Official Text:
»Manson, Bundy, Dahmer and more are waiting for you! Debunk the mysteries behind the most twisted minds of the century with an exploration of serial killers’ lives from a scientific, historical and educational perspective. See the never-before-displayed collection of hundreds of original artifacts, including documents and drawings of the most famous killers made by themselves.
Step inside detailed recreations of the most famous crime scenes, and learn all about the FBI methodology to identify and analyze psychological profiles of these individuals.
Date: From September 6, 2025
Opening hours: Closed on Monday and Tuesday
From Wednesday to Friday, open from 10 AM to 6:30 PM, last entry at 5 PM.
On Saturday and Sunday, open from 10 AM to 7:30 PM, last entry at 6 PM.
Duration: 90 minutes
Location: Neukölln Speicher, Ziegrastraße 1, 12057 Berlin, Germany
Age requirement: Recommended 14+. Children under 14 are admitted only when accompanied by an adult. Please consider content suitability for a younger audience.«
Vorwort von Mark
Serienmörderinnen und Serienmörder haben das „gute Gefühl“ für ihre Umgebung verloren. Sie sind einsam, jedoch nie verrückt. Sie können klar und ehrlich sein in dem, was sie zu wollen glauben – zu sich und zu anderen. Doch sich unsozial ausprägende Persönlichkeitsstörungen plus Geradlinigkeit: Das ist eine fiese Mischung. Im besseren Fall bewähren sich derart veränderte Menschen gut in Berufen, in denen sie eine Krise nach der anderen verwalten müssen. Im schlechteren Fall, töten oder verzehren (oder alles nacheinander) sie reihenweise Menschen.
Die Opfer von Serienmörderinnen und Serienmördern haben oft wenig bis nichts getan. Es sind Sex-Arbeiterinnen und Sex-Arbeiter, Hausangestellte, Kinder, Arme, Verführte oder Gutgläubige. Wenn wir Serienmorden vorbeugen wollen, müssen wir daher Täterinnen und Täter verstehen. Denn Menschen ohne Argwohn und Schutz, also die liebsten Mordopfer der Serientäterinnen und Serientäter, wird es immer geben. Diese Seite der Geschichte ließe sich nur in einer heilen Welt ändern. In der Kriminalistik leben wir aber nicht im Glitzermärchen.
Auch Polizistinnen und Polizisten sowie andere Beteiligte erwischt es regelmäßig, wenngleich nicht als Getötete. Der Staatsanwalt meines Klienten Luis Alfredo Garavito (+ 2023), der über dreihundert Kinder vergewaltigte und zu Tode folterte, war bei meinem letzten Besuch so durcheinander, dass sich jedes weitere Gespräch mit ihm aus Rücksicht auf seine Nerven erübrigte. Der letzte Hoffnungsschimmer des kolumbianischen Rechtskundlers war, dass Gott ihm den fürchterlichen Garavito-Fall zugeteilt habe. Ich weiß bis heute nicht, warum das für ihn tröstlich sein konnte. Zumal es doppelschneidig ist: Denn „sein“ Serientäter Garavito war überzeugt, dass Gott mit ihm, dem Täter, am Ende aller Zeiten gemeinsam durch das Jenseits schreiten würde. Woher ich das weiß? Er hat es mir in eine Bibel mit Goldschnitt geschrieben, nachdem er im Gefängnis als Christ getauft worden war. Der einzige, der einigermaßen seelisch heil aus dem Fall herauskam, war Garavitos evangeliker Priester. Der hatte einig Jahre lang wegen Kokainschmuggels hinter Gittern gesessen und erst in seiner Heimat und dann im Gefängnis in den Vereinigten Staaten gelernt, dass das Gute und Schöne nicht vorwiegend hier auf der Erde zu finden ist.
Die an Garavitos Fall beteiligten Polizisten hatten den Müttern der verschwundenen Kinder zunächst nichts geglaubt. Vor allem nicht, dass die Kinder am hellichten Tag entführt worden sein könnten. Das haben sie später bitter bereut und nie mehr vergessen. Bis an ihr Dienstende versuchten sie, den Eltern Unterstützung zukommen zu lassen. Doch es war vergebens. Wer soll einer Mutter ein Kind ersetzen oder den verlorenen Glauben an die Gerechtigkeit?
Manche der Polizisten vor Ort fragten mich, ob die ländliche Musik in Garavitos Heimat ihn zum Serientäter gemacht haben könnte. Das zeigt: Der weg von solchem Aberglauben bis zur wirksamen Für- und Vorsorge ist in einem armen, von Gewalt geprägtem Land allzu lang. Und es stellt eine Gemeinsamkeit zur längst widerlegten Aussage dar, dass Computerspiele, Kinofilme, Comics oder ähnliches Gewalt auslösen würden. Doch so einfach ist es nicht: Alle Medien können Gutes ebenso fördern wie Schlechtes. Darüber entscheiden nicht zuletzt die Umwelt und die Persönlichkeit der Betrachterinnen und Betrachter.
