frage nicht mehr prüfen können, die rechtlich für uns für die Anklage wichtig ist, dann lassen Sie es, dann gucken Sie nur nach Fentanyl und der Rest ist uns egal. 

Wird vom Gericht ein Kostenaufwand festgelegt bei der Untersuchung oder ist der frei? 

Das ist nicht so. Wenn Du öffentlich bestellt und vereidigt bist, so wie ich, also ein freier Sachverständiger, da wird auf jeden Fall ein Kostenrahmen festgelegt. Der ergibt sich entweder aus dem Gesetz, weil ich nach gesetzlichen Honorarvorgaben arbeite. Es ist aber so, dass die Kripoleute schon ein bisschen Erfahrung haben, gerade bei Brandbeschleunigern zum Beispiel, da wissen die schon, was das kosten darf und was nicht. Das Gericht kann Aufträge erteilen, aber auch Privatleute. Die werden natürlich irgendeine Kostendeckelung haben. Privatleute haben sowieso nie Geld.

Ich mach das ja jetzt seit 32 Jahren, da hat noch nie Einer Geld gehabt. Dann sagst du halt, wieviel haben Sie denn oder wieviel ist Ihnen das wert, innerhalb der Familie, wie wichtig ist die Information für Sie, ob das jetzt ein Suizid oder ein Unfall oder ein Tötungsdelikt war, ohne dass das rechtlich jetzt verhandelt wird. Und da kann alles passieren. Da kommen Leute, die sagen 10 €. Sowas gibt’s. Und dann sagt man, ja okay, das wird schwierig. Dann können wir nicht nach Gesetz abrechnen, weil dann dürfte ich nur 4 Minuten mit ihm reden. Das ist sinnentleert. Die Staatsanwaltschaft kann sehr nasty werden. Eine Staatsanwaltschaft hat mal gesagt, dieses Jahr haben wir Haushaltsperre. Für Sachen, die wir intern brauchen (also nicht für die Fälle), für Anschaffungen von Literatur usw., haben wir kein Geld und deshalb geben wir auch kein Geld für Sachverständige mehr aus. Einfach aus Trotz. Habe ich selbst persönlich erlebt. Oder es ist limitless. Also wenn jetzt irgendwelche reichen und schönen Leute sterben, dann gibt es natürlich kein Limit, dann ist das egal. Sowohl auf staatsanwaltlich, gerichtlicher Seite. Es kann aber auch passieren, dass die dann sagen, wissen Sie was, dann machen wir noch einen Privatauftrag, falls das erlaubt ist. Das ist immer alles Verhandlungssache, das merkst du schon. Aber sagen wir mal so… in der Praxis gibt es immer strengste Kostenrahmen, besonders bei den ganzen Wohnungsleichen. Also die ganzen Verfaulten aus Wohnungen, die einsam, traurig, psychisch krank oder so waren, da brauchst du jetzt nicht glauben, dass da ernsthaft Geld dafür ausgegeben wird. Das erzählen zwar alle, aber das stimmt überhaupt nicht. Da wird keine Giftkunde gemacht, obwohl das sehr interessant wäre. Aber es gibt praktisch Kostenrahmen und die können sehr, sehr tight sein. 

Wird dann auch auf die Zeitspanne geachtet, in der diese Analyse stattfindet? Wird auch ein zeitlicher Rahmen gesetzt? 

Kann sein, kann nicht sein. Also in New York haben die das so gemacht, weil einfach viel zu viele Fälle reinkamen. Das hätte einen backlog gegeben, also so einen Rückstau. Und der Rückstau wird ja logischerweise immer größer, das ist ja wie so eine Kurve in der Mathematik, die dann immer steiler wird.

Für genetische Fingerabdrücke in dem Fall hatten wir 2 Wochen. Die haben gesagt, nach 2 Wochen gebt ihr die Akte raus. Sonst bricht hier alles zusammen. Die Tox-Leute können jetzt sagen, 2 Wochen geht nicht, weil wir die Probenaufbereitung nicht schaffen. Oder wenn man Roboter hat, da möchte man erstmal viele Proben zusammenfassen, die ähnlich sind. Blutproben, Urinproben, Gewebeproben, wir haben aber nur 1 oder 2 Geräte. Dann dauert es halt 4 Wochen oder 8 Wochen oder ein halbes Jahr oder so. Das ist dann begrenzt. Bei freien Sachverständigen spielt das eine größere Rolle. Von uns gibt es ja so wenige. Ich bin bspw. der Einzige in ganz Deutschland, der überhaupt bestellt und öffentlich vereidigt für mein Fach ist. Es gibt aber auch andere Sachen, z. B. bei Immobiliensachen, was jetzt mit Giften nichts zu tun hat. Da kann es sein, dass der Sachverständige keine Zeit hat. Der sagt dann, ich habe in 1 Jahr wieder Zeit. Und dann sagt das Gericht, nee, dann nicht. Wir können uns das aus rechtlichen, verfahrensrechtlichen Gründen nicht gönnen, können nicht so lange warten. Also, das ist so ähnlich, wie mit den Kosten. Das wird in der Wirklichkeit verhandelt. Du kannst aber auch die Situation haben, dass das Innenministerium sagt oder das Justizministerium, das wird jetzt alles nur noch vom Landeskriminalamt Sachsen-Anhalt (erfinde ich jetzt mal) gemacht. Die sagen dann, wir haben aber überhaupt kein Personal mehr, wir kriegen gar keinen Nachwuchs mehr, wir haben kein Geld, wir haben gar nichts. Sorry. Wir sind jetzt politisch verpflichtet, den Fall anzunehmen, das dauert dann halt so lange, wie es dauert. Das können auch 2 Jahre sein oder so.

