Quelle: Kriminalistik, 10/2011, 65. Jahrgang, Seiten 628 bis 634, den Artikel gibt es hier als .pdf
Test eines "Mediums" bei Tötungsdelikten
VON MARK BENECKE
"Es sei daher gestattet, all die Fachgenossen die Mahnung anzuknüpfen, in fremden Gebieten nach für uns Wichtigem zu suchen und das Gefundene den anderen mitzutheilen." (Fritz Gross. 1899)
Nicht oft, aber regelmäßig, trudeln bei uns im Labor Nachfragen ein, ob wir bei Kriminalfällen die Hilfe von "Medien"-Menschen, die übersinnliche Fähigkeiten besitzen - einsetzen.
Die Anfragen kommen von den Medien, allerdings der anderen Sorte: meist vom Fernsehen.
Es gibt anscheinend ab und zu Romane oder TV-Serien, die sich mit diesem Thema beschäftigen. Daher wohl diese für ein forensisches Labor (das ja grundsätzlich nur dem greifbaren Sachbeweis und gerade nicht unbeschreibbaren Kräften und Wahrnehmungen) zugewandt ist, eigentlich merkwürdige Anfrage.
Alte Kriminalpolizisten, die ich im Laufe der letzten fünfzehn Jahre hin und wieder darauf ansprach, reagierten mit Kopfschütteln. Bestenfalls erinnerten sie sich "mal an irgendeinen" Fall, in dem das "vielleicht" versucht worden sein sollte, "aber nicht bei uns". Niemand konnte etwas Nachverfolgbares beisteuern. Ich hatte das Ganze daher zuletzt ins Reich der Märchen geschoben.
Ein Medium meldet sich
Im Oktober 2010 ergab sich dann endlich eine Chance. Ein Medium (übersinnlich) bot mir unaufgefordert an, einen kriminalistischen Test mit übersinnlicher Komponente durchzuführen, und zwar ohne Breiten-Medien (TV/Print) und in der krassest möglichen Variante, nämlich bei Tötungsdelikten:
Ich bin Medium und sehe in Visionen zu Tode gekommene Menschen, überwiegend Morde an Kindern. Meine Frage an Sie: ist es aus Ihrer Sicht möglich, meine Visionen in Kriminalfälle zu integrieren beziehungsweise zu verwerten? Wie das zum Beispiel in den USA schon länger praktiziert wird. Zum Ende möchte ich noch betonen, dass ich keinerlei finanzielles Interesse habe. In den vielen Fällen ist es so, dass ich folgende Dinge "sehen" kommen:
die Todesursache bzw. Verletzungen;
Umstände/Situationen, die kurz vor dem Tod waren (z.B. Streit/Sexualverbrechen/Entführung);
Gegend oder Landschaft, wo sich eine Leiche befindet (allerdings meist ohne Ortsnamen);
Aussehen des/der Täter{s) und Hillweise auf dessen Umfeld, wie Familie, Arbeit/Fahrzeug.
Dies sind im Groben die Dinge, die ich meist wahrnehme. Es sind mal mehr, mal weniger Hinweise, das kann ich nicht beeinflussen.
Ich sagte der Schreiberin von Vorneherein, dass ich angesichts des entstehenden Aufwandes eine Veröffentlichung der Ergebnisse in Fachzeitschriften einplanen wolle. Das sagte sie erfreut und wiederholt zu. Leider zog sie aber, nachdem ich ihr die Ergebnisse mitteilte, vollkommen unerwartet ihr Einverständnis zurück, sodass ich den Namen der (zuvor sehr netten und offenen) Schreiberin nun nicht mehr nenne.
Meine Idee zum Test war dabei einfach und konkret:
"Ich sende Ihnen Farbfotos von Tatorten, auf denen man aber die Leichen nicht oder nur teils oder nur Spuren (Blut usw.) sieht, und sie sagen mir nach Möglichkeit etwas zu:
Ort (wo ist das?)
Jahr (wann geschah das?);
Jahreszeit (wann geschah das?);
Art des Verbrechens (was ist da passiert?);
Art der Verletzungen;
etwas zum Täter/zur Täterin.
Wäre das eine für Sie akzeptable Möglichkeit?”
Das war es.
