Quelle: The International Genetically Engineered Machine Competition (iGEM), Team TU Kaiserslautern 2020, Fachbereich Biologie, Abteilungen Biotechnologie und Mikrobiologie, Mai 2020 und Gold-Medaille des Wettbewerbes im Dez. 2020 🥇
Linda: Herzlich Willkommen Herr Benecke, vielen Dank, dass du dir Zeit genommen hast. Als erstes würde ich gerne etwas über dich selbst erfahren. Im Internet gibt es ja viele unterschiedliche Seiten von dir zu sehen. Wie sieht denn momentan dein Alltag aus?
Mark: Ja, ich habe nie Alltag, also heute war ich den ganzen Tag im Oberverwaltungsgericht in Leipzig, das ist das höchste deutsche Gericht, also was die sagen, kann auch nicht mehr angefochten werden und ansonsten habe wir eine Seite gemacht über Viren, also Coronaviren. Da haben wir viele tausende Fragen bekommen, die hat man dann im Vorhinein gefiltert und beantwortet, online gestellt, virusonline.de heißt das und noch tausend so andre Sachen, die anstehen und anstanden, Fälle bearbeitet und so. So Alltag gibt es bei mir nicht. Nie.
Vielen Dank, so sieht es auch auf der Internetseite aus. Dennoch sind Sie ja hauptberuflich Forensiker. Was fasziniert Sie denn am Beruf des Forensikers?
Ja, die Fälle sind sehr unterschiedlich, also das ist das spannende, es ist nicht wie im biotechnischen Bereich, da kannst du ja sehr stark an eine nutzenorientierten, oder lösungsorientierten, oder manchmal auch produktorientierten Ecke landen. Das ist jetzt bei uns überhaupt nicht so, sondern das ist nutzen-orientierend, ich kann dir mal sagen, was bei uns im Labor herrscht dieses Wochenende. Da haben wir eine Unterhose liegen, von einer Frau die zwar in einer Umgebung war, wo sie sehr leicht hätte Alarm schlagen können an einem sexuellen Übergriff, hat sie aber nicht gemacht, weil sie die anderen Leute nicht stören wollte, die aus ihrer Familie kamen. Das ist ja total bescheuert, weil du dann denkst ‘Hä, warum sagst du denn nichts, wenn nur durch einen einzigen Hilferuf, oder Kommentar die Sache sich lösen würde", aber die Welt ist halt kompliziert. Sie hat sich dann bereit erklärt, das prüfen zu lassen anhand von Spuren an ihrer Kleidung, die dann eben mit der Aussage der Person, die den Übergriff begangen haben sollte, nicht in Einklang stehen würde, wenn man jetzt Spuren bei der Person finden würde und der Angeklagte sagen würde, ‘ich habe diese Person nicht angefasst’.
Das Problem an der Sache ist jetzt, um auf das biologische oder biotechnische zu kommen, du kannst das halt mit mitochondrialer DNA machen, aber dort hast du halt super viele Verunreinigungen wenn die Hose irgendwo rumlag. Du kannst das mit STRs machen, dann hast du keine bakterielle DNA, keine Insekten-DNA, nichts mehr, nur der Nachteil ist natürlich, du brauchst eine gewisse Menge Erbsubstanz und vor allen Dingen musst du die rein eingesammelt haben. Also zum Beispiel, wenn du Hautschuppen eingesammelt hast und bei uns ist jemand im Labor rumgelaufen, dann hast du auch möglicherweise die Hautschuppen von der Person in dem Eppi. Das willst du nicht. Wenn du jetzt jede einzelne Haarschuppe einsammelst und in einzelnes Eppi tust, kostet es aber viel, weil dann hast hundert verschiedene Eppis und so viel Geld haben die Leute nicht. Also so musst du dir das vorstellen, so sieht das aus wenn wir forensisch arbeiten. Das ist eins von sehr vielen Beispielen.
Oder wir haben gerade, nur um kurz was anderes zu sagen, wir haben einen Haarzopf ,den hat ein Mann vor laut 30 Jahren von seiner Frau abgeschnitten, die dann getötet wurde. Der Fall ist ganz schräg, weil alle Personen, die Spuren legen können, hatten Zugang zu dem Raum. Also ist natürlich die Frage, was nützen Hautschuppen oder Kleidungsfasern. Nützen die überhaupt irgendwas? Nun sagt der aber, nach 30 Jahren […] ich würde nur gerne wissen, was passiert ist, der ganze Rest ist mir egal. Sagt er, ob das stimmt auch nochmal ‘ne ganz andere Frage. Also da siehst du schon, wir haben immer so ‘ne ganz andere Verbindung zu Funktion, Nutzen, Fallbearbeitung als ihr das jetzt habt im gentechnischen oder biotechnischen Bereich, da geht es ja eher immer um ein Produkt, oder die Gesundheit von Menschen, oder Krebs, oder sonst irgendwas.
Das hört sich an als wär es sehr durchmischt was die Fälle angeht, gibt es dennoch irgendetwas was du immer als erstes durchführst wenn du einen neuen Fall angehst?
Ja nur was ganz banales, die Leute müssen ein Blatt unterschreiben, dass wir die Spuren behalten können, weil sehr viele Leute haben auch noch eine gefühlsmäßige Bindung an etwas. Oder sie denken, dass jemand anderes die Spur auch noch untersuchen könnte. Und da müssen wir sagen, passen Sie auf, wir werden probieren die Spur zu verbrauchen, aber wenn es nur ein einzelnes Haares ist, was man komplett aufgelöst werden muss, dann ist das weg. Oder wenn das eine Hautschuppe ist, dann ist die weg, weil wir lösen die auf.