Also es ist alles möglich. Es wurde auch mal überlegt, z. B. in Köln, dass man verstärkt externe Labore einbindet. Die hätten das dann teilweise mit einer Garantie gemacht, auch wenn sie Tag und Nacht arbeiten müssten, wie im Krankenhauslabor. Das ist dann halt so, es ist deren Problem, dass es dann innerhalb von – ich erfinde jetzt mal – 48 Stunden fertig ist mit dem Schnellgutachten, was aber schon verbindlich ist. Und dann das Endgutachten in einem Monat. Aber die Staatsanwaltschaft oder die Privatleute wissen aufgrund der Verbindlichkeit dann schon, dass das Vorab- oder Kurzgutachten gilt. Das wäre z. B. kein Problem. Da kann man auf das Hauptgutachten ruhig einen Monat warten. Oder zwei. Das wurde dann aber nie gemacht. In England haben sie es mal versucht mit einem „Forensic Science Service“. Da haben sie es komplett ausgelagert. Der ist aber auch eingegangen, weil diese Reibung zwischen dem, was politisch gefordert und erwünscht ist – für die Privatleute interessiert sich ja meistens keiner - und dem, was machbar ist, zu groß war. Dann hat man gesagt, dann machen das wieder unsere staatlichen Organisationen und dann dauert es halt so lange, wie es dauert. Obwohl der Forensic Science Service eigentlich - so ich nenn es mal - halbstaatlich war. Die hätten dann mit normalen DIN/ISO-Vorgaben arbeiten können. Die hätten sagen können, gucken Sie mal, wir wollen mit den ISO 9002 arbeiten, wir wollen alles dokumentieren, wir wollen alles ordentlich machen, jeder soll zu jedem Zeitpunkt wis-sen, wo, wer, wann was gesagt hat, wo die Probe ist, wer sie angefasst hat usw. Das System müssen wir dann aber auch bedienen und das kostet Zeit. Das hätten die schon problemlos sagen können. Aber dann sagt man, das wird uns alles zu viel und zu teuer, lassen Sie uns das lieber so machen, ohne chain of custody. Dann weiß man zwar nicht genau, wo, wann, was das ist. Wir glauben das dann einfach. Ja, wenn das im Tresor von der Polizei liegt oder im Tresor vom Institut für kriminalbiologische Untersuchungen auf der 7. Etage, dann glau-ben wir das einfach. Also das ist total von Raum und Zeit, Politik und Geld abhängig. 

Ist in den letzten Jahren die Fallquote gestiegen, bei denen Entomologen gerufen wurden? 

Nein. Das ist wirklich etwas ganz Spezielles. Manche gehen hin, manche Unis, um das sexy für die Bachelors zu machen. Und kleinere Unis, die gehen hin und sagen, wir haben aber auch Forensik mit Insekten auf Leichen. Und dann sagen die Studierenden, ja okay, da gehen wir hin. Z. B. in Huddersfield, das ist mitten in England, da habe ich das lange gemacht. Stell dir so eine ländliche… nein, das ist der falsche Begriff … abgelegene industrielle Region vor, wo aber jetzt keiner freiwillig hingehen würde zum Studieren. Da hatten die aber eine ganz gute chemische Abteilung wegen der industriellen Anbindung, um möglichst viele Chemiker und Chemikerinnen auszubilden. Und da bin ich dann immer mit meiner Mitarbeiterin hingefahren, einmal im Jahr oder so, und habe da so einen Kurs ge-macht. Das war hauptsächlich, um die Uni sexy zu machen für die Bachelorstudiengänge, nicht mal für Master. Da gehen viele mit Bachelor ab, die machen gar keinen Master. Das wäre so das eine Ende und das andere Ende wäre, dass die Uni hingeht und sagt, das wollen wir wegen der Forschung nach vorne bringen, weil wir hier die Verbundprojekte brauchen, wo viele mitmachen, also Biologie, Chemie, Medizin. Dann ist das natürlich ein Traum, das beste Projekt, was du machen kannst. Das muss die Uni aber wollen, denn du kriegst halt kein Geld dafür. Wenn du das bei der Deutschen Forschungsgemeinschaft oder Forschungs-trägern, die dir Geld geben – sogenannte Drittmittel – beantragst, kriegen die einen Lachkrampf. Soll das jetzt ein Witz sein, wen interessiert das? Wir wollen was über schwarze Löcher hören oder über Krebsmedikamente, was wollen Sie denn mit Ihren Giften in Insekten von Leichen? Können Sie doch nebenher machen, das kostet doch nichts. Das habe ich schon erlebt, ist jetzt nicht erfunden. Und deswegen hängt es von der Einrichtung ab. Wenn du Glück hast, geht auch mal ein Innenministerium oder Justizministerium hin und sagt, ja, das finanzieren wir schon, beim Landeskriminalamt oder Bundeskriminalamt. Und dann ist aber das Endergebnis meistens, dass gesagt wird, ist das nicht ein Biologe oder eine Biologin? Da sollen die doch Erbgut machen, wenn wir jetzt schon eine Stelle haben. Oder wenn es eine Chemikerin oder ein Chemiker ist, heißt es, ist das nicht eine Chemikerin oder ein Chemiker? Können die nicht in die Abteilung für KO-Tropfen und date rape gehen? Da brauchen wir unbedingt Leute in der Abteilung. Und jetzt ist da gerade die Stelle bezahlt. Nee, das wird auf keinen Fall mehr! 

