Wave Gotik Treffen (WGT): Festspiel der Geister / Festival of Spirits and Spectres

Quelle: Black Celebration. 20 Jahre / 20 years Wave-Gotik-Treffen (pdf) Plöttner Verlag, Leipzig, Juni 2011

Von Mark Benecke

Deutsche Version: Festspiel der Geister

Als ich zum ersten Mal auf den nassen, grottengrau zerfurchten und rostigen Vorhof der Agra trat, fühlte ich mich zum ersten Mal im Leben zu Hause. So wie andere Menschen in einen Alptraum hinein erwachen, wenn sie fieberkrank die Augen öffnen und nichts mehr wissen, so erwachte ich ins Paradies. Alles war schwarz, alles war laut, alle waren völlig gestört und das Chaos war unübersehbar. Wie wunderschön.

Der große Unterschied des WGTs zu Parties, auf denen die Garderobe mit vierhundert schwarzen Mänteln bestückt ist (schon erlebt, auch cool) oder Festivals, die unter der tausendfach verfluchten Sonne auf Riesenflächen stattfinden, ist eben der: dass in Leipzig jeder vier Tage lang macht, was ErSieEs will. Das gilt sowohl für die Künstlerinnen als auch die Veranstalter, die sich so dermaßen nicht reinreden lassen, dass ihre Standfestigkeit schon fast gruselig ist. Doch davon erfährt keiner was. Bis vor Kurzem gab es noch nicht einmal einen englischsprachigen Wikipedia-Eintrag zum Wave-Gotik-Treffen. Ich habe überlegt und es dann gelassen. Wer außer den TeilnehmerInnen soll schon verstehen, was dort seit zwanzig Jahren passiert?

Dass sich Menschen wirklich in fast mittelalterlichen Seifen-Zubern säubern, um sogleich wieder in den Schlamm zu steigen, dass Vampyre nachts auf weichem Rasen lagern, dass sich knallrosa Polyester-Locken aus Cyberköpfen winden oder blasse Gothic-Lolitas ihre sexuell verirrten FreundInnen an die Kette legen, während Oldschool-EBMler mit Zahnrad-Shirt die Fassung zu wahren versuchen, während um sie herum die vierte und fünfte Generation mal wieder nichts als Quatsch macht und auf dem Zeltplatz zu viel säuft, anstatt den alten Göttern auf der Bühne zu huldigen: Das begreift keiner, der nicht tief eintaucht.

Apropos Bühnen. Dass die so weit auseinander liegen, bürdet den ZuschauerInnen nervtötende Reisen auf, vor allem, wenn sie kein Geld für ein Taxi oder wahlweise viel Zeit oder reiche Gönner haben. Daher lassen viele WGT-Gänger das Hin- und Herreisen einfach bleiben und schnallen sich auf einem der zahlreichen Gelände fest. Oder sie kleiden sich tagelang in den Agra-Shops ein, kaufen Bücher oder lassen sich Aufsteckzähne oder Halsbänder anpassen. Oder sie quatschen nur Nacht um Nacht mit ihren Buddies. Sinn ergibt das nicht, denn eigentlich ist das WGT ja das schwärzeste Musik-Festival der Erde. Macht aber nix. WGTler ziehen eben hin und ziehen her, doch irgendwann zieht niemand mehr. Dieser Moment der Ruhe und Einsicht ist schon fast religiös: Es ist der völlige Einklang mit den vielen schwarzen Subkulturen nebst der Einsicht, wie stark sie schillern — ohne dass irgendwer da draußen das wahrnimmt.

Zwar beschlossen auch die Boulevard-Medien ab 2009, dass Gruftis die FreundInnen Leipzigs seien, weil sie so eine prima Pensions- und Hotel-Auslastung besorgten sowie am Bahnhof durch unerwartete Höflichkeit auffielen. Dennoch gelangte bisher kaum Inhaltliches vom WGT nach außen. Auch wenn es abgedroschener nicht sein kann — ich sehe wirklich die tausenden Schuppen der schwarzen Schmetterlingsflügel, wenn ich durch die WGT-Menge treibe. Doch im Dunkeln ist die Sicht halt schlecht, wenn man es nicht gewohnt ist.

So kommt es, dass der Rest der Welt sich eben nicht für schwarze Subkulturen interessiert. Letztlich ist das WGT auch das Festival der Traumatisierten, der Ausgestoßenen, der Kinder, die früher zu mild oder zu strange oder zu zurückgezogen waren, als dass sie Fußball hätten lernen oder Tiere als Eigentum betrachten können. Gruftis grübeln und zweifeln halt lieber, anstatt sich an die brachialen oder — Gott bewahre — bunten Fronten zu begeben. Manche wachsen heraus, andere nicht. Oh, sagte ich Gott? Entschuldigung.

Dazu passte einer der für mich bewegendsten Vorträge, bei dem meine Ex-Frau [...] und ich als Redner über Serienmord hinterher durch viele Anfragen feststellten, dass nicht nur viele Opfer von Missbrauch, sondern auch eine Anzahl von möglichen Tätern im WGT-Publikum saß. Dass ich trotz dieser ansonsten luftabschneidenden Gedanken AGONOIZE krachen lassen und ausnahmsweise sogar EMILIANA TORRINI auf der Leinwand durch den Dschungel toben lassen wollte, durfte und konnte, zeugt von der sprichwörtlichen Toleranz und, auch wenn der Begriff eigentlich nicht so richtig passt — extremen Coolness der Szene.

Natürlich bitchen auch Elektroheads über Guitarrenmusique, EBMler über blutende Engel mit samtenen Tränen und überhaupt alle über alle, ganz wie in jedem anderen Kleingartenverein. Doch auch dabei herrscht wieder ein großer Unterschied zum Rest der Welt: Die harten Kämpfe bleiben in den schwarzen Szenen aus und die Bitterkeit im eigenen Herz. Manchmal heilt sie, wie gesagt. Manchmal aber auch nicht. Das WGT ist daher für mich ein großes Treffen von Phantomen, Geistern, Elfen, Monstern und Gespenstern, die miteinander wispern und flüstern, anstatt zu brüllen und zu kloppen.

Dass dabei regelmäßig meine Kofferrollen von den schrottigen Granitplatten der Leipziger Bürgersteige zerschunden werden, dass die Bändchenausgabe mal klappt und mal nicht, dass der schwarze Nagellack zumindest in der Agra zu teuer verkauft wird und dass die Toilettenräume von sehr eigentümlichen Wesen, oft genug undefinierbaren Geschlechts, bevölkert werden — all das ist Teil der Tatsache, dass beim WGT etwas ganz Besonders vonstatten geht — nämlich das Outing von Menschen, die andernfalls so unauffällig sind, dass man sie niemals gefunden hätte, wenn, ja wenn, es das WGT nicht schon seit zwanzig Jahren gäbe. Danke schön.


English Text Version: Festival of Spirits and Spectres

Festival of Spirits and Spectres

When I walked through the wet, grey and rusty forecourt of Agra for the first time, I felt at home for the first time in my life. Unlike other people who, from being sick of fever; awake into a nightmare when they open their eyes and know nothing more, I woke up in paradise. Everything was black, everything was loud, everyone was completely deranged and the chaos was obvious. How beautiful.

The big difference between the WGT and parties where the cloak-room is filled with four hundred black coats (already experienced, also cool) or festivals which take place at an open air venue under the thousand times cursed sun, is namely that in Leipzig everyone does what he/she/it wants for four days. This is true for the artists as well as the organisers, who couldn't care less about others' opinions, so much so that their steadfastness is almost scary. Although nobody realises this. Until a short time ago, there wasn't even a single English language Wikipedia entry about Wave-Gotik-Treffen. I thought about it and then did nothing. Who other than the participants could understand what has been taking place there over the last twenty years?

