Quelle: YPS Nr. 1284, 1/2025
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Eine universal-kriminalistische Untersuchung alter Yps-Ausgaben mit Mark Benecke.
Die Uhr zeigt zwölf Uhr Mittag, als der vielgefragte Kriminalbiologe und Comic-Fan Mark Benecke die Räume der Yps-Redaktion betritt. Beim Anblick dieses Einsatzortes kann er sich ein Lächeln nicht verkneifen. Mit schnellen Schritten läuft er auf seinen heutigen Tatort zu: ein Tisch, auf dem fächerartig alte Yps-Ausgaben ausgebreitet sind, die den Duft der Kindheit verströmen.
Im Hintergrund wird eine Kaffeemaschine gereinigt. Sie tönt wie eine Dampflokomotive. Die Aufzeichnung dieser Yps-Untersuchung muss warten, bis sich der Lärm der Säuberung legt.
Der Kriminalbiologe verliert derweil keine Zeit beim Eindrücke-Sammeln und steckt schon mitten in der gegenseitigen Befragung mit den anwesenden Yps-Redakteuren. Er erzählt ihnen, wie er als kleiner Junge zum Kiosk von Frau Michelmann in Köln-Zollstock gelaufen ist, ums ich Yps-Hefte zu kaufen. Für jede Ausgabe hat das Geld in der Tasche nicht gereicht, aber für fast jede zweite. Mark ist also schon sehr früh mit Yps in Berührung gekommen und vorbelastet.
Das äußert sich sofort: Er schwelgt spontan in Erinnerungen an viele Gimmicks von damals. Eins interessiert ihn besonders: Eine Art Moosgummi-Maschine, aus der ein 10-Mark-Schein herauskam. Es war nicht die populäre Geldmaschine, die vorgab, ein leeres Papier in einen Geldschein zu verwandeln. Mark suchte privat lange nach dem einzigartigen Gimmick seiner Erinnerung, er hatte schon die Befürchtung, dass manch einer ihn für verrückt hält. Die Yps-Redaktion tut das nicht, sie nimmt sofort Nachforschungen auf: Sie stößt dabei auf die Zauberbrieftasche für Geld-Hexereien aus Yps Nr. 373.
Doch weiter führen die Ermittlungen nicht, denn just in dem Moment entdeckt Mark unter den vielen Ausgaben ein weiteres Gimmick, das ihn in seine Kindheit katapultiert. Er zeigt darauf: „Hier hat mich der totale Flash gepackt“ Die Wunderschrumpffolie – genau die hatte ich! Ich habe mir daraus eine Pif-Anhänger gemacht!“
Seine Begeisterung ist zu spüren. Ein Zeitfenster der Gefühle von damals ploppt auf. „Mit Yps war ich in meiner eigenen Welt, für die sich andere gar nicht so sehr interessiert haben!“ Er ist sich sicher, in dieser Phase ein leidenschaftlicher Comic-Fan geworden zu sein, und gesteht: „Es wurde ein Spezialinteresse von mir, das auch gefährlich sein kann. Zum Beispiel, wenn man alle Ausgaben einer Serie sammeln will. Das musste ich mir sofort abgewöhnen.“ Heute liest er immer noch viele Comics und verschenkt Exemplare auch an Bibliotheken, damit sie weitergelesen werden können.
Die anwesenden Redakteure fragen nach, ob Yps bei Mark als Kind auch den Forschergeister geweckt hat. Doch das beurteilt der Forensiker anders: „Yps hatte nicht nur eine kurzfristige, sondern auch eine langfristige Wirkung aufs Gemüt.“ Das belegt er auch umgehend: „Ich trage erstaunlicherweise noch viele Dinge mit mir, die es früher auch als Gimmick bei Yps gab!“ Seine Hände greifen in eine der vielen Jackentaschen und er zaubert eine Pfeife und ein Lupen-Set heraus.
