Ausverkauft: Kriminalbiologe Mark Benecke füllt die Stadthalle

Quelle: Freie Presse, 6. März 2023, RUND UM CHEMNITZ

Als Wissenschaftler beschäftigt er sich mit Fliegen, Maden und Blutspritzern. In Limbach-Oberfrohna stößt seine Expertise erneut auf großes Interesse.

Von Ralf Jerke

LIMBACH-OBERFROHNA — Dr. Mark Benecke ist Kriminalbiologe. Sein Aufgabengebiet: Fliegen und Maden, aber vor allem auch Blutspritzer und Spermaflecken. Durch seine Analyse verschiedener Insekten, die auf Leichen gefunden wurden, konnte schon unzähligen Verbrechern weltweit das Handwerk gelegt werden. Jetzt ist Mark Benecke mit einem Infotainment-Abend auf Deutschlandtour. Allerdings kann sich dem Betrachter beim Anblick einiger Fotos leicht schon mal der Magen umdrehen. Denn gezeigt werden nicht die üblichen ,Wo ist hier der Fehler?" — Bilder, sondern Aufnahmen stark entstellter Leichen, meist in großen Blutlachen. Und genau um das rote Lebenselixier geht es auch in der neuen Vortragsreihe mit dem Namen „Blutspuren", mit der der Experte am Freitagabend in Limbach-Oberfrohna gastierte. Mithilfe detaillierter Nahaufnahmen lassen sich wichtige Fragen klären: Aus welchem Winkel ist das Blut an die Wand gespritzt? Warum sind da Bluttropfen, wo eigentlich keine sein dürften? — Fragen, die Mark Benecke keine Ruhe lassen, denn der Kölner ist für Polizeibehörden aller Herren Länder rund um die Uhr zu erreichen. Dabei zeigt Benecke auf, dass in Blut mehr steckt als nur Erbsubstanz. Es findet sich öfters an Tatorten, wird aber manchmal als selbstverständliche Spur ohne weiteren Wert angesehen. Benecke tritt bereits zum zweiten Mal in der Limbach-Oberfrohnaer Stadthalle auf, auch diesmal wieder vor ausverkauftem Haus. 830 Karten habe man verkauft, so Geschäftsführer Wolfgang Dorn. Auch Michael Richter vom Veranstalter Zeitklang Event bestätigt den Erfolg. Benecke arbeite akribisch im Internet, sei mit ständigen Updates in den sozialen Netzwerken präsent und durch seine Fernsehauftritte bekannt. Niemand bearbeite das Themengebiet so wie er. „Dazu kommt, dass viele Leute regelrecht blutrünstig geworden sind", so der Chef der Agentur weiter. Spürbar wird das gleich zu Beginn der Veranstaltung. Benecke weist das Publikum auf allerlei Dinge und Regeln hin, die während des Vortrags möglich oder zu beachten sind. Unter anderem gibt es nach der Pause die Gelegenheit für ein Gruppenfoto, das noch am Abend auf Facebook und Instagram gepostet wird und auf dem sich die Besucher selbst markieren können. Auch Tuscheln oder Zwischenrufe scheint der Wissenschaftler nicht zu mögen. Bei jeder noch so kleinen Regung unterbricht er seinen Vortrag für kurze Zeit, fragt höflich nach und sorgt so wieder für die nötige Ruhe und Konzentration in den Sitzreihen. Wer den promovierten Kriminalbiologen kennt, weiß meistens schon vorher, was ihn erwartet. Die Vorträge mit Bildern aus echten Fällen sind nichts für schwache Nerven. So verlassen auch bereits nach 30 Minuten die ersten Zuschauer den Saal, denen das, was sie sehen, offenbar auf den Magen schlägt. Zu sehen sind Blut, Leichen und schwer misshandelte Menschen. Benecke erläutert trotzdem sachlich seine Arbeit und erzählt, wie beispielsweise Größe und Form von Blutspritzern einen Tathergang rekonstruieren. Es gelte dabei, sich eine Art kindliche Neugier zu bewahren, bei der man alles interessant findet. Nur so könne man scheinbar nebensächliche Spuren entdecken und interpretieren, die oft viel mehr aussagen als das, was auf den ersten Blick zu sehen ist. Wird es schwieriger, führe er in Abstimmung mit den Ermittlungsbehörden mit seinem Team an Originalschauplätzen auch Experimente durch, die maßgeblich zur Aufklärung von Verbrechen beitragen können. Die Professionalität, mit der er als Sachverständiger zu Werke geht, ist greifbar. Dabei betont er immer wieder, dass er sich nicht auf Denken, Glauben und Meinen verlasse, sondern für ihn ausschließlich Messen zähle. „Wir wollen nicht denken. Ich glaube niemandem, nicht mal mir selbst", so der 52-jährige. Außerdem arbeite er weder für Opfer noch für Täter und auch nicht für Gut oder Böse. Er erstelle seine Gutachten neutral, und am Ende zähle nur die Wahrheit. Allein die Gerichte entscheiden über die Wertigkeit der ermittelten Tatsachen. Bei seiner Arbeit gebe es immer jemanden, dem das Ergebnis nicht gefalle. Der Erfolg von Mark Benecke spiegelt sich nicht zuletzt in seiner riesigen Fangemeinde wider. Das war am Freitag auch in Limbach-Oberfrohna zu spüren. Benecke, selbst seit einigen Jahren in der Gothic-Szene aktiv, zieht schwarz gekleidete Menschen scharenweise an. Die Faszination für das Morbide liegt wohl an seiner Person und an den Bildern vom Tod zugleich. Das bestätigen auch Vivien Greulich und Nancy Schwarze. Die Freundinnen sind aus Lößnitz und Leipzig in die Stadthalle gekommen und loben Benecke in höchsten Tönen. „Besonders mögen wir, wie er offen und herzlich auf die Leute zugeht", sagen die beiden Frauen, die seit mehr als 15 Jahren so viele seiner Vorträge wie möglich besuchen. Vivien Greulich hat sich sogar Beneckes Autogramm auf den Arm tätowieren lassen. Auch die Fernsehserie „Medical Detectives" gehöre für sie zum regelmäßigen Programm. Benecke hatte in der Vergangenheit in einigen Folgen der US-amerikanischen Krimi-Doku mitgespielt. Dass er aber nicht nur Hardcore-Fans hat, sondern sei-ne Zuhörer zum Teil auch Menschen sind, die das Gezeigte nachhaltig beeindruckt, weiß auch Benecke. So entlässt er sein Publikum nach dem dreistündigen Vortrag nicht ohne ein Augenzwinkern mit einem Bild eines glitzernden Einhorns und der Feststellung, dass er am ganzen Abend nicht ein einziges Fremdwort benutzt hat.


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