Oder wenn, zum Beispiel hatten wir neulich ein T-Shirt bekommen, von jemanden, der Blut und Schweiß schwitzt, was eine ganz ganz seltene Erscheinung ist, der wollte danach wieder sein T-Shirt. Da mussten wir aber sagen, wir müssen aber Löcher reinschneiden, wollen Sie das dann immer noch haben? Dann müssen die immer zuerst einmal überlegen, ob er jetzt lieber die Spurenuntersuchung haben will, also in der Tat, das ist auch passiert, konnten wir Spuren zeigen oder ob er lieber die Erinnerung behalten will, weil natürlich am Ende des Tages außer wir und die ärztlichen Kollegen und Kolleginnen und die kriminalistischen Kollegen und Kolleginnen, würden ihm das niemand glauben oder privat sagen, ja ist mir egal, geh weg, keine Ahnung und so.
Also deswegen haben wir eigentlich nur dieses Blatt, dass die Spur wahrscheinlich im Labor aufgelöst oder nicht aufgelöst wird, erstens und zweitens sind sie sich klar darüber, dass die Spur alleine den Fall nicht löst, sondern wir brauchen Rechtsvertretung. Wenn sie keine Rechtsvertretung haben, die Spur löst gar nichts. Das ist im Krimi vielleicht so, aber nicht in der Wirklichkeit. Das ist wie, sagen wir mal, du willst im Supermarkt einkaufen, du hast auch genug Geld dabei, der Supermarkt ist aber geschlossen. Der Supermarkt muss geöffnet sein. Und das ist die Rechtsvertretung in Person. Also das sind eher, sagen wir mal, scheinbar banale Dinge, die wir klären und immer gleich sind. Aber der Rest ist komplett fallabhängig. Man nennt das bei der Polizei ‘kritische Einzelfallbetrachtung’. Also wir machen für jeden Fall eine kritische Einzelfallbetrachtung.
Okay, danke. Unser iGEM-Projekt beschäftigt sich mit Mikroschadstoffen, inwiefern spielen diese eine Rolle in der Forensik?
Also den Begriff Schadstoff gibt es bei uns ja nicht. Ich kann dir nur sagen, es ist da oder es ist nicht da. Ich kann dir aber ein paar Beispiele sagen, wo man ganz kleine Partikel hat, die die Schadstoffe darstellen, also Gifte lass ich jetzt mal raus, also klassiche Gifte wie Thalliumsulfate, Chemikalien perse sind ja keine Teilchen, die man so als Schadstoffteilchen sieht, aber 2 µm aber eben nicht nm, sind aber interessanter Bestandteil der Tätowierpigmente, die manche Leute, jetzt seit fast 2 Jahren bekannt, du siehst bei Schnitten, bei Leichen anreichern, das hat natürlich die Wirkung gehabt von allen möglichen Verordnungen, die gesagt haben, ja ist das jetzt vielleicht schädlich diese Bestandteile. Wie zerspalten die sich, wenn man sie durch Laserenergie zerstört und das war eigentlich sehr interessant, weil dann da so ne Schnittstelle war, wo ich dann quasi der Erklärbär wurde und zwar sind das Makrophagen, aber die die Partikel an Ort und Stelle halten, das ergibt überhaupt kein Sinn, dass so gesagt die Zelle lebenslang an Ort und Stelle bleibt und wenn die Zelle stirbt, übergibt sie ihre Bestandteile an die nächste Zelle, total crazy.
Je länger man drüber nachdenkt umso seltsamer wirkt das. Warum wandern die Zellen nicht mehr, warum transportieren die das nicht ab, was ist denn da los? Also das wäre so ein Beispiel. Dann gibt’s natürlich etwas was man Stäube nennt oder Textilfaser, die sind ja zunächst mal nicht unbedingt schädlich, die können aber auch schädlich sein. Ich sag mal ein Beispiel: Wir haben so öfter mal Leute, bei denen weiß man nicht genau ist das Einbildung, meistens sogar eine Psychose, die aber nicht so beeinträchtigt sind, dass sie nicht weiter selbstständig leben können. Das sind meist so mittelalte, meist über 50jährige Frauen, die meistens auch alleine leben, die auch künstlerisch interessiert sind, auch sehr nett, und so bisschen anstrengend würde ich sagen, aber es ist interessant und angenehm mit denen zu reden. Die bringen dann die verrücktesten Sachen, was Schadstoffe angeht, die eine hat in einer Lackfabrik sehr lange gearbeitet und hustet seitdem sie aufgehört hat und auch Arbeitsrechtlich zu Frührente geführt hat. Also offensichtlich kann sie dann nicht mehr so arbeiten und ist dann so beschäftigt und kriegt das dann nicht so auf die Kette zu arbeiten. Und dann haben wir gesagt, okay dann kommen Sie mal vorbei, wir würden uns das gerne mal anschauen, weil ich prüfe nicht etwas logisch, lebensnah, wirklich plausibel ist, das ist nicht mein Job. Mein Job ist, wie ich schon gesagt habe, entweder es ist da oder es ist nicht da.
Und dann kam die mit einem Sack, das werde ich nie vergessen, also wirklich nicht ekelig, mit einem Sack, wo sie alle ihre losen, trockenen Küchentücher rein getan hat, in die sie immer rein schnäuzt. Und in der Tat unter dem Mikroskop glitzerte es. Es kann ja sein, dass der Schleim glitzert. Aber glitzert der nach so langer Zeit? Und dann haben wir mit Leuten geredet, sie das herstellen, da kannst du also so mit einer Art Staub-Produkte fälschungssicher machen z.B. Handtaschen von Gucci oder Handy-Adapter, irgendwelche Artikel, die teuer oder begehrt sind. Diese Partikel kannst du in einer bestimmten Zusammensetzung da rein mischen. Und die kannst du dann noch Jahre später nachweisen. Und diese bestimmte Partikelmischung, die kennt keiner. Das ist zu aufwendig, um zu fälschen und oft wissen die auch gar nicht, welche Partikel benutzt wurden. Da haben wir also gelernt, das gibt‘s.