That people scrub themselves clean in practically medieval wooden bathing tubs, just to step directly back into the mud, that vampyres spend the evenings hanging about on soft lawns, that bright pink polyester curls creep out of cyber-heads or pale gothic lolitas lead about their sexually confused boy/gir/friends on leashes, while old school EBM fans with cogwheel-shirts try to keep their balance, as all around them the fourth and fifth generations just fool around and drink too much at the camp ground rather than worship the old gods on the stage: anyone not deeply immersed could not comprehend this.

Speaking of stages. Since they are so far apart from one another, the concert goers are forced into nerve wracking journeys, especially if they have neither money for a taxi nor enough time nor wealthy patrons. Therefore many WGT-attendees refuse the travelling to and fro and just stay put at one of the numerous venues. Or they dress themselves all day at the Agra-shops, buy books or get fitted for removable fangs or collars. Or they stay up night after night just chatting with their buddies. This is somewhat senseless considering that the WGT is the darkest music festival in the world. But it doesn't matter. WGT'ers move about here and there, but at some point none of them moves anywhere. This moment of tranquility and insight is almost religious: It is the cornplete harmony between the many dark subcultures combined with the insight of how much they sparkle - without anyone from the outside taking notice.

However, the tabloids decided from 2009 on that Goths are friends of the city of Leipzig, because they are known for thoroughly booking the pensions and hotels to juli occupancy and for their unexpected courtesy at the train station. Yet even so the inner lift of the WGT is still not visible from the outside. Although it could not be anymore trite - I really do see the thousands of scales of the black butterfly's wings when I drive by the masses of WGT. But in the dark, the view is just obscured if one is not accustomed to it.

So it happens that the rest of the world is just not interested in dark subcultures. Ultimately, the WGT is also the festival of the traumatised, the outcasts, the children who used to be too mild or too strange or withdrawn when they were scheduled to learn how to play football or to regard animals as property. Goths prefer to brood and doubt rather than defecting to the brachial or - God forbid - colourful front. Some grow out of it, others do not. Oh, did I say God? Sorry.

For me this goes along with one of the most moving lectures when my former wife and I, speaking about serial murder, found after many inquiries that not only many victims of abuse, but also a number of possible suspects sat in the WGT audience. That despite this otherwise breath taking realisation, I wanted to, ought to, and could rock with AGONOIZE and in exceptional cases even rave with EMILIANA TORRINI on the screen through the jungle, begets the proverbial tolerance and, even if the term really does not fit right - the extreme coolness of the scene.

Naturally electroheads bitch about guitar music, EBM fans about bleeding angels with velvet teardrops and in general everyone bitches about everyone else, just the same as in any gardening club. But here there is a big difference compared to the rest of the world: hard fighting fails to appear in the dark scene and the bitterness remains inside one's heart. Sometimes it heals, as I said. But sometimes not. The WGT is therefore for me a big gathering of phantoms, spectres, elves, monsters and ghosts, whispering and murmuring to each other, rather than yelling and striking out.

That my suitcase will be regularly abused and battered by the granite plates of the Leipzig sidewalks, that the issuing of wristbands will sometimes function and sometimes not, that the black nail polish, at least in the Agra, will be too expensive and that the toilets will be populated by creatures of a very peculiar nature and often enough of indefinable gender - all of this is apart of the fact that the WGT is about something special - namely tke coming out of people who are otherwise so inconspicuous that they would have never been found, if, yes if, the WGT hadn't already existed for twenty years. Thank you.

WGT-Tagebuch 2024

Quelle: Sonic Seducer, Juli, Seiten 85 – 95

→ Den Artikel gibt es hier als .pdf

31. Wave-Gothic-Treffen | 17. – 20. Mai 2024

Auf nach Leipzig hieß es an Pfingsten wie der traditionell, zum inzwischen 31. Wave-Gotik-Treffen. Und viele Gruftis aus aller Welt sind dem Ruf des größten deutschen Subkultur-Festivals gefolgt, manche zum ersten, manchen zum zigsten Mal. Und das mit durchaus unterschiedlichen Motiven. Während die einen möglichst vielen Konzerten der insgesamt 219 Bands und Musiker lauschen wollten, zog es die anderen zu Lesungen, zum Mittelalter-Flair ins Heidnische Dorf oder zum Viktorianischen Picknick. Wie jedes Jahr wurden dabei die Rufe laut, dass das WGT vielen nur noch als Instagram-Maskenball diene und die Szene zudem immer mehr zur Kommerzveranstaltung geriete. Fakt ist, das inoffizielle Rahmenprogramm, das man in Leipzig auch ohne Festivalbändchen erleben kann, war auch in diesem Jahr wieder üppig. Freier Eintritt in diversen Museen, das Steampunk-Picknick am Kleingärtnermuseum, der Dark Affair-Markt mitten in der Leipziger Innenstadt und natürlich das Gothic-Pogo-Festival am Werk II.

Im Mittelpunkt stand für die meisten der vom Veranstalter genannten Besucherzahl von 18.000 aber wohl wieder einmal die Musik, wobei es auch dies es Jahr wieder zahlreiche Highlights zu erleben gab. Neben dem Mitternachtsspecial der Editors erfreuten sich auch Prayers aus Mexiko, Dernière Volonté im besonderen Ambiente der Kuppelhalle, Diva Destruction, die Reaper-Reunion-Show, aber auch Newcomer wie SDH (Semoitics Department O f Heteronyms) oder die Schweden von Emmon regen Zuspruchs.

Viel zu hören und zu sehen also beim 31. WGT. Und wer ganz genau hinschaute, der konnte sogar den ein oder Straßenbahnfahrer der Leipziger Verkehrsbetriebe in entsprechender Gothic-Gewandung erhaschen.

Marc Urban

Aber nun übergeben wir das Wort an Dr. Mark Benecke und wünschen gute Unterhaltung mit seinem exklusiven WGT-Tagebuch 2024!


11. Mai 2024

22:05 Uhr: Letzter Tag vor der Abreise zum WGT. Davor noch eine Autismus-Konferenz. Ines ist erst jetzt eingefallen, dass sie ihre Haare noch grün färben muss.

12. Mai 2024

11:27 Uhr: Ines’ Haarfarbe sieht genauso aus wie vor dem Färben. Sie meint aber, der Grünton sei jetzt viel intensiver. Da ich den Unterschied nicht bemerke, bescheinigt sie mir Farbenblindheit. Ich kann offenbar grün nicht von grau unterscheiden.

Köln, Hauptbahnhof:

Wochenalter Geruch von Urin und Crack strömt uns entgegen. Im sauberen Sachsen, besonders in den kameraüberwachten Promenaden, dem Einkaufsparadies im Leipziger Hauptbahnhof, wird es garantiert anders aussehen und auch anders riechen.

13. Mai 2024

10:55 Uhr: Unser Festival-Banner-Motiv von Tikwa trifft ein. Seine großartigen Geschichten von Engeli und Teufeli erfreuen mich schon seit Ewigkeiten. Jetzt bin ich Teil dieses traumhaft gruftigen Universums. Tikwa hat sich sogar in Motten hineingefuchst und lässt diese aus meinem Herz steigen.

Berlin, Friedrichstraße: Nach einem Kongress zu verschollenen Büchern in der Staatsbibliothek, beschleicht uns beide das Gefühl, etwas Wichtiges für das WGT vergessen zu haben. Und tatsächlich: Ines vermisst ihr Patchouli-Parfum. Sie schlägt vor, in den hiesigen Darkstore zu gehen. Da Ines die Angewohnheit hat, sich die exotischsten Patchouli-Sorten zu kaufen (Ines: „Zuletzt habe ich mir Patchouli-Marzipan geholt.“), hoffen wir, dass der Laden auch solche besonderen Düfte anbietet.