Macht dich das traurig? 

Es ist, wie es ist! 

Hättest du es gern, dass sich mehr Leute für die forensische Entomologie interessieren würden? 

Nein, das ist mir egal. Jeder soll machen, was er will und jede soll machen, was sie will. Das irgendwie zu wünschen oder zu hoffen oder traurig zu sein, das bringt nichts. Die Menschen machen, was sie wollen. Wirklich. Von der Firma, die Zoom betreibt, oder die den Rechner hergestellt hat, haben wir beide wahrscheinlich so gut wie null Ahnung. Und die machen halt ihr Ding, ohne die könnten wir jetzt nicht reden. Weiß der Teufel, was gut und schlecht und besser und schlechter für irgendwas ist. I don’t care! 

Ich wollte noch mal spezifischer auf die Gifte in Insekten eingehen bzw. auf die Analyse der Drogen, mit denen ich mich befasse. Bei den Extraktionsverfahren aus den Proben werden ja verschiedene Lösungsmittel verwendet. Weißt du, welche da verwendet werden oder wie spezifisch die verwendet werden? 

Das kann super spezifisch sein. Das kann ich dir aber im Moment nicht sagen, weil ich nicht weiß, auf welchem Stand die forensischen Toxikologinnen und Toxikologen jetzt gerade sind. Seit etwa 10 Jahren bin ich eher auf der Ergebnisseite. Wenn wir jetzt eine Konferenz haben, dann reden wir jetzt beispielsweise bei date rape, also KO-Tropfen, welche Stoffe das waren. Aber die Toxikologen sagen dann vielleicht noch, welche grundsätzliche Art der Analyse sie verwendet haben, aber diese Einzelheiten verraten sie nur auf den rein toxikologischen Meetings, weil das im Allgemeinen keinen interessiert. Da kann ich dir das leider nicht sagen. Das kriegst du aber sehr leicht raus, wenn dich das wirklich interessiert und du dich da reinfuchsen willst. Wobei… bei den Insekten weiß ich jetzt auch nicht, ob du da so leicht jemanden findest, der dir das ausführlich sagen kann. Wenn du die Extrak-tionsverfahren in so einem forensischen Labor sehen willst, ist das für eine Facharbeit viel zu weit. Aber wenn du das aus privaten Gründen mal wissen willst, kann ich dich gern an ein Labor/ eine Toxikologie vermitteln. Da kannst du mit denen mal reden. Auf Anhieb finde ich hier schon 2 Videos für Flüssigextraktion. Die schicke ich dir schon mal. Flüssigextraktion ist ja bei uns am bedeutsamsten. Man kann sagen, kristallografische Verfahren werden gar nicht angewandt, das ist zu aufwändig. Wenn du z. B. mit den Leuten im LKA, im toxikologischen Labor, sprichst, die werden extrem stark auf Feststoffuntersuchung gehen. Gegebenenfalls machen die auch Flüssigextraktionsverfahren, aber das hat dann mit forensischer Entomotoxikologie eigentlich gar nichts mehr zu tun. Deswegen könntest du dich vielleicht leichter durch die Extraktionsmethoden in der forensischen Toxikologie durcharbeiten für so eine Facharbeit. Aber kannst ja mal Bescheid sagen, wenn es dir nicht reicht. 

Danke! Wenn man eine Leiche findet und den Entomologen dazu holt, dann nimmt man ja nicht nur die Insekten vom Körper, sondern auch aus der Umgebung. Gibt es da Dinge, wonach man genau sucht und in welchem Umkreis ungefähr? 