Es gibt also diese Nanopartikel, die man anmischen kann und dann tatsächlich einatmen kannst und die kannst du dann später wieder aushusten. Nur die Frage ist: Ist das lebensbedrohlich? Da siehst du mal, bei uns würde manche wahrscheinlich sagen, ihr arbeitet noch sehr makroskopisch, obwohl wir von Naturpartikeln und Nanopartikeln reden, aber das ist bei euch wahrscheinlich ein bisschen ärmlich. Also das ist keine biotechnische Sache, die euch beschäftigt. Aber damit kann man durchaus in allen möglichen Methoden, bei Lebenden, bei Toten, bei Menschen die eigentlich gesund sind, die sich aber nicht gesund fühlen, und da haben wir durchaus auch zu tun manchmal.
Hattest du auch schon mal den Fall, dass jemand an einer Überdosierung an Medikamenten gestorben ist? Und welches Medikament war das dann?
Ja das passiert dauernd, Tod aufgrund hoher Medikamentendosis passiert sehr häufig. Das weißt du vielleicht nicht, die hauptsächliche Todesursache, nennt man ungeklärte Todesursache, wo der Arzt dann sagt: ich weiß woran die Person gestorben ist, sie hängt am Strick, die hat in Trauer einen Brief geschrieben, und ist dahin gelangt und die Freundin hat ihn angefasst. Das zählt aber trotzdem als nicht natürlicher Tod. Und es kann auch eine ungeklärte Todesursache sein, die Person kann ja auch vergiftet worden sein und dann vom Mörder oder Mörderin an den Strick gehangen sein oder vor den Zug geworfen worden sein. Und das häufigste was wir sehen, ich mach das jetzt seit 25 Jahren, sind Selbsttötungen. Die Anzahl der Freitode in Deutschland ca 10.000 Menschen pro Jahr, das sind mehr als alle Verkehrstode, da kannst wirklich alles dazu aufzählen, verrückte Unfälle und so, ZUSAMMEN gerechnet!
Ist sehr, sehr häufig, es bringen sich sehr viele Menschen in Deutschland um. Ungefähr 600 unter 25jährige pro Jahr um, jedes Jahr. Und natürlich hast du auch andere Gruppen, also über Suizide wird jetzt in der Zeitung nicht berichtet, das ist für die Zeitung ja langweilig, ach da hat jemand schon wieder Suizid begangen, und manchmal will man sowas auch aus persönlichen Gründen gar nicht hören. Dann gibt’s aber noch andere Gruppen, die sehr häufig sind und sich dann auch überlappen, der Substanzmissbrauch. Auf der einen Seite hast du die Totenrate, du hast ein schweres Leben, schwere Kindheit, alles, und neigst dazu Substanzen zu rauchen, natürlich sind da auch viele Medikamente dabei und Drogen, aber auch normale Medikamente, die kannste auch kriegen. Z.B. Betäubungsmittel, Schlafmittel, Antidepressiva, alles Mögliche und auch Morphin, Opiate. Die dann für alle mögliche Zwecke eingesetzt werden, natürlich auch nur zur Schmerzlinderung, also alles möglich. Und das überlappt sich dann natürlich mit den Suiziden.
Und du kennst auf der anderen Seite natürlich auch sogenannte Todesengel, die im Altersheim oder im Krankenhaus den Patienten und Patientinnen zufügen. Das sind jetzt nur zwei Beispiele, von zwei Medikamenten. Also Medikamente haben wir ohne Ende. Das ist im Grunde genommen, das gehört zur Menschheitsgeschichte dazu, dass Menschen getötet werden, mit Absicht oder unabsichtlich, durch Dinge, die als Medikamenten angesehen werden, gefordert werden. Die haben das dann aus einem Typ von Pflanze versucht zu gewinnen. Also nicht homöopathisch, sondern echte Pflanzenbestandteile. Die gibt’s natürlich auch in Massen, Schierlingsbecher und so. Also die es als Tötungsmittel gibt, aber das ist etwas ganz, ganz klassisches, dass du durch Medikamente Tote hast.
Und kannst du anhand dessen ungefähr abschätzen, wie groß die Mortalitätsrate in Folge einer Überdosis dann ist, vielleicht in Prozent was nennen.
Ja gut, also im Mai 2020 ist Immunität ja gerade ein großes Problem, es ist schwer abzuschätzen, wie viele Leute sterben an den Corona-Viren. Und das hängt jetzt gerade davon ab, man muss dann erst mal wissen, wie viele Leute davon denn erkrankt sind, also den Virus in sich tragen. Jetzt ist natürlich das Problem bei Medikamenten, wenn du die gerade bei Menschen mit Persönlichkeitsstörung und psychischen Krankheiten und, das ist die Hauptgruppe, Leuten die eigentlich weder die Persönlichkeit gestört haben noch an einer psychischen Erkrankung leiden, wenn du da die Medikamente nimmst, dann kommst du auf gigantische Zahlen, also die Mortalität, die Leute, die daran sterben, ist völlig unbekannt.