14. Mai 2024

18:34 Uhr: Berlin Friedrichshain: Wir erreichen den Darkstore. Verkäuferin Kati begrüßt uns: „Ihr habt Glück, denn wir haben schon 80 Prozent unserer Ware weggeräumt“. „Wo räumt ihr diese hin?“, will ich wissen. „In Lkw, mit denen wir zum WGT fahren. Und ich hoffe, dass nichts mehr zurückkommt“ (lacht). Kati und Olaf, der für den „Kleinkram“ (vor allem Werkzeuge) verantwortlich ist, ist auch auf spezielle Wünsche eingerichtet ... zum Beispiel verschiedene Patchouli-Sorten. „Letztes Jahr hat uns ein Besucher nach Patchouli-Pflaume gefragt“, erzählt Olaf. „Wir konnten aber nur Patschuli-Erdbeer und Kirsche anbieten.“ Ines empfehlen die beiden übrigens Patchouli mit Kaffee.

16. Mai 2024

9:06 Uhr: Mein Vortrag auf der Autismus-Konferenz des Bundesministeriums für Bildung und Forschung der Humboldt-Universität und der Goethe-Universität im Senatssaal der Humboldt-Universität steht unmittelbar bevor. Über Nacht hat sich Ines’ Nagelfarbe auf einmal verändert. Die Nägel sind jetzt schwarz. Doch Zweifel quälen sie: „Ich kann mich nicht entscheiden, ob ich meine Nägel schwarz oder weiß lackieren soll.“

9:44 Uhr: Im Publikum der ersten Reihe sitzt Jörn, ein Gothic. Er trägt eine silberne Fledermaus, Mittelscheitel und ein Edgar-Allen-Poe-T-Shirt. Ich frage ihn, welche Farbe Ines für ihre Fingernägel nehmen soll. „Ich bin für schwarz, aber es ist ihre Entscheidung“. Jörn nimmt an der Konferenz Teil, weil er selbst Autist und Mitglied beim Verein „White Unicorn“ ist, der Autistinnen und Autisten befragt und in dessen Vorstand ich bin.

14:10 Uhr: Wir stehen vor dem ICE nach München, werden aber von unseren reservierten Sitzplätzen verscheucht mit den Worten: „Warum wollen eigentlich alle nach Leipzig? Gehen sie bitte raus.“ Auf Nachfrage, ob dieser Zug denn nach Leipzig fahre, sagt der Begleiter: „Ja, dies könnte der Zug nach Leipzig sein. Gehen sie aber bitte trotzdem raus.“ Wir sind verwirrt.

14:28 Uhr: Ein Zugteil fährt, der andere nicht. Gegenüber fährt ein weiterer Zug, aber nur bis Bitterfeld. In weiser Voraussicht (oder auch aus Panik) reserviere ich direkt weitere Zugverbindungen, die später am Abend fahren.

16:33 Uhr: Endlich in Leipzig. Eigentlich müssten wir in einen Karnevalsladen, um schwarzes Konfetti zu kaufen. Außerdem braucht Ines Helium für die Jubelfeier der Vampyr-Community. In diesem Moment entdecken wir eine Steampunk-Ausstellung. Die örtliche Bevölkerung bewundert diese. Besonderes Staunen ruft bei einem Mann in Camp-David-Übergangsjacke ein goldener Helm hervor. Preis des Steampunk-Helms: 4.500 Euro.

17:06 Uhr: Die Bändchenschlange harrt im strömenden Regen aus. „Morgen wird das Wetter schön, und dann werden wir picknicken“, glaubt Ceyda, die zusammen mit Silvio geduldig wartet. Fürs Picknick haben sie alles dabei: Käsehäppchen, Nüsschen, Sektchen. „Und vielleicht hole ich noch eine Leipziger Lerche.“

17:24 Uhr: In der Linie zwölf treffen wir Sage und Jules, die sich darüber freuen, auch auf der Hinfahrt so viele „buntschwarze“ Menschen getroffen zu haben. Für Sage ist es das erste WGT. „Ich bin sehr aufgeregt und gespannt, wie die Leute so drauf sind, und möchte mit Menschen zusammenkommen, die die gleiche Musik hören, und vielleicht neue Freundschaften schließen.“ Sie freut sich vor allem auf [x]-RX. Jules, der schon öfters in Leipzig war, hat ihr versprochen, dass sie nach diesen Tagen inspiriert nach Hause fahren wird.

17:33 Uhr: Schlimm, schlimm! Der europäische Fußballverband UEFA führt hier irgendeine Registrierung durch. Einige der internationalen Gäste schauen die hereinströmende Schar von Menschen in schwarzer Kleidung, mit bunten Rastazöpfen und in für sie offenbar wie Spitzenwäsche scheinender Oberbekleidung oberflächlich gleichgültig, aber doch mit zahlreichen erkennbaren Seitenblicken an. Sollen wir ihnen sagen, dass wir keine Fußballfunktionäre oder gar aktive Sportler sind?

19:48 Uhr: Wie sich herausstellt, müssen wir in zwölf Minuten an der Agra sein, sind aber erst im Bahnhof. Es wird schwierig.

20:05 Uhr:Wir sind noch nicht weit gekommen, allerdings haben wir Ines verloren. Wo ist Ines? Dafür steht jetzt neben mir eine jahrhundertealte Vampirin, die wie aus einem Manga entsprungen scheint. „Ich muss mir noch einen alten Namen geben“, meint sie. „Agnes! Ich heiße Agnes.“

20:39 Uhr: DJ Elvis und DJ Olli, die auf der Eröffnungsfeier des WGT auflegen werden, sind eingetroffen. Festival-Chef Sven hofft, dass die beiden ob ihres fortgeschrittenen Alters bis zur Eröffnungsfeier durchhalten werden. Nach der Eröffnungsparty, die ich mit dem Zünden einer Konfettibombe mit unzähligen weißen Schmetterlingen zu einem zauberhaften Erlebnis machte (so rede ich es mir wenigstens ein), treffen wir an der Haltestelle zur letzten Straßenbahn Pandora und Melanie. Pandora hat wie Ines einen spitz zulaufenden Pony. Da stellt sich die Frage: Pony dreieckig geschnitten? Oder doch lieber gerade? „Dreieckig, weil das einfach fancier ist“, meint Pandora. Auf dem Nachhauseweg kommen wir am WGT-Teich vorbei. Eine der wiederkehrenden, brennenden Fragen von Ines: Welche Farbe hat der Teich? „Er sieht ein bisschen grün aus. Wegen der Algen“, vermutet sie. Vielleicht sind es auch andere Sachen.

17. Mai 2024

11:28 Uhr: In der Straßenbahn kommen wir mit Nina ins Gespräch. „Ich freue mich riesig darauf, wenn Leipzig wieder schwarz – oder besser gesagt buntschwarz – wird.“ Sie selbst ist zwar kein Gothic, aber sie liebt das Treiben zu Pfingsten. „Endlich wieder mal was los“, so ihr Fazit.

12:33 Uhr: Das Wasser im Brunnen scheint wirklich grün zu sein. Es liegt wohl doch nicht an den Algen, denn laut eines Schildes der Stadt Leipzig, das Wasser chemisch behandelt worden sei. Apropos Farbe: Ich habe mir einen schwarzen Nagellack gekauft, aber vergessen, ihn mitzunehmen. So kann ich natürlich nicht auftreten. Aber Rettung naht: In der Agra-Halle baut der Darkstore just seinen Verkaufsstand auf. Olaf rechnet dort damit, dass Netzstrumpfhosen wieder der Verkaufsschlager sein werden. „Netzstrumpfhosen sind aber auch ein bisschen wie die Teelichter eines schwedischen Einrichtungshauses“, fügt Kati hinzu. „Selbst wenn man nichts kaufen wollte, geht man mindestens mit ein paar Netzstrumpfhosen wieder raus“. Ines hat sich mit Patchouli eingedeckt.