Das Medium und ich kennen uns nicht persönlich. Wir haben einen knappen, offenen und bis zuletzt höflichen Umgang per E-Mail gepflegt und sind die Sache vor allem mit Neugier angegangen. Einer der Gründe für ein testendes statt diskutierendes Vorgehen war, dass ich lieber die Ärmel hochkrempele, anstatt Grundsatz-Positionen abzustecken. Zudem, so das Medium, benötige sie eine gewisse Zeit, um Informationen über Kriminalfälle wahrzunehmen, so dass sich persönliche Treffen ohnehin nicht anboten:
Das müsste dann ein langes Treffen werden :-), da ich die Visionen nicht immer auf Abruf bekomme, sondern manchmal auch ein, zwei Tage bzw. ein, zwei Nächte vergehen können. Es kommt auch vor, dass zusätzliche Wahrnehmungen noch einige Tage später folgen. Dazu kommt, dass ich in der Oberpjalz lebe und Agoraphobie habe :-(
Vielleicht gibt es ja unter diesen Umständen doch die Möglichkeit eines Versuchs über E-Mail oder Post? Außer, Sie möchten mich besuchen? Bei dieser Gelegenheit könnte ich dann einen ersten Blick auf die Tatort-Fotos werfen und Ihnen gleich mitteilen, ob oder welche Vision kommt.
ZUR PERSON
Das Medium, eine Frau mittleren Alters, ist aus Sicht von Skeptikerlnnen eine lupenreine Esoterikerin. Sie beschreibt sich und ihr Vorgehen wie folgt:
Die Spiritualität begleitet mich schon seit meiner Kindheit. Meine Visionen, Eingebungen und Botschaften aus der geistigen Welt, Engelskontakte und lenseitskontakte haben sich seit meiner Kindheit immer mehr verfeinert. Ebenso die Wahrnehmung verschiedenster Natunvesen. Ich habe mich einige Jahre mit dem Legen von verschiedenen Kartendecks beschäftigt, unter anderem: Kipper, Lenormand, Baumengelkartell, Tarot und Magie-Karten, um nur einige zu nennen.
Seit etwa drei Jahren beschäftige ich mich sehr intensiv mit altemotiven Heilmethoden, Heilsteinen und der Geistheilung mit all ihren verschiedenen Facetten und habe mittlerweile meine Spiritualität zu meiner Berufung machen dürfen.
Am Anfang meiner "Arbeit" von Bedeutung ist das Bild einer vermissten oder verstorbenen Person. Möglich ist auch ein Bild vom Tatort oder aus der Umgebung des Vermissten oder Verstorbenen. Der nächste Schritt ist das sogenannte "Reinspüren." Dieses Reinspüren bedeutet, dass ich mich in Gedanken mit der Seele des Vermissten oder Verstorbenen verbinde. Das beinhaltet ein sehr intensives Betrachten des Bildes, das ich auch für einige Minuten in die Hand nehme. Dieses wiederhole ich einige Male im Abstand von einigen Stunden, so dass eine Verbindung aufgebaut werden kann.
Jeder Mensch, auch Verstorbene, besteht aus Energie. Diese Energie ist die Seele, in der alles Vergangene gespeichert ist. Diese Energien sind "Erlebnisse" des Vermissten oder Verstorbenen, die ich in Form von Hinweisen wie Bildern, Symbolen, Gefühlen, Geräuschen und Träumen wahrnehmen, sehen, hören und spüren kann.
Diese genannten Hinweise treffen immer auf den jeweiligen Vermissten oder Verstorbenen zu, oder auf die Umgebung und das Umfeld, mit dem der Vermisste oder Verstorbene kurz vor der Tat zu tun hatte. Deshalb kann ich auch die Umstände vor oder während einer Tat erkennen. Auch wenn es oft niellt sofort ersichtlich ist, würde sich doch direkt am Tatort vieles leichter erklären fassen, da hier die energetische Verbindung stärker ist und der Austausch mit den Ermittlern sehr wichtig wäre, denn so könnte man speziell auf diese Hinweise achten.
Ich als Medium bin also einfach gesagt die Botschafterin zwischen den Vennissten oder Verstorbenen und einer Vertrauensperson, die diese Hinweise an diejeweiligen Behörden weitergibt. Mir ist bewusst, dass nicht alle Hinweise sofort in Verbindung zu den Fällen gebracht werden können, da ich schon mehrere Hinweise zu verschiedenen Fällen an die dementsprechenden Polizeibehörden weitergegeben habe. Aber es ist durchaus so, dass sich nach einiger Ermittlungszeit sehr viele Übereibstimmungen heraus kristallisiert haben.
Der Vorteil dieser gut verständlichen "Material und Methoden"-Beschreibung ist, dass das Medium klar angibt und es im Text sogar unterstreicht, dass ihre Angaben direkt - räumlich oder zeitlich - im Umfeld der Tat anzusiedeln sind. Jedes Geschehen im Nahfeld einer Tat ist aber tatsächlich eine interessante Ermittlungshilfe. Besonders gut ist, dass die Methodenbeschreibung es erlaubt, teilweise festzustellen, ob ihre Visionen stimmen oder nicht (Verifizierung oder Falsifizierung}. Das ist bei den schwurbeligen Auskünften, wie sie etwa im "Wahrsagercheck" von GWUP-Mitglied Michael Kunkel und in seiner "Anleitung für Prognose-Treffer' gut beschrieben sind, oft schwer möglich. Das Medium sagte aber deutlich präzisere und damit prüfbare Angaben zu. Ich war daher genauso gespannt wie das Medium, was sich ergeben würde.