Ich sag mal noch ein Beispiel: Als ich zum Beispiel Zivildienst gemacht habe, da haben alle 100% der Leute die ich betreut habe, waren Alkoholiker. Und zwar lupenrein. Die haben als immer ihr „Gläschen Whisky“ mal getrunken. Und obendrauf aber immer Schlaftabletten. Also ich kannte damals keine alten Leute, die nicht schlafmittelabhängig waren. Also die waren Alkohol- und Schlafmittel-abhängig. Bei alten Leuten sagt man natürlich: lass die ihr Gläschen Whisky trinken und Schlafmittel braucht die, weil sie sonst nicht richtig schlafen können. Aber da steht natürlich im Totenschein was anderes. Da steht dann halt Multiorganversagen, Herzversagen, Leberversagen, irgendwas. Früher absoluter Klassiker: Herzstillstand oder Atemstillstand. Das kommt nämlich immer, das haben nämlich alle Toten. Die haben alle einen Atemstillstand und Herzstillstand, da kannste gar nichts mit falsch machen. Und deswegen ist das völlig unbekannt.
Wenn du meine private Meinung, das ist jetzt natürlich keine gutachterliche Meinung, wenn du mich da fragst, bei den alten einsamen Leuten ist die Mortalität, die jetzt durch die Kombination von Schlafmittel und Alkohol ist also irre hoch, um ganz vorsichtig zu sagen. Wir wissen aber von einer großen Studie, die in der DDR gemacht wurde, in Görlitz, wissen wir aber, dass die Ärzten und Ärztinnen von außen nicht sehen können, welches Organ am meisten geschädigt wurde. Deswegen schreiben die halt irgendwas rein. Leber, Niere, Herz, Lunge, irgendwas und die Fehlerquote ist sehr sehr hoch. Also bei dieser Görlitzer Studie, die, wie gesagt, kurz vor dem Ende der DDR erstellt wurde, hat man also festgestellt, das ist sogar noch online, das könnt ihr im Ärzteblatt noch sehen, den Kommentar am Ende vom Ärzteblatt von damals, ich übersetze es jetzt mal von Fachsprache auf F***, steht da oben da oben ungefähr drin. Also F***.
Also das Problem hat sich nie geändert, die Wahrheit ist völlig unbekannt.
Die Mortaliät durch Medikamente. Oder ne, letztes Beispiel noch, zum Beispiel, die große Mortalität durch Antidepressiva. Das große Problem ist nämlich, wenn du schwer, akut, ultra depressiv bist und du bekommst einen Stimmungsaufheller, dann tötet die, das ist einer der Hauptnebenwirkungen, ist Selbsttötung. Weil du dann Energie wieder hast, du bekommst wieder Energie und die reicht gerade, um dich selbst zu töten. Das steht auch auf dem Beipackzettel, nur wie willst du das jetzt rauskriegen, ist das jetzt die Medikamentenwirkung, war‘s die Umwelt, war‘s die Lebensgeschichte, war es aus einer akuten Situation heraus, wer soll das wissen? Die ganze Familie heult, die KriPo will das vom Tisch haben, weil das Selbsttötung war und kein Tötungsdelikt durch einen anderen. Also auch hier unbekannt.
Okay, das hört sich an als wäre es doch sehr oft natürlich, dass Medikamente eine Rolle spielen. Was geschieht mit Leichen, welche mit umweltschädlichen Stoffen kontaminiert sind nach der Obduktion?
Kommt darauf an. Sag mal ein Beispiel für Stoffe, die dich interessieren/ die euch interessieren.
Also besonders interessant in Deutschland ist eindeutig Diclofenac, das ist zwar ein Schmerzmittel, aber es zählt als Mikroschadstoff.
Stimmt, du hast Recht, ich erinnere mich dran, das hast du ja vorab als Beispiel geschrieben. Ja genau, also Diclofenac oder ähnliches, wenn es jetzt, egal ob du im Altersheim gestorben bist oder ob es Kriminalfall ist. Ich sag, ich darf es überhaupt nicht sagen, ich bin weder Fachmann für Rechtsmedizin noch irgendwie sonst was, ich bin einfach Kriminalbiologe, deswegen kann ich das hier, sagen wir mal, glatter und kürzer formulieren. Diese Stoffe interessieren keinen Menschen.
Also auch Hormone, also wenn du jetzt zum Beispiel eine transsexuelle Angleichung gehabt hast, dann musst du oder möchtest du dein Leben lang diese Hormone nehmen , die natürlich jetzt ein normaler Mensch, also ich rede hier von einem hormonell normalen Mensch - nicht jetzt genetisch, kulturell, oder sozial normal - in sich trägt. Dann könntest du jetzt auch sagen, es gibt eine hormonelle Belastung, die unüblich ist. Dann kannst du genau so gut sagen, wenn der jetzt aber so geboren wäre, dann wäre das nicht unüblich.
Dann hast du natürlich die Anti-Baby-Pille, die sehr sehr lange und viel diskutiert wurde, ob die dazu führt, dass die Spermienzahl von hormonellen Männern, genetischen Männern verringert wird. Das war ein riesen Ding. Und bei den Medikamenten kannst du nix machen, weil die Logik ist die, nehmen wir mal Diclofenac oder nehmen wir auch mal Schizophrenie-Medikamente zum Beispiel oder Psychose-Medikamente, wenn du so willst, die auch sehr stark sind und sich auch anreichern können oder … Ach ich will damit gar nicht anfangen, das könnt ihr euch selber vorstellen. Dazu bräuchtest du irgendeine gesetzliche Regelung, die vorschreibt, dass es überhaupt getestet wird. Jetzt ist es aber so, dass sehr sehr viele von den Leichen, auch aus dem Altersheim, nicht nur von der Obduktion, die werden natürlich verbrannt, weil die Angehörigen oft keinen Bock mehr haben ein Grab zu pflegen, und sich sagen, wozu sollen wir da 5000 Euro ausgeben, oder wenn das ein schöner alter Friedhof ist, dann musst du den Grabstein sanieren, darfst den zwar weiter verwenden und was drauf meisseln lassen. Da sagen die höh, wir leben ein halbes Jahr in Leipzig und ein halbes Jahr in Mailand beruflich, was soll das? Deswegen regelt sich das, denk ich mal, über die Einäscherung. Da ist dann meistens die Frage, ist es etwas was im Filter hängen bleibt oder ist es etwas, dass durch die Hitze zersetzt wird. Und wenn es von der Hitze zersetzt wird, dann hast du das Problem nicht mehr.
