Reiner Verwaltungsirrsinn

Mark Benecke, Kriminalbiologe und Vorsitzender des Vereins Pro Tattoo, hält das geplante EU-Verbot bestimmter Tattoofarben für „sinnlos“. … „Es gibt keinen biologischen Grund für ein solches Verbot. Zudem trifft es ausgerechnet die sauber arbeitenden Hersteller, die dann ihre Läden schließen müssen. Übrig bleiben Murxer und Keller-Labors.“

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Dong Dong - Mummy Tattoo

Dong Dong ist ein auffallend milder und konzentrierter Tätowierer. Obwohl sein Leben im mit Abstand angesagtesten Viertel Pekings (allerdings in der ersten Etage einer etwas altertümlichen Mall) liegt, herrscht dort stets tiefer Frieden.

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Tattoos im Grassi-Museum für Völkerkunde: Du gehörst ins Museum!

Für: TM / Tätowiermagazin

Version: 9. Juli 2017

In menschenkundlichen Sammlungen finden sich öfters auch Tätowierungen: Vom Instituts-Museum der Rechtsmedizin Bukarest, wo Hautstücke tätowierter Menschen im Verbechens-Museum ausliegen, bis zu Fotos und Zeichnungen, die Forschungsreisende in den letzten Jahrhunderten angefertigt und in Museen nach Europa und Nordamerika mitgebracht hatten. Im Völkerkundemuseum in Leipzig — einer der weltweiten Hauptstädte des entspannten Tattoo-Tragens — läuft nun unter der Überschrift “Grassi Invites IV” (‘Grassi lädt ein’)” die ganz andere Aktion “Tattoo und Piercing – Die Welt unter der Haut”. 

Das ist nämlich keine künstlich cool gemachte Rückschau. Stattdessen können dort schon seit Mitte März (noch bis Mitte September) Kinder und Jugendliche beispielsweise in einem “Tattoo-Labor” zusammen mit dem jungen Ausstellungsteam anschauen, was Tattoos überhaupt sind und dabei ihre Meinung — auch zu Piercings — offen aufschreiben. Die dabei entstehenden, echt lustigen Kärtchen werden dann gleich ausgestellt. 

Im Juli ging’s um Tätowiermaschinen, wie sie beispielsweise im Knast und auf der Straße verbreitet waren, und auch um Graffitis, die besonders in den USA viele Tätowierer*innen auf ihren Wegen begleitet haben. Eine Soundinstallation liefert dabei durchgehend Tätowier-Sounds, und jede Menge Fotos zum einfach nur Staunen gibt es sowieso.   

Unter diese laboratmosphärische Mischung mischt sich — und das finde ich äußerst geil — kommentarlos korrekte Tattoo-Kunst, etwas von Ricaletto (geb. 1986), der als Grafiker und Künstler in Leipzig arbeitet: Er steuerte kopierte und selbst zusammengeheftete… äh… Broschüren mit dem Titel “Too Cool For School” bei. Darin finden sich Tätowiervorlagen und Fotos seiner öfters wilden Tattoo-Sessions, außerdem Flashes und Skizzen hochklassig schwarzweißer Oldschool-Güte. Bei den Freund*innen sanfter Tätowierfarbkompositionen löst daswohl Staunen, bei den Liebhaber*innen des altschuligen “Bold Will Hold” hingegen ein fettes Freudentänzchen aus. 

Am 29. Juni hatte ich die Ehre, ein via Facebook und Plakaten aufgerufenes und vor Ort spontan zusammengewürfeltes Zufalls-Team aus tätowierten Menschen im “Labor” auf WG-Paletten-Couch-Möbeln vor Publikum zu interviewen. Mitgemacht hat eine Lehrlingin des Leipziger Verkehrsbetriebe (sie wird Straßenbanfahrerin), ein Tätowierer, der unter anderem über Erinnerungstattoos nach Todesfällen sprach, eine sauber vollgepiercte Zuschauerin und viele andere Menschen, die dem Publico durch ihre ehrliche und freundliche Art mehr Respekt abzollten als es auf mancher Con aus dem Graben spürbar ist.

Fotografen wie Nick Putzmann und Benajamin Pohle schossen derweil vor einer weißen Studiowand oder im Freien Fotos aller Freiwilligen. Die Fotos, Videos und Interviews landen, getreu dem Aktions-Motto ”Du gehörst ins Museum”, danach im Körperkunst-Archiv des Grassi. Es trägt, das ist jetzt schon von den Kurator*innen beschlossen, für die kommenden Jahrhunderte den Namen “Living Archive” — zack!

Damit das Archiv auch wirklich von der ersten Sekunde an lebt, gibt’s im Grassi vom 22. September 2017 bis zum 7. Januar 2018 die direkt aus den bisherigen Aktionen gespeiste Ausstellung “(un)covered”. ”Ausgehend von den zahlreichen Geschichten und Fotografien”, so die erfreulich entspannten People vom Museum, “entsteht von der örtlichen Sicht ausgehend eine weltweite Schau. Mit Objekten, Fotografien, Zeichnungen aus den Sammlungen der Völkerkundemuseen in Leipzig, Dresden und Herrnhut, mit Performances und zeitgenössischer Kunst liefern wir neue Blickwinkel auf die intimen, aber immer öfter sichtbaren Tattoos und Piercings.”

Übringens: Das alles untergräbt niemandes Coolness, sondern es ist eine saugeil, liebvoll, jung und urteilsfrei umgesetzte Sache, die Tattoos ein verdientes, schönes und zeitgemäßes Plätzchen an einem duften Ort einräumt. Ganz ohne Bartkratzen, Bedenkenträgerei und Bluff. Geht hin und macht mit!

Link: http://www.mvl-grassimuseum.de/ausstellungen/2017/tattoo/


Diskussion zu Tätowierungen und Kriminalität


Grassi Museum für Völkerkunde und Dr. Mark Benecke: Interaktive Tätowierungen


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