Fünf Fälle aus der forensisch-kriminalistischen Praxis
FALL 1: TOTE MUTTER
Uns bekannte Tatsachen:
Verurteilt wurde die Tochter einer alten Frau. Die Täterin soll im Häuschen der Mutter, in dem diese mittlerweile alleine lebte, nach einem Kaffeeplausch in ihrem alten Kinderzimmer genächtigt haben. Nachts soll sie ihre Mutter dann auf einer Schlafcouch mit Dutzenden von Stichen getötet haben. Im Bild ist die Couch mit Blutfleck zu sehen. Das Bild entstand mehr als fünf Jahre nach der Tat. Die verurteilte Frau bestreitet die Tat. Auffällig war für uns am Tatort, dass jemand aufgeräumt hatte. Nicht nur waren die blutigen Decken von der Polizei eingesammelt worden (Spurensicherung), sondern es war auch ein frisches Kissen mit Hotel-Kniff in die Ecke gestellt worden, die Fernbedienungen fürs TV lagen wie zum weiteren Gebrauch ordentlich parallel auf einem Beistelltischehen usw.
Wir sind uns nicht sicher, ob die verurteilte Frau wirklich die Täterin ist, da viele Tat-Umstände unserer Meinung nach nicht zu Ende untersucht sind und wir zudem mehrere vermutlich tatbezogene Gegenstände am Tatort fanden, von denen das Gericht nie erfahren hat (beispielsweise ein befleckter Handschuh.
Vom Medium mitgeteilte Visionen:
Bei diesem Bild würde ich nicht von einem geplanten Verbrechen ausgehen.
Ländliche Umgebung des Hauses, viel Grün (Schrebergärten o. ä. in der Nähe).
Der Tote: männlich zw. 50-70 Jahre alt, normale Statur, graue kurze Haare und unrasiert, Brille mit dunklem robustem Gestell, grau-blaues langärmeliges Hemd.
Der Tote hat wahrscheinlich alleine gelebt und blieb nach seinem Tod einige Zeit unentdeckt. Kurz vor seinem Tod hat ein Streitgespräch mit einer jüngeren männlichen Person aus dem näheren Umfeld stattgefunden. Daraus wurde ein handfester Streit, indem es um Geld ging und der Tote in Richtung Sofa geschubst wurde. So entstand an der linken Kopfseite eine blutende Wunde (evtl. von der Wand). Allerdings kann ich diese Wunde nicht als Todesursache orten.
Ich denke, dass der Mann an einer natürlichen, aber plötzlichen Todesursache verstarb, da ich hier keinen Täter "sehe".
Der Tod dürfte mindestens zehn Jahre zurückliegen.
Zahlen, die ich "gesehen" habe und die mit dem Toten in Verbindung stehen: 114 und 148.
Kommentar:
Es handelte sich bei der Toten um eine Frau, nicht einen Mann. Die Leiche wurde morgens, wenige Stunden nach Todeseintritt, in dem sonst von ihr allein bewohnten Haus gefunden, blieb also gerade nicht einige Zeit unentdeckt. Es handelte sich nicht um eine natürliche Todesursache, sondern eine Tötung mit dutzenden von Messerstichen. Der Tod liegt in der Tat schon etwa zehn Jahre zurück. Auf der Rückseite des Hauses liegt ein kleiner Ziergarten. Es handelt sich um einen kleinen fränkischen Ort. Den Bezug zu den Zahlen haben wir nicht geprüft, da sich nach Aussage des Mediums nicht hinreichend eingrenzen lässt, was genau die Zahlen bedeuten.
Für Ermittlungen verwertbare Hinweise:
Keine. Es gibt meiner Meinung nach zwar auch mehrere männlich Verdächtige in diesem Fall, ansonsten wiederspricht die Vision den objektiven Befunden vollkommen, beispielsweise zu den grundSätzlichen Fakten des Geschlechtes des Opfers und zur Todesursache.
FALL 2: O. J. SIMPSON
Uns bekannte Tatsachen:
Es handelt sich um die Ex-Ehefrau des Sportlers O.J. Simpsan. Er wurde für die Tötung zivil rechtlich verurteilt, kam im Strafverfahren aber wegen prozesstechnischer Tricksereien frei. Aus spurenkundlicher Sicht ist er eindeutig der Täter, unter anderem, weil sich bei ihm zuhause Blut der verstorbenen Frau fand.