Ein größeres Problem ist, finde ich, bei den Schadstoffen, dass die Lebenden das die ganze Zeit ausscheiden. Weil in einer Leiche hast du so eine einmal Dosis, aber in den Lebenden hast du quasi eine Tagesdosis, die ins Abwasser läuft.
Also in den Friedhöfen ist ja auch gerade das Bedenken mit den Schadstoffen, dass die da vermehrt sind. Ich habe auch gelesen, dass gerade auch bei Einäscherungen die Schwermetalle, die gehen ja nicht bei Einäscherungen raus. Kannst du nochmal sagen, was du dazu hälst? Dass das im Prinzip einfach so in die Erde gelangt.
Sagen wir mal so. Ich hab auch Sachen mitbekommen, die kennt man zum Beispiel in Westdeutschland nicht, also in der DDR, da gab es zum Beispiel ein Waschmittel mit Phosphat, da schmunzelt man heute drüber, da gab es überall riesen Schaum, also Algenberge, weil es einerseits ein Nährstoff ist, andererseits zur Schaumbildung führen kann, zum einen durch die Algen oder durch andere Zusatzstoffe. Das hat man zum Beispiel gelöst.
Das wurde freigesetzt und genauso ist es jetzt viele Jahrzehnte später. Jetzt ist es halt mit diesen, nennen wir es mal, Schadstoffen. Da sagst du dir halt, was ist wichtiger, wollen wir diese Leute behandeln oder nicht. Und zum Beispiel bei Antibiotika, wo wir die ganzen Resistenzen kennen, was ein viel größeres Problem ist als die Freisetzung von Asche oder Schwermetallen bei Friedhöfen. Da sagt man sich, der Nutzen gegenüber den Lebenden, egal wie idiotisch das ist, also bei den Antibiotika wage ich es sehr stark zu bezweifeln, dass der Nutzen Lebender häufig so stark ist, um mit Antibiotika zu therapieren, wie dem, was uns bevorsteht als eine der größten Bedrohungen der Menschheit, nämlich die bereits bestehenden Vollresistenzen von Erreger, die dann gegen alle Antibiotika resistent sind, was dann in jedem Fall, ich will jetzt keine Zahlen sagen, alles was COVID produziert hat, massiv in den Schatten stellen wird.
Und da ist es halt eben so das man sagt, bei den Schwermetallen als auch bei allem anderen, sagt man, die Menschen wollen so eine Bestattung, die wollen das jetzt so, dass das in der Erde verbuddelt wird und nicht irgendwie als Sondermüll in einen Salzstollen gebracht wird und dann machen wir das aus kulturellen und politischen Gründen so. So wird das leider, was heißt leider, da kannst du jetzt nix machen. Außer du wirkst politisch darauf ein.
Aber auch bei Friedhöfen ist es so, dann kann man nämlich sagen, na gut, dann nehmen wir eben nur noch die Friedhöfe, wenn da noch irgendwelche Schadstoffe sind, die man leicht nachweisen kann, also nicht Medikamente, sondern die von dir genannten Schwermetalle, aber da ist eine Lehmschicht drunter. Und dann sind die Schwermetalle zwar im Boden aber darunter ist eine Lehmschicht, gucken wir was in drei Generationen, ob das noch irgendwen interessiert.
Und Sie haben ja auch gerade gesagt, dass Antibiotika auch viel in den Leichen enthalten ist. Zeigen sich am Insektenbefall am Tatort Auswirkungen durch Arzneimittel wie Diclofenac und andere Antibiotika?
Ja, das ist untersucht. Teilweise hat man versucht mit klassischen Drogen, die man sich so auch als Droge vorstellt, Opiate, Kokain oder so was, das führt zu allen möglichen Wachstumsveränderungen bei den Insekten, was nicht so gut für uns ist, weil die Insekten sind so eine Art Uhr. Je länger oder je fortgeschrittener die Entwicklung ist, um so länger war das auf der Leiche. Also von einer Made zur Fliege zum Beispiel. Da ist es bei Kokain zum Beispiel so, dass die zuerst schneller und dann langsamer wachsen. Das gleicht sich zwar dann aus aber ist trotzdem blöd. Wenn du die Leiche hast und komplett zersetzt ist, kannst du ja auch gar nicht mehr wissen, ob das da drin war. Das heißt, du musst nach der Made gucken, oder ob Schwermetalle drin sind, die sich ja nicht abbauen lassen, ob die vorhanden sind.
Du siehst, das zieht sich dann so einen Schwanz an Untersuchungen nach sich und die dann keiner machen will. Wenn dann jemand sagt, komm Mark, jetzt hör mal auf, du machst das unnötig kompliziert hier, warum sollen wir nach Kokain, Schwermetallen oder sonstigen Substraten gucken.