“Dieses Mal ganz langweilig mit Vanille“, meint sie. Anyway: Ines hat ihr Patchouli, ich habe meinen Nagellack. Jetzt steht dem Auftritt nichts mehr im Wege.

12:48 Uhr: Da der Aufbau in der Agra-Halle noch andauert, habe ich jetzt die Möglichkeit – Ihr ahnt es bereits – mir die Nägel zu lackieren. Nur unsere Buchhändlerin Kathrin ist schon komplett vorbereitet und so etwas wie die Insel der Vernunft im WGT-Chaos.

16:07 Uhr: Die Bar versorgt die Besucher während aller Vorträge. Als Besonderheit empfiehlt Barfrau Jana „Purple Fire“, einen alkoholfreien Cocktail in Lila. „Da ist Curacao drin, sowie Grenadinesirup, Maracuja-, Orangen-, Ananas- und Zitronensaft.“ Klingt gesund. Ines indes überlegt mit Blick auf die Ananas, die auf der Theke steht, wie wohl die Mehrzahl von Ananas heißt.

16:31 Uhr: Backstage in der Agra ist neben DJ Elvis auch Fischi. Sie trägt einen gerade geschnittenen Pony. Was mich zu meiner Hauptfrage des diesjährigen WGT bringt: Pony spitz zulaufend wie bei Ines, oder gerade geschnitten? „Eindeutig gerade“, sagt sie. Ihr Argument: „Er ist einfach leichter zu stylen.“ Elvis will sich auch einen Pony schneiden. Das zeigt, wie wichtig dieses Thema ist.

16:37 Uhr: Im Agra-Backstage herrscht ameisenartige Betriebsamkeit. Techniker Nico bewacht ein selbst gemachtes Plakat. „Das ist unsere Botschaft an die etwas nervigeren Künstler, angelehnt an Monty Pythons großartigen Film ,Die Ritter der Kokosnuss’. In der Szene, wo eine Burg von den Franzosen besetzt worden ist, kam der Satz vor: ,Now go away or I shall taunt you a second time!’“ Ob er denn überhaupt schon nervige Künstler erlebt habe, wollte ich wissen. „Des Öfteren“, so seine Reaktion.

17:15 Uhr: Der Mitteldeutsche Rundfunk taucht auf und wird eine Live-Schalte vor der Agra machen. Ich habe bei meinem Vortrag das Publikum aufgefordert, sich zu beteiligen, da solche Live-Übertragungen nicht geschnitten werden können. Ob das eine gute Idee war?

18:43 Uhr: Neben dem Stand von „Hands“, die uns mit feinstem Noise beschallen, ist Maskenbildnerin Natascha Zenig mit ihrer Kunst vertreten. Heute verkauft sie Horrorkreaturen auf Tassen und Taschen. „Normalerweise entwerfe ich Zombies, die ich in einer passenden Location von einem Fotografen ablichten lasse und stelle diese Bilder dann aus“, erklärt sie. „Da ich aber keine Bilder mitnehmen konnte, habe ich mir gedacht, dass ich meine Werke mal auf Tassen drucken lasse, um auszutesten, wie die Gäste das annehmen werden.“ Die Liebe zu Gruselwesen ist für die gebürtige Kärntnerin schon immer vorhanden. „Schön kann jeder, schiach [österr. für „hässlich“] muss man können.“

18:55 Uhr: Selten habe ich Ines so stark auf einen Gegenstand fixiert gesehen. Es handelt sich um eine Geruchskarte mit gefühlt 100 Patchouli-Düften. Sie murmelt leise: „Patchouli-Erdbeer … abgefahren!“ Nun hält sie mir ihre Hand unter meine Nase: „Patchouli-Pflaume.“ Der Duft, nach dem so viele Besucherinnen und Besucher fragen.

19:25 Uhr: Am Stand von „Schnittmuskel“ steht die Chefin Denise inmitten von Kleidern, die man problemlos auch in der Metropolitan Opera tragen könnte – allerdings sind sie „destroyed“. „Wir haben asymmetrische, ausgefranste Säume an die Kleider genäht, sowie Karabinerhaken oder übereinandergelegte Stoffe. Das ist hier quasi die Mode der feinen Gesellschaft nach der Apokalypse.“

19:54 Uhr: Chris und Lucy von Ravenchild sind auch auf dem Marktplatz der Agra-Halle. Sie haben die Ausstellung „Steampunk trifft alte Meister“, die wir bei der Ankunft am Leipziger Bahnhof bewundern konnten, gestaltet. „Wir haben 200 Steampunks aus ganz Deutschland und 20 Fotografen organisiert“, erklärt Chris. „Diese sollten sich dann so positionieren wie die Figuren aus den Originalgemälden.“ Sogar ein Mädchen aus der Ukraine nahm daran teil. Sie wurde als „verwundeter Engel“ – das Bild stammt aus dem Jahre 1903 und ist vom finnischen Maler Hugo Simberg – dargestellt, um auch ein politisches Statement zu setzen. Lucy stand für mehrere Aufnahmen als Model vor der Kamera. „Es hat mir total viel Spaß gemacht, weil die Menschen, mit denen ich arbeiten durfte, sehr nett waren.“

20:17 Uhr: Peter Spilles von Project Pitchfork läuft auch durch die Hallen. Er ist einer der wenigen Künstlerinnen und Künstler, die sich trauen, sich unters Volk zu mischen. „Kann ich jedem meiner Zunft nur empfehlen“, meint er. „Man wird auch nicht die ganze Zeit angesprochen, weil Gothics dann doch eher schüchtern sind.“ Er selbst wird aber nachher auch wieder Backstage verschwinden, um, wie er sagt, „den anderen Bands die Getränke wegzutrinken und weiterzufeiern“.

22:04 Uhr: Gerade hatte Peter Heppner ein ruhiges, sehr feinsinniges Konzert auf der Hauptbühne in der Agra gegeben. Auch Ines ist überwältigt: „Eine zehn von zehn. Eigentlich müsste er elf Punkte bekommen.“

22:10 Uhr: Peter Heppner ist bei mir und schildert seine Eindrücke vom Auftritt: „Die Agra-Halle ist schwer zu bespielen, weil es darin unheimlich hallt. Aber es war ein schönes Konzert.“ So schön sogar, dass das Publikum am Ende der Zugabe dem Musiker auch noch „Danke“ zugerufen hat. Das habe ich in dieser Art noch nie bei einem Konzert erlebt.

18. Mai 2024

10:54 Uhr: Feueralarm im Hotel. Die Menschen strömen in den Vorhof. Es regnet, niemand hat einen Regenschirm dabei.

11:02 Uhr: Der Alarm ist aus, die Feuerwehr leute stehen etwas ratlos da. Der Gratis-Kaffee ist fürdie Hotelgäste freigegeben. Tag drei auf dem WGT kann nun endlich beginnen.

