"Leichen-Hand" im Meer (Norderney)

Quelle: t-online, 24. Oktober 2024

Ist ein Leichenteil an der Nordseeküste angespült worden? Das haben sich einige Menschen im Netz gefragt. Ein Experte klärt auf.

Ein Fund am Strand der Nordseeinsel Norderney hat für Verwirrung gesorgt. Ein großer, hautfarbener Knubbel wurde angespült und von einer Finderin an den forensischen Experten Mark Benecke weitergeleitet. Dieser postete die Bilder in den sozialen Medien – und löste Spekulationen aus, ob der Knubbel nicht menschlichen Ursprungs ist.

Die Diskussion unter dem Post brachte schnell Klarheit: Viele Nutzer vermuteten, dass es sich um eine Koralle handelt. Dr. Benedikt Wiggering von der Nationalparkverwaltung Niedersächsisches Wattenmeer bestätigte das der "Kreiszeitung" und identifizierte das Objekt als Alcyonium digitatum, auch bekannt als "Tote Mannshand".

Diese Lederkoralle kommt normalerweise ab 20 Meter Tiefe in der Nordsee vor und wird nur selten an Stränden gefunden. Der Experte betonte, dass das Objekt kein Grund zur Aufregung sei, weder kriminalistisch noch biologisch. Er empfiehlt jedoch, solche Funde immer zu melden, beispielsweise über das Portal beachexplorer.org, um deren wissenschaftlichen Wert zu nutzen.

Dr. Made lässt jetzt Schweine verwesen

Quelle: BILD, 6. Februar 2024

Von Nicole Biewald

Hier gibt es den Artikel als .pdf

Der bekannteste Kriminalbiologe der Welt macht jetzt versaute Experimente!

Dr. Mark Benecke (53) aus Köln ist Spezialist für Entomologie (Insektenkunde), bekannt als Dr. Made – und hat jetzt mit einer zehnköpfigen Studentengruppe fünf Baby-Schweine verwesen lassen.

Was soll der Schweine-Kram?

Foto: Mark Benecke

„Wir haben beobachtet, in welchem Stadium welche Leichen-Bewohner kommen, wie sie sich vermehren und was mit dem Schweine-Körper dadurch passiert“, sagt Dr. Benecke zu BILD. Das Ergebnis ist ein 18-minütiger Lehrfilm, der bald online geht.

Die Mini-Schweine bekamen die Wissenschaftler geliefert. „Die sind eines natürlichen Todes gestorben, wir haben sie eingefroren erhalten“, sagt der 53-Jährige. Unter sommerlichen Bedingungen – 27 Grad, 50 Prozent Luftfeuchtigkeit und indirekter Sonneneinstrahlung – hat die Gruppe abgewartet, was passiert.

Und das ging ganz schön schnell...

„Die Haut der Tiere hat sich schon nach wenigen Stunden durch die Bakterien grün verfärbt“, sagt Dr. Benecke. Er erklärt: „Wärme und Feuchtigkeit lassen die Haut schnell verwesen. Die Knochen sind schon nach wenigen Tagen zu sehen.“

Schwangere Fliegen legen ihre Ei-Pakete auf der Leiche ab, die Maden schlüpfen aus den Eiern, Fliegen machen sich breit Der Kriminalbiologe: „Verwesungszustände sind für die Ermittlungsarbeit der Polizei interessant. Daraus ist ersichtlich, wie lange die Leiche beispielsweise im Freien gelegen hat.“ Sie geben auch Aufschluss darüber, wie lang ein Kind oder eine ältere Person vernachlässigt wurde.

Für diese Experimente werden Schweine verwendet, weil die dem Menschen am Ähnlichsten sind. „Schweine sind fast gleich gebaut wie der Mensch. Nur Hände und Füße unterscheiden sich“, so der Experte.

Auch die Polizei nutzt Schweine oder nur deren Köpfe (je nach Gewicht), um beispielsweise herauszufinden, wo und wann eine Leiche ins Wasser geworfen wurde. Dr. Benecke: „Anhand der Strömung kann das nachvollzogen werden.“

Das Fazit des Verwesungs-Experiments? Dr. Benecke: „Die ersten Eier und Maden lassen sich bevorzugt in Augenwinkeln, Nasenlöchern und Ohren nieder. Die Vermehrung geht schnell. Später kommen so genannte sekundäre Leichenbewohner dazu. Das sind Käfer, die sich nicht von der Leiche, sondern von den auf ihr lebenden Maden ernähren.“

Nach etwa einer Woche war die Schweinehaut übrigens samt Muskeln und Fett weg. Es waren größtenteils nur noch die Knochen der Tiere zu sehen. Der Kriminalbiologe: „Die werden von den „Maden-Teppichen“ hin und her geschoben, aber nicht wirklich zersetzt.“

Caroline (Letzte Generation): Kein Knast

9. September 2024  

Hallo lieber Mark,

hier schreibt Caroline Schmidt. Du hast letztes Jahr ein schriftliches Interview mit mir gemacht, weil ich im Kontext von Straßenblockaden mit der Letzten Generation zu 8 Monaten Haft ohne Bewährung verurteilt wurde.

Am 22.08.24 fand mein Berufungsprozess statt. Die Haftstrafe wurde nicht bestätigt. Gerne hätte der Richter das Verfahren eingestellt, die Staatsanwaltschaft war jedoch dagegen. Das Urteil lautet 90 Tagessätze à 20 Euro. Das Strafmaß umfasst zwei Blockaden in Berlin (ein Versuch einer Blockade wurde in dem Verfahren fallen gelassen) und ein rechtskräftiges Urteil von 40 Tagessätze à 30 Euro in Köln. Außerdem wird mir die Hälfte der Gerichtskosten erlassen.

Der Prozess hat sich sehr bestärkend angefühlt. Der Richter bedankte sich ausdrücklich für meine letzten Worte und sagte, er würde aus diesem Prozess etwas mitnehmen.

Meine Einlassung und mein letztes Wort sende ich Dir im Anhang, für den Fall dass Du etwas damit anfangen möchtest. Falls Du Fragen hast, melde Dich gerne.

 Viele liebe, widerständige Grüße

Caroline


Einlassung 22.08. Berlin

Ich möchte Ihnen meine Motivation gerne darlegen und freue mich sehr über eine ausgewogene Zuhörerschaft.

Uns ist allen klar, dass wir in einer Nicht-Nachhaltigen Gesellschaft leben und dass wir das ändern müssten, wenn wir möchten, dass Kinder und Enkel noch eine Chance auf ein nicht zu hartes Leben haben.

Seit meiner Teenager-Zeit lebe ich in dem Bewusstsein, dass unsere Lebensart, hier im globalen Norden, die Zerstörung unserer Lebensgrundlage und Leid für sehr viele Menschen bedeutet. Sowohl im globalen Süden als auch hier zu Laden und für kommende Generationen.

Und während ich persönlich eine bescheidene Lebensart wähle, was ich nicht als Opfer empfinde, es kommt eher aus intrinsischer Motivation und ich erwähne es nur, damit Sie die Möglichkeit haben, sich möglichst in meine Perspektive zu versetzen.

Ich nehme wahr, dass um mich herum, Jahr um Jahr die Autos größer werden, die Werbung von allen Seiten suggeriert, dass wir mehr konsumieren müssen, um etwas zu gelten, wir jedes Jahr ein neues Handy brauchen und das Wachstum – Freiheit bedeuten soll.

Ich erkenne, dass es in unserer Lebens- und Wirtschaftsrealität Profiteure und Leidtragende gibt. Profiteure, die an Macht, Geld und Einfluss gewinnen und Menschen, die darunter massiv leiden müssen.

So z.B. die Menschen in den Kohleabbaugebieten des globalen Südens, wie z.B. dem Niger Delta: Sie atmen eine von Öl und Gas verseuchte Luft, ihr Wasser ist kontaminiert und sofern es überhaupt noch Fische in dem verseuchten Fluss gibt, sind auch diese vergiftet. Die einst so fruchtbaren und lebendigen Gebiete bedeuten jetzt Krankheit und Tod.

In Kolumbien befindet sich das größte Abbaugebiet für Steinkohle in Südamerika. Die abbauende Firma Glencore nimmt dem indigenen Volk der Yukpa ihre Territorien, ihr Wasser und verschmutzt die Luft, die sie atmen und die Nahrung, die sie essen. Nach eigenen Angaben war Glencore im Jahre 2022 mit 256 Milliarden Dollar das weltweit umsatzstärkste Bergbauunternehmen. In diesem Jahr haben sie vier Millionen Tonnen mehr Steinkohle aus Kolumbien gefördert als im Vorjahr. ...während dort Kinder an Atemwegserkrankungen sterben.

Und Deutschland kauft die Steinkohle, um den Wohlstand nicht zu gefährden. Dies sind nur wenige Beispiele, die aber die Machtverhältnisse in der Welt sehr deutlich darstellen. Als Bürgerin eines Landes, das genau von diesem Gefälle wirtschaftlich profitiert und damit eine Verantwortung für die Zerstörung unserer Lebensgrundlage trägt, sehe ich es als meine moralische Pflicht an, mich diesem „weiter so“ in den Weg zu stellen. Wer kann das als verwerflich bezeichnen?

Wir befinden uns längst nicht mehr im Spektrum des „Nicht-wissen-könnens“ sondern sind längst im „Nicht-wissen-wollen“ angelangt. Und alle hier im Saal können nicht so tun, als ginge sie das nichts an und als würden andere das Problem lösen.

Seit Ende der 70ger Jahre wissen Ölkonzerne um die Auswirkungen der CO2-Emissionen durch das Verbrennen fossiler Rohstoffe. Ölkonzerne und Politik wissen um die hohe Wahrscheinlichkeit eines menschengemachten Klimawandels und dessen Folgen. Doch anstatt einen Paradigmenwechsel anzugehen und erneuerbare Energien auszubauen, wird die Abhängigkeit von fossiler Energie immer weiter verstärkt.

Und 40 Jahre später hat sich daran nichts geändert: Statt beim Ausbau der erneuerbaren Energien voranzukommen und einseitige Abhängigkeiten zu vermeiden, wurde auf immer mehr Erdgas gesetzt. Das setzt sich aktuell beim Aufbau der LNG-Infrastruktur fort. Die Schäden dieses Lobbyeinflusses belasten heute unsere Gesellschaft: milliardenschwere Fehlinvestitionen, weitere Abhängigkeit vom fossilen Erdgas, hohe Gasrechnungen und weiter anhaltende Treibhausgasemissionen.

Wir wissen um den menschengemachten Klimawandel und den Kipppunkten – den sich verstärkende Elemente im Klimasystem, die wir mit hoher Wahrscheinlichkeit erreichen oder sogar schon erreicht haben:

  • Die Arktis schmilzt.

  • Eisflächen reflektieren mehr Sonnenstrahlen als der dunkle Ozean, welcher Wärme besser aufnimmt. Je kleiner die Eisfläche wird, desto größer ist die dunklere Wasserfläche, welche dann mehr Wärme aufnehmen kann. Umso kleiner wird wiederum die Eisfläche, auf Grund der Erwärmung des Ozeans...usw.

  • Das Grönländische Eisschild kippt.

  • Die Eismassen dort schmelzen schneller ab, als sie sich neu bilden können. Dadurch sinkt die Eisoberfläche logischer Weise in immer tiefere und damit wärmer Luftschichten ab, was zur Folge hat, dass das Eis noch schneller schmilzt... usw. Das Eis, das noch aus der letzten Eiszeit stammt.

  • Sheperd, ein Wissenschaftler des IPCC Berichtes sagt: „Nach den aktuellen Trends werden durch das Abschmelzen des Eises in Grönland gegen Ende des Jahrhunderts jedes Jahr 100 Millionen Menschen Überschwemmungen erleiden“ Berücksichtigen wir auch den Eisverlust in der Arktis, werden 400 Mio. Menschen betroffen sein.

  • Der Amazon-Regenwald kippt, und stößt dann mehr CO2 aus, als er aufnimmt

  • Durch die Klima-Erwärmung (und ihre Folgen) verliert der Wald an Widerstandsfähigkeit. Dadurch sterben bei den häufiger werdenden Dürren und Bränden noch mehr Bäume. Dadurch wird CO2 frei, was wiederum die Erderwärmung anfacht. Das wiederum macht den Wald noch anfälliger…

  • Ab ca. 2 Grad durchschnittlicher Erwärmung würde der Amazonas-Regenwald wahrscheinlich ganz absterben und zu einer Savanne werden, was wiederum ungeheure Mengen an CO2 in die Atmosphäre entlassen würde.

  • Permafrostböden stehen kurz davor zu tauen: In diesen Böden ist sehr viel Kohlenstoff in Form von Pflanzenresten eingefroren. Die Hälfte des gesamten im Boden gespeicherten Kohlenstoffs befindet sich im Permafrost. Aber nicht mehr lange, denn die Böden tauen auf und Kleinstlebewesen beginnen die Pflanzenreste zu zersetzen. Dadurch entweicht Methan in die Atmosphäre, ein Treibhausgas, welches 80mal stärker wirkt als CO2! Dadurch erwärmt sich das Klima weiter und die Böden tauen noch schneller auf... usw. Wenn der Permafrost kippt, ist es wahrscheinlich, dass sich eine 3 Grad wärmere Welt nicht mehr abwenden lässt.

Und wir wissen um die wissenschaftliche Prognosen, die es zu den Folgen des Klimawandel gibt und die wir zum Teil schon jetzt zu spüren bekommen: Folgen des Klimawandels sind:

- großflächige Überflutungen und Hitzetote

- Wasser und Nahrungsknappheit

- Zusammenbruch von Infrastruktur

- Kriege

- territoriale Abschottung

- sowie die brutale Verteidigung der Außengrenzen

- und es ist sehr unklar, wie der Umgang miteinander innerhalb dieser Grenzen aussehen wird.

Schon jetzt lassen wir Menschen an den Außengrenzen Europas sterben und beschneiden das Grundrecht auf Asyl. Ich habe lange in der Gastronomie gearbeitet und wenn ich mir anschaue, wie ausgelassen und sorglos die Menschen in ihren 20iger und 30iger Jahren ihr Leben feiern und genießen und mir dann klar mache, dass die heutigen Kinder in ihren 30ger Jahren eine immer lebensfeindlicher werdende Welt erleben müssen – überkommt mich eine große Traurigkeit und Beklemmung.