Bei Betäubungsmitteln wird es schon eher mal gemacht, weil man da die verdeckten Tötung haben kann. Ich kann dir jetzt irgendwas verabreichen und irgendeine Situation darstellen, die suizidal aussieht oder einen Verkehrsunfall vortäuschen. Weil man würde dann nach einem Betäubungsmittel gar nicht gucken, wenn es nach einem Lupenreinen Verkehrsunfall aussieht. Also es kommt immer sehr drauf an. Es hat auf jeden Fall eine Auswirkung, die in der Regel nicht geprüft wird. Wenn sie mal geprüft wird, wird es meistens auf Forschungsebene gemacht, weil das natürlich sehr dankbar ist, den egal was du mit der Leiche oder Gewebe, es muss ja keine ganze Leiche sein, mit Leichenteilen machst, wenn du irgendein Medikament, ein Antibiotikum drauf gibst, passiert ja irgendwas oder nicht und das ist dann auch ein Ergebnis. Also du kriegst immer ein Ergebnis.
Zum Beispiel mit Amitriptylin hat man das gemacht und man hat gesehen, da passiert gar nichts. Es wird zumindest von den Schmeißfliegenlarven gar nicht verstoffwechselt oder wenn ja, interessiert es die nicht. Und dann geht das halt endlos weiter.
In den letzten zwanzig Jahren wurde das mit allen möglichen Stoffen ausprobiert, aber in der Praxis hab ich noch nicht erlebt, dass es vor Gericht große Anwendung gefunden hat. Weil du ja auch nie weißt, besonders wenn die Leiche zersetzt wird, wo genau haben die Maden gefressen. Ist das in der Leber angereichert, haben sie davon gefressen, oder haben sie vom Muskelgewebe gefressen oder wo es gar nicht angereichert. Also das ist im Moment eher Forschungssache, die eben dankbar ist für Bachelor- und Masterarbeiten.
Du hast ja auch gesagt, dass du die Gefahr eher darin siehst, dass es immer ausgeschieden wird. Du bist ja auch politisch unterwegs und setzt dich sehr für Tierschutz ein, habe ich gesehen. Inwiefern stellen Mikroschadstoffe eine Gefahr für die Tierwelt dar?
Also ich bin ja Biologe und ich komme aus der Zeit als man dachte, man könnte Tiger und Wale retten und so weiter. Wir wissen ja heute, das war alles nur ein Traum, sie werden in nächster Zeit alle aussterben. Bei Walen wissen wir es jetzt nicht so, aber alles was wir so dachten, was wir in natürlichen Populationen halten kann, Nashörner, teilweise auch Elefanten, die auch obwohl, sie sich sehr stark vermehren, bedroht sind. Dann natürlich das ganze Meeresleben, was auch in der Zeit, die wir noch erleben werden, nicht mehr in den Griff kriegen können, wegen Mikroplastik. Das Problem ist ja ungelöst. Das große Plastik kriegen wir ja raus, aber das Mikroplastik überhaupt nicht, weil man wäscht die Sachen und dann gelangt das in die Kreisläufe, außer man würde Filter in die Waschmaschinen einbauen. Kann passieren, kann nicht passieren.
Und dann reden wir noch den ganzen anderen Schadstoffen, ob die sich halten, oder nicht halten. Und das ist ein riesengroßes Problem, also vom Wasser angefangen, bis zum Landleben und natürlich auch zum Luftleben, weil viele Tiere, die sich in der Luft bewegen, sind gar nicht untersucht. Ihr werdet das gar nicht auf dem Schirm haben, weil ihr ja Molekular interessiert seid, da werdet ihr gleich einen Lachkrampf kriegen, aber das ist überhaupt nicht untersucht, das so genannte Aeroplankton. Das sind die Tiere, die sich in der Luft in der Höhe aufhalten, ab da wo die Rotoren von Windkraftanlagen sind und da haben ein paar Leute mal Ballons steigen lassen und dann ein paar Tiere eingesammelt, aber da gibt es überhaupt keine großen, systematischen, weltweit vergleichbaren Studien zu.
Und überall da sind Schadstoffe, egal welche Definition du jetzt für “Mikro” anlegst; sagen wir mal kleiner als ein Mohnkorn. Also alles was kleiner als ein Mohnkorn ist, bis zu Nanopartikeln, da würde ich das jetzt mal aufspannen. Das ist desaströs, das kann auch ganz banale Gründe haben, ein Beispiel wäre, wie stark jetzt gerade die Vernebelung oder die Abdunklung – Global Dimming – sozusagen, wo wir jetzt gerade erleben, dass auf einmal jetzt die Sterne sehen kann, weil wir ja dank Corona sehr wenig Luftschadstoffe freigesetzt werden. Das beeinflusst zum Beispiel Insekten sehr stark und das beeinflusst die Vögel sehr stark und so weiter. Also das sind riesige Netzwerke des Lebens, die immer beeinflusst werden, geht gar nicht anders. Die Frage ist allerdings, ob nicht zum Beispiel ein andere Einfluss vielleicht größer ist: Klimaveränderung, Landverlust, Versalzung der Küsten, Energieumstellungen, Lebensgewohnheitsumstellungen und welche Kraftstoffe verwendet werden. Also das hat immer einen starken Einfluss nachweislich.
Okay, dann nochmal zurück zur Politik. Hast du das Gefühl, dass du auf Missstände in der Forschung in der Politik aufmerksam machen kannst und für was setzt du dich besonders ein?
Also das wichtigste finde ich, abgesehen von Sachen, die ich für absolute Scheiße halte, wie zum Beispiel läuft aktuell eine sehr große Kampagne die heißt “Lasst du Sau raus”, das Muttersauen ihr ganzes Leben in so einer Art Metallgestell verbringen, damit die kleinen Schweinchen da gut saugen können und wenig Verletzungen auftreten. Das ist Folter. Punkt. Da gibt’s überhaupt kein anderes Wort für. Dann kennt ihr natürlich die Bilder aus den Kuhställen, den Schweineställen und natürlich, was man sehr häufig sieht, sind Hühner, die alle sehr sehr krass gefoltert werden. Ihr könnt euch ja irgendwelche Bilder angucken, das ist der totale Wahnsinn.