11:40 Uhr: Am Bahnsteig ist Sara mit einer Pride-Flag unterwegs. Ob das nicht zu bunt wird für die Grufties. „Hä?“, lautet ihre berechtigte Gegenfrage. Ich habe auch ein buntes Accessoire, nämlich mein verrücktes buntes Einhorn auf meiner Tasche. „Das ist schon cool“, befindet Sara. „Aber ein Dino wäre noch cooler gewesen.“ Sie ist zusammen mit ihrer Freundin Lilly bereits das – geschätzt – vierte Mal unterwegs. Lilly mag die Menschen, die auf dem Festival rumlaufen. „Auch wegen der Einhorn-Taschen.“

12:07 Uhr: Hanspeter und Ilse aus Honnef stehen mit mir an der Agra. Hanspeter betreibt akribische Festivalvorbereitung, wie Ilse erklärt. „Er hört sich jede Band, die auf dem WGT auftritt, an, hat drei Bildschirme am Start, liest sich die Biografien auf Wikipedia durch, schaut sich auf YouTube die neuesten Songs an, vergibt Sternchen, macht Excel-Tabellen ...“ Dennoch waren sie vom gestrigen Auftritt von Theatre Of Hate und Christian Death im Täubchenthal nur mäßig begeistert. „Da kam leider keine Stimmung rüber“, kritisiert Hanspeter. Für heute hat er aber keine Bedenken: „Agonoize werden uns nicht enttäuschen.“

16:10 Uhr: In wenigen Sekunden tritt der Tod auf. „Es ist ja wie ein Nachhausekommen. Home sweet home“, erklärt er mir. „Die Grufties sind ja wie Groupies. Die laufen mir ja ständig hinterher. Das kenne ich sonst ja nicht.“

16:57 Uhr: Der Tod singt Weihnachtslieder mit dem Publikum. „Tödliche Weihnacht überall, singen alle Gänse saftig prall. Weihnachtsbaum abgebrannt, bei Glatteis mutig losgerannt. Tödliche Weihnacht überall, singen alle Tannen vor dem Fall ...“

18:08 Uhr: Was für ein Konzert: In Strict Confidence in der Agra. Da muss man selbst dabei gewesen sein. Man kann sich gar nicht entscheiden, wer hübscher ist: Die Frontfrauen oder Sänger Dennis? Oder alle zusammen? Hinter der Bühne erzählt mir Chris von Agonoize von einem denkwürdigen Auftritt im Jahr 2007. „Wir waren gerade beim dritten Song, als ich feststellte, dass irgendwie die ganze Zeit Flüssigkeit von mir runterlief. Es stellte sich heraus, dass ich mir die Nase gebrochen hatte. Ich weiß bis heute nicht, wie das passiert ist. Obwohl ich nüchtern war.“ „Dem Publikum fiel es nicht auf, weil bei Agonoize-Konzerten sowieso immer viel Kunstblut läuft“, fügt Ines hinzu. Heute haben die Veranstalter gebeten, keine rote Flüssigkeit zu verteilen. Macht aber nichts: „In Berlin werden wir nächsten Monat 20 Jahre Agonoize feiern. Da wird dann wieder jede Menge Blut fließen.“

18:22 Uhr: Im Agonoize-Crew-Raum. Jede Menge Menschen hier (wollen vermutlich alle Blut spenden). Ich lerne Beatrice kennen, die eine Gemeinsamkeit mit mir hat: das gleiche Tattoo am Handgelenk. Es ist die Unterschrift von Chris.

18:52 Uhr: Dennis Ostermann von In Strict Confidence hängt nach dem Konzert in den Seilen. Ich treffe ihn liegend vor. „Die Klimaanlage war kaputt und die Heizung an“, scherzt er. Nach einem sensationellen Konzert ist er selbst so ausgebrannt, dass er gerade keine Adjektive für dieses Gig finden kann.

18:56 Uhr: Elvis und Mark besprechen die nächste Moderation. Es stellt sich nämlich heraus, dass eins der Konzerte auf eineinhalb Stunden angesetzt war, die Band aber nur ein Set von ungefähr einer Stunde hatte. „Macht nichts, wir werden einfach dazwischen moderieren und die Leute ein bisschen befragen“, löst Elvis das Problem.

18:57 Uhr: Das schönste Kompliment, das ich bekommen konnte, stammt heute von Daniel Myer, bekannt für seine sehr gute Musik in verschiedenen Projekten wie Covenant und Haujobb, aber auch für seine Brillen. Er ist vollsten Lobes über mein Sehgestell. „Sie ist futuristisch, mattschwarz. Das Beste, was es gibt.“ Der Musiker verrät, dass er aus den USA nach Leipzig gekommen ist und seitdem nicht mehr geschlafen hat, deswegen ist der Backstage sein Lieblingsort. „Ich bin auch schon mal auf einem Sofa neben einer Bühne eingeschlafen.“ Blöd nur, dass er auftreten sollte. Seinen eigenen Auftritt zu verpennen – das soll ihm erst mal einer nachmachen.

19:35 Uhr: Wir sind am veganen Essensstand, als uns Jenny und Björn vom Auftritt der Band Irdorath im Heidnischen Dorf erzählt. „Die Gruppe stammt aus Weißrussland und wurde 2021, nachdem sie auf einer Friedensdemo auftrat, zu zwei Jahren Haft verurteilt. Das ist ihr erstes Konzert auf einem Festival nach ihrer Entlassung gewesen. Es war sehr emotional. Die Band steht in engem Kontakt mit Corvus Corax und in Deutschland bleiben. Wir unterstützen sie bei ihrer Crowdfunding-Kampagne, damit sie das Asylverfahren bezahlen können.“ Der absolute Burner kommt aber jetzt: Björn hat die PC-Fantasy-Spiele „Gothic“ und „Gothic 2“ entwickelt, und Irdorath war der Name einer Insel aus dem zweiten Teil. „Bei einer Roleplay Convention um 2014 rum habe ich dann die Band kennengelernt, die im Regen für fünf Leute ein Konzert gaben“, erinnert er sich. „Die haben mich gefragt, ob ich damit ein Problem hätte. Im Gegenteil: Ich fühlte mich geehrt. Es ist für mich wie ein Ritterschlag, wenn Menschen sich von dem Kram, den wir uns erdacht haben, inspirieren lassen.“ Meine Herzens-Geschichte des WGT 2024!

23:35 Uhr: Linie 11E. Neben mir steht der halb entkleidete Don Camillo. Er war beim Leichenwagentreffen, fährt aber jetzt Straßenbahn. Warum? „Weil ich getrunken hab“, gibt er zu. „Und weil ich noch auf die Obsession-Bizarr-Feier will. Mit dem Leichenwagen dort hinzufahren, könnte vielleicht einen falschen Eindruck erwecken.“ Ansonsten liebt Don Camillo die Bequemlichkeit seines Wagens. „Vor allem das Bett, das ich hinten eingebaut habe, ist sehr gemütlich.“

19. Mai 2024:

9:46 Uhr: Ich erwache. Neben mir liegt anstatt Ines eine Zusammenstellung mir unbekannter Gegenstände. So, wie sich Vampire in tausend Fledermäuse verwandeln können, hat sich Ines anscheinend in Schminkstift, Kajal und andere undefinierbare Gegenstände verwandelt. Ich bin gespannt, ob ich sie aus diesen Teilen wieder zusammensetzen kann. Drückt mir die Daumen.

10:38 Uhr: Der Mitschnitt des MDR trudelt ein. Mir war gar nicht aufgefallen, dass ich die Moderatorin schwer geschockt habe, als sie mich ahnungslos fragte, wovon meine Vorträge denn handeln, und ich von verfaulten Leichen, die aus der Erde gegraben werden, berichtete. Sie sagte nur noch: „Wir sehen uns dann.“ Was meinte sie wohl damit?