Letzteres sieht aus wie ein Schweizer Taschenmesser: viele unterschiedliche Gläser, die übereinander geschichtet sind und sich auseinander spreizen lassen. Damit vergleicht er die Vergrößerungsleistung des Gimmicks aus der Ausgabe Nr. 511: dem Insekten-Mikroskop, das vor ihm auf dem Tisch steht. „Nicht schlecht“, befindet er. Noch begeisterter ist er aber von der Trägerschale des Gimmicks. Es hat eine Einbuchtung, damit die zu untersuchenden Tiere nicht gequetscht werden. „Eine clevere Lösung“, befindet Mark und nimmt gleichzeitig die abgedruckten Insekten der Ausgabe unter die Lupe: „Das hier ist eine Assel, – kein Insekt. Insekten haben sechs Beien, macht aber nix! Dafür ist daneben eine sehr schöne Goldfliege! Großartig! Und eine Waldameise.“ Der Kriminalbiologe ist auf der Suche nach weiteren Details, die es zu entdecken gibt: „Hier steht, dass die Kinder die Insekten nach der Beobachtung freilassen wollen. Sehr gut.“
Mit der Lupe in der Hand geht die Spurensuche weiter. Der auf Kleinigkeiten geschulte Blick des Forschers wandert erneut über die vor ihm ausgebreitete Sammlung alter Yps-Ausgaben. Jedes einzelne Objekt kann der Forscher mit einer Geschichte verbinden und er fragt sich, wie das möglich ist. Wurde das so vorbereitet? Und falls ja, wer wusste, mit was sich Mark vor Jahrzehnten im Kinderzimmer befasst hat? Sein Finger zeigt auf die Ausgabe mit dem Überlebens-Set: „Haargenau dieses Hemd habe ich bei meinem ersten Auslandseinsatz 1994 auf den Philippinen getragen!“ Freudestrahlend und mit fragendem Blick nimmt der das Heft in die Hand. Der anwesende Redakteur, der den Tatort vorbereitet hat, beschwört, dass die Auswahl der Magazine etwas Zufälliges hat, und bittet ihn, das Gimmick „Überlebens-Set“ genauer anzuschauen und auf seinen Zweck zu prüfen.
Mark nimmt das Gimmick in die Hand: „Ein Morsespiegel, ein Brennglas, eine reißfeste nylonschnur, Verbandpflaster und Traubenzucker…“, nach einer kurzen Pause merkt er auf: „… tatsächlich, unser Sport- und Englischlehrer, Herr Mevenkamp, hat damals gesagt, dass Traubenzucker zum Überleben eine gute Sache ist. Nicht nur, dass man dann auf einmal wieder Energie im Blut und im Körper hat, es reicht schon der Glaube daran.“
Er blättert durch die Zeitschrift. Die Leserpost von damals hat es ihm sofort angetan. Ein Zeitdokument. Er liest einen Leserbrief von damals vor: „In Ausgabe Nr. 340 schrieb ein Junge, dass er die Platte von Mecki Spaghetti einsame klasse findet. Wenn ich so etwas lese, frage ich mich, wo der Verstand ihrer Leser geblieben ist.“ Mark unterbricht sich mit einem Lachen: „Aha, es wurden kritische Briefe gedruckt.“ Dann liest er gleich noch einen zweiten Leserbrief vor: „Ich bin begeisterter Yps-Leser und glaube, dass Yps noch gelesen wird, wenn die Marsmenschen die Erde bevölkert haben!“
Dann entdeckt der findige Forscher den „echten Zauberer, der aus dem Fernsehen bekannt ist“ und auf der Titelseite der Ausgabe Nr. 219 abgebildet ist. Doch weder Mark noch eine andere Person im Raum können sich an den bekannten Fernsehzauberer erinnern. Allerdings fällt Mark sofort die spannende Geschichte von Harry Houdini ein, einem der bekanntesten Illusionskünstler, die es jemals gab. „Er war befreundet mit Arthur Conan Doyle, der wiederum Wissenschaftler war und Sherlock Holmes erfunden hat. Houdini und Doyle haben sich irgendwann zerstritten, weil Doyle behauptet hat, Houdini sei ein echter Zauberer! Houdini bestand aber darauf, ein Illusionskünstler und kein Zauberer mit übersinnlichen Kräften zu sein. Dann war die Freundschaft kaputt. Total verrückt! Einer der größten Aufklärer, Arthur Conan Doyle wollte an Magie glauben.“
Dann ist der Fall abgeschlossen. Das Ergebnis der Untersuchung braucht Zeit, um seine Wirkung zu entfalten: Alte Yps-Ausgaben aktivieren magische Verbindungen zu Erlebnissen, Erinnerungen und Wissen und lassen diese lebendig werden.
Eine andere Frage an diesem Nachmittag bleibt dafür ungeklärt. Mark will wissen „warum das Yps-Känguru kariert ist. Wurde es auf Karo-Papier gezeichnet? Als Kind habe ich das einfach so hingenommen.“ Die Redakteure können diese Frage nicht beantworten. Vielleicht klären sie diesen Fall bis zur nächsten Woche auf!