Von den Antibiotika und von dem Nikotin wohlen wir gar nicht mal reden, sondern nur von den Lebensbedingungen. Also es gibt gar kein Wort dafür. Oder Käfighaltung von Kaninchen, jeder, der Mal Kaninchen gesehen hat, der weiß, dass die liebend gerne über die Wiese springen würden, es reicht auch schon wenn 20qm, also nein, das wäre etwas klein, die 100 qm groß ist. Dann kann das Spaß haben und buddeln. Das ist toll, aber ich mein, man kann das nicht in so einem Schuhkaton halten. Das ist einfach total Psycho. Das ist superpsycho. Also wer Tierprodukte benutzt, hat den Knall nicht gehört. Das gilt für alle Biologinnen und Biologen.
Das ist das eine und das andere ist natürlich, was euch eher betrifft, man könnte mit dem ganzen Geld, was in Tierversuchsfoschung rein geht, könnte man problemlos sehr sehr schnell Alternativen schaffen. Ich war Invited Speaker dieses Jahr bei der eher konservativen Deutschen Physiologischen Gesellschaft bei der Tagung und da waren diese Menschen da, die menschliche Zellen auf Chips darstellen und die haben alle gesagt, dass wäre kein Problem das schneller zu machen, wenn man große Teile der Tierversuche sofort sinnvoll umstellen, dass man das mit menschlichen Zellen testen und nicht mit irgendwelchen Tierzellen, die keine Menschenzellen sind. Das ergibt überhaupt gar keinen Sinn, unabhängig davon das die Tiere gequält und gefoltert werden, sondern das es wenig Aussagekraft hat. Die haben auch gesagt — es geht nur um Geld.
Es gibt auch Tierschutzorganisationen, die will ich jetzt gar nicht so erwähnen, weil die auch immer so Lobbyarbeiten machen, na klar, aber zum Beispiel Ärzte gegen Tierversuche und sagen schon seit vielen Jahren, das sind jetzt meine Worte, wenn man ein Drittel des Geldes, was man für die total bescheuerten, wirklich offensichtlich nur der Karriere von Irgendwem dienen, Tierversuche, die keine Ethik-Komission nach modernen Maßstab überstehen würden, sie besteht zwar, aber wenn man das Geld in diese Mikrochips, Organchips genauer gesagt, dann könnte man sofort, innerhalb der nächsten zehn Jahre den größten Teil der Tierversuche abschaffen. Das ist mein politischer Schwerpunkt. Das Dumme ist allerdings nur, wenn du dann mal im Europäischem Parlament sprichst, was ich dieses Jahr wieder mache und was ich schon vor zwei Jahren gemacht habe, ist auch im Netz könnt ihr googlen. Das wird, also wenn die Leute erst mal zwei Bier oder zwei Sekt getrunken haben, dann gilt das immer noch als eine Art niedliche, lebensfreundliche Flause und nicht als das was es ist, nämlich meiner Meinung nach das größte Dilemma, indem Biologinnen und Biologen und medizinische Forscherinnen und Forscher stecken. Das ist ein super leicht lösbares Problem, was die Folter von Millionen von Tieren pro Jahr bewirkt, bewiesen, gefilmt, seit Jahrzehnten unstrittig auch in der Rechtsprechung. Es ist einfach nicht zu Lösen. Das ist mein großes Ding, was ich auch dieses Jahr wieder im Parlament sagen werde, aber hinterher essen die Leute dann ihre Hühnchenspießchen und sagen “war ein schöner Vortrag”. Letztes Jahr habe die gesagt, kein Witz, der beste Vortrag, also die kleine Gruppe nicht das Gesamtding, die Gruppe die da war, diese Gruppe hat gesagt, das war der beste Vortrag, den sie gehört haben *nomnomnom* Hackfleischbällchen. Äh… ja….
Ja, manchmal versteht man nicht so ganz was man gehört hat.
Doch, die verstehen das, das ist denen nur scheißegal. Genauso wie alle Biologen und Biologinnen, ich mein, wenn ihr studiert, könnt ihr nicht auf Tierversuche einwirken. Ihr könnt nicht alle pflanzenbasiert leben, heute, machen viele auch nicht. Ihr alle wisst, dass das ganze unsozial und nicht in Ordnung ist, aber die meisten geben halt einfach ein Dreck drauf. Also es liegt nicht am Verstehen, es liegt daran, dass die Menschen sich einfach extrem unsozial verhalten.
Nochmal kurz zurück zu den Mikroschadstoffen, es gibt zum Beispiel ja auch in den Apotheken Faltblätter dazu, zur Aufklärung, gibt es auch in der Forensik Aufklärungsseminare zu Mikroschadstoffen, ist das irgendwas bekannt?
Nein, das interessiert keinen Menschen. Also die Kollegen in der Rechtsmedizin und auch Fachärztinnen und Fachärzte sagen halt, auch bei Covid übrigens und damals bei HIV, als das noch ausgebrochen ist und die Leute wirklich noch AIDS bekommen haben, da haben die immer gesagt: ‘Ja, es gibt keinen Fall, wir haben das nie bekommen’. Also das gilt jetzt übrigens auch für Corona. Das kriegen halt die Ärzte im Krankenhaus und nicht die Fachmediziner. Es werden ja immer Schädel aufgesägt, früher als es noch keine Absaugvorrichtung gab, das ständig der Knochenstaub durch die Luft geweht ist, da hat auch keiner Masken getragen.