Die Wahrheit ist ja, dass das leider sehr oft aus den genannten Gründen der Zeit- und Geldersparnis von der Rechtsmedizin gemacht wird. Da werden die Tiere dann durch die Rechtsmedizin von der Leiche geholt, was biologisch betrachtet nur so mittelcool ist. Und wenn du das am Fundort machst, dann suchst du einfach rum, suchst alles ab, so gut das geht. Und dann guckst du in allen Ritzen, auch unterm Teppich. Im Wald guckst du unter Ästen, Röhren, in der obersten Erdschicht. So gut es halt geht. Das Ziel wäre, alles zu durch-suchen. Im Freien kriechen die Maden, wenn sie sich verpuppen wollen, superweit. Auf dem Dach der Rechtsmedizin in Kolumbien haben wir tote Schweine rausgelegt, da waren die Maden 15 Meter weit gekrochen, obwohl da gleißende Sonne war und es ziemlich warm war, was die eigentlich überhaupt nicht mögen. Die haben sich dann unter Rohren, die keiner mehr brauchte, verkrochen. Wenn es regnet, können die z. B. auch hochkriechen. Also wenn du auf dem Bauernhof so ein Törchen hast, können die auch tatsächlich das Tor hochkriechen und sind dann auf der anderen Seite. Das musst du sehr biologisch angehen. Wie feucht ist es hier? Wie trocken ist es hier? Liegen hier viele Tannennadeln? Können die darüber kriechen oder nicht? Wie hart ist die Erde? Ist sie lehmig, da gehen sie nicht rein, packen sie nicht, außer es ist superfeucht. Das ist eine rein biologische Frage. 

Und werden dann alle Insekten mitgenommen, die man finden kann? 

Wenn’s geht schon. Also alles getrennt. Wenn Du im Tatortkoffer nur 20 Gläschen hast, dann kannst du eben nur von 20 Orten nehmen. Dann kannst du sagen, die Leiche sieht mir superseltsam aus … die liegt in einer Tonne oder in einer Tasche, scheint aber ausgepackt zu sein oder Tiere haben den Sack aufgerissen und haben an der Leiche gefressen… Dann würdest du vielleicht sagen: ok, der Analbereich sieht total ausgefressen aus, was normalerweise nicht passiert, da sollten wir mal rausfinden, ob das das von einem Tier stammt oder ein Sexualdelikt war. Ist das durch Sonne oder Trockenheit entstanden? Dann würde ich dort schon mal 3 Proben nehmen. Dann würde ich auf jeden Fall Mund, Ohren, Nase, Haare und meinetwegen unter den Achseln, Schultern, … oh, jetzt habe ich schon 12 Gläschen verbraucht, jetzt habe ich noch 8 Gläschen übrig… Was ist es mir wert, das getrennt einzusammeln oder lieber alles einzusammeln. Das ist dann eine Einzelfallentscheidung. Aber wenn es geht, sammelst du natürlich alles ein. Aber du musst dann halt auch wissen, was du getan hast. Z. B. in New York hatten wir das anfangs, da sind die Polizisten und Polizistinnen teilweise etwas überenthusiastisch geworden. Da gab es eine Krimiserie, die hieß CSI – Crime Scene Investigation. Und dann haben die uns wirklich komplette Woh-nungseinrichtungen gebracht ins Labor. Und der Laborspace war vielleicht 1,20 m, wenn‘s hochkommt. Und da saßen wir so und ich sage, ich glaube es wäre besser, ihr sagt vorher, was ihr braucht. Blutspuren. Ach, dann lass uns doch erst einmal nach Blutspuren gucken, dann könnt ihr den Rest nämlich wieder mitnehmen. Da brauchen wir vielleicht nur diese Seite vom Telefonbuch und diesen Hammer. Und einen Schuh. Und so ist das bei Insekten genauso. Also das habe ich schon zweimal selber erlebt. Da haben die wirklich alles auf den Lastwagen geschaufelt und kamen mit einer Lastwagenladung Erde an. Das ist gut gedacht, aber leider gab‘s keine Garage und keine Halle, nichts. Hätte ich gerne, würde ich dann auch gerne machen, aber geht nicht. Plus, es kann auch alles durcheinander sein. Wenn du sehr, sehr viel einsammelst, wie gerade angedeutet, kannst du auch mehr Chaos erzeugen. Heute findest du ja kaum noch Insekten. Aber sagen wir mal, vor 10 oder 20 Jahren … wenn du da in einen Wald reingegangen wärst, kannst dir nicht vorstellen, wie viele Tiere da in und um einer Leiche waren. Das ist wie ein Disneymärchen. Da war alles voll, alles! Und da ist es besser gewesen, gezielt an den Orten was einzusammeln. Oder auch gar nicht einsammeln. Bei vielen Käfern reicht es, wenn du die fotografierst. Die brauchst du gar nicht umbringen. Also Ufertotengräber oder so ein wespenartig gestreifter Totenkäfer oder Kurzflügelkäfer oder Mistkäfer, die Bälle rollen, die brauchst du nicht, die fotografierst du. Die tragen eh jetzt keine so starke, supergenaue Leichenliegezeitinformation. 

Wenn man eine skelettierte Leiche findet, kann man dann auch darauf schließen, wie viele Generationen von Fliegen darauf schon gelebt haben? 