Vom Medium mitgeteilte Visionen:
Bei diesem Bild würde ich von einer Affekt-Tat ausgehen.
Die "Totenseele" ist sehr unruhig und empfindet eine Sache in Bezug auf ihren Tod als nicht abgeschlossen!
Diese Tat dürfte mindestens fünf Jahre zurück liegen.
Ich habe "feinstofflich" starke plötzliche Schmerzen im Oberbauch gespürt, mit Ausstrahlung in den Rücken/Nierenbereich, linksseitig stärker, so dass ich in diesem Bereich von starken Verletzungen ausgehe. Auch im Kopfbereich müsste eine Verletzung durch einen Aufprall vorhanden sein. Außerdem wurde mehrfach all den Haaren gezogen.
Hier dürfte ein Kampf stattgefunden haben, wobei die jetzt Tote mehrfach versuchte zu entkommen/Hilfe zu holen.
"Gesehen" habe ich einen Mann zwischen 30 und 40 Jahre alt und schlank. Er hat dunkle kurze Haare, dunkle Augen und einen Schnäuzer. Schwarze Lederjacke und schwarze Lederschuhe. Dieser Mann hat meiner Meinung nach diese Tat verübt. Er dürfte auch schon früher Verhaltensauffälligkeiten gezeigt haben! Die beiden Personen haben sich nach meinem Empfinden gut gekannt.
Kurz vor dem Tod hat sich die Verstorbene mit den Themen Erbschaft und Beziehung ganz intensiv auseinander gesetzt.
In Verbindung mit der Toten/dem Täter stehen:
mittelgroßer braun weißer Hund (Boxer-Optik);
Zahl 8;
weißes Motorboot.
Kommentar:
Die schwerste Verletzung war das Durchtrennen der Vorderseite des Halses. Die Tat liegt über fünf Jahre zurück. Der Täter trug keinen Schnäuzer, aber Lederschuhe. Der Täter kannte das Opfer gut, und er hatte auch schon früher Gewalttätigkeiten gegen Frauen ausgeübt. Es hat sich um eine Affekt-Tat gehandelt. Am Tatort lag eine zweite Leiche. Das Thema Erbschaft dürfte wegen der rechtlich geklärten Scheidung keine Rolle gespielt haben. Der Täter war über 45 Jahre alt. Die Tat liegt über fünfzehn Jahre zurück.
Für Ermittlungen verwertbare Hinweise:
Keine, da Alter und Aussehen des Täters teils falsch. Beschreibung zum Ablauf der Tat nicht ausreichend detailliert. Hauptverletzung des Opfers nicht erkannt. Tötung eines zweiten Opfers nicht erkannt.
FALL 3:"VAMPIR"-LEICHE
Uns bekannte Tatsachen:
Es handelt sich um einen an Krebs verstorbenen alten Mann, der im Januar 2004, gut zwei Wochen nach seiner Beerdigung, in einem rumänischen Dorf von Dortbewohnern enterdigt wurde. Dann wurde sein Herz herausgeschnitten und verbrannt. Das Bild zeigt den Kopf der Leiche am Tag nach der Enterdigung.
Vom Medium mitgeteilte Visionen:
"Falsche Person, fehlendes Geld, Kälte.
Meiner Ansicht nach ist die Todesursache hier Luftnot.
Möglicherweise hat sich der Mann auch kurz in einem Gewässer befunden, zumindest könnte ein Gewässer in der nahen Umgebung sein.
Ich empfinde die Energie hier als ruhig und kann leider keine anderen Personen feststellen.
Meine Angabe "falsche Person" könnte bedeuten, dass diese Person sich vielleicht mal mit falscher Identität ausgegeben hat.
Die Angabe "fehlendes Geld kann darauf hinweisen, dass massive Geldprobleme vorlagen oder der Mensch ohne Obdach war. Auch Alkohol könnte eine Rolle gespielt haben.
Kommentar:
Die Identität der Person war allen Beteiligten gut bekannt. Es handelt sich um ein Dorf, in dem die Menschen aus unserer deutschen Sicht wenig Geld zur Verfügung haben, was sich aber nicht unbedingt mit der Wahrnehmung der Menschen dort decken muss. Es herrschte winterliche Kälte.
Für Ermittlungen verwertbare Hinweise:
Keine. Trotz des Fehlens detaillierter Angaben hätten zumindest Hinweise auf die bizarren Umstände, die Enterdigung, das Herausschneiden mehrerer Organe usw. in der Vision einen Widerhall finden