Denn obschon wir wissen, dass es – wenn überhaupt – nur noch ein kurzes Zeitfenster gibt, in dem wir entschlossen handeln können, um den Klimawandel abzumildern, verhalten wir uns nicht danach. Wir wissen, dass bis Ende 2030 eine durchschnittliche Erderwärmung von 1,5°C erreicht wird. Beim aktuellen Kurs landen wir (laut IPCC) bei einer Erwärmung von 3,2 Grad bis Ende des Jahrhunderts. Deshalb wurde sich 2015 in Paris darauf geeinigt, die Erhitzung auf 1,5 Grad oder deutlich unter zwei Grad zu begrenzen. Diese Einigung ist ein völkerrechtlich bindendes Abkommen.

Deutschland hat sich das Ziel gesetzt, 2045 klimaneutral zu werden, um das Pariser Abkommen einzuhalten. Am Ende wird es nicht reichen, das Klimaabkommen fast erfüllt zu haben, um Kipppunkte aufzuhalten. Es braucht entschlossenes Handeln und eine ehrliche Kommunikation. Durch seine wirtschaftlichen Beziehungen und seinem internationalen Ansehen, hat Deutschland hier eine Schlüsselrolle inne. Doch was passiert statt dessen: Trotz Massenprotesten für einen effektiven Klimaschutz, verfasste die Bundesregierung ein Klimaschutzgesetz, das nicht ausreichend ist und somit verfassungswidrig. Damit verstößt Deutschland gegen ein völkerrechtlich bindenden Abkommen und die Regierung hält die Ziele des ohnehin zu schwache KSG nicht ein. Die Regierung verstößt gegen unser aller Grundgesetz Art. 20a GG: “Der Staat schützt auch in Verantwortung für die künftigen Generationen die natürlichen Lebensgrundlagen und die Tiere im Rahmen der verfassungsmäßigen Ordnung durch die Gesetzgebung und nach Maßgabe von Gesetz und Recht durch die vollziehende Gewaltund die Rechtsprechung.”

Anstatt alles zu tun, um den Klimawandel abzumildern und zum Schutz der Bevölkerung zu handeln, setzen die Regierenden auf Technologien, die weder im angemessenen Maße existieren, noch von Ihrer Umsetzung und Energieverbrauch verhältnismäßig sind und deren ergebnisoffene Entwicklung ohnehin noch viele Jahre dauern wird. Jahre, in denen wir den Individualverkehr ausbauen und weiter fossile Rohstoffe verbrennen. Die Regierung steht nachweislich unter starkem Einfluss der fossilen Lobby.

Lobbycontrol hat über 30 ehemalige Politiker:innen zusammengetragen, die als Schlüsselfiguren für die Gaslobby dienten und dienen. Unser Bundeskanzler hat sogar das Framing der Gasindustrie übernommen und fossiles Gas zu einem zentralen Akteur der Energiewende aufgewertet – trotz der Warnungen von Wissenschaftler:innen vor den enormen Klimaschäden und den entsprechend hohen Kosten für die Gesellschaft.

Eine umfassende Aufklärung über die Situation, in der wir uns befinden, passiert hingegen nicht (obschon eine Aufklärung, wie wir bei Corona erlebt haben, sehr effektiv möglich wäre). Solange Politik sich nicht den Umständen des Klimawandels entsprechend verhält und diesen hingegen weiter verharmlost – wie schon vor 40 Jahren – wird die Dringlichkeit der Transformation bei den Bürger*innen nicht angemessen ankommen.

Konfrontiert mit aktuellen Alltagssorgen, scheint der Klimawandel und seine Folgen für einen Großteil der Bürger*innen zu weit weg, da wir die Auswirkungen hierzulande bisher erst verhältnismäßig schwach spüren: Oder Menschen haben bereits resigniert uns sagen, es sei ohnehin zu spät. Oder Menschen bewerten diejenigen Informationen bzw. Desinformationen zum Klimawandel höher, die sich mit dem eigenen Verhalten decken (viele Menschen die sich der FDP angehörig fühlen, erscheinen mir hier ein gutes Bespiel zu sein). Oder das Individuum denkt sich, was kann ich alleine schon ausrichten, ich selber tue doch schon was ich kann (Spannweite von Wasser sparen und Mülltrennung bis zum Verzicht auf das Auto und Flugreisen).

Was auch immer die eigene Handlungsohnmacht verursacht, es ist klar, dass das Thema Klimawandel und seine Folgen für die einzelnen Personen viel zu groß, komplex und schmerzhaft ist, als dass sie sich diesem alleine zu stellen vermag. Und nun bin ich mir all dessen Bewusst, wie kann ich darauf vertrauen, dass unsere Bundesregierung mich und den Rest der Bevölkerung schützen wird, indem sie alles dafür tut, der globalen Erderwärmung entgegenzuwirken?

Als Bürger*in muß man den gewählten Repräsentant*Innen vertrauen, dass sie komplexe Themen prüfen und nach bestem Wissen und Gewissen die richtigen Entscheidungen treffen. Laut dem Expert*Innenrat für Klimafragen der Bundesregierung, tut unsere Regierung dies jedoch nicht. Wie soll ich noch auf einen Paradigmenwechsel in der Klimapolitik vertrauen?

In einer Welt, die geprägt ist durch ein unfassbar großes Ungleichgewicht, von Profiteuren und Leidtragenden und einer Regierung, die auf der falschen Seite zu stehen scheint. In diesem Bewusstsein bin ich im Sommer 2022, an einem irrsinnig heißen Tag, auf ein Plakat der Letzten Generation aufmerksam geworden. Darauf hieß es: “Wir haben einen Plan”: Ein friedlicher Protest, der Alarm schlägt, und die Gesellschaft sowie die Politik fordert, sich mit der größten, epochalen Bedrohung unserer Menschheitsgeschichte auseinanderzusetzen und erste, einfache Maßnahmen, wie ein Tempolimit und günstigen öffentlichen Nahverkehr für alle zu fordern - und zwar zum Wohle aller.

Und ich fand, das ist allemal ein Versuch wert: Denn die Menschen, die in Deutschland am meisten von den Folgen betroffen sein werden (Kinder und kommende Generationen) sind jetzt noch nicht in der Lage, für ihre Rechte zu kämpfen. Wenn sie dazu in der Lage sind, für ihre Rechte einzustehen, sind Klimakipppunkte längst erreicht, wenn wir heute nicht entschlossen handeln.

(Erfahrung aus der entsprechenden Blockade:)

Ich erinnere mich noch gut an die erste Blockade am 17.10.22. Ich war unglaublich nervös und hatte große Angst. Angst davor, dass ein Mensch sich in seiner Wut doch dazu entscheiden könnte, aufs Gaspedal zu treten und mir oder einem meiner Mitmenschen etwas zustößt. Wir sind auf die Straße getreten und haben uns in einer Reihe vor die stehenden Autos aufgestellt. Ich habe meine orangene Warnweste angezogen und ein Banner gehalten. Dabei habe ich Blickkontakt zu dem vor mir stehenden Kraftwagenführer gesucht, um eine Verbindung zu finden, und versuchte ihm, über meinem Blick, mein Bedauern über die Situation auszudrücken.

Es hat sich furchtbar angefühlt, diese Menschen auf Ihrem Weg aufzuhalten. Ihre Wut und ihre Nöte zu spüren. Und gleichzeitig breitet sich in meinem Bewusstsein ganz deutlich die Erkenntnis aus, dass dieser Protest notwendig ist, dass die Bedeutung des Klimawandels viel größer ist, als ich, der Mensch vor mir oder sonst irgendeiner Person, und dass die Folgen uns alle betreffen, auch dem Menschen, der seine Tochter zur Schule bringen möchten, auch dem ungeborenen Kind, dass im Leib seiner Mutter zu Hause auf seinen Vater wartet oder der Person, die sich für einen Job auf einen weiten Weg gemacht hat, um ihren Kindern zu Hause mal “ein besseres Leben” zu ermöglichen.

Doch wenn wir jetzt nichts ändern – denke ich mir – werden all diese Kinder kein besseres Leben erwarten, egal von welchen Jobs ihre Eltern zu diesem Zeitpunkt erwartet werden. Während wir in dem Protest beschimpft werden, kommt eine Frau an mir vorbei. Sie beugt sich zu mir runter und sagt: “Ich finde es klasse, was ihr tut und meine Tochter auch. Vielen Dank!” Angesichts der bisher beschriebenen wissenschaftlichen, gesellschaftlichen, politischen und wirtschaftlichen Umstände was kann ich tun?

Als Mensch der sich dieser Situation bewusst ist und als Bürger*in einer Demokratie, die ihrer Verantwortung als Bürgerin eines wirtschaftsstarken und einflussreichen Landes gerecht werden möchte. Die gesehen hat, was schon alles versucht worden ist und was alles nicht ausgereicht hat, um eine Aufklärung und einen angemessenen Kurswechsel herbeizuführen im Gewahrsein dessen, dass es eine übermächtige Fossile Lobby gibt, die unsere Politiker*innen stark beeinflusst und deren Interesse besonders dem Profit fossiler Unternehmen und Nutznießern gilt

Welche Möglichkeiten gibt es noch nachdem von Warnungen der Wissenschaftler*innen Petition, Diskussion, eine Parteigründung bis zu Massenprotesten schon alles versucht wurde? Mein Gewissen hat mir keine andere Möglichkeit gelassen, als den strikt gewaltfreien, zivilen Ungehorsam. Das Protestieren auf eine Weise, die nicht ignoriert werden kann.


Letztes Wort 22.08. Berlin

Sechs von den neun planetaren Grenzen sind bereits überschritten. Diese wurden mal definiert, als Maßstäbe eines globalen Ökosystems, an das wir uns als Menschen angepasst haben, in dem wir prosperieren und dessen Bedingungen für unsere Existenz maßgeblich sind. Doch anstatt, dass wir uns diesem Ökosystem weiter anpassen, zerstören wir es, bzw. lassen wir es zu, dass es zerstört wird. Und häufig höre ich, die Menschen sind einfach so.

Aber stimmt das, sind „die Menschen“ wirklich so? Oder haben wir uns viel mehr ein Wirtschafts- und Sozialsystem gebaut, dass keinen anderen Schluss mehr zulässt. Weil das Wirtschaftswachstum einen höheren Stellenwert hat als die Soziale Entwicklung und das ideelle Wachstum?

Und welches Produkt kann diese Entwicklung wohl deutlicher versinnbildlichen als das Auto? Das fossile Instrument des Individualverkehrs, Statussymbol und in vielen Fällen eine notwendige Voraussetzung, um den Arbeitsplatz überhaupt zu erreichen, da es an entsprechender Infrastruktur für den ÖPNV fehlt. Die Beteiligung an den Straßenprotesten habe ich aus der tiefen Überzeugung heraus getan, dass ich im Sinne des rechtfertigenden Notstandes nach § 34 StGB handelt und das sehe ich immer noch so, aus folgenden Gründen: Die “gegenwärtige, nicht anders abwändbare Gefahrenlage für Leben, Leib, Freiheit, Ehre, Eigentum oder eines anderen Rechtsguts”, sind längst gegeben. Die gegenwärtige Gefahr der Klimakatastrophe und ihre Folgen steht nicht unmittelbar bevor, wir befinden uns längst mittendrin. Wir müssen jetzt entschlossen tiefgreifende Veränderungen vornehmen, um die schlimmsten Folgen noch abwenden zu können. Anders, als wir es im Zusammenhang mit diesem Gesetz gewohnt sind, liegen der Handlungszeitpunkt und der Eintritt der Bedrohung weiter auseinander, als wir es bisher kennengelernt haben.

Beispiel: Wir kennen es bisher so, dass wenn ein Haus brennt und wir einen Wasserschlauch mit einer Wasserquelle verbinden müssen, um das Feuer augenblicklich löschen zu können, es uns erlaubt ist einen unumgänglichen Regelbruch zu begehen, um den Schlauch am Hydranten zu befestigen. Der Regelbruch ist nach §34 StGB nicht strafbar. Beim Klimawandel hingegen liegen zwischen dem Anschließen des Schlauches am Hydranten und dem Wasser, welches das brennende Haus löschen kann, viele Jahre. Das ist nun mal so und es wird sich daran nichts ändern, auch nicht wenn wir einfach nur noch länger abwarten.

Im Gegenteil, bis das Löschwasser aus dem Schlauch kommt, müssen wir dringend weitere Maßnahmen ergreifen, um den Brand nicht noch weiter zu füttern und den Schaden nicht noch größer werden zu lassen. Auch das ist ein notwendiger Eingriff, um eine gegenwärtige Gefahrenlage abzuwehren. Und gerade weil das Zeitspektrum – das uns aus physikalischen Gründen gegeben ist – ein anderes ist, als wir es bisher gewohnt sind, müssen wir unsere Gesetzesauslegung entsprechend anpassen.

Nur weil Hamburg nicht schon morgen unter Wasser steht, heißt das nicht, dass wir heute nicht schon entschlossen handeln müssen, um genau das zu verhindern. Wie ich in meiner Einlassung schon erwähnt habe, kann ich nicht darauf vertrauen, dass die Regierungsverantwortlichen aus eigenem Antrieb alles dafür tun, um den Wasserschlauch - um bei der Metapher zu bleiben – anzuschließen, noch um den bereits vorhandene Brand einzudämmen. Weder Demonstrationen, noch Petitionen, Klagen vor Gericht, Partei Gründung, etc. haben Ausreichendes bewirkt und dürfen nicht als effektive Mittel angesehen werden, um die Regierung zum angemessenen Handeln zu bewegen.

Im Gegenteil, diese Mittel, wider besseren Wissens, weiterhin als angemessen zu bezeichnen, erscheint mir fahrlässig. Und es ist äußerst unvernünftig anzunehmen, dass die nächste Demonstration, Petition oder Parteien Gründung daran etwas ändern wird. Denn das Umfeld in welchem wir uns bewegen, bleibt das Gleiche: Ich fasse noch einmal zusammen:

Als Big Player unsere Gesellschaft, haben wir fossile sowie energie-intensive Unternehmen, die über ihre Lobby einen enorm hohen Einfluss auf Politik hat: Wenige große fossile Konzerne (wie beispielsweise Uniper, Wintershall DEA oder RWE) dominieren die Gaslieferkette und haben damit weitreichenden Einfluss auf die Grundversorgung und die kritische Infrastruktur in Deutschland. Dies führt zu einer gesellschaftlichen und auch politischen Abhängigkeit. Zugleich haben diese Konzerne auch die energieintensiven Unternehmen wie z.B. BASF als Verstärkung ihrer Lobbymacht im Rücken. Die bundeseigenen Deutsche Energieagentur DENA ermöglichte Steakholdern der Gasindustrie teils exklusive Treffen mit Beamt:innen des Ministeriums um sich austauschen zu können.