Zu derartigen Missverständnissen kommt es im für viele Menschen spannenden, aber nicht in der Tiefe ergründeten Feld des Serienmordes öfter.
So etwa bei Jeff Dahmer (+1994): Neuerdings durch Netflix, ein superbes Comic seines Schulkameraden, wieder veröffentlichte Gespräche mit dem Täter sowie ein älteres Buch seines Vaters – all diese Veröffentlichungen erzählen auf unterschiedliche Weise vom Leben und den Taten eines der bekanntesten Serienmörder. Ein Monster, eine Bestie, ein Psycho – keine Frage. Und doch, wenn ich die Aufzeichnungen der Gespräche mit ihm sehe, sitzt da vor allem ein grundehrlicher, ruhiger Mensch, der allerdings nicht den Hauch einer Ahnung hat, wie tragfähige und gesunde Beziehungen aussehen könnten. Jedenfalls gelingen sie nicht durch das Einspritzen von Drogen in den Schädel und dem Lauschen am Herzen des „Partners“.
Das hat sogar Dahmer selbst eingesehen. Eigentlich hat er sogar alles eingesehen. Doch bis heute gibt es keine sichere Therapie für seine Persönlichkeitsstörungen. Nichts hält die Täterinnen und Täter auf, obwohl sie Einsicht zeigen. So kommt es, dass es immer neue Serienmörder gibt, selbst dann, als niemand mehr glaubte, dass dies dank Kriminaltechnik und Massendaten noch möglich sei. Das unerwartetste Beispiel dafür ist Samuel Little (+ 202). Es war nicht einmal bekannt, dass eine lange und unerkannte Serie von Morden vorlag (ja, vorwiegend an Sex-Arbeiterinnen und ja, mehrfach dachte man, sie seien an Drogen oder durch Unfälle gestorben).
Auch bei deutschen Tätern gibt es schon lange viel zu entdecken, weil viel aufgeschrieben wurde. Märchenhaftes überschattet nicht selten einen nur noch glimmenden Kern. Wussten Sie beispielsweise, dass die Ehefrau des Frauenmörders Peter Kürten (+ 1931) einigen der weiblichen Opfern ins Gesicht sagte, sie sollen sich von ihrem Mann fernhalten, weil er wirklich sehr gefährlich sei? Dass der einst gefürchtete Serienmörder Bruno Lütge (+ 1944) die dreiundfünfzig Morde „im ganzen Reichsgebiet“ gar nicht durchgeführt haben kann? Und dass die Nazis, um zu verhindern, dass der Unsinn um die von Lütge nachgeplappert gestandenen Morde aufflog, erst gar keine Gerichtsverhandlung anberaumten? Er starb übrigens unter ebenso ungeklärten Umständen wie der Kannibale Karl Denke (+ 1924, 31 Morde), der sich angeblich in seiner Zelle an einem großen Taschentuch erhängt haben soll.
Wie sehr die Täter mehr als alles andere beziehungsgestört sind, zeigt sich am deutschen Jungenmörder Jürgen Bartsch (+ 1976). Er hatte Kerzen nicht etwa stets im Gepäck, um seine Opfer zu foltern – das wäre angesichts einer Abbildung gesetzlich erlaubter Kerzen-Folter im Strafgesetzbuch von Maria Theresia zumindest denkbar gewesen: „Mit einem Kerzenbündel unter den Achseln brennen.“ Nein, Bartsch wollte seinen Opfern ein Lichtlein in der Dunkelheit gegen ihre kindliche, allerdings keineswegs kindische, Todesangst geben: Er lagerte sie tags in einem Stollen, um die Kinder nachts dann zu Tode zu foltern. Außerdem, so seine Aussage, verbreiten Kerzen doch eine angenehme Stimmung, so wie sie Erwachsene im flackernden Licht erleben, wenn sie sich – laut Bartsch – „ganz doll lieb haben“.
Bartsch wand sich darum, zuzugeben, die Opfer zu geküsst zu haben oder gar nekrophil zu sein. Doch wie auch bei Jeffrey Dahmer platzte die Bindungsstörung in der Befragung ungewollt aus ihm heraus: Er hatte sich sehr wohl an den Leichen der von ihm zu Tode gefolterten Kinder zu schaffen gemacht, aber nur, weil diese Art der schlimmst möglichen Bindung für ihn so unendlich angenehm war.
Er wollte den für ihn schönen, befreienden und beruhigenden Moment genießen. Das wusste er und das sagte er selbst. Doch niemand glaubte ihm. Hätten die Menschen damals das Fürchterliche für wahr gehalten, hätten viele Tagen anderer Menschen, die ebenso bindungsgestört waren und sind, verhindert werden können.