12:09 Uhr: Neben mir steht Fledi. Fledi trägt einen gerade geschnittenen Pony. Ihr salomonisches Urteil zu meiner Haupt-Frage des Festivals: „Man muss einfach alles mal ausprobieren. Und es hängt auch davon ab, wie gut man einen Pony stylen kann, weil es morgens nie wie ein Pony aussieht, sondern wie ein Iro.“

12:39 Uhr: Meine diesjährigen Vorträge, die täglich in der Agra-Halle stattfinden, handeln von der Mafia und den fünf Großfamilien. Giulia hat Verbesserungen zu meiner italienischen Aussprache: „Es heißt Cannoli und nicht Cannolo.“ Die sizilianische Sü.speise wird also auch im "Chessa"Singular so ausgesprochen. Aber Giulia beruhigt mich: „Wenn du in Süditalien ,Cannolo’ bestellen würdest, passiert nichts. Die denken dann bloß: Ein Tourist.“

12:51 Uhr: Die freundliche und mittlerweile auch in der milden, unbesoffenen, friedlichen, herumflatternden Welt der Gothics angekommene Security leistet einen doppelten Dienst. Erstens sorgen sie dafür, dass nichts passiert, zweitens – und das finde ich noch viel wichtiger – sind sie das erste freundliche Gesicht, das neue WGT-Besucherinnen und Besucher als erstes zu sehen bekommen.

14:54 Uhr: Ich lerne Katrin kennen, die zu Hause „Benecke raten“ spielt. „Immer, wenn wir dich im Fernsehen sehen, versuchen wir anhand deiner Tattoos und deiner Brille herauszufinden, von wann der Mitschnitt war.“

15:10 Uhr: GRASSI Museum. Eva und Thomas, die wie ein Weinköniginnenpaar gewandet sind, halten eine Flasche Sekt aus Karl-Marx-Stadt aka Chemnitz in der Hand. „Chemnitz ist 2025 Kulturhauptstadt“, sagt Eva stolz. Der Perlwein stammt allerdings aus Trier. Hat sich hier ein Westprodukt eingeschlichen? „Karl Marx ist in Trier geboren“, erklärt sie. Somit schließt sich der Kreis.

15:17 Uhr: Dani, Petra und Olga tragen Pony. Natürlich auch hier meine Festival-Frage: Wie soll der Pony frisiert und geschnitten sein? „Tiefer langer Pony, sodass die Haare die Augenbrauen gerade noch freilassen“, meint Dani: Sie findet Augenbrauen schön. Petra dagegen will die Haare über die Brauen tragen, damit sie diese nicht schminken muss. Olga würde es wie Dani machen, den Pony aber noch kürzer schneiden.

15:19 Uhr: Ich spotte Thomas Rainer von L’Âme Immortelle und Oswald Henke von Goethes Erben, die Gastgeber der ihre Weinverköstigung vor dem GRASSI Museum. „Das ist jetzt das achte Mal, dass wir das machen“, erklärt Oswald. „Die Idee war, zu den Ursprüngen des Festivals zurückzukehren und eine nichtkommerzielle Veranstaltung zu machen. In ungezwungener Atmosphäre bringt jeder seinen Lieblingswein mit und stellt ihn vor. Daraus entstehen anregende Gespräche und man lernt tolle Weine kennen – und natürlich tolle Menschen.“ Das kann ich nur bestätigen: Die Stimmung ist wirklich außergewöhnlich.

19:04 Uhr: Backstage im Heidnischen Dorf. Hier ist Teufel von In Extremo in aufgeregter Stimmung. Sein persönliches Highlight: „Ein Wein vom Chaos-Treffen 1999, den ich geschenkt bekommen habe. Es ist der Hammer.“ Ob ihm beim Betrachten der Flasche irgendwelche Gedanken durch den Kopf gingen? „Nur, dass wir diesen Wein schon damals getrunken haben. An alles andere kann ich mich nicht mehr erinnern.“ (lacht)

20:44 Uhr: Das Orgelkonzert in der Paulskirche ist tatsächlich ein Orgelkonzert, aber anders, als gedacht. Spätestens dann, als das Publikum, angestachelt durch Orgelspieler Nico Wieditz, gemeinsam „Skandal um Rosie“ rief, und bei einer Coverversion von Miley Cyrus’ „Wrecking Ball“ und einem mir nicht näher bekannten Volkslied Kreistänze vollführte. Bereits im letzten Jahr, als Stimmgewalt hier zu Gast waren, hat sich die Paulskirche zu einem der seltsamsten Orte des WGT im positiven Sinne entwickelt. Doch dass „God Is A DJ“ von Faithless zusammen mit einem klassischen Kirchenlied durch die Hallen donnern würde, hätte wohl bis heute niemand geahnt. „Ich bin total überw.ltigt“, sagt Ines. Sie war aber die Einzige, die nicht getanzt hat. Immerhin ging mein Video der reichlich beschwingten Gothics durch die Decke.

21:34 Uhr: Backstage in der Moritzbastei. Zu unserem Erstaunen treffen wir eine der besten Bands überhaupt: Welle: Erdball. Heute sagen M.A. Peel, Honey und ich aber nur an. Morgen spielen sie ersatzweise für Vive La Fête. Probleme bereitete die innerhalb nur einer Stunde zu besorgende Abendgarderobe. „Es gelang uns aber, bei H&M, Zara oder Calzedonia irgendetwas zu finden, das gut aussieht“, beschwert sich die Band.

20. Mai 2024

11:38 Uhr: Ines ist heute als Vampir-Waldwesen mit neu erworbenem Schmuck und einem Efeu-Haarband von Schnittmuskel unterwegs. Am Hauptbahnhof fährt weder die WGT-Straßenbahn (Linie 1), noch sind irgendwelche Grufties unterwegs. Was ist denn jetzt schon wieder los?

11:51 Uhr: Chilliger letzter Tag. Es sind doch noch einige Gothics da. Desy aus der Schweiz genießt ihn und geht noch zur Agra-Halle, um Freunde zu treffen. Ihr Geheimnis gegen einen Kater: Kirsch-Met-Slushie. „Das hält einen fit.“ In der Schweiz gibt es übrigens das Aare-Wasser. „Da hat jede Bar ihr eigenes. Es ist blau und süß, aber man merkt den Alkohol nicht so sehr, deswegen: Aufpassen!“

20:40 Uhr: Backstage in der Agra. Wie wir schon wissen, musste für den spontanen Gig von Welle: Erdball noch vieles neu angeschafft werden. „Ich bin jetzt eine Stewardess in Puderrosa“, meint Lady Lila. Darunter verbirgt sich aber noch ein Glitzerkostüm. „Ich finde, dass wir diese Klamotten ruhig noch einmal nehmen können“, glaubt M.A. Peel. Yonca verwaltet die Setlist, die sie soeben mit Filzstift aufgeschrieben hat. Yonca stand auch schon mal als Ersatz für Lady Lila in Glauchau auf der Bühne, als Welle: Erdball Support für VNV Nation waren. „Nach der Show kam Ronan noch zu mir und hat mir gesagt, dass ich das ganz toll gemacht hätte.“

22:41 Uhr: Neben mir steht Reina. Wir machen ein Selfie. „Vor zwölf Jahren waren wir schon mal gemeinsam auf einem Foto, als ich beim Forensic Biology Day bei dir zu Hause war. Aber die Leute, die das Bild gemacht haben, schickten es nicht weiter.“

00:16 Uhr: Kirlian Camera liefern ein wirklich denkwürdiges Konzert ab. Mastermind Angelo Bergamini hat eine dermaßen fette Abmischung seiner Songs hingelegt, dass Elena Fossi nur noch zaubern musste. Das Publikum hat so lange getobt, dass Herr Bergamini sich genötigt sah, nach vorne an die Bühne zu kommen und mit den Worten „Zeit ist kaputt“ mitzuteilen, dass es keine Zugabe geben könne. Das Publikum hat aber diesen Satz nicht verstanden und weitergetobt, sodass es am Ende doch noch eine Zugabe gab.

01:03 Uhr: Wir verlassen das Agra-Gelände. Die Traktoren kommen und transportieren die Bänke und Gitter ab. Über uns grüßen zum Abschied zauberhafte Wolken und flüstern uns zu: „Kommt nächstes Jahr wieder!“ Das war das WGT 2024. Wir sehen uns wieder.

