Quelle: Frankenpost, Stadt und Landkreis Hof , 8. Dezember 2015, Seite 11
Ein Spezialist für allerlei Abseitiges
„Ein Fall ist für mich ein schwarzer Raum, in dem keine Annahmen möglich sind.“ - M.B.
Text: Nico Schwappacher
Schwarzenbach an der Saale – Dr. Mark Benecke gilt als der bekannteste Kriminalbiologe der Welt. Als solcher hat er es nicht nur in wissenschaftlichen Kreisen zu einigem Ruhm gebracht: Immer wieder taucht der 40-Jährige auch in den Boulevard-Zeitungen auf. Kein Wunder: Der bekennende Grufti ist Spezialist für allerlei Abseitiges. Beruflich ermittelt er beispielsweise die Liegezeit von Wasserleichen anhand der Köcherfliegenlarven, die in der Unterhose nisten.
Doch auch in seiner Freizeit ist Benecke ein bekennender Anhänger des Skurrilen: Er ist Vorsitzender der Deutschen-Dracula-Gesellschaft, entlarvt als Mitglied der „Gesellschaft zur wissenschaftlichen Untersuchung von Parawissenschaften“ übersinnliche Phänomene anhand wissenschaftlicher Methoden und wertet als Donaldist auch schon mal die Wetterphänomene Entenhausens aus.
Als solcher gastierte die Kriminalistik-Koryphäe am Sonntagabend zum wiederholten Mal auf Initiative des Erika-Fuchs-Hauses im brechend vollen Schwarzenbacher Turnerheim. Das Motto des Abends: „Verschwörungstheorien und wie man sie knackt“.
Mit seinen Vorträgen hat es sich Benecke zum Ziel gesetzt, das wissenschaftliche „von der Ecke um die Kurve Denken“ auch der breiten Masse zu vermitteln. Wissenschaftliches Denken, das ist für ihn ein Black-Box-Modell: „Ein Fall ist für mich ein schwarzer Raum, in dem keine Annahmen möglich sind“, erzählt er. Sein Credo: „Nicht denken, nicht meinen, nicht hoffen!“ Das menschliche Nachdenken nämlich sei grundsätzlich ein determiniertes: „Wir alle lassen uns von Erinnerungen sowie von kulturellen oder religiösen Grundannahmen beeinflussen“, weiß Benecke. So komme man schnell zu falschen Schlüssen. Man solle sich viel lieber ein gesundes Maß an kindlicher Naivität bewahren und ganz unbefangen an die Fakten herangehen.
Das alles erklärt der Kölner Benecke mit viel Schwarzenbacher Lokalkolorit: Schließlich könne man, wenn man denn wolle, auch leicht zu dem irrigen Schluss kommen, Schwarzenbach sei identisch mit Entenhausen. Um dies zu untermauern, war Benecke in Schwarzenbach fleißig mit der Fotokamera unterwegs. Eine Bank, gestiftet von der Frauenunion. Ein Hinweis auf starke Frauen, wie es sie in Entenhausen zuhauf gibt? Container am Bahnhof. Gibt es diese Szenerie nicht auch im Donald-Duck-Universum? „Ist ganz Schwarzenbach also nach Entenhausen modelliert?“, fragt sich Benecke.
Doch wer Mark Benecke kennt, der weiß, dass es nicht so unblutig bleiben wird. Im zweiten Teil des Vortrags räumt er mit Verschwörungstheorien rund um die angebliche Ufo-Landung 1947 bei Roswell auf. Im Mittelpunkt der Analyse steht dabei der bestens bekannte Film von Ray Santilli, der die Obduktion des Außerirdischen zeigen soll.
Dabei betrachtet Benecke in erster Linie die Anatomie des Aliens. Schließlich kennt sich Benecke mit Leichen aus und weiß, welche Verletzungen Lebewesen bei Unfällen davontragen. Immer wieder zieht er Bilder menschlicher Leichen vom eigenen Seziertisch heran. Viel Blut und viel zerstörtes Gewebe. Nichts für schwache Nerven also.
Benecke stellt zahlreiche Fragen: Wieso ist der Schnitt am Bauch des Aliens so ungewöhnlich sauber? Müsste das Alien dann nicht ein hartes, äußeres Stützskelett besitzen? Hätte dieses bei einem Sturz aus vielen Kilometern Höhe nicht splittern müssen? Warum sollte das Alien menschliche Füße haben, wo doch die Füße eine evolutionäre Schwachstelle des Menschen sind? Hinweise für eine Fälschung findet Benecke viele. Festlegen möchte er sich als wissenschaftlich-kritischer Geist nicht: „Ich kann es natürlich nicht beweisen, dass es keine Aliens gibt.“
Das Publikum ist von Beneckes ebenso fundiertem wie humorvollem Vortrag begeistert und feiert den Kriminalbiologen, als wäre er ein Popstar. Zum Abschluss gibt Benecke dem Publikum noch ein wenig Hoffnung mit auf den Nachhauseweg; „Death ist not the end“, ist auf der Leinwand zu lesen.
„Nein, der Tod ist nicht das Ende“, meint Benecke. „Danach kommen immer noch Würmer, Maden, Fäulnis-Bakterien und vielleicht auch Kriminalbiologen.“
Mit großem Dank an Nico Schwappacher und die Redaktion für die Erlaubnis zum Abdruck.