Ich habe in New York gearbeitet, ich war persönlich dabei, als der Kollege, der leitende Gerichtsmediziner, der hat in Anzug ohne Handschuhe seziert, obwohl da schon Hepatitis C im Umlauf war. Er hat dann irgendwann mal Gummihandschuhe angezogen, während neben ihm in einem Raumanzug mit Vollschutz-Atemeinrichtungen standen. Und deswegen sagen die, okay, wenn das rechtlich von Bedeutung wäre, dann würde uns das jemand sagen, dann würden die Leichen zum Beispiel in eine bestimmte Umgebung bringen und dann meinetwegen kremiert und dann nicht in die Erde gebracht oder so. Aber solche Vorschriften sind nicht im Umlauf. Das einzige, was im Fachbereich manchmal von Bedeutung ist, bei Leichen, wo Formalin drin ist, weil sie viel transportiert worden sind, von Deutschland nach Italien, von Italien nach Deutschland in die USA oder sonst etwas, die darfst du nicht einfach Erdbestatten, weil das, das ist jetzt nicht abwertend gemeint oder wertend gemeint, das wird als Sondermüll angesehen. Also das verstößt gegen das Bundesinduktionsgesetz, denn du darfst Formalin nicht in die Erde reinbuddeln. Und da muss man dann eine Lösung finden, meistens Einäscherung. Aber das wäre das einzige, das mir einfallen würde und das fällt nicht unter deine Frage, also ist jetzt kein Mikroschadstoff.
Zum Schluss würde ich gerne noch über den Wettbewerb iGEM selbst sprechen. Du hast ja bereits in der Vergangenheit ein iGEM-Team besucht, kennst daher den Wettbewerb schon. Welche Chancen siehst du in solchen Forschungsprojekten und Organisationen?
Also ich war schon mehrfach da. Ich habe schon mal Vorträge über iGEM gehalten, in Düsseldorf . […] Wir haben zusammen ein Gespräch gemacht, was jetzt nicht im Labor war, sondern mit dem Team an sich, also dem iGEM-Team. Also ich habe da mehrere Sachen gemacht. Also ich finde das gut, dass ihr das so mit vielen Facetten und Blickwinkeln macht und auch dieses öffentliche Erklären, das finde ich super. Es ist so, viele von diesen Projekten sind zu wenig durchgeplant mit den Zeitmitteln, die vor Ort herrschen. Das finde ich aber gut, weil lernen die Teams, die ich bisher gesehen habe, die lernen sofort daraus, wie man das ganze eben auch managen muss. Was nützt eine gute Idee alleine, sie muss umsetzbar sein. Das ist der große Unterschied zur normalen Forschung.
Bei der normalen Forschung kannst du Glück haben, wie zum Beispiel Eric Kandel, der ein Nobelpreis gewonnen hat für die Nervenuntersuchungen. Das war sein großes Ding, der hat angefangen, der Schnecke Aplysia die Nerven zu untersuchen. Im Grundstudium lernen dies noch manche Biophysiker. Und ich war noch da, wo sie in New York im Labor arbeiten und habe sie noch gesehen, diese Aplysia-Schnecken und habe dann gefragt, ja benutzt ihr diese noch im Labor? Und sie sagten, nein, wie benutzen eigentlich Nager, aber das ist halt, weil der Chef die Schnecken gut findet und so. Da hast du aber ein ganzes Leben vor dir.
Diese Chance habt ihr nicht mehr. Ihr seid sozusagen mittlerweile "nützlich", ihr sollt Projekte voranbringen, ihr sollt Geld — also nicht Geld immer nur —, aber politisch, sozialen und kulturellen oder finanziellen Nutzen schnell zeigen. Und das gab es früher nicht. Selbst als ich noch studiert habe, war das so, da hat niemand gefragt, was bringt das, jemals, also was nützt das oder was ist dein Endergebnis oder willst du das ausgründen? Es gab gar keine Ausgründungen. Die ersten Ausgründungen, da wusste man gar nicht, was man da rechtlich machen soll. Die vom Frauenhofer-Institut mussten dann schnell Ideen umsetzen. Als du hattest grundsätzlich den Grundlagenforscher, der auch sozusagen rumjonglieren konnte, das Fachgebiet wechseln, anpassen und ändern und so. Und ich sehe bei euch, dass ihr als iGEM-Team sehr früh lernt, dass ihr eine Verpackung braucht und diese Verpackung sollte auch bewertbar sein. Wenn es nicht geklappt hat, ist es nicht so schlimm, aber man sollte eine Lehre daraus ziehen können. Und das finde ich gut, weil so ist die Welt geworden.
Also ihr seid kleine Projektmanager geworden, kleine Projektmanagerinnen und es ist nicht immer euer Projekt. Was früher auch anders war. Früher hast du das gemacht, worauf du Bock hattest und das Projekt von anderen war dir egal, außer du warst aus dem Mittelbau und sagst, ich will zuerst mal eine Familie und auch ein bisschen Forschung und mir persönlich finde ich es interessant, wenn ich etwas lerne, aber wenn der Chef sagt…
Also deswegen finde ich, iGEM macht euch funktions- und packungsfertig. Aber das meine ich nicht abwertend, weil das ist gut, denn so ist, wie gesagt, die Welt geworden. Also mir gefällt das. Ich würde es anders machen, wenn ich die Welt beherrschen würde, aber ich beherrsche die Welt nicht. Wenn es nach mir gehen würde, würden alle Leute nur rumspielen. Aber so ist das halt nicht.
Okay, damit bedanke ich mich nochmal ganz herzlich bei dir, Mark, und bin froh, dass es ein so interessanten Gespräch geworden ist und freue mich schon auf den Livestream.
Vielen herzlichen Dank an Euch. Ciao.