Die schwierige Suche nach Hanaa S.

Quelle: Solinger Tageblatt, Ausgabe vom 6. Juli 2017

VON HANS-PETER MEURER

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Kriminalbiologe Mark Benecke sieht gute Chancen, die Leiche zu finden. Das wäre für den Prozess wichtig.

Für vier Tage unterbrochen wurde die Suche nach der vermutlich getöteten Hanaa 5. (35) in einem Waldgebiet bei Heilbronn. Die Suche werde aber noch in dieser Woche intensiv fortgesetzt, kündigte Staatsanwalt Heribert Kaune-Gebhardt gestern an. Wenn heute der Mordprozess ohne Leiche vor dem Wuppertaler Landgericht mit dem 70. Verhandlungstag fortgesetzt wird, dann sitzt auch der 26-jährige Schwager der seit April 2015 verschwundenen Hanaa S. (35) wieder auf der Anklagebank. „Womöglich gibt es von ihm eine weitere, noch konkretere Einlassung zum eigentlichen Tatgeschehen, zum Transport und zur Ablage der Leiche", sagte der Staatsanwalt.

Der Schwager hatte als einer der mutmaßlichen Täter am 69. Verhandlungstag ein Teilgeständnis abgelegt und Mitverantwortung übernommen. Und er wollte der Polizei den Ort zeigen, an dem seine tote Schwägerin in dem Waldstück bei Heilbronn liege.

Der Angeklagte habe das Waldgebiet wiedererkannt, den genauen Ablageort jedoch nicht, sagte Kaune-Gebhardt. „Das Tatgeschehen ist über zwei Jahre her, und es hat damals im Frühjahr eine ganz andere Vegetation gegeben", hat der Staatsanwalt dafür Verständnis. „Wir sind jedoch in der Eingrenzung des Gebietes ein gehöriges Stück weitergekommen, auch dazu, wie die Leiche abgelegt worden ist." Ob sie vergraben oder nur mit Laub zugedeckt, ob in einen Teppich oder in andere Materialien eingehüllt wurde, darüber schweigt Kaune-Gebhardt unter dem Hinweis, dies könne nur Täterwissen sein. Jedenfalls ist der Ankläger „guter Dinge", nicht nur die Leiche zu finden, sondern auch die Bluttat vollends aufzuklären.

Ein Mordprozess mit Leiche ist allemal besser als ein reiner Indizienprozess ohne Leiche." Das sagt der Kölner Dr. Mark Benecke, TV-bekannter Kriminalbiologe (» siehe Kasten). Denn vielfach könne man anhand gefundener Leichen oder Leichenteile selbst noch nach langer Liegedauer des Opfers vieles zur Tat erkennen.

„Der Zersetzungsgrad von Weichteilen an einer Leiche hängt von verschiedenen Faktoren ab wie der Lagerdauer, den Umgebungs-Temperaturen, der Lagerumgebung der Leiche, ob sie vergraben ist und wie tief, ob sie in einen Teppich eingerollt oder ob sie quasi luftdicht in Plastiktüten eingehüllt ist", erklärt der Sachverständige für Tatortspuren. Auch Tierfraß sei möglich: So könnten Wildtiere wie Wildschweine oder Füchse Teile der Leiche angenagt oder weit verteilt haben. Das könne sogar bis zur Totalzerstörung der Leiche führen. „Dann wird die Suche ungleich schwieriger", sagt Dr. Benecke.

Er habe schon erlebt, dass Wildtiere Leichen sogar ausgebuddelt hätten. Wildtiere machten sich manchmal seltener über Lei-chen her, wenn es mechanische Hindernisse gibt wie kleinwüchsige Nadelbäume im Unterholz, so Beneckes langjährige Berufserfahrung. Die wissenschaftliche Spurensuche beginnt erst mit dem Leichenfund Wenn eine Leiche nur abgelegt worden sei, dann hätten sich diverse Insekten über den Leichnam hergemacht. Da seien meist Ameisen und Schmeißfliegen sowie deren Maden am Werk. Letztere könnten sogar Zähne im Schädel lockern.

Andererseits habe der Kriminalbiologe auch schon Leichen gesehen, die, in Wäldern abgelegt, einschließlich Bereichen von Weichteilen mehrere Jahre erhalten geblieben wären. Aber selbst wenn man eine Leiche mit großer Zersetzung der Weichteile oder sogar nur noch als Skelett finden würde, bestünden noch Möglichkeiten, die Todesursache und mechanische Verletzungen am Knochen wie Stichspuren eines Messers festzustellen. Dann könne jedes aufgefundene Knöchelchen wichtig sein.
 

Mit herzlichem Dank an Hans-Peter Meurer und die Redaktion für die Erlaubnis zur Verwendung.


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