Ja, nur Biologinnen und Biologen können das. Klar! Also die Leiche verwest und abhängig davon gehen ja andere Tiere dran, andere Leicheninsekten sozusagen. Oder die nisten da nur oder suchen Schutz vor Regen, es müssen ja keine Leicheninsekten sein. Und das ändert sich, das wäre sozusagen der Stundenzeiger, bildlich gesprochen. Und dann hast du noch so einen Minutenzeiger, das wäre die eigentliche Leichenliegezeit. Die Gene-rationen sind eigentlich nicht so kritisch. Am Anfang kommen, oder sind bis vor 5 oder 10 Jahren gekommen, die schwangeren erwachsenen Schmeißfliegen. Die haben dann eigentlich, wenn es feucht war, schon vieles zerfressen. Und wenn es trocken war, sind sie nicht gekommen, weil sie nicht viel fressen konnten. Oder sind gekommen, konnten sich aber nicht groß auf der Leiche ausbreiten. Dann sind halt Tiere gekommen, die was Trockenes fressen. Also wenn du keine berufliche Erfahrung vor Ort hast, kannst du das nicht so gut abschätzen. Außer bei früher Leichenbesiedlung, die aber für die Polizei meistens am wichtigsten ist. Deshalb ist das nicht so schlimm. Wenn du einen Madenteppich hast, also ganz viele Larven, dann nimmst du halt die ältesten Tiere, wenn die nicht schon weggekrochen sind zum Verpuppen. Aber in einer Wohnung siehst du das ja, ob unter der Teppichleiste schon super viele Fliegen sind. So gesehen, würde ich die Frage eher dahingehend beant-worten, dass es in der Praxis meistens egal ist. Denn die späteren Generationen oder Stadien der Insekten werden gar nicht mehr herangezogen, sondern die Polizei fragt, war das Diens-tagnacht oder Dienstagabend, als die Leiche besiedelt wurde. Und da spielen die verschiedenen Generationen noch keine Rolle, weil du dann eh noch nah an der Leichenbesiedelung bist. 

Und rein theoretisch … wenn man eine skelettierte Leiche findet, welche Verfahren werden dann allgemein angestrebt, die man einerseits zur Identifikation benutzen könnte oder zur Beantwortung der Frage, wie die Leiche gestorben ist? 

Wenn du nur ein Skelett hast, kannst du nur die Knochen untersuchen. Du kannst Gifte, die in Knochen oder Knochenmark sind, angucken. Haare liegen manchmal auch noch rum, wenn du ein Skelett hast. Hautstücke auch. Da guckst du halt nach den Giften. Dann guckst du nach kleinen Ritzern an den Knochen, Knochenscharten, Löchern, Brüche, ob die vor oder nach dem Tod entstanden sind. Du kannst ruhig auch mit Insekten gucken. Es ist ja noch Fett in den Knochen drin, Haut- und Haarreste. Da können ja Speckkäfer oder Museums- oder Pelzkäfer rangehen. Das ist auch kein Zufall. Also wenn die da sind, dann weißt du, dass die Leiche aus biologischer Sicht noch recht frisch ist. Also nicht archäologisch, 10 oder 100 oder 1000 Jahre da liegt. Sondern dass das gerade noch etwas aktiv in Zersetzung Befindliches ist. 

Sucht man auch nach Puppenhüllen? 

Ja, das kannst du machen. Aber du musst halt schon erst mal einordnen, wie lange die Leiche da liegt. Die Puppenhülle allein verrät dir nicht so viel. Wenn du ein Skelett hast und du hast da lauter Puppenhüllen, dann weißt du ja nur, da waren mal Schmeißfliegen und die Tiere sind schon umgewandelt zu erwachsenen Fliegen, sind geschlüpft und weggeflogen. Das Alter von denen kannst du ja so nicht bestimmen. Interessanter ist es, wenn du eine Mischung hast. Wenn du noch Weichgewebe dran hast und da sind noch Maden dran und du hast schon leere Puppenhüllen, die eindeutig zu Leiche gehören, also nicht von anderen Dingen stammen, Müll oder so, der an der Autobahnraststätte rumliegt, oder in einer vermüllten Wohnung, die sowieso schon vermüllt war. Dann können die Puppenhüllen auch noch mal interessant sein. Mitnehmen würde ich sie auf jeden Fall oder fotografieren. Aber welche Aussagekraft das hat, hängt vom Einzelfall ab. 

Und wie gravierend sind Temperaturunterschiede bezüglich der Entwicklung von Larven? 

Das ist allesentscheidend. Ohne Temperatur brauchst du gar nichts machen. Wenn du die Temperatur nicht kennst oder grob kennst, brauchst du gar nicht anfangen zu arbeiten. Das wäre völlig sinnentleert, weil sich Bakterien und Insekten immer abhängig von der Temperatur entwickeln. 

Vielen Dank! Das wären erst einmal alle meine Fragen gewesen. 

Ja, sehr gerne! 