Dr. Mark Benecke

Transkribiert & überarbeitet von: Daniel Dreßler

Fotos: Mark Benecke, Ines Azrael, Rene Danners,

Alexander Mühlhausen, Laura Fatteicher

www.wave-gotik-treffen.de

www.benecke.com


Sowas können nur Gothics

Orkus! | 2024


WGT 2024

Leipzig


WGT-Tagebuch

2022

Sowas können nur Gothics

Quelle: Orkus! Juni 2024, Seiten 34 – 36

Dr. Mark Benecke über das WaveGotik-Treffen 2024

Von Claudia Zinn-Zinnenburg

Hier gibt es den Artikel als .pdf

Ein Wave-Gotik-Treffen ohne Dr. Mark Benecke? Das geht natürlich nicht! Also haben wir ihn zum Interview gebeten. Immerhin war dieses 31. WGT laut eigenen Angaben ungefähr sein zwanzigstes. „Gut, dass ich bei der Eröffnung in der Agra mit Oli und Elvis schon eine Wolke weißer Papierschmetterlinge in die nebelgeschwängerte Luft entlassen habe, das erkläre ich jetzt einfach mal als Jubiläums-Party-Gimmick“, grinst er.

Orkus: Wie hast du die Anfahrt erlebt? Hat es euch die deutsche Bahn schwer gemacht?

Mark Benecke: Es war wie immer völliges Chaos, Zugteile fehlten, das Personal wusste auch nix und dergleichen. Da ich keine Gehstöcke mehr auf längere Reisen mitnehme – der letzte Stock mit Silbergriff flutschte auf die Gleise in Leipzig, das war gar nicht gut –, ging es aber immerhin ohne Verluste ab. Wir kamen von der Autismus-Konferenz in der Humboldt-Universität Berlin, die ich nicht nur moderiert habe, sondern wo ich auch „den“ großen Vortrag nach fünf Jahren Arbeit mit unserem Autismus-Verband White Unicorn, zwei Universitäten und dem Bundesministerium für Bildung und Forschung liefern durfte. Mein Gehirn war also sowieso Matsch. Am lustigsten war, dass uns bei der Ankunft in Leipzig eine Zugführerin aus dem Flixtrain begrüßte. Mit dem waren wir aber gar nicht gefahren. Es fing also sofort schön und wild an.

Wo führt es dich als erstes hin, wenn du in Leipzig angekommen bist?

Beim WGT immer zur Ausstellungsfläche der „Promenaden“, also der riesigen Verkaufsflächen des Bahnhofes. Dort war diesmal eine Steampunk-Ausstellung zum WGT aufgebaut, mit tollen Bildern und Ausstellungsstücken. Die Chefin der Ausstellung trafen wir dann später sogar auf dem WGT in der Agra.

Was hatte es mit diesem Feueralarm im Hotel auf sich?

Unser Schicksal in dichter besiedelten Hostels mit engeren Räumen. Jüngere Menschen vergessen offenbar, beim Duschen auch mal zu lüften (Wasserdampf!) oder – wie diesmal – Brötchen nicht in der Mikrowelle verkohlen zu lassen (schwarzer Qualm). Es war echt lustig, einen Riesen-Haufen Gothics vermischt mit Fußball-EuropameisterschaftsVerwaltungs-Menschen, alle ohne Kaffee und alle ohne Styling im Regen im Hof zusammen zu sehen. Die Stimmung war entspannt und gut. Anders als die Feuerwehrleute in der Agra wollten die Feuerwehr-Spezialist:innen für Hotelbrände aber nicht mit uns aufs Foto. Hm, vielleicht sahen wir in Unterhosen und mit KajalResten vom Vortag doch zu gruselig aus?

Was waren deine besonderen Highlights? – Musikalisch gesehen?

Welle:Erdball & Kirlian Camera, deren Unterschriften ich auftätowiert habe, nacheinander auf der großen Agra-Bühne, was willste mehr? Und Massiv in Mensch, mit denen ich den Song „Magicicada“ gemacht habe – diese Tiere schlüpften 2024 auch wieder in einer superspannenden Wellenbewegung – in der Moritzbastei mit Honey & M.A. Peel anzusagen, war auch der Brenner. Honey hatte den Fans noch Dave Gahan als vierten Moderator angekündigt, aber der kam nicht mehr rechtzeitig. Buuuh, Dave Gahan! Und In Strict Confidence waren auf der Hauptbühne! Und Chris von Agonoize ist mitten im Set verschwunden, wir vermuten, ins Catering, er sang aber live weiter. Und Heppner und Tanzwut und Polka tanzende Schwarzgekleidete zu Orgelklängen in der Peterskirche und ... oh mein Goth. Fettes Lob für die Wahnsinns-Breite der Bands und Acts und Angebote. Von wegen immer dasselbe – es gibt jede Menge Überraschungen beim WGT.

Kannst du uns mehr über die magischen Zikaden erzählen?

2024 schlüpfen diejenigen Tiere, die 13 Jahre als Larven in der Erde waren, zusammen mit denen, die 17 Jahre in der Erde waren. Und zum ersten Mal seit dem Jahr 1803 treffen sich die Zikaden-Linien XIX und XIII. Hach, toll.

Was waren deine menschlichen, szene-technischen Highlights?

Sehr angenehm. Die Irrungen und Wirrungen der letzten Jahre mit einigen durch die Seuche angeschlagenen Künstlerinnen und Künstlern waren passé, es fluppte schön und fein. Es zeigt sich, dass auf dem WGT alle mit allen sprechen und sich in die Augen sehen können. Find ich angenehm und es passiert sonst nicht so oft. Außerdem knie ich vor Tikwa nieder, der für mich Engeli und Teufeli (Gruftschlampe-Comics) wieder hat auferstehen lassen. Danke, Tikwa <3

Welche Begegnungen sind dir besonders in Erinnerung geblieben?

Ich war zuvor noch nie beim Umtrunk vor dem Grassi-Museum mit Meister Oswald (Henke), dessen Patch ich seit einiger Zeit immer auf meiner Oberbekleidung trage – auf dem WGT wie auch sonst überall – und Thomas (Rainer). Das war eine tolle, ausgelassene, aber gar nicht betrunkene Stimmung. Sowas können nur Gothics: Zivilisiert miteinander (!) trinken, dabei saugut aussehen und immer etwas Interessantes zu berichten haben. Hut ab.

Und ich fand’s toll, dass unsere jüngste Studierende zur Eröffnung mit an unser DJ-Pult kam und sich mal alles angesehen hat. Eines Tages kann sie vielleicht von den alten Herren Oli, Elvis und Markito übernehmen.

Was war dieses Jahr besonders lustig?

Dass die meisten der von mir befragten Frauen so klare Meinungen zur Form und Länge von Ponys (der Haar-Frisur) haben: Lang, kurz, dreieckig, über oder unter den Augenbrauen und sooo vieles mehr. Und dass überall in der Stadt Plakate einer Partei hingen, die eine Lebenszeit von über achthundert Jahren verspricht. Unter diesen Plakaten habe ich einige Vampir-Fans fotografiert. Vampire werden ja bekanntlich tausende von Jahren alt und sind daher interessante Zeugen für die Ziele der AlterungsVerhinderungs-Partei.

Wie sah es dieses Jahr mit deinen eigenen Vorträgen aus? Wie hast du sie erlebt und was fasziniert unsere Szene an „100 Jahre Gangster in New York“ besonders?