Und gemeinsam mit dem Lobbyverband Zukunft Gas gründete sie die LNG Taskforce. Wo sind hier die Vertreter*innen von Umweltverbänden und Klimaschutz? Wir wissen, dass Wissenschafler*innen bereits vor fast 50 Jahren vor dem menschengemachten Klimawandel und seinen Auswirkungen gewarnt haben und dass die fossile Industrie zu Beginn der 2000 Jahre – trotz besseren Wissens – eine erfolgreiche Desinformationskampagne gestartet hat, um die Klimawissenschaft in Zweifel zu ziehen.

Wohlgemerkt, Wissenschaftler der fossilen Industrie kamen zu den gleichen Ergebnissen, wie die mahnenden Klimawisschenafler*innen. Im Gutachten des Expert*innenrats von 2022 heißt es, dass es unabhängig davon, ob es einen Paradigmenwechsel gibt oder nicht (wir also unser Konsum- und Produktionsverhalten ändern), in jedem Fall sinnvoll ist, kontraproduktiv wirkende und komplexitätserhöhende Elemente im derzeitigen Instrumentenmix konsequent abzubauen.

Unser Bundeskanzler baut sie derzeit aus, Stichwort: Erdgas. Die Gefahr ist da und unsere Volksvertreter*innen handeln im Sinne der Abwendung dieser Gefahr, wissentlich kontraproduktiv. Unsere Regierung, als Weichensteller, erkennt die Gefahr nicht angemessen an und verstößt gegen das Grundgesetz Artikel 20a und damit gegen unsere Verfassung und darüber hinaus gegen ein völkerrechtlich bindendes Abkommen. Es werden Technologien zur CO2-Regulierung propagiert, die nicht ausgereift sind oder noch gar existieren. Der Klimawandel wird heruntergespielt und verharmlost. Unser Bundeskanzler spricht nicht ehrlich zu seinen Mitmenschen und ist nicht bereit sich öffentlich zum klimawissenschaftlichen Konsens zu äußern: Z.B. dass der CO2-Gehalt in der Luft viel zu hoch ist (0,42 ‰). Es befinden sich bereits jetzt hunderte Gigatonnen zu viel CO2 in der Luft. Dabei könnten wir die schlimmsten Folgen des Klimawandels noch abmildern, wenn wir jetzt entschlossen handeln. -> lt. IPCC Sachstandsbericht ist dafür jedoch eine Vollbremsung unserer CO2 Emissionen erforderlich. Der Weltklimarat zeigt einen Weg (SSP1-1.9 “1,5°-Pfad”), mit dem die Menschheit die beste Überlebenschance hat.

Für eine Vollbremsung gibt es bereits anwendbare Konzepte. Als Beispiel sei hier das Vorbild der englischen Kriegswirtschaft im 2. Weltkrieg genannt. Jetzt könnten wir die Gesellschaftliche Transformation noch steuern. Es wird einen Zeitpunkt geben, da sind wir nur noch mit Aufräumen und Neuorganisation beschäftigt, dann können wir auf die Folgen des Wandel nur noch reagieren, aber nichts mehr wirklich gestalten.

Um aber gestalten zu können, brauchen wir wiederum eine ehrliche Kommunikation seitens der Politik. Denn bisher wird die bevorstehende Klimakatastrophe von einem Großteil der Gesellschaft verdrängt, die abstrakte Bedrohung der Klimakrise scheint für viele Menschen nicht in Gänze zu fassen zu sein, vielleicht, weil seitens der Gesellschaft weder Zeit noch Energie vorhanden sind, um sich damit tiefer zu beschäftigen, vielleicht, weil die Realisierung dieser Krise zu schmerzhaft ist (mir selbst ging es lange genauso). Dadurch verliert die gewaltige Bedrohung der Zukunft ihre Relevanz in der Gegenwart. Und all das steht für eine fatale Entwicklung, der wir alle, die sich mit dieser Situation auseinandergesetzt haben, mit friedlichen Mitteln und allem, was wir haben, entgegenwirken müssen. Durch den Klimawandel und das nicht-handeln unsere Regierung, ist außerdem unsere Demokratie enorm gefährdet: In einer stark erwärmten Welt besteht die große Gefahr, dass Demokratien dem Druck nicht standhalten werden.

Zur Erinnerung: Zur Zeit ist es wahrscheinlich, dass der durchschnittliche Temperaturanstieg bis Ende des Jahrhunderts (also in 76 Jahren) 3,2°C erreicht. Es ist sehr wahrscheinlich, dass die schweren täglichen Herausforderungen von Wasserknappheit und Ernteausfälle begleitet sind.

Irgendwann bricht die Infrastruktur zusammen. (z.B. Schiffe können in den flachen Flussbetten nicht mehr verkehren, Bahngleisen verformen sich durch große Hitze oder werden unterspült, Straßen und Bahnstrecken werden durch Extremwetter zerstört) – entsprechend reißen Lieferketten ab, was die Wirtschaft – auf die wir gegenwärtig doch gerade Alles setzten - stark beeinträchtigt.

Es wird große Migrationsbewegungen geben, weil in anderen Teilen der Welt schlicht und einfach nicht mehr gelebt werden kann. Es ist zu heiß. Es entsteht Krise auf Krise und die Krisen werden nicht nacheinander kommen, sie kumulieren sich zur Polykrise. Künftige Generationen droht ein Leben im permanenten Notstand Das alles macht es sehr wahrscheinlich, dass der Druck für unsere demokratische Grundordnung irgendwann zu hoch sein wird. Gesellschaftssysteme fallen zusammen oder das Leben darin wird faktisch so unfrei, dass es nichts mit dem zu tun hat, wie wir unser Leben jetzt kennen.

Antidemokratische Kräfte können dies ausnutzen und die Demokratie mit Leichtigkeit stürzen Nochmal: Es handelt sich natürlich um eine Gefahrenlage, in der gegenwärtig gehandelt werdenmuss!

- Unsere demokratische Grundordnung ist gefährdet. Im Art. 20 GG heißt es: “Gegen jeden, der es unternimmt, diese (demokratische) Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.”

Die Regierung ist durch ihr Nichthandeln im Begriff unsere demokratische Grundordnung zu beseitigen, denn es ist sehr wahrscheinlich, dass dies die Folge ihrer Entscheidungen sein wird. Dieser Umstand berechtigt alle Deutschen zum Widerstand. Die Demokratie zu verteidigen und zu bewahren ist die Pflicht aller Bürger*innen. Angesichts dieser Umstände und der immensen Bedrohung für die Menschheit, die sie mit sich bringt,braucht es den Zivilen Ungehorsam stärker denn je.

Ziviler Ungehorsam, der dann legitim ist, wenn eine große moralische Ungerechtigkeit besteht und alle milderen Mittel, diese Ungerechtigkeit zu beseitigen, ausgeschöpft sind. Bei dem Protest, an dem ich teilgenommen habe, wurde der Alltag kurzzeitig unterbrochen, um die Lücken und die Fragilität innerhalb unseres “wohlständigen” Alltags aufzuzeigen. Aufzuzeigen, dass wir eben nicht weiter unbegrenzt auf den Straßen ohne Tempolimit fossile Rohstoffe verheizen können. Aufzuzeigen, dass wir miteinander ins Gespräch kommen müssen und gleichzeitig Druck auf die Regierung aufbauen müssen. Denn in der Regierung sind die Menschen, die sich bewusst für Entscheidungsverantwortung entschieden und einen Eid geschworen haben, unsere Verfassung einzuhalten und Leid von uns allen als Bevölkerung abzuwenden. Es braucht Zivilen Ungehorsam, der Regeln überschreitet um Zukunfts- und Gerechtigkeitsrelevante Mißstände sichtbar zu machen.

Ein Regelbruch ist dabei nicht automatisch mit einem Gesetzesbruch gleichzusetzen. Im Fall der Straßenblockaden z.B. entsteht durch den plötzlichen Stillstand auf der Straße, eine Schwebe, eine Unsicherheit, die Raum für Diskussion, Austausch und schließlich Veränderung schafft. Auch wenn diese Dinge nicht unbedingt direkt und zeitgleich eintreten, schaffen sie doch den Raum zum Austausch und der damit einhergehenden Diskursverschiebung in der Folge. Natürlich weiß ich vor einem Protest nicht, wie wirksam die Protestform letztendlich sein wird - das ist unmöglich. Doch angesichts der Lage, in der wir uns befinden, ist friedlicher ziviler Ungehorsam ein notwendiges und legitimes Mittel, die Zivilbevölkerung sowie unsere politischen Vertreter*innen aufzurütteln, um endlich handlungsfähig zu werden. Unsere Gesellschaft und der Schutz unserer Demokratie braucht den zivilen Ungehorsam sowie den Raum, der es ihnen ermöglicht, den wirksamsten Protest zu finden.

Eine Sanktionierung der aktiven Zivilbevölkerung und somit das Beschränken von potenziell wirksamen Klimagerechtigkeitsprotesten, schadet letztlich der Allgemeinheit am meisten. Im Sinne des Gemeinwohls, ist der friedliche zivile Ungehorsam, angesichts des Regierungsversagens in der Klimapolitik, ein notwendiges und legitimes Mittel. In diesem Fall möchte ich darüber hinaus –behelfsweise – anmerken, dass der Tatbestand der Nötigung nach der Verwerflichkeitsprüfung nicht als rechtswidrig anzusehen ist.

Der Protest der LG ist friedlich und gewaltfrei. Hier mit dem Gewaltbegriff der 2.Reihe Rechtsprechung zu argumentieren, ist äußerst kurz gegriffen. Den Protestierenden über eine mittelbare Täterschaft über den ersten Fahrzeugführer die Anwendung von Gewalt zu unterstellen, ist ein abstrakt konstruierte Gewaltdefinition. Auf diese Weise umgeht mensch eine tiefgreifende Abwägung der Protestursachen und diffamiert notwendige Proteste. Die mit der Sitzblockade bezweckte Erregung öffentlicher Aufmerksamkeit für bestimmte politische Belange lässt den Schutz der Versammlungsfreiheit nicht entfallen. Vielmehr erhält die Blockade gerade erst dadurch den Charakter einer Versammlung im Sinne des Art. 8 Abs. (1) GG - so das BVerfG.

Außerdem stellt das BverfG klar, dass die Versammlungsfreiheit nicht deswegen eingeschränkt werden kann, weil die Versammlung nicht unmittelbar an dem Ort stattfindet, der einen engen räumlichen Bezug zu dem gewöhnlichen Aufenthalts- oder Arbeitsort der Entscheidungsträger hat oder sich unmittelbar gegen diese richtet. Es reicht insofern ein „weiter“ Sachbezug. Wird doch von uns allen als Tatsache angenommen, dass die Klimakrise in der wir uns befinden, eine größte Bedrohung für die Menschheit darstellt und die Regierung zu wenig unternimmt um diese Krise einzudämmen, ist die Beeinträchtigung der Freiheitsrechte der Verkehrsteilnehmenden in größerem Maße sozial verträglich und deshalb hinzunehmen – (...außerdem können die Autos auch verlassen werden).

Es entspricht verfassungsrechtlichen Anforderungen, dass für die Mittel-Zweck Relation wesentliche Umstände und Beziehungen erfasst werden und eine Abwägung der auf dem Spiel stehenden Rechte, Güter und Interessen nach ihrem Gewicht in der sie betreffenden Situation erfolgt. Ich verstehe, dass Gesetze und Justiz einer gewissen Konversivität bedürfen um Stabilität und Sicherheit zu bieten. Andererseits jedoch spiegeln wir so auch gesellschaftliche Verhältnisse wider und zementieren diese. Schauen wir jetzt unsere gesellschaftlichen Verhältnisse an, und was daran, angesichts der Klimakrise, geändert werden muß, ist es dringend notwendig, diese Gesetzgebungen zu entwickeln und anzupassen. Und wenn Sie jetzt noch nicht bereit sind, hier einen deutlichen Schritt zu gehen und mich freizusprechen, dann setzten Sie doch wenigstens ein konstruktives Zeichen.

Nochmal: Laut IPCC Sachstandsbericht könnten wir die schlimmsten Folgen des Klimawandels noch abmildern, wenn wir jetzt entschlossen handeln. Und wir alle hier im Saal können nicht so tun, als ginge uns das nichts an und als würde sich dieses Problem mit allen Verstrickungen von alleine lösen.

Letztes Wort: Ich nehme an den Protesten der Letzten Generation teil, weil ich an uns Menschen glauben möchte, daran, dass wir es besser können, als wir es hier im globalen Norden gerade tun.

Ich glaube, dass wir gemeinsam Wege finden können, der Klimakrise zu begegnen. Wir uns gemeinsam neuen Herausforderungen stellen und für neue Probleme, Lösungen finden können.

Wir könnten schon jetzt schwere Entscheidungen treffen, die für die Zukunft relevant sind. Deutschland ist die 4. größte Wirtschaftsmacht, unser Verhalten trägt zur Klimaentwicklung bei. Es ist notwendig, unsere Privilegien zu nutzen, um unserer Verantwortung in der Welt und gegenüber kommenden Generationen gerecht zu werden.

…Zeit, dass wir uns gemeinsam für eine gerechtere Welt mit einem liebevollen und fürsorglichen Miteinander einsetzen. Wir haben die Intelligenz, das technische Know- how und die Soft Skills

dafür. Wir können alle den Mut dafür aufbringen. Den Mut zu mehr Demokratie - und zwar jetzt, um sie für die Zukunft zu schützen. Mut zur Veränderung, sich auf neue Wege zu begeben. Die konventionellen Pfade zu verlassen, mindestens da, wo es nötig und gegeben ist.

Wir haben noch eine echte Chance, wenn wir aufhören zu zaudern. Und uns für den erst mal unbequemen Weg entscheiden. Klar kostet das Überwindung, doch gibt es auch immer Menschen, die

unterstützen. Wir tragen alle Verantwortung durch die Entscheidungen, die wir treffen. Zuletzt eine Frage, an Sie alle hier im Raum, auf die Sie für sich eine ehrliche Antwort finden können: Glauben sie daran, dass es unserer Regierung gelingt, in den nächsten 2 Jahren eine Wende einzuleiten, hin zu einerstarken Nachhaltigkeit, zu einer globalen Gerechtigkeit, auf einen Weg, der auch für die kommenden Generationen einen lebenswerten Planeten erhält?

Haben Sie dieses Vertrauen?



Letzte Generation

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Der kölsche Walk of Fame: Sterne und Sternchen

Quelle: EXPRESS Köln, 4./5. Oktober 2024

Braucht Köln einen „Walk of Fame“ nach dem Vorbild in Hollywood für seine Legenden? Diesen Vorschlag hatte „EXPRESS – Die Woche“ vor zwei Ausgaben zur Diskussion gestellt. Denn: Immer wieder gibt es Konflikte bei der Widmung oder Umwidmung von öffentlichen Plätzen, Straßen oder anderen Orten in der Domstadt. Davon abgesehen, dass Straßen und Plätze nicht unbegrenzt zu Verfügung stehen. Unser Vorschlag hat einiges an Reaktionen hervorgebracht...

Das sagen kölsche Promis zum „Walk of Fame“

Mark Benecke: »Der tollste kölsche Stern ist natürlich der vor dem Kölner Dom. Den habe ich schon, Richtung Hauptbahnhof, wo ich dauernd rumgurke. Da der Platz dort aber begrenzt ist, muss ein echter Walk of Fame her. So eine Gasse der Freude passt wunderbar zu Köln und den Kölschen: Wir sind bedingungslos feierlustiggrößenwahnsinnig und voller Sterne und Sternchen. Kurz gesagt: Muss sein. Und schöner als in Berlin wird er sowieso.«

Mark Benecke ist der Jäger der übersehenen Wahrheiten

Quelle: Neu-Ulmer Zeitung | Augsburger Allgemeine, Samstag, 28. September 2024, Nr. 225, Lokales, Seite 31

Mark Benecke ist der Jäger der übersehenen Wahrheiten

Von Florian Arnold

Im ausverkauften Roxy unterhielt der Kriminalbiologie mit Fällen zwischen bizarr und unglaublich. Das Publikum lernt, dass man mit üppigen Busen erstickt werden. Wenn es in Kriminalfällen kompliziert wird, wenn ein Cold Case Fragen aufgibt, wenn es auch mal richtig schräg wird - dann tritt Dr. Mark Benecke auf den Plan. In der Region ist er seit langem ein Garant für ausverkaufte Hallen, so auch bei seinem jüngsten Auftritt im Roxy: da waren die Karten schon vor Wochen ausverkauft. Was macht den Kriminalbiologen so populär? Ist es der morbide Spaß an seiner Arbeit mit Leichen, ist es die unverblümte Art des äußerst medienaffinen und schlagfertigen Spezialisten für Biologie, Zoologie und Insektenkunde? Oder ist es seine zugängliche Art, die komplexen Verflechtungen von Biologie und Kriminalistik verständlich zu servieren?

Etwas von all dem dürfte zum Erfolgsrezept von Benecke beitragen, dessen Vortragsabend „Kriminalfälle am Rande des Möglichen" über zweieinhalb Stunden hinweg spielend unterhält, informiert - und ab und zu auch die Übelkeitsgrenze schwacher Naturen fordert. Denn natürlich werden immer wieder Fotos aus der Ermittlungsarbeit gezeigt. Gleich der erste Fall des Abends zeigt eine nackte weibliche Leiche mit (vermeintlichen) Würgemalen. Und schnoddrig, wie es seine Art ist, kündigt Benecke an: „Da kommen jetzt noch mehr solche Fotos, das ist nichts für Zartbesaitete". Wer jetzt erst merkt, dass ihm das zu viel wird, darf gehen. Das ist ein bisschen wie im Schulunterricht: Es wird unterbrochen und mit sanfter Pädagogenstimme dazu aufgefordert, den Raum zu verlassen, wenn man es nicht aushält.

Dabei gab es schon ganz zu Beginn, wie immer bei Benecke, das vorgelesene „FAQ". Da wird nicht nur um das Unterlassen von Mitfilmen - und fotografieren gebeten, sondern auch deutlich zu lesen steht: „Achtung, es sind eventuell Leichen zu sehen, wer das nicht möchte, bitte besser wieder gehen." Davon machen nur ganz wenige Gebrauch. Wer zu Benecke kommt, weiß, wie der Abend läuft. Und das ist ein rasanter, mit krassen Abbildungen und staunenswerter Informationsfülle gespickter Abend, irgendwo zwischen klassischem Vortrag und Dokutainment.

Politik, Religion etc., das ist alles nicht meine Baustelle", erklärt Benecke, „aber alles, was man messen kann, das ist meines: wenn etwas kritisch wird, dann sage ich: zeig mir die Zahlen. Dann haben wir Klarheit und es gibt kein Geschnatter und Wortgeklingel."

Kern eines jeden Benecke-Abends sind reale Fälle, die zum Teil überaus skurrile Fragen aufwerfen. Besagte weibliche Leiche mit den Würgemalen - Benecke erzählt flott und kurzweilig, wie sein Mentor Professor Prokop diesen Fall aus den 1960ern aufklärte: die Würgemale waren Abdrücke eines Astes, auf dem die Verstorbene im Straßengraben lag. Erwürgt wurde also niemand - akribische kriminalbiologische Ermittlung bewies, dass die Frau tatsächlich an einer akuten Herzmuskelentzündung starb.

Zwischendurch fallen Sätze wie „Die Leiche ist sehr frisch" oder „Früher war das so, nicht erschrecken!". Wie gesagt: für Zartbesaitete ist das nichts. Für die Zuhörer mit robusten Nerven ist es aber hoch spannend zu hören, wie Benecke immer wieder beweist, dass das Offensichtliche eben nicht das Wahrscheinlichste ist. Typisch menschlich sei es eben, wenn man einen Schuss hört und sich umdreht, jene Person zu verdächtigen, die mit einem Revolver in der Hand da steht. „Aber wir Kriminalbiologen messen, suchen Beweise, und am Ende finden wir die Wahrheit". Und die ist in der Kriminalistik oft etwas ganz anderes als das, was man anfänglich glaubt. Es sei schon erstaunlich, wie oft „Verurteilten auf Basis falscher Daten und Annahmen der Prozess gemacht wurde". Das komme auch heute noch vor, so Benecke. Wie das hätte ich auch gewusst. Aber wichtig winzige Details für das Auffinden der Wahrheit sind, belegte Benecke an diesem Abend dutzendfach mit Bild- und Faktenmaterial. Dass es da auch um den Fall „Mord durch Busen" geht, gehört in die Abteilung „absurd und bizarr", aus der Benecke gerne schöpft. Zuletzt steht fest: Man kann mit üppigen Busen erstickt werden.

Mit Vortragsabenden wie “Plötzliche Selbstentzündung”, “Vampire und Vampirzeichen” oder “Die Leiche aus der Biotonne” hat er reichlich Erzählmaterial aus über 30 Berufsjahren am Start. Jenseits von morbidem Grusel und Schockfotos ist Beneckes Vortrag aber stets hoch spannend. Ohne die Spannung für jene kaputtzumachen, die so einen Abend noch nicht mitgemacht haben, sei gesagt: Das Unmögliche liegt oft näher als gedacht und, so Benecke, „am Ende sagt man manchmal, so ist es natürlich nicht. Gewusst haben wir es, weil wir genau arbeiten, exakt messen, die Spuren ohne Annahmen zum Sprechen bringen". Das geht manchmal nur, indem man „lauter unangenehme Fragen" stelle - und zwar den ermittelnden Kollegen. Häufigste Todesursache in der Kriminalstatistik ist laut Benecke übrigens auch heute: Strangulation, durch eigene oder fremde Hand. Typisch für Täter sei der Satz „Ich weiß nicht, wovon sie sprechen".

Benecke ist ein Medienphänomen. Er macht Musik, er ist eine Merchandising-Maschine (die gerne Geld für wohltätige und Umweltorganisationen einsammelt), er hält weltweit Vorträge und ist Ausbilder an deutschen Polizeischulen.

Im Roxy steht am Ende die Erkenntnis: Gerechtigkeit stellen in einem Todes- oder Mordfall am Ende nicht unbedingt die Ermittler her - sondern Menschen wie Mark Benecke, die stur und unbeirrt nach der Wahrheit forschen.

Deutsche Bahn bremst Mark Benecke aus 🚂

Quelle: BILD, 4. Juli 2024

Köln – Deutschlands bekanntester Kriminalbiologe befindet sich in einer verfahrenen Situation: Dr. Mark Benecke (53) zieht die Veranstaltungs-Notbremse, weil die Deutsche Bahn (DB) so bummelt!

Der als „Dr. Made“ bekannt gewordene Forensiker aus Köln (NRW) hat nie einen Führerschein gemacht, reist fast ausschließlich per Zug. Jetzt teilte Benecke mit, dass er die Zahl seiner Veranstaltungen, Vorträge und Trainings künftig verringern muss: „Trotz eingeplanter, langer Extra-Zeiten für Umstiege ist es ist nicht mehr möglich, zuverlässig mit der Bahn zu fahren.“

Deutsche Bahn: Jeder zweite Fernzug verspätet

Gut lachen am Bahnhof von Kidderminster: Forensiker Benecke mit Schaffnern der örtlichen Eisenbahn

Foto: Mark Benecke

Nicht nur der Kriminalbiologe ärgert sich über verspätete Züge: Pendler, Touristen und EM-Besucher sind genervt, weil jeder zweite Fernzug (ICE, IC) im letzten Monat zu spät am Ziel ankam. Konkret waren nur 52,5 Prozent der Fernzüge pünktlich.

Ein peinlicher Negativrekord! Zum Vergleich: Bis 2022 lag der Konzern bei rund 75 Prozent Pünktlichkeit.

Promi-Kriminalbiologe beklagt Zug-Ausfälle

Trotz Verspätungsärger: Mark Benecke und seine Frau Ines – hier am Bahnhof in Kidderminster bei Birmingham – lieben die Bahn und Züge trotzdem

Foto: Mark Benecke

Diese Verspätungen mussten Benecke und seine Frau Ines durch längere Anreisezeiten ausgleichen. Der Forensiker zu BILD: „Wir planen mittlerweile mit einem Tag nur für die Anreise plus neunzig Minuten für jeden Umstieg. Nun fallen aber zunehmend Züge aus, Zug-Teile fehlen – heute der halbe Zug – und wegen Überfüllung darf niemand mehr in den Zug rein.“

Benecke ist Pünktlichkeit wichtig. Wer zu spät zu seinen Vorträgen kommt, darf erst zur Pause rein. Wegen der Bummel-Bahnen kann er selbst jetzt nicht mehr garantieren, dass seine Vorträge pünktlich beginnen. Benecke: „Ines und ich fahren Hunderte Male pro Jahr Bahn. Geschätzt habe ich meine Veranstaltungen wegen der deutlichen Verspätungen schon um zehn Prozent runtergefahren, jetzt werde ich nochmals um bis zu 20 Prozent reduzieren.“

Glück für Benecke: Gerade umgeht er den Ärger mit der Deutschen Bahn. Er ist auf Schienen in England unterwegs ...

Der Herr der Fliegen

Quelle: Kinkats, No. 12, Februar/März 2010, Seiten 72 bis 74

Hier gibt es den Artikel als .pdf

Er wird als "Herr der Fliegen", "Madendoktor", "Mystery Man", "Detektiv der Toten" oder als "Quincy von Köln" bezeichnet viele merkwürdige Titel, von denen einer offiziell ist, Dr. Mark Benecke ist Kriminalbiologe mit dem Schwerpunkt forensischer Entomologie. Er bearbeitet Kriminalfälle, indem er die Maden und Fliegen auf den Leichen studiert, Blutspritzer analysiert und genauer hinschaut als andere. Gleichzeitig ist der Kölner international als Autor von Fachartikeln und Büchern über seine Arbeit bekannt und wird von Sendungen wie "Galileo Mystery", "Autopsie" oder "Medical Detectives" regelmäßig als Fachmann eingeladen. Als tätowierter EBM-Fan und bekennender Donaldist ist er dabei ein Freak seiner Zunft. KinKat und Special-Effects-Profi Claudia von Rotten sprach mit dem Wissenschaftler.


KK: Mark, wie wurdest du zum "Herrn der Fliegen"? Wie sieht dein Werdegang aus?

M.B.: Das war Zufall. lch habe früher mehrere Monate lang auf einer Insel vor der irischen Küste mit Tintenfischen gearbeitet, das war absolut gehirndurchblasend. In die Rechtsmedizin bin ich gestolpert, weil ich genetische Fingerabdrücke lernen wollte ... Biologen wurden dort in der Medizin allerdings in den alten Affenstall, einen Raum im Keller gesteckt - kein Witz -, wo aber zu meinem großen Glück eben auch die Wirbeltiere lebten: Insekten auf Leichen ... So kam eins zum anderen. leh habe sehr viel von den Jungs der Spurensicherung bei der Polizei gelernt, die haben ein extrem gutes Auge für etwas größere Spuren. Das hat mir geholfen, meine fuzzikleinen Spuren im Tatort-Zusammenhang zu sehen.

Mit dem FBI und vergleichbaren Einheiten war es während meinen Ausbildungen dort auch immer lustig, und auf der Body Farm habe ich auch mal gearbeitet. Mittlerweile kriegen wir, mein Team und ich, die irrsten Fälle, so dass ich das Kniffeln gelernt habe. Saskia, die seit zehn Jahren mit mir arbeitet, rafft allerdings besser als ich soziale Zusammenhänge; ich fahr' dafür lieber in den Knast und mache sachliche Sachen.

Du hast Biologie, Zoologie und Psychologie in Köln studiert. Wie gestaltete sich deine Zeit an der Uni?

Es geht so. Die Uni war uralt, es herrschten total lahme Strukturen, keiner der wichtigen Verwaltungsleute hat je mit einem geredet, es war wie eine Karikatur einer deutschen oder Schweizer Behörde.

Der damalige Chef hat uns aber immer - und das bis heute - erlaubt, im Sommerkurs Versuche mit verwesenden Tieren im Hinterhof zu machen und den Kurssaal zu nutzen, um Studenten aus aller Welt zu uns zu holen. Der Nachteil war früher, dass ich alles selbst machen musste: den Klo-Vorraum streichen, riesige Müllberge aus alten Taubenhäusern schaffen, die Tafeln putzen. Aber auch da haben wir das Beste draus gemacht: Mit Saskia habe ich vor zehn Jahren mal zum Sound von Manowar, die sie geil fand, einen total verschimmelten Raum geweißt. Seitdem lassen wir in allen Kursen und auch sonst beim Arbeiten entweder EBM laufen - meine Musik - oder Rock, das ist Saskias Ding.

Für Gunther von Hagens (verantwortlich für die umstrittene Ausstellung "Körperwelten" Anm.d.Red.) hast du auch bereits gearbeitet. Wie war das?

Leider war der Zoologie nach meiner Rückkehr aus der Rechtsmedizin Manhattan in New York, wo ich von 1997 bis 1999 angestellt war, die Kohle komplett ausgegangen. Mein letztes Gehalt betrug 250 Mark pro Monat das wurde ein wenig eng. Weil Gunther gerade in der Stadt war, habe ich bei ihm - eigentlich nur als Mann zum Aufbauen der Technik - angeheuert. Nach dem Aufbau haben die eine Art Casting gemacht, und ich wurde dann der Mensch, der vor der Tür die ellenlangen Schlangen bespaßt hat und morgens die Plastinate wieder aufpolierte, wenn z.B. mal wieder eine Hüfte umgefallen war.

Mittlerweile benutze ich selbst Plastinate für Veranstaltungen. Wenn ich beispielsweise was für Kinder zum Thema Anatomie mache, habe ich Darmstücke und Kopfscheiben dabei. Das ist um ein Vielfaches anschaulicher als jede Zeichnung und jedes Plastikmodell.

Du hast eine enorme Medienpräsenz. Hilft dir das bei deiner Arbeit, oder ist es eher hinderlich?

Es ist oft anstrengend, wenn man in letzter Sekunde einen Dreh aus dem rappelnden Scheißregionalbimmelzug arrangieren soll und todmüde ist, aber durch die Dreharbeiten habe ich mit den geilsten Leuten zu tun gehabt, darunter aktuell Heather Langenkamp aus "Nightmare On Elm Street", deren Autogramm seit heute meinen Arm ziert und die mich sehr beeindruckt hat. Außerdem habe ich etwas Interessantes festgestellt: Die Leute, die echt ganz oben sind, sind alle cool. Arschlöcher und Wichtigtuer habe ich nur in der dritten und vierten Liga festgestellt, die richtigen Stars sind sehr angenehm und interessant, egal, wie sie im TV wirken.

Was hast du noch durch die Arbeit vor der Kamera mitnehmen können?

Ich habe viel über mich und das gelernt, was im Fernsehen gezeigt wird; das ist alles reine Erfindung, auch in den Nachrichten. Das ist mir schnuppe, denn ich hatte noch nie Radio und Fernsehen, aber es ist schon geil, wenn die Zuschauer vielleicht meinen, dass das, was sie da sehen, auch nur im Ansatz relevant oder wahr wäre. Immerhin kann ich SO versuchen, ein bisschen Verstand in die Runde zu werfen. Über mich selbst habe ich gelernt, dass man sich nicht von Neid, Hass und Dummheit anderer Leute ärgern, sondern sein Ding machen sollte und das auch kann, wenn man da einfach nicht hinhört. Das erzähle ich auch immer den Studenten: dass sie sich erst mal überlegen sollen, was ihr Ding überhaupt ist und es dann wirklich ohne weiteres Rumgefuckel durchziehen sollen.

Bisher hat das allerdings nur bei meiner Tochter Jule gewirkt, allerdings hätte die es auch ohne meine Ratschläge gemacht... Das scheint also eher genetisch bedingt zu sein.

Du bist stark tätowiert, auch an Stellen, die man kaum verbergen kann. Hat das in deinem Beruf Auswirkungen darauf, wie andere Menschen dich wahrnehmen?

Obwohl ich in den Medien offenbar recht präsent bin, werde ich nach wie vor bei Veranstaltungen gefragt, ob ich der Techniker oder der Zivildienstleistende bin. Allerdings nie was anderes! Ich sehe also offenbar wie eine Mischung aus Zivi und Bühnentechniker aus. Das finde ich allerdings cool, denn erstens labern mich deswegen kaum Spinner, sondern zu 99 Prozent korrekte und nette Leute an, und zweitens lernen diejenigen, die stark auf das Äußere statt aufs Innere schauen, etwas über ihre Denkstrukturen. Etwas nachteilig ist, dass ich wegen meines Aussehens auf Bahnhöfen hin und wieder verhaftet werde; in Cottbus beispielsweise sogar in Handschellen und mit einem kompletten Bundesgrenzschutz-Team in Vollschutz, die mich - ich lag flach mit dem Gesicht nach unten auf dem Bahnsteig - anschrien, ob ich Deutsch kann sowie in München, wo der echt widerliche, etwa 1,60 Meter große Zivilfahnder mich, nachdem ich ihm nett mitteilte, dass ich ihm nicht sagen möchte, wo ich hinfahre, vor so einer Art Käfig hinter den Schließfächem total auseinander gebaut hat. Er hat allerdings nur einen Kompass, Vampirzähne, Pinzetten, ein Minifernrohr, ein Maßband, Tatort-Aufkleber, meinen iPod, Tintenpatronen für den Füller, Ohrstöpsel sowie ein wenig SM-Ausrüstung gefunden, was ihn in der Gesamtschau irgendwie irritierte.

Auf dem letzten "Weekend Of Horrors" haben wir zwei ein spontanes, etwas gewagtes Fotoshooting hingelegt. Bist du oft für verrückte Aktionen zu haben?

Das sagen mir andere hin und wieder, ja ... Mir selbst fällt das nicht auf. Das Gute ist, dass meine Gattin genauso verrückt ist wie ich, so dass wir im Alltag nicht. merken, dass wir spinnen, falls wir wirklich spinnen sollten. Mein Team spürt es allerdings umso deutlicher, hat aber auch schon vor einigen Jahren aufgehört zu fragen. Neugierig sind sie aber geblieben. Mein kriminalistischer Spürsinn sagt mir, dass sie stets auf der Suche nach spannenden Infos, Ereignissen und Aktionen sind - nur halt beschränkt auf zehn Prozent von dem, was ich im Wahn für machbar halte.

Was möchtest du in deinem Leben unbedingt noch tun oder erreichen?

Grundsätzlich bin ich echt happy. Wenn ich mir etwas wünschen könnte, wäre es, dass die Menschen sich einfach viel weniger aufregen, also nicht dauernd von einer Wand gegen die anderen springen ich kann die Aufwallungen schlecht interpretieren. Viel cooler ist es doch, seinen Kram so gut es geht zu machen und ansonsten Liebe und Frieden herrschen zu lassen.


GEOlino Spezial: Spürhunde, -Ratten, -Delfine und -Fliegen 🪰

Quelle: GEOlino Spezial – Der Wissenspodcast für junge Entdeckerinnen und Entdecker, 21. August 2024

In dieser GEOlino -Folge geht es um Spürhunde. Die sind ihren zweibeinigen Kolleginnen und Kollegen in vielem eine Nasenlänge voraus. Wir haben den Diensthunden der Bremer Bereitschaftspolizei Bremen beim Training zugeschaut. 

Ratten erschnüffeln vergrabene Minen Delfine spionieren feindliche Schiffe aus und Bienen erschnüffeln Sprengstoff Ihren Super-Sinnen entgeht einfach nichts… 

Aber auch krabbelnde, surrende, sich windende Insekten helfen bei der Aufklärung von Verbrechen – und zwar dem Kriminalbiologen Dr. Mark Benecke  

Was genau seine Arbeit ausmacht und inwiefern ihn die Krabbler unterstützen, das erzählt er Ivy in dieser Folge.


2. Symposium für Odorologie

Hamburg | 2015


Thierbuch

Kat Menschik & Mark Benecke


Der Fall Mirco

Interdisziplinäres Fachforum Bremen | 2012

Erschießung in den Kopf: Was geschieht dabei?

Quelle:  t-online, 23. August 2024

Mord im Frankfurter Hauptbahnhof: "Eine todsichere Tötung"

Kriminalbiologe Mark Benecke gab im Gespräch mit t-online zu verstehen: "Unten hinten im Schädel liegen Gehirn-Teile, die für die entscheidenden Lebens-Vorgänge wichtig sind. Auf die Frage, ob ein Genickschuss effektiver sei als ein Kopfschuss, antwortet Benecke: "Es hängt vom Kaliber, der Energie, also dem 'Wumms' des Geschosses, der Art der Munition und anderem ab. Grundsätzlich sind Schüsse in den unteren hinteren Teil des Gehirns, der die Verbindung zum ’Nerven-Kabel-Baum’ in der Wirbelsäule darstellt, megagefährlich."

Zur höheren Tötungswahrscheinlichkeit führt er weiter aus: "Ja. Wer absichtlich dorthin schießt, handelt mit höchstmöglichem Tötungs-Wunsch." Er führt aus: "Denn es hängt wie angedeutet von vielen Einflüssen ab, wie tödlich ein Schuss ist. Beispielsweise kann jemand den Kopf plötzlich bewegen, was Donald Trump zufällig das Leben gerettet hat. Beim Nachschießen in den Kopf wie hier geht es um eine ganz wörtlich todsichere Tötung."

Allerdings gebe es auch Täter, die einfach "Spaß am Töten haben". Er fasst zusammen: "Es kann auch alles zusammen kommen: Auf Nummer Sicher gehen plus Spaß am Töten plus Macht-Darstellung."

Was hat es mit einem sogenannten Genickschuss auf sich?

Unten hinten im Schädel liegen Gehirn-Teile, die für die entscheidenden Lebens-Vorgänge wichtig sind. Dringt eine "Kugel", also ein Geschoss, dort ein, gibt diese Energie ab und zerstört das Gewebe nicht nur direkt, sondern oft auch durch eine "Wundhöhle". Die entsteht, weil sich Gase sehr schnell ausdehnen, eine Blase bilden, das Gewebe ausweicht und dann blitzschnell wieder zusammenfällt. Das führt zu zusätzlichen Verletzungen im Gehirn. Die Folge: Total-Ausfall der wichtigsten Lebens-Vorgänge wie Atmen und Herzschlag.

Ist dieser effektiver als ein simpler Kopfschuss? 

Hängt vom Kaliber, der Energie (dem "Wumms") des Geschosses, der Art der Munition (beispielsweise: vorne abgefeilt oder nicht?) und anderem ab. Grundsätzlich sind Schüsse in den unteren hinteren Teil des Gehirns, der ja auch die Verbindung zum "Nerven-Kabel-Baum" in der Wirbelsäule darstellt, megagefährlich.

Ist die Tötungswahrscheinlichkeit höher? 

Ja. Wer absichtlich dorthin schießt, handelt nicht nur rechtlich gesehen heimtückisch — das Opfer sieht ja nicht, was vorgeht und kann sich nicht wehren —, sondern auch biologisch und medizinisch gesehen mit höchstmöglichem Tötungs-Wunsch.

Der Täter schoss seinem Opfer im Anschluss noch zweimal in den Kopf. Wollte er damit wohl sicherstellen, dass sein Opfer wirklich tot ist pder wohl eher als simple Machtdemonstration?

Vor allem, um sicher zu gehen, dass die Tötung gelingt. Denn es hängt wie angedeutet von vielen Einflüssen ab, wie tödlich ein Schuss ist. Beispielsweise kann jemand den Kopf plötzlich bewegen, was Donald Trump zufällig das Leben gerettet hat. Oder das Geschoss hatte einen Material-Fehler. Beim Nachschießen in den Kopf wie hier geht es um eine ganz wörtlich todsichere Tötung. Es gibt auch Fälle, wo Täterinnen oder Täter Spaß am Töten haben, das ist sogar ein Mord-Merkmal im Gesetz. Es kann auch alles zusammen kommen: Auf Nummer Sicher gehen plus Spaß am Töten plus Macht-Darstellung.


"Die Polizei verwendet ihre Zeit nur, wenn es sinnvoll ist"

t-online | 2024


War Hitler eine Frau?

Podcast | 2024


Lenins Leiche

Mit Kriminalbiologe Mark Benecke im Moskauer Mausoleum

Kriminalbiologe über die dunkle Liebe

Mark Benecke (39) in der Galerie Strychnin in Friedrichshain; Foto: Laessig

Mark Benecke spricht über Beziehungs-Todsünden und jenes Grauen, das der Liebe innewohnen kann.

Die Liebe ist eine Macht. Doch es gibt auch eine dunkle Seite der Liebe, geprägt von Furcht, Boshaftigkeit, Wut, Hass und Vernichtung. Wie gefährlich ist die Liebe? Mark Benecke (39) ist Deutschlands bekanntester Kriminalbiologe. Ein Mann der Wissenschaft, der sich auf seinen Unterarm ein Herz mit der Aufschrift „Glaube, Liebe, Hoffnung“ tätowieren ließ und erklärt, wie das Böse in der Liebe tickt.

Warum schenkt uns Liebe die schönsten Momente – und die furchtbarsten?

Mark Benecke: Liebe und Hass sind Extreme ein und desselben Gefühls. Biologisch ist Liebe ein Zwangszustand, frisch Verliebte sehen alles durch die rosarote Brille. Auf der anderen Seite schließt sich der Kreis, wenn sich Hass entlädt.

Selbst der Liebe wohnt das Grauen inne, potenziell?

Man weiß nie, wohin die Reise geht. Allerdings kann man es gut vorhersagen, mit der Eheformel und der Kenntnis: Je mehr Gemeinsamkeiten man hat, umso länger hält die Beziehung.

Wovon hängt das ab?

Je mehr gemeinsame Interessen, desto besser für die Liebe. Konfliktlösungen sind charakterabhängig, der Charakter lässt sich nicht ändern. Aber egal wie psycho die Leute sind: Stimmen die Interessen überein, desto entspannter und langlebiger die Beziehung.

Benecke ließ sich auf seinen Unterarm ein Herz mit der Aufschrift „Glaube, Liebe, Hoffnung“ tätowieren; Foto: Laessig

Welche Interessen?

Was man gerne isst, hört, Kultur, Religion, Stil, Rauchen, Politik – alles, was klassische Partneragenturen auch abfragen.

Und wenn einer in die Berge will, der andere ans Meer?

Schlecht.

Wie wär’s damit: Einer verzichtet dem anderen zuliebe.

Auf Dauer muss das auch mein Interesse sein, sonst ist die Beziehungszerstörung angelegt.

Woran merkt man, dass man sich selbst verliert?

Wenn Außenstehende einem sagen: So kannte ich dich früher nie, du hast dich so verändert.

Sie sprachen von einer Eheformel. Gibt es die wirklich?

Entwickelt von einem Mathematiker und einem Psychologen, lässt sich damit die Ehedauer mit 94-prozentiger Wahrscheinlichkeit voraussagen. Man beobachtet das Paar beim Streit. Für Humor, Zuwendung und In-den-Andern-Eindenken gibt es Plus-, für Spott, Gejammer und Verachtung Minuspunkte. Gemessen wird auch, wie Charme oder Argumente des einen Partners auf den anderen wirken.

Eheliche Todsünden?

Motzen, murren, maulen. 69 Prozent aller Paare werfen sich gegenseitig Probleme vor, die von vornherein nicht zu lösen sind. Stabilisierend ist dagegen, Probleme zu erkennen und zu reparieren. Es darf auch laut zugehen – solange das Getöse sich nicht um den unabänderlichen Charakter des Partners, sondern um eine Konflikt-Lösung dreht.

Warum verfolgen Menschen andere mit ungewollter Liebe?

Eigentlich arme Würstchen. Die nicht raffen, dass der andere reagieren muss. Stalker sind gefährlich: Sie drehen durch, wenn sie merken, dass sie wirklich abgelehnt werden.

Was raten Sie?

Stalkern niemals Aufmerksamkeit geben. Der größte Fehler ist, mit ihnen zu reden – nicht eine Silbe! Ich kenne einen, der sprach drei Stunden lang mit der Stalkerin seiner Ehefrau und nahm ihr alle Illusionen. Sie blieb ganz ruhig. Kaum drehte er ihr den Rücken zu, schlug sie ihm einen Hammer auf den Kopf und stach ihn fast tot. Mich selbst verfolgt eine Frau mit Briefen und SMS, ich habe Zehntausende von Seiten.

Was will sie?

Was alle Menschen wollen: Geliebt und umsorgt werden.

Wenn Liebe zuschlägt – warum bleiben Menschen oft jahrelang bei einem Partner, der sie immer wieder verletzt?

Sie denken, sie sind glücklich. Sind sie aber nicht. Sie reden sich die Kloppe als emotionale Zuwendung ein: Dass er sich so aufregt beweist, dass er mich liebt! Erst die Haue, dann Versöhnungssex. Madlove. Pack schlägt sich, Pack verträgt sich – das kann funktionieren, wenn es sonst viele gemeinsame Interessen und einen eher ruppigen Ton gibt. Eigentlich müsste man aber die abhängige Person da rausholen.

Im schlimmsten Fall wird aus Liebe Hass bis zum Mord.

Das ist tierisches Niveau.

Auch Tiere morden?

Natürlich! Es trifft Rivalen, die eigenen Nachkommen. Bei Affen gibt es sogar gezielten Mord. Die Grundlage der Todsünden in der Bibel ist nichts Höheres, so funktionieren alle Lebewesen. Evolutionäres Grundprogramm: Übermut, Habgier, Wollust, Völlerei, Neid, Trägheit, Rachsucht. Das menschliche Gefühl rasender Eifersucht ist exakt dasselbe wie bei Tieren.


Wie entsteht Hass, Dr. Mark Benecke

ZIMMER EINS — Das Patientenmagazin | 2019


Zum Liebespfeil der Schnirkelschnecken (Helicidae) 🐌 ❤️

Funktion und experimentelle Strukturaufklärung


Uralter Liebes-Olivenbaum 💞

Kreta

Angst im Netz – Darf ich Spinnen töten?

Foto: Claus Pütz

Quelle: Spiegel, 18.Juli 2024

»Eklig« und »gruselig«: Spinnen haben ein Imageproblem – und keine Lobby. Der Biologe Mark Benecke erklärt, warum Sie trotzdem zögern sollten, bevor Sie den Staubsauger einschalten.

Aufgezeichnet von Veronika Silberg

Dass wir im Schlaf acht Spinnen pro Jahr verschlucken, ist Quatsch, aber ein Mythos, der sich hartnäckig hält. Genau wie Unbehagen und Angst beim Anblick der pelzigen Tierchen. Zu lange Beine, zu gruselig. Natürlich, da hilft nur der Staubsauger. Oder?

Aus dem Bundesnaturschutzgesetz geht streng genommen hervor: Nein. Es ist nicht okay, Spinnen zu töten. Dort steht: »Es ist verboten, wild lebende Tiere mutwillig zu beunruhigen oder ohne vernünftigen Grund zu fangen, zu verletzen oder zu töten.« Und auch der Biologe Mark Benecke findet: Die kleinen Tiere seien viel zu faszinierend, um sie einfach platt zu machen. Warum Spinnen trotz Phobie verschont werden sollten und wieso es bei der Beseitigung vor allem auf die Beinchen ankommt.

Frage für einen Freund

Wie wollen wir leben? Lieben? Unsere Kinder erziehen? Können wir die Welt vielleicht doch nicht retten? Wo beginnen Vorurteile? Es gibt unangenehme Fragen, die wir in Gesprächen ironischerweise manchmal so beginnen: »Frage für einen Freund«. In dieser Serie beschäftigen wir uns mit genau diesen Fragen. Wenn wir uns einen umweltunfreundlichen Urlaub gönnen möchten, wenn wir mitbekommen, wie ein Kollege ungerecht behandelt wird, wenn wir kein Trinkgeld geben wollen: Wie handeln wir dann möglichst richtig – oder falsch? Expertinnen und Experten helfen bei der Antwort – und Sie können abstimmen.  

Das antwortet Mark Benecke:

»Ehrlich gesagt hole ich meistens meine Frau, wenn ich in unserer Wohnung eine Spinne entdecke. Ich selbst habe Sorge, ich könnte sie verletzen oder zerdrücken. Das passiert rasch. Achten Sie gerade bei großen Tieren besonders auf die Beine! Etwa bei Hauswinkel- und Kellerspinnen. Die haben wie alle Spinnen ein Außenskelett, wenn das kaputt ist, bleibt es kaputt. Und meist versuchen die sich mit ihren Beinchen irgendwie aus dem Glas herauszuwinden.

Die Spinne einfach töten? Mir ist völlig unklar, wieso man das machen sollte. Man muss andere Lebewesen nicht mögen – aber man kann sie doch trotzdem in Ruhe lassen. Mir ist bewusst, dass viele Menschen Angst vor Spinnen haben. Das sehe ich ein. Aber menschliche Angst und das Leben der Spinne müssen sich ja nicht ausschließen, finde ich. Nur, weil ich sie nicht in meiner Wohnung haben möchte, muss eine Spinne ja nicht sterben. Wenn das Tier unangenehme Gefühle bei mir auslöst, kann ich es einfach nach draußen tragen, wo es sich ein neues Zuhause suchen kann. Am besten ist es, wenn dort mehr als nur ein einzelner Zierbaum steht. Sie können die Spinne für den Transport auch in eine Pappschachtel mit Luftlöchern packen.

Oder Sie behalten Ihren neuen Mitbewohner. Es gibt Spinnen, die sehr gern in Wohnungen leben. Viele Zitterspinnen etwa, die Hauswinkelspinne oder die Kellerspinne. Gerade im Keller stören die niemanden. Meist leben die dort jahrelang, ohne dass wir es überhaupt mitbekommen. Machen Sie das Licht an und treten Sie laut auf, verstecken sich die großen Spinnen meist sofort. Die Tiere haben berechtigterweise mehr Angst vor Menschen als andersherum.

»Die Wahrscheinlichkeit, dass Sie hier auf eine ›gefährliche‹ Spinne treffen, ist in etwa so hoch, wie die Gefahr, dass Ihnen ein Ziegelstein auf den Kopf fällt.«

Zu befürchten haben Sie im Übrigen nichts. In Deutschland sind so gut wie alle Spinnen ungefährlich. Die Wahrscheinlichkeit, dass Sie hier auf eine ›gefährliche‹ Spinne treffen, ist in etwa so hoch, wie die Gefahr, dass Ihnen ein Ziegelstein auf den Kopf fällt. Wenn Sie jetzt über eine Stadt sprechen, betonen Sie auch nicht ständig das Risiko, von einem Ziegelstein erschlagen zu werden, oder? Sie sprechen darüber, wer in der Stadt lebt, welche Gebäude es gibt und wie das Wetter ist.

Spinnen sind beeindruckende Tiere. Darüber reden wir zu wenig. Persönlich fasziniert mich besonders, wie alt ihre Lebewesengruppe ist. Überlegen Sie mal, was diese Art schon alles miterlebt hat! Welche historischen und kulturellen Veränderungen. Vor Tausenden von Jahren sind auch schon Spinnen durch Wohnungen gekrabbelt. Ist es nicht großartig, dass eine so uralte Erbgutprogrammierung sich so lange durchgesetzt hat?

Mich überraschen Spinnen zudem immer noch. Zu Springspinnen etwa wird gerade viel geforscht: Sie können offenbar planen, sich mit anderen austauschen, sich erinnern – vielleicht sogar träumen . Wer sie zu Hause hält, kann sie auf seine Hand springen lassen und wieder zurück.

Wenn Sie dieser Gedanke gruselt, kann ich Sie beruhigen: Eine echte sogenannte Arachnophobie lässt sich behandeln. Sie können zu einer Psychologin oder einem Psychologen gehen, um sich das abzugewöhnen. Oder Sie testen gemeinsam mit Freunden eine Expositionstherapie. Man sieht sich das Tier genauer an und nimmt es langsam und vorsichtig auf den Arm. Meist bieten sich große, eher träge Spinnen an, weil sie nicht so schnell davon krabbeln. Je mehr sie beobachten und lernen, desto weniger Angst haben Sie. Mit mir studierte damals der heutige Leiter der Spinnen-Abteilung des Senckenberg-Museums Frankfurt am Main vorbei und hatte unserem Kurs eine Spinne mitgebracht. Am Anfang wollte keiner so richtig ran, aber spätestens nach zwanzig Minuten wollten sie alle mal anfassen. Am Ende musste man die Spinne vor den ganzen Studierenden retten.

Tatsächlich hat sich die Einstellung gegenüber Spinnen über die vergangenen Jahre hinweg stark verbessert. Neuerdings werden sie vor allem im Internet zunehmend beliebter. Springspinnen besonders, mit ihren dunklen Kulleraugen. Leider liegt die neue Freude an Spinnen jedoch auch daran, dass es schlicht weniger gibt als früher. Ihre Nahrung stirbt aus – und damit auch zahlreiche Spinnenarten. Wir leben in der Zeit des größten Artensterbens, seit es Leben auf der Erde gibt.

Klar, eine getötete Spinne macht da für manche keinen großen Unterschied mehr. Aber ist das nicht Grund genug, sich mit den Tieren zu beschäftigen, die um uns herum leben? Sehen Sie genau hin, solange Sie und die Spinnen noch da sind.«


Brauchen Kakerlaken ein besseres Image?

Deutschlandfunk Nova | 2024


Wie Fauch-Schaben mich zu einem besseren Menschen machten

Artikel-Sammlung


Insektenplage?

t-online | 2023

Brauchen Kakerlaken ein besseres Image? 🪳

Deutschlandfunk Nova hat Fragen an Mark Benecke, der seit Jahrzehnten Fauch-Schaben als Haus-Tiere hält, darunter diese:  

+ Mark: Andere machen bei Schaben: iiiihhh. Was machst du?? + Was bewunderst du an Schaben besonders?? + Ich kenne dich, weil du mal Fauchschaben quasi als Haustiere hattest. Ist das noch so? + Was glaubst du: Was brauchen deine Fauchschaben um gut über die Runden zu kommen? + Was machen die so den ganzen Tag? + Hast du den Namen gegeben?? + Wenn du dir was aussuchen könntest: Welche Fähigkeit hättest du von denen gerne?? + Die einen nennen sie Schaben andere sagen Kakerlaken: Was ist aus deiner Sicht korrekter?? + Wir bleiben beim Wort Schaben. Aber da gibt es ja gar nicht die EINE. Wie viele Arten soll es in etwa gegeben?? + Jetzt ist eine Studie rausgekommen, dass gerade Deutsche Schabe die verbreitetste Kakerlake der Welt ist. Wieso gerade die? + Forschende haben sich das Ganze mal genauer angeschaut: Wie findet man so etwas raus? + Hat dich das überrascht?? + Heißt: Diese Art ist besonders widerstandsfähig? + Das Besondere ist ja: Die Kakerlake/Schabe halten sich gerne in der Nähe von uns Menschen auf: Warum? + Wir finden das andersherum nicht geil: In ein paar Städten in Deutschland heißt es, seien besonders viele Kakerlaken unterwegs. Nimmt die Verbreitung zu? + In unseren Köpfen ist immer der Gedanken: Sind Kakerlaken in der Wohnung/im Raum, dann stimmt was mit der Hygiene nicht. Aber du sagst: Stimmt nicht.. Wie ist es denn richtig? + Aber richtig ist: Schaben/Kakerlaken sind potentielle Krankheitsüberträger!?? + Was tu ich denn, wenn ich feststelle: Aii: Hier ist ein Kakerlakenbefall? + Und was mache ich dann? + Wer erst gar nicht in die Situation kommen will: Wie verhindere ich das?? + Du hast mal bei uns im Gespräch gesagt, dass du glaubst, dass die Kakerlake die Weltherrschaft einmal übernehmen wird. Glaubst du weiterhin daran? + Woran machst du das fest? + Ein Forscher hat die mal die Superhereos genannt. Auch deine Worte? + Haben die irgendwas Positives für uns Menschen?

30. Mai 2024

Die meisten wollen Schaben aus guten Gründen nicht in ihrer Wohnung haben. Kriminalbiologe Mark Benecke schon. Er liebt Kakerlaken. Und sagt: Sie haben ihn zu einem besseren Menschen gemacht.

Bis zu 10.000 Kakerlakenjunge je Muttertier: Sich ausbreiten ist das, was die Deutsche Schabe besonders gut kann. Anfang April musste das Hauptgebäude einer Grundschule in Bochum-Wattenscheid vorübergehend geschlossen werden, um die Tiere mit Giftködern zu bekämpfen.

Klar, die Tiere können passiv Keime verschleppen, weil sie wirklich überall herumlaufen. Außerdem verteilen sie ihren Kot im ganzen Gebäude.

Kriminalbiologe Mark Benecke freut sich eigentlich über jedes lebende Insekt. Er selbst hält Fauchschaben als Haustiere. Ein paar hundert könnten es wohl sein. Holzglänzend, wunderschön und friedlich, so nimmt er seine Schaben wahr, und auch akustisch machen sie was her.

Nächtliches Fauchtier

Denn die Tiere haben ihren Namen von dem eigenwilligen Geräusch, das sie produzieren – besonders nachts und tagsüber, wenn sie gestört werden.

Als Mitbewohner im Schlafzimmer möchte Mark Benecke die Kakerlaken deswegen nicht mehr haben. Wie sie fauchen, ist ihm nicht ganz klar. Sie ziehen ihren Körper zusammen und dabei entweicht Luft, vermutet er.

Mark Benecke, Forensiker, Kriminalbiologe und Fauchschabenhalter

Podcast:


Große Thierbuch-Show

RBB Berlin


“Der Benecke”

Radio-Eins-Sendung


“Insekten auf Leichen”

Podcast-Folge vom MfN Berlin


Wie Fauch-Schaben mich zu einem besseren Menschen machten

mehrere Beiträge


Darf ich Spinnen töten?

Spiegel | 2024

Lenins Leiche: Mit Kriminalbiologe Mark Benecke im Moskauer Mausoleum

Podcast “Die Geschichtsmacher”

Foto: National Geographic TV

Mitten auf dem Roten Platz in Moskau steht das Lenin-Mausoleum. An diesem Ort liegt seit 1924 der Leichnam des Kommunisten-Führers. Dabei hatte Lenin verfügt, dass er keinerlei Totenkult wünsche. Warum er doch dort landete und wie er bis heute frisch gehalten wird, das erklärt in diesem Podcast über die Geschichte von Lenins Leiche Deutschlands bekanntester Kriminalbiologe. 

Lenin's embalmer Ilya Borisovich Zbarsky (Илья Борисович Збарский), Moscow, Photo by Mark Benecke

Auf einer Reise nach Moskau hatte Mark Benecke die Chance, den Körper Lenins näher unter die Lupe zu nehmen und mit Lenins Leichen-Präparator Ilya Zbaski zu sprechen.

Wie dies im Fall Lenins mehr oder minder gut gelungen ist. Warum immer wieder in der Geschichte der Menschheit versucht wurde, Tote vor dem Vergehen zu retten. Wie das am besten gelingt und was all das mit der Russischen Mafia zu tun hat, das erfahrt ihr in diesem Geschichts-Podcast über Lenins Leiche.

(Auf dem Foto ist eine Mumie im Institut für Rechtsmedizin in București zu sehen.)


Lenins Leiche

Die Zeit | 1999


Wissenschaft & Crime

Podcast “Not too old”


War Hitler eine Frau?

Podcast “Die Geschichtsmacher“


Insekten auf Leichen

Podcast “Beats&Bones”

Gutachten: Überführen Maden

Quelle: Bild am Sonntag, 22. Februar 1998, Seite 6

Von RENA PANKOW

Diplombiologe Dr Mark Benecke forscht in New York am staatlichen Institut für Rechtsmedizin (Office of Chief Medical Examiner, Forensic Biology Dept.), zuvor arbeitete er an der Universität Köln. Sein Forschungsgebiet, auf dem er weltweit zu den zwanzig führenden Experten zählt: Forensische Entomologie – rechtsmedizinische Insektenkunde.

Im seit Anfang Februar laufenden Indizienprozeß gegen Pastor Klaus Geyer (57) kommt dem von der Staatsanwaltschaft beauftragten und vorn Gericht geladenen Wissenschaftler eine entscheidende Rolle zu: Sein Gutachten, das nach BamS-Informationen unmittelbar vor den Schlußplädoyers verlesen wird, soll belegen, daß Veronika Geyer-Iwand (53) am Freitag, dem 25. Juli 1997, erschlagen wurde – und zwar in einem Zeitraum, für den der Angeklagte kein Alibi besitzt.

Bislang kann Oberstaatsanwalt Ulrich Hennecke über den genauen Todeszeitpunkt der Pastorenfrau nur spekulieren: Dem zuständigen Göttinger Gerichtsmediziner gelang es lediglich, den Tattag (Freitag) zu bestimmen. Ohne die Festlegung der Todesstunde fehlt jedoch im Prozeß gegen den Angeklagten Klaus Geyer das wichtigste Indiz. Dafür soll jetzt Mark Benecke sorgen – durch Untersuchungen von Maden, die auf der Leiche von Veronika Geyer-Iwand sichergestellt und, in Formalin konserviert, an Beneckes New Yorker Labor geschickt wurden.

Der Diplombiologe erklärt in BamS, wie diese äußerst selten angewandte Methode funktioniert: „Leichen, die im Freien liegen, ziehen bereits nach kurzer Zeit unterschiedliche Arten von Fliegen und Insekten an, die ihre Eier ablegen Aus diesen Eiern schlüpfen Maden, die sich von der Leiche ernähren.


Karl Denke – Der Kannibale von Münsterberg 🦴

Dokumentation | 2024


Die Polizei verwendet ihre Zeit nur, wenn es sinnvoll ist

t-online | 2024


Unter Verschluss

Zum Fall Nawalny


“Who they were”

Book review

Weck mich am Arsch

Das Handbuch für Langschläfer

by Ralf Prestenbach, Paperback – 9 April 2012, Heyne Verlag (9 April 2012), ISBN-10: ‎3453602056, ISBN-13: ‎978-3453602052

Mark Benecke ist Kriminalbiologe und Spezialist für forensische Entomologie. Er studierte Biologie, Zoologie und Psychologie an der Universität Köln und promovierte mit einer Disseratation über genetische Fingerabdrücke. In den Vereinigten Staaten absolvierte er diverse polizeitechnische Ausbildungen im Bereich Rechtsmedizin.

Herr Dr. Benecke, auf einer Skala von eins bis zehn – wie wichtig ist Schlaf für Sie?

Also wenn zehn das meiste ist, dann zehn!

Wie lässt sich dieses Bekenntnis zum Langschläfertum mit Ihrem Job verbinden?

Mittlerweile relativ problemlos. Ich habe kein Auto, fahre also grundsätzlich alle Strecken mit dem Zug und da gib es ja immer genügend Gelegenheit zum Schlafen. Mein Arbeitsschwerpunkt hat sich in den letzten Jahren etwas verlagert. Früher, als ich noch viel für die Polizei gemacht habe, war das die Hölle. Die haben teilweise schon um 6 Uhr morgens angerufen. Heute lege ich mir einfach die Termine, wie es mir passt, und fertig.

Kann man einem Langschläfer ruhigen Gewissens den Beruf eines Kriminalbiologen empfehlen?

Also, ich hatte nie Probleme, genügend Schlaf zu bekommen. Im Wissenschaftsbetrieb macht eigentlich jeder, was er will, da man ja sowieso schon viel mehr arbeitet als in anderen Bereichen. Zu meiner Laborzeit war der 12-Stunden-Tag eher die Regel als die Ausnahme. Wann man morgens dann anfängt, ist jedem selbst überlassen.

Dann ist der Wissenschaftsbetrieb wohl eine Ausnahme, denn in vielen anderen erreichen unserer Gesellschaft ist man gezwungen, richtig früh anzufangen. Und in der Schule erwartet man, dass die Kinder schon um 8 Uhr fit sind. Wie finden Sie das?

Das ist wirklich mies. Ich war auf einer Schule, die bereits um viertel vor acht begann. Auf dieser Schule waren auch sehr viele Kinder von Musikern, die haben das zum Teil bitter beklagt. Genauso die Kinder, die jeden Morgen einen weiten Schulweg vor sich hatten. Ich bin grundsätzlich dafür, dass man selbst wählen kann, wann man morgens anfängt. Das geht leider noch immer nicht überall. Das geht leider noch immer nicht überall. Polizeiarbeit ist so ein Beispiel. Da ist man im Schichtbetrieb und muss neben Spät- auch Nachtschicht auch Frühschicht machen. Das hat nur den einen Vorteil, dass selbst ein ausgesprochener Langschläfer ab und zu mal sein Kinder sieht. In Betrieben aber, in denen die Mitarbeiter frei wählen können, machen die Frühaufsteher die Frühschichten und die Langschläfer die Spät- oder Nachtschichten und alle sind zufriedener.

Wird man also Ihrer Meinung nach Bäcker, weil man Frühaufsteher ist?

Ja, oder weil man den Laden geerbt hat. Aber es gibt ja kaum noch echte Bäcker. Die meisten Bäckereifilialen backen heutzutage nur noch Tiefkühlware auf. Aber gerade an den echten Bäckern kann man auch die genetische Komponente des Frühaufstehens / Langschlafens erkennen. Der Firmengründer war wahrscheinlich ein Frühaufsteher und derjenige, der den Betrieb weiterführt, hat vermutlich nicht nur den Laden, sondern auch diese genetische Disposition geerbt. Ansonsten würde er ja wohl nicht weitermachen.

Noch einmal zurück zur Biologie. Eine Fragen dürfte jeden Langschläfer brennend interessieren: Wie lange kann ich maximal schlafen, ohne Gefahr zu laufen, von Maden angeknabbert zu werden?

Bei älteren Leuten kann das sehr schnell gehen. Eine schlechte Durchblutung durch Druckstellen kann beispielsweise eine Ursache sein. Deswegen muss man bettlägerige Menschen nachts ja auch mehrmals drehen. Bei gesunden Menschen ist die Gefahr nicht gegeben. Außer man hat Blasen an den Füßen und Kakerlaken in der Nähe, da wird man schon nach zwei Minuten Schlaf angefressen. Ein Seemann ohne Schuhe hat also deutlich mehr Probleme als ein gesunder Yuppie, der auf seinem Futon in Berlin-Mitte schläft.

Ein gesunder Mensch kann also so lange schlafen, wie er möchte?

Das ist absolut richtig, nur muss er natürlich aufpassen, dass er nicht verdurstet. Aber dafür kann man sich ja eine Flasche Wasser ans Bett stellen.


Wissenschaft & Crime

Podcast | 2024


War Hitler eine Frau?

Podcast | 2024


Menschen sind ja auch Tiere

Ruhr-Nachrichten | 2024

Wissenschaft & Crime mit Dr. Mark Benecke

Unser Gast in Folge 44 ist in vielerlei Hinsicht speziell und ein bemerkenswerter Vertreter unserer Spezies. Zuerst einmal ist er der erste Gast, dem sein Alter komplett egal ist, da denkt er nicht drüber nach. Obwohl er sehr auf Messungen steht. Und Zeit kann man ziemlich gut messen. Wir tauchen ein in die vielen Betätigungsfelder von Deutschlands bekanntestem Kriminalbiologen Dr. Mark Benecke. Denn er ist nicht nur bekannt als „Dr. Made“ für das Spezialgebiet der Tiere auf Leichen, sondern hat noch viele andere Interessen und Einsatzgebiete. Hört euch das an!

Live im Podcast 'NOT TOO OLD - Für Männer, die noch was vorhaben'

Folge 44: Wissenschaft & Crime: Der Kriminalbiologe über das Älterwerden, Forensik, Comics, Klima und Tattoos.


War Hitler eine Frau?

Podcast | 2024


Wie finde ich das richtige Tätowier-Studio?

ZDF | 2024


Insekten auf Leichen

Podcast “Beats & Bones”


Weck mich am Arsch

Mit Langschläfer Mark


Lenins Leiche: Mit Mark im Moskauer Mausoleum

Podcast “Die Geschichtsmacher”

War Hitler eine Frau? Podcast mit Dr. Mark Benecke

Die letzten Stunden im Führerbunker konnten genau rekonstruiert werden - bis auf wenige Minuten. Das sind die, in denen sich Eva Hitler, geborene Braun, und der ihr frisch angetraute Adolf Hitler selbst das Leben nahmen. Anschließend sollten ihre Leichen verbrannt und so dem Zugriff der anrückenden Sowjetarmee entzogen werden. Aber es kam anders. Und bis heute geben die wenigen Überreste des Diktators Rätsel auf. Eines davon: DNA-Proben, die angeblich von seiner Schädeldecke stammen, sind die einer Frau… 

In dieser Folge von DIE GESCHICHTSMACHER ist bei Martin Herzog und Marko Rösseler Deutschlands berühmtester Kriminalbiologe zu Gast: Mark Benecke hatte vor Jahren die einzigartige Chance, Teile von Hitlers Schädel und Gebiss in Moskau zu untersuchen. Hier erzählt er die Geschichte seiner Reise auf den Spuren der Überreste des Diktators. Und die mitunter verstörenden Ergebnisse der Untersuchungen…


Biologische Spuren / biological stains

KZ / KL Buchenwald


Der Führer hatte Mundgeruch

FAZ.net


Neu aufgerollt: Der Fall Hitler

Express


Wissenschaft & Crime

Podcast | 2024


Weck mich am Arsch

Mit Langschläfer Mark


Lenins Leiche: Mit Mark im Moskauer Mausoleum

Podcast “Die Geschichtsmacher”


Wie finde ich das richtige Tätowier-Studio?

Mark Benecke antwortet dem ZDF (Juni 2024) auf Tattoo-Fragen

Star-Gäst:innen unter anderem: Elektrische Tätowierungen 1 & 2 (Dieter, Anke, Mäthes & Tom, Köln), Made in Heaven (Angi, Elise, Kathi & Gang, Osnabrück), Henk Schiffmacher (Amsterdam), Herbert Hoffmann (Hamburg / Schweiz), Älteste Tätowierstube Deutschlands (Günter Götz & Team, Hamburg) 

Was sollten/können Verbraucher:innen bei ihrer Suche nach einem Tattoostudio beachten?

→ Die bisherigen Werke der Künstler:innen anschauen. Sind massenhaft auf Insta, Tiktok und machmal auch vor Ort als Fotos zu finden. Passt der Stil? Springt der Funke gestalterisch über?

→ Fühle ich mich im Studio wohl? Sieht es angenehm aus, ist die Stimmung gut?

→ Tätowierungen anschauen, die schon etwas älter sind, auf der Haut echter Menschen.

Ihrer Erfahrung/Expertise nach: Welche Kriterien muss ein gutes/zuverlässiges Studio mindestens erfüllen?

Ehrliche Antworten auf Fragen erhalten. 

Nicht das Gefühl haben, dass jemand "pushy" ist und mir etwas einreden möchte. 

Mich selbst fragen, was ich will und dann mit der Tätowiererin / dem Tätowierer prüfen, ob es überhaupt geht. 

Grundsätzlich: Eine vertrauensvolle, angenehme Stimmung und genaue Absprachen. 

 Gibt es eine Art Checkliste für Verbraucher:innen?

 Nein, jedes Tattoo ist anders, und jede "Team-Bildung" zwischen Künstler:in und Kund:in ist anders und soll es auch sein — von "Souvenir an einen tollen Urlaub, gestochen in einer Stunde von jemandem, der es schön und sauber kann" über "da hatte ich eine wilde Zeit in meinem Leben" bis hin zu "darüber habe ich zwanzig Jahre nachgedacht und genau so soll das Riesen-Teil ueber meinen ganzen Körper sein".

Führen Sie eine List mit zu empfehlenden Studios?

Nein, auf keinen Fall. Es gibt Qualitäts-Siegel, aber auch ein Studio, das diese nicht hat, kann supergut sein. Umgekehrt können auch gute Tätowierer:innen einen schlechten Tag haben. Es ist wie in einer Beziehung: Das ganze ist ein Prozess und alle müssen sich vertrauen und wohl fühlen.  

Am wichtigsten ist ständige Information für alle, vor allem die Tätowierer:innen. Dazu haben wir bei ProTattoo, BMXnet und dem Bundesverband Tattoo (BV Tattoo) viele Kongresse, Besprechungen und Zoom-Konferenzen, auch zusammen mit dem Bundesinsitut für Risiko-Bewertung (BfR) (deren Logo ich tätowiert trage, kein Scherz), vielen Forschungs-Gesellschaften und natürlich den ehrlichen, offenen Beiträgen der Tätowierer:innen. 

Das klappt wirklich gut, ich bin sehr froh, dass wir alle so offen miteinander über den Stand der Forschung, die täglichen Erfahrungen und neue Regelungen reden.


BMXnet

Essen | 2022


Fachbuch “Tätowierungen”

Vorwort


Das Verbot ist beknackt

Welt am Sonntag | 2021


Wissenschaft & Crime

Podcast | 2024


“Ärzte haben sehr viel anderes zu tun”

Tattoo-Entfernung per Laser

Börsenblatt: Mark Benecke

Quelle: Börsenblatt des Deutschen Buchhandels, 3/2012, Fragebogen, Seite 38

Fragebogen

Ihre Lieblingsbeschäftigung?

Zugfahren.

Ihre Helden der Wirklichkeit?

LektorInnen.

Was bringt Sie so richtig auf die Palme?

Verblendete Lügner.

Welche Gabe würden Sie gern besitzen?

Klavierspielen können.

Mit wem würden Sie gern einen Tag den Platz tauschen?

Mit den Berliner Comic-Schweinen Didi und Stulle.

Was war der mutigste Moment in Ihrem Leben?

In Singapur mich selbst als "Real Forensic" auf der Bühne spielen, aber mit gefälschter Identität als Murat Belcant.

Ihr Lieblingslied aktuell?

Rammstein: "Frühling in Paris".

Total überwertet finde ich ....

DiktatorInnen.

Welche unternehmerische Leistung bewundern Sie am meisten?

Merkels Umgang mit Lackaffen.

Welches Buch hat Sie zuletzt beeindruckt?

Jubiläums-Sherlock-Holmes-Gesamtausgabe. Gruseligerwise steht da wörtlich dasselbe drin, was auch ich gebetsmühlenhaft vortrage: Nichts annehmen, besonders Nebensächliches würdigen, alles prüfen. Cool, aber ultraspooky.

Ihr nächstes Ziel?

Kirchmöser, Wusterwitz, Genthin, Güsen, Burg, Magdeburg-Neustadt (RE 18122) und von dort weiter nach Halle.

Ihr Traum vom Glück?

Absolute Ruhe, Apfelstrudel, Kaffee, meine Pfeife nebst Comicsammlung und den zehn ältesten Büchern.


The Real Forensic

Theaterstück


“Machen Sie einfach ein Foto von der Leiche”

Mein Bezirk | 2024


Kölner Medienpreis

“Der Madendoktor”

Menschen sind ja auch Tiere

Quelle: Ruhr-Nachrichten, 4. Juni 2024, der Artikel als .pdf

Biologe Mark Benecke zur Debatte um den Klimaschutz

Von Sophia Wibbeke

Als Biologe diskutiert Mark Benecke seit fahren über das Klima. Im Interview verrät er, was im aktuellen gesellschaftlichen Diskurs aus seiner Sicht falsch läuft.

Mark Benecke ist Biologe und vor allem bekannt als Forensiker. Seit Jahren beschäftigt er sich mit dem Klimawandel und hält Vorträge, um Menschen zu einem klimafreundlichen Lebensstil zu bewegen.

Herr Benecke, ist die Welt noch zu retten?

Die Welt der Menschen ist immer bedroht von Seuchen oder Kriegen oder Umwelt-veränderungen. So gesehen ist das jetzt nicht anders als sonst. Der Unterschied ist diesmal, dass es leicht zu verhindern ist. Die natürliche Unterschied ist diesmal, dass es leicht zu verhindern ist. Die natürliche Umwelt, die Kreisläufe des Lebens – die sind noch nie so leicht zu retten gewesen wie heute. Es scheint manchmal der Wille zu fehlen.

Sie sind Kriminalbiologe. Wie kam es, dass der Klimawandel plötzlich so einen Platz in Ihrem Wirken einnimmt?

Das steht schon in meinem ersten Buch aus den 1990er-Jahren. Auch als der erste Hungerstreik vor dem Kanzleramt stattfand, habe ich mit dem Hungernden ein Video-Interview gemacht. Zu Fridays [For Future] bin ich von Anfang an hingegangen, bis heute. Die Letzte Generation habe ich begleitet und auch Extinction Rebellion. Nach und nach sind Umweltbewegung und reine Biologie zusammengerückt. Als dann die Unis angefangen haben zu fragen und die Umweltverbände, hat es vielleicht ein bisschen mehr Aufmerksamkeit bekommen.

Sind Sie ein Klimaaktivist?

Ich weiß gar nicht, was das sein soll. Bei größeren wie kleineren Aktionen bin ich dabei. Ich fotografiere und filme alles und stelle es ins Netz. Das ist völlig transparent. Da gibt es keine Absprachen im Hintergrund oder so. Aber ob Sie das jetzt Aktivismus nennen wollen oder nicht...

Gleichzeitig liege ich manchmal etwas quer mit Klimaorganisationen. Wir haben etwas verschiedene Standpunkte, weil sie oft sagen, das muss politisch gelöst werden, und ich sage: ,Ihr könnt doch heute, zum Beispiel auf der re:publika vor ein paar Tagen, einfach keine Tierprodukte anbieten. Ich verstehe nicht, dass viele Leute da scheinbar sagen: „Mama, Papa, der Kanzler, Gott, Donald Trump und meine Hausstaubmilben sollen das lösen, aber ich nicht."

Aktivismus bedeutet für mich, dass man nicht faselt und wünscht und fordert und die Faust in die Luft hebt, sondern sich selbst bewegt. Das sehe ich bei sehr vielen Leuten nicht.

Mit diesem sofortigen Verzicht auf Tierprodukte, verlangen Sie da nicht ein bisschen viel von den Menschen?

Ich sehe das überhaupt nicht als Verzicht. Es steht auch nicht mit den Zahlen and Daten in Einklang. Wenn alle Menschen sofort auf Tierprodukte verzichten warden, dann hätte das nicht nur gute Auswirkungen – nennen wir es jetzt mal aufs Klima –, sondern auch auf die Gesundheit. Die Menschen würden sofort gesünder. Dazu gibt es Zehntausende, Millionen von Messungen, wenn Sie die Einzelmessungen nehmen. Da sehe ich den Verzicht nicht. Man verzichtet auf Krankheit. Das ist richtig. Oder auf ein weniger angenehmes Leben. Wenn Sie das Verzichten nennen: Okay.

Viele Menschen regen sich wahnsinnig auf, wenn ich bei Vorträgen sage: „Also, wenn Sie Tiere essen, dann können Sie keine Tierfreunde sein." Da kriege ich richtig traurige Mails: „Das hat uns erschüttert. Wir sind doch Tierfreunde!" Da sage ich: „Gut, nennen sie sich Tierfreund, aber wer Tiere isst, löscht sie doch auf dem Teller erkennbar aus."

Begegnen Sie heute weniger Leuten, die sich in Sachen Klimaschutz querstellen als früher?

Kann man nicht sagen, weil auch Menschen, die sich jetzt für besonders aufgeklärt und liberal halten, häufig in dem Moment stoppen, wo ich einen wissenschaftlich begründeten Vorschlag mache. Also, wenn Sie so wollen, stellen sich tells auch Aufgeklärte quer. Nur, sie fühlen sich gut dabei.

Manches klappt auch. Also der Klassiker ist jetzt im Internet gerade, deine Wiese nicht zu mähen, was ja wirklich kinderleicht ist. Darüber müssen wir jetzt nicht mehr als zwei Sätze verlieren. Das kann jede und jeder. Und wenn deine Nachbarn greinen, dann sagst du: „Okay, dann mache ich ihnen ein gemähtes Streifchen, damit nichts in Richtung ihrer Kinder weht oder so. Also das ist ein lösbares Problem.

Ich habe schon mehr Gespräche, weil das Klima-Ding mittlerweile insgesamt mehr Aufmerksamkeit auf sich zieht. Aber die Anzahl der Leute, die jetzt für Änderungen oder kontra oder irgendwas dazwischen sind, die bleibt irgendwie gleich, finde ich.

Und wie gehen Sie mit Leuten um, die den menschengemachten Klimawandel komplett ablehnen bzw. leugnen?

Interessiert mich nicht. Die wollen halt nicht mitmachen. Das ist wie im Kindergarten oder in der Schulstunde. Da musst du zusehen, dass es sozial-vertraglich abläuft. Alle sollen so weit mitkommen, wie sie mitkommen können mit ihrem Handlungsspielraum. Ich zum Beispiel habe keinen Bock auf Sport gehabt in der Schule, dann haben meine Lehrerinnen und Lehrer gesagt: „Komm, Mark, dann machst du halt Tischtennis und Badminton, irgendwas, was du kannst, und dann passt das schon." Wer nicht will, der will nicht.

Diese Gruppe, die sich gegen Klimaschutz stellt, wirkt im öffentlichen Diskurs groß und laut. Wie groß ist diese Gruppe wirklich?

Wie gesagt: Die meisten Menschen stellen sich gegen Änderungen, weil sie sagen, das muss der Papa machen oder die Mama oder Gott, jedenfalls irgendwer anderer. Ich glaube, wenn sich drei Sachen gesellschaftlich und politisch einarbeiten, dann ist es egal, ob du jetzt was glaubst oder Schwierigkeiten hast oder betroffen bist, dann wirst du irgendwann sagen: „Okay, dann machen wir jetzt einfach mal das Richtige."

Erstens: Die US-Amerikaner and die Chinesen haben extreme Umwelt-Technologieprogramme am Laufen. Da müssen die Europäer und Europäerinnen früher oder später mit, weil es wirtschaftliche Folgen haben wird. Das hat Joe Biden schon bei seiner Wahl gesagt: „Es geht um Arbeitsplatze. Umwelttechnologien schaffen massenhaft Arbeitsplätze." Und die Chinesinnen und Chinesen machen es sowieso, ohne viele Trara.

Das Zweite ist die persönliche Erfahrung. Vor vielen Jahren haben alle bei Überflutungen gesagt: „Komm, dann pumpen wir das Wasser raus, die Versicherung zahlt es." Boms, kam die zweite. Und dann wurde ein Hochwasserkonzept durchgezogen. Denn beim zweiten Mal haben wirklich alle gesagt: „Okay, jetzt reicht's."

Gleichzeitig wachst eine Generation heran, für die normal geworden ist, dass es gute Informationen über den Klimawandel gibt.

Als es beispielsweise urn mehr Windenergie ging, gab es irre Propaganda im Internet, auch mit Todesdrohungen gegen Befürworter. Richtig, richtig krass. Habe ich auch abbekommen. Trotzdem wurde Windkraft zunehmend eingeführt. Deswegen denke ich, egal wie viele Leute schreien, egal wer Taut ist, egal wer droht, einen umzubringen, egal wer lügt: Das ist alles egal. Ich kümmere mich darum, dass was passiert, dass alle im Gesprach bleiben, dass alle sich noch in die Augen gucken können hinterher and nicht als Idioten dastehen.

Wie ist der Diskurs über Klima so eskaliert, dass Menschen wie Sie Todesdrohungen kriegen?

Menschen sind ja auch Tiere. Und sobald ein Tier in die Ecke gedrängt wird, wird es böse.

Nehmen Sie zum Beispiel die sogenannten Boomer und die Silent Generation. Diese Menschen sind jetzt alt und haben Angst – auch davor, am Ende als Deppen dazustehen, weil sie merken, dass alles zusammenbricht, dass ihre Entscheidungen vielleicht falsch waren, ihre Überzeugungen im Nachhinein auch. Da kann ich schon verstehen, dass sie Panik kriegen.

Konservative und/oder ältere Menschen beklagen dagegen, dass die Jugend sich mit Protesten und Verboten in den Mittelpunkt drängen und die Gesellschaft für sich vereinnahmen möchte. Ist da etwas dran?

Das war schon immer so. Ich habe schon 2000 Jahre alte Texte gelesen, wo beklagt wird, dass die Jugendlichen immer so einen Terz machen und faul sind und immer die Gesellschaft umgestalten wollen. Als ich in der Schule war, habe ich das auch schon gehört. Jetzt höre ich es immer noch. Das sagen alle alten Leute seit mindestens 2000 Jahren, vermutlich schon seit 10.000 Jahren.

Trotz aller Informationen wissen Umfragen zufolge 20 Prozent der Jugendlichen nicht, was Klimawandel genau ist. Ihre Vorträge, die IPCC-Berichte und anderes mehr – sind die vielleicht immer noch zu schwer verständlich für den Durchschnitt?

Wer einem Vortrag von mir nicht folgen kann, dem kann ich mit meinen Mitteln nicht helfen. Da kommt kein einziges Fremdwort vor und er besteht nur aus Bildern. Und zu den 20 Prozent: Das ist doch gut, denn das heißt doch, 80 Prozent der Leute raffen es. 80 Prozent sind sensationell.

Aber wie sind die 20 Prozent zu erklären, die es nicht verstehen?

Das Verstehen ist nicht das Problem. Die begreifen jedes Wort. Dass sie weder verstehen wollen noch ihren Arsch bewegen, das ist nicht mein Problem. Wenn Menschen keinen Bock haben, weiterzuleben als Menschheit, sondern sozusagen im SUV entweder zu ertrinken, zu verbrennen oder zu verhungern, okay. Wirklich, ganz im Ernst: Nicht mein Problem. Da kann ich nichts machen.

Sie haben eine sehr direkte Art. Ist dieser Tonfall die richtige Weise, den Dialog zum Thema Klimaschutz zuführen?

Keine Ahnung. Klicks auf Fach-Vorträge gibt es jedenfalls massenhaft, genauso wie Nachfragen. Mein Team und ich ertrinken in Anfragen für Klimavorträge. Also offenbar ist ein, wie soll ich sagen, nie gekanntes Interesse daran vorhanden. Ob das zielführend ist, weiß ich nicht. Wird sich dann zeigen.

Unsere Serie heißt „Alles Sagen". Nach allem, was Sie so erleben, sollten Menschen wirklich immer alles sagen dürfen?

Was ist denn „alles"? Es kommt aufs Gegenüber an. Ob man alles sagen darf, müssten Sie eher Leute fragen, die mich beleidigen, bedrohen, ärgern. Keine Ahnung, mir ist es egal.

Aber bei Ihnen kann auf jeden Fall jeder alles sagen?

Ja, klar. Aber warum? Es ist ja eher eine Frage der sozialen Sinnhaftigkeit, ob man in einer Situation alles sagen sollte. Ich halte das grundsätzlich für völlig unproblematisch: Sag doch einfach, was du sagen willst, anstatt mir jetzt zu erklären, dass man angeblich nichts mehr sagen darf.


Mark about death and dying

“Friends of Humanism”


Die Polizei verwendet ihre Zeit, nur wenn es sinnvoll ist

t-online | 2024


Mit Maden dem Täter auf der Spur

Das Goldene Blatt | 1999


Weck mich am Arsch

Mit Langschläfer Mark