Autisten können meist eins: sich unsichtbar machen

Quelle: t-online, 1. April 2025

Sechsjähriger seit einer Woche vermisst

Wie sucht man ein autistisch veranlagtes Kind, das sich vermutlich versteckt hält? Kriminalbiologe Dr. Mark Benecke erklärt, warum die Suche schwierig ist, und spricht über mögliche Gefahren.

Seit Dienstag, 14 Uhr, sucht ein Eurofighter der Bundeswehr nach dem seit einer Woche vermissten Sechsjährigen aus Weilburg. Pawlos war am Dienstag, dem 25. März, aus seiner Förderschule davongelaufen. Seitdem fehlt von ihm jede Spur. Kriminalbiologe Dr. Mark Benecke sagt, die Wahrscheinlichkeit, den Jungen noch lebendig zu finden, lasse sich nicht einschätzen.

Wenn Kinder weglaufen, sind sie den unterschiedlichsten Gefahren ausgesetzt, die für sie tödlich enden können. Tödlich seien vor allem Verdursten, Erkrankungen, seltener auch Erfrieren, Ertrinken oder Autounfälle, erklärte Benecke t-online. Ob autistisch veranlagte Kinder im Fall von Hunger oder Durst um Hilfe bitten würden, sei schwer einzuschätzen. Manche Autisten sprächen sehr ungern. In ungewohnten Umgebungen sprächen sie womöglich gar nicht.

"Irgendwann wird es ihnen zu viel"

Die Behörden gehen aktuell davon aus, dass der Kleine sich bewusst versteckt. "Austistinnen und Autisten können meist eins: sich unsichtbar machen. Das lernen sie ihr Leben lang, weil ihre Umgebung sie oft nicht versteht und dadurch laufend in schwierige Lagen bringt." Doch wie sucht man ein autistisches Kind, das nicht gefunden werden will? "Autistinnen und Autisten nehmen sehr viel wahr, viel mehr, als es manchmal scheinen mag. Daher können sie sich oft gut verstecken", sagt Benecke. Es wurde bereits versucht, Pawlos mit in der Stadt aufgehängten bunten Luftballons aus seinem Versteck zu locken. Bislang ohne Erfolg. Da helfe nur, wie bei einer Spurensuche alles haarklein zu durchkämmen, sagt Benecke, auch Wärmebildkameras können manchmal helfen.

Laut dem Kriminalbiologen besteht die Möglichkeit, dass der Junge nicht in seine frühere Umgebung zurückkehren möchte, weil sie ihm vielleicht unangenehm ist.

"Wir haben in einer großen Studie zusammen mit dem Bundesministerium für Bildung und Forschung, der Goethe-Universität in Frankfurt/Main, der Humboldt-Universität in Berlin und dem Verein White Unicorn gezeigt, dass Autistinnen und Autisten in der Schule zwar oft sagen, was sie stört (Licht, Gerüche, Ordnung), aber es sehr oft nicht ernst genommen wird. Irgendwann wird es ihnen dann zu viel."

Autismus-Kindergarten-Studie

Mai 2025

Wir haben in den letzten Jahren zusammen mit dem Bundesministerium für Bildung und Forschung, der Goethe-Uni Frankfurt und der Humbodt-Universität in Berlin siebenundzwanzig neurobiologisch bedingte Hindernisse erkannt, denen Autistinnen und Autisten in der Schule gegenüberstehen. 

Beispielsweise wissen wir, dass viele Autist:innen Reize stark wahrnehmen, also sind Lautstärke und Licht sehr häufig eine Störung. 

Was genau nun im Kita-Alter stört — der Hall in den Räumen oder Gewusel beim Frühstück —, das finden wir heraus.

Wer dabei vor Ort durch Befragung der Kids mitmachen möchte, besonders natürlich Erzieherinnen und Erzieher aus Kindergärten: Meldet euch bitte bei stephanie.fuhrmann@white-unicorn.org

Danke schön!

Experteninterview Zukunftsarbeit

Experteninterview Zukunftsarbeit

von Anfissa Sophia Kaschte (Steinmühle Schule & Internat, Marburg-Cappel), per E-Mail:

Lieber Dr. Mark Benecke,

Mein Name ist Anfissa Kaschte. Ich wurde durch meinen Vater, Alexander Kaschte, aufmerksam auf Sie gemacht.

Ich interessiere mich sehr für True Crime, also habe ich mich entschieden, meine „Zukunftsarbeit”, eine Ersatzarbeit für den Deutschunterricht, in diesem Themenbereich anzusiedeln. In der Zukunftsarbeit, auch „Forscherarbeit” genannt, befasst man sich mit einem ausgewählten Thema und der Zukunft dieses Themas.

Um jedoch eine gute Benotung zu bekommen, muss man ein Interview mit einem Experten führen. Da ich mich schon viel mit Gerichtsurteilen, Strafen und öffentlichen kontroversen Fälle befasst habe, möchte ich mehr über „das Innere”, die Spuren und die Untersuchungen erfahren.

Nur zu gerne würde ich dieses Experteninterview mit Ihnen führen, denn Sie sind eben ein echter Expert, wenn es um diese Themen geht. Ich habe acht Fragen an Sie und ich wäre sehr erfreut, wenn Sie mir meine Fragen beantworten könnten.

1. Wie hat sich Ihre Arbeit im Laufe der letzten 20 Jahren verändert und hat sich Ihre Arbeit durch die Erfindung des Internets oder bes]mmter Geräte vereinfacht?

Ich arbeite noch stark „mit der Hand", also mit einfachen Vergrösserungsgeräten.

Manchmal machen wir Hightech:

Grundsätzlich hat mich natürlich die Einführung genetischer Fingerabdrücke geprägt.

2. Durch was könnte sich Ihre Tä]gkeit in der Zukunft vereinfachen?

Wenn noch mehr Energie und Geld in Vorsorge gesteckt wird. Dann gibt es weniger Verbrechen:

Jugendkriminalität

Dazu zählt auch die faire und gute Behandlung von psychischen Erkrankungen und der Minderung von Armut.

Beides hat sich schon stark gebessert; entsprechend sinken die Zahlen von Schwerverbrechen:

Mordopfer in Deutschland

3. Wo sehen Sie sich in der Zukunft? (Werden Sie weiterhin an Leichen arbeiten? Wird Ihnen der Job irgendwann „genug”? Sehen Sie sich in der Zukunft auch in anderen Bereichen? Haben Sie schon etwas geplant? usw.)

Ich mach meinen Job gerne und es wird auch in Zukunft genug zu tun geben. Daher mache ich vermutlich weiter, es ist ja sehr interessant (für mich zumindest).

Ich mache mir aber keine Gedanken über die Zukunft, da die Erde gerade stirbt und fraglich ist, ob es für Menschen überhaupt noch länger weiter geht wie gewohnt, das ist recht fraglich.

Umweltvorträge

4. Wodurch unterscheiden sich Gewalttaten in verschiedenen Ländern?

Im Kern gar nicht.

In Ländern mit viel Machismo schauen Menschen bei Sexualdelikten und Gewalt gegen Frauen natürlich leichter weg.

Wo Menschen arm sind, haben sie oft auch keine Ansprechpartner:innen, so dass sich Gewalt und Wut dort leichter aufstauen können.

Es kann auch aus anderen Gründen zu sozusagen "gefühlloser" Gewalt kommen, etwas Kolumbien und Mexiko:

Drogen-Kriege (es geht um Geld)

→ komplette Armut (es geht ums Essen)

In Mexiko ist es im Moment besonders schlimm.

5. Sind Ihnen Tiere in Ihrem Job wichtig und hat Ihre Arbeit Ihre Einstellung zu Tieren verändert?

Sie sind sehr wichtig → Publikationen

Meine Einstellung hat sich nicht geändert, siehe neues Video dazu hier (am Anfang geht’s allerdings mehr um Bücher)

6. Was ist Ihre Meinung zur Todesstrafe?

Kann ich nicht beurteilen; ich arbeite öfters in Ländern, in denen die Todesstrafe von vielen Menschen für korrekt gehalten wird.

Ich war allerdings mal bei einer Sitzung der hbps://www.aafs.org/, weil ich früher als Biologe in der Rechts Medizin New York gearbeitet habe und das (fast ganze) Jahr ohne Todesstrafen in den USA erlebt, vor ganz ungefähr zehn Jahren.

Arbeitsplatz

Executions overview

Ich war echt erstaunt, dass die Zuschauer:innen von Todesstrafen, die oft unbedingt dabei sein wollen, wenn der verhasste Mensch stirbt, hinterher nicht so glücklich sind und teils schwer traumatisiert sind.

Scheint also doch nicht so toll zu sein, selbst, wenn Menschen dafür sind (in den USA sind etwas mehr als die Hälfte der Menschen für die Todesstrafe, aber sie wird in vielen Bundesstaaten nicht umgesetzt, siehe Infos oben im Link).

7. Gab es einen Fall, bei dem Sie eine Spur gesehen haben, die Sie noch nie zuvor gesehen haben?

8. Werden Ihre Untersuchungen in der Zukunft helfen, Morde zu verhindern?

Jeden Tag. Wir schauen alles mit Kinderaugen an und staunen. Jeder Fall ist neu und wir betrachten im

Labor alles unbefangen. Beispiel:

Insekten unter der Haut

Buchenwald-Lampenschirme aus Menschenhaut

8. Werden Ihre Untersuchungen in der Zukunft helfen Morde zu verhindern?

Die Gesprächen mit Mörder:innen und der Abgleich mit Spuren: Ja. daraus können wir ableiten, wie Vorbeugung klappen könnte.

Beispiel hier → La Bestia

Sehr herzlich und sag Bescheid, wenn noch was ist.

Danke, dass Sie sich für mich Zeit genommen haben und meine Fragen beantwortet haben :)!

Es hat mir großen Spaß gemacht, das Interview „zu führen” (wenn man das so sagen kann)!

Online-Pressekonferenz: Tierquälerei in zahlreichen „Tierwohl“-Ställen Animal Rights Watch e.V. (ARIWA)

Freitag, 23.05.2025, 11:00 Uhr

Referent*innen
Dr. Mark Benecke ist der wohl berühmteste Kriminalbiologe Deutschlands, eine der bekanntesten wissenschaftlichen Stimmen für Umwelt- und Tierschutz und wird die Zustände aus der Sicht eines „außenstehenden Beobachters“ bewerten.

http://benecke.com 

Anna Schubert ist Agrarwissenschaftlerin und bringt ihr fundiertes Wissen über die deutsche Tierindustrie als Agrarreferentin bei Animal Rights Watch e.V. (ARIWA) ein. 

Kontakt: Tel.: +49 157 76633353, E-Mail: presse@ariwa.org

www.ariwa.org

Sophie-Madlin Langner ist Tierärztin bei Expertise for Animals, einer Organisation, die tierschutzrelevante Fragestellungen wissenschaftlich fundiert analysiert und bewertet. Im Auftrag von ARIWA führte Expertise for Animals eine Bewertung privatwirtschaftlicher Haltungsformen auf Basis aktueller wissenschaftlicher Erkenntnisse durch. Die Analyse zeigt, dass diese Haltungsformen, trotz ihrer Vermarktung als „tiergerechter“, keinen signifikanten Einfluss auf das Wohlbefinden der Tiere haben.

Kontakt: Tel.: +49 30 47759731, E-Mail: s.langner@expertiseforanimals.com

www.expertiseforanimals.com

Dr. Friederike Schmitz ist Projektkoordinatorin und Referentin beim Thinktank Faba Konzepte, der sich für ein pflanzenbasiertes Ernährungssystem einsetzt. Anlässlich der aktuellen Recherche-Aufnahmen hat Faba Konzepte ein Positionspapier veröffentlicht und fordert politische Konsequenzen.

Kontakt: Tel.: +49 179 1268650, E-Mail: f.schmitz@faba-konzepte.de

www.faba-konzepte.de

Pressekontakt ARIWA:

Tel.: +49 157 76633353

E-Mail: presse@ariwa.org

Animal Rights Watch e.V.

Hirschbachstraße 57

73431 Aalen

www.ariwa.org

Interview mit der PARTEI MENSCH UMWELT TIERSCHUTZ

Dr. Mark Benecke im Interview mit der PARTEI MENSCH UMWELT TIERSCHUTZ - Tierschutzpartei (3.FeBruar 2025)

Hallo Mark, wir von der Tierschutzpartei bewundern ja deinen unermüdlichen und fundierten Einsatz für Tierrechte, Artenschutz, Klimaschutz und Soziales. Vor allem finden wir es auch inspirierend, dass du deine große Reichweite nutzt, um auf Tierschutzthemen aufmerksam zu machen, die sonst wenig Gehör finden.

„danke fuer EUREN einsatz“

Wir würden uns daher sehr freuen, wenn du die untenstehenden Fragen beantworten und uns deine Antworten in schriftlicher Form oder als Reel/Short zusenden könntest.

Unsere Fragen:

1. Was hat dich dazu gebracht, dich für Tiere einzusetzen?

„Fand ich selbstverständlich. Ich habe schon als Kind in einem Schul-Aufsatz geschrieben, dass ich es unangenehm und rätselhaft finde, dass Schweine in Lastwagen neben unserem Familien-Auto herfahren. Für die öffentliche Wirkung hat ein im Internet immer noch weit verbreiteter Auftritt bei der Fernseh-Sendung 'Hart aber fair' des WDR gespielt. Dort war die esoterisch angehauchte Barbara Rütting die einzige, die menschlich gesprochen hat. Die anderen Teilnehmer (alles Männer) aus der Unterhaltungs-, Tier- und Fleisch-Industrie waren wie gezeichnete Karikaturen restlos veralteter, der Wirklichkeit entrückter Herren. Später hat PeTA mich als Botschafter für Meeres-Tiere angesprochen und mir in Ruhe und Freundlichkeit immer gute Hinweise gegeben.“

2. Wie kann die Politik deiner Meinung nach aktiv dazu beitragen, Tierleid zu verringern?

„"Die Politik" sind in Deutschland die Wähler:innen. Ernähren diese sich pflanzlich, ist der allergrößte Schritt schon getan. Das andere dürfte sich dann von selbst ergeben.“

3. Was wünschst du dir für die Zukunft des Tierschutzes?

„Dass die Menschen aufhören, Katzen und Hunde lieb zu haben und die anderen Tiere aufessen, foltern lassen und so tun, als wäre nichts.“

Informationsgehalt kriminalbiologischer Spuren Teil 1

Quelle: Kriminalistik, 4/2025, Seiten 232 bis 236

Informationsgehalt kriminalbiologischer Spuren

Teil 1: Spuren- und insektenkundliche Untersuchung ohne Leiche

Der Artikel kann in einem Jahr hier vollständig gelesen werden. Bis dahin liegen die Rechte beim Herausgeber.

siehe auch Teil 2