Möp, wie immer habe ich jeden Tag einen Vortrag gehalten. Das war super, weil an einem der Tage auf einmal der Tod auftauchte, der nach mir dran war. Da seine schwarze Kutte natürlich leer und hohl ist und er trotzdem sprechen und singen kann, bin ich in seine Garderobe (ahem, drei Haken an der Wand in einer Lagerhalle) geschlichen und habe geschaut, ob ich Hinweise auf seine Geistergestalt finde. Da hing aber nur eine winzige Sense. Wir werden also vielleicht nie erfahren, wie der Tod ohne Umhang aussieht. Das Publikum bei meinen Vorträgen war superangenehm, zumal ich einen ganz anderen Vortrag gehalten habe, ohne Fäulnis und viel Blut, und trotzdem mehr interessierte Rückmeldungen als sonst kamen. Voll schön.

Im Laufe der Jahre hast du ja auch die verschiedensten „Trends“ miterlebt, wie das plötzliche Auftauchen und Verschwinden der Cyber zum Beispiel. Was war dein Eindruck dieses Jahr?

Ich habe nur noch eine Cyberin gesehen, ansonsten mischt sich vieles. Die Moderatorin des MDR, für die ich live von der Flaniermeile der Agra gesendet habe, fragte mich überraschend, was ich trage, und Ines und ich haben es hinterher ermittelt: „Romantic-Goth-Mantel, Punk-Schuhe, Steampunk-Kappe, Oldschool-Fingernägel und Destroyed-Stulpen sowie eine Polyester-Unterhose“.

Ich hatte mir kurz vorher in Bad Harzburg auch noch Emoji-Socken als Scherz fürs Fernsehen gekauft, aber die waren dann von meiner Zwanzigerjahre-Arbeiterhose verdeckt. Alles geht modisch drunter und drüber, aber nicht nur bei mir.

Ines hat sich dieses Jahr ja wieder in die verschiedensten tollen Outfits geschmissen. Welches hat vielleicht auch dich besonders überrascht?

Dazu nur ein Beispiel: „Mark! Arghgghghg! Einer meiner superlangen, spitzen Fingernägel, die ich stundenlang mit echten und Gel-Teilen und geheimen UV-Apparaten und eintausend Pinselchen und Zeugs hergerichtet habe, ist jetzt in der blöden Klo-Spülung abgebrochen! Macht aber nix. Es war die Sollbruchstelle.“ Ich hätte so viele Fragen dazu! (lacht)

Apropos Kulinarik … bei der Weinverkostung warst du ja wie schon erwähnt auch zugegen. Was ist dir hier in Erinnerung geblieben?

Dass die Polizei sich ferngehalten hat. Ines hat mich mal während einer Live-Radio-Sendung (radioeins der ARD) mit dem Logo des Senders dort tätowiert und wir hatten sehr schnell die verdeckten Kollegen, allerdings wahnsinnig schlecht getarnt, an der Backe. Gruftis mit Dämonen-Hörnern oder in Manga-Optik hingegen scheinen im Vergleich zu Ines und mir allein unverdächtig zu wirken. Sehr gut! Auch die Schrift-Zeile auf den Plattenbauten seitlich des weinkundlichen Treffens fand ich schön.

Hast du eigentlich eine Lieblings-Location in Leipzig?

Viele. Die Pusteblumen-Brunnen aus Metall vor der Blechbüchse am Goerdelerring finde ich beispielsweise toll. Erstens kühlen sie mich bei glühender Hitze, zweitens sehe ich die geisterhaften Reihen der Demonstrierenden seit der politischen Wende, erst mit Kerzen in der Hand, Jahrzehnte später dann mit Plakaten gegen fiese Menschen, dort vor meinem geistigen Auge entlang wandern. Und es gibt da einen der witzigen Erdbeer-Läden, die zur Erdbeerzeit aufgebaut werden und wie eine Erdbeere gestaltet sind. Ziemlich unwirklich.

Was hat das 31. WGT für dich ausgemacht?

Ich finde ja, es war das 33. WGT, weil ich während Corona mit Ines und ein paar anderen ja einfach trotzdem vor Ort war und gefeiert habe. Die Versammelten und deren Welten waren auf dem Treffen 2024 jedenfalls für einige Tage erkennbar im Ausgleich, „in Ordnung“, in Frieden, offen, schön, herzlich und angenehm, angenommen und annehmend, hinreichend heil und glücklich, vielfältig und in allen Farben der Finsternis anwesend. Wer weiß, wie oft wir das noch erleben. Wenn alles absäuft und abfackelt werde ich gerne an dieses WGT zurückdenken.

Was wünschst du dir für das nächste Treffen 2025?

Bitte remixed auch im kommenden Jahr alles durcheinander, Klamotten wie Musik. Freut euch an und mit unserer schwarzen Familie und vor allem: Kommt einfach vorbei. Das WGT ist das einzige Festival der Welt, wo für jeden, egal welchen Alters und welchen Budgets oder welcher schwarzen Interessen, einhundert Pro alles Mögliche dabei ist.


WGT 2024

Leipzig


Songs of Love and Sorrow

2024


We want it darker

A Tribute To Leonard Cohen


WGT-Tagebuch

2024

Amphi-Festival Köln 2023 (Gothic) Tanzbrunnen

Es war ein Fest, ihr Lieben! Diesmal mit Spezial-Auftritt von Bianca & Mark. Auf den Bildern unter anderem zu sehen: Das Ich, Solar Fake, Centhron, Welle:Erdball, Oliver Klein & Jens Domgörgen (das Moderatoren-Gespann mit Mark), Celene Nox, Lord of the Lost (mit Borat), OMD (Orchestral Manoeuvres in the Dark), Alexander Wesselsky, Schöngeist, Der Schulz, Unzucht, Solitary Experiments, QNTAL und sehr, sehr vielen weiteren großartigen Bands und Menschen.


Amphi-Festival

2022


Amphi-Festival

2019


Amphi 2018 | Festival-Bericht

Orkus!


TV of the Lost

Episode 209


Vampyres among us! Teil 3

Full text


Death by tomato 🍅

Gothic-Kochbuch

29. WGT Wave Gotik-Treffen Leipzig 2022

Das 20-seitige (jau) WGT-Tagebuch von Mark aus der ORKUS ist hier zu finden (.pdf). Mit Welle:Erdball, Wolfsheim, Astrophysik aus Hawai’i, der Mos Eisley-Band, Bianca Stücker, Father Sebastiaan, Combichrist, Bricabracomania, Grendel, VNV Nation, Combigrendel / Grendelchrist, der Bändchen-Schlange, Konoblauch-Rauken, DJs Elvis & Oli und vor allem: EUCH 🦇 → zum .pdf




Amphi-Festival

Köln 2022


“Das ist unsere Superkraft”

(Nicht-)WGT 2021


WGT 2020

Leipzig


WGT 2022

Bilder-Galerie


WGT-Tagebuch

Leipzig 2022

Nachtplan: Stille Nacht schwarze Nacht

Jahresende und Neujahr heißt: Gruftizeit. Vom Dark Storm in Chemnitz über In Extremo, die im Westen über den Rhein schippern bis zur Eisheiligen Nacht und gehirnsprengenderen Vorstellungen wie der ‘Celtic Rock Opera Excalibur’ mit — festhalten — Moya Brennan von Clannad, Eric Fish von Subway To Sally, John Kelly von der Kelly Family, John Helliwell von Supertramp und Maggie Reilly von Mike Oldfield, die unter anderem in Hamburg und Leipzig läuft: Wasn da los?

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nachtplan: DSGVO? Nein! WGT!

Da Manu und Claudia, die beiden Redaktions-Chefinnen der ORKUS!, diese Jahr nicht zum Wave Gothic Treffen kommen konnten – sie sind sehr, sehr schüchtern –, fragten mich die beiden, ob ich nicht eine schöne Idee hätte. Vielleicht eine Foto-Strecke? Hm, noch nicht mal Profi-Fotos vom Eingangstor zwischen Haltestelle und Agra-Flaniermeile gab es dieses Jahr wegen des Datenschutz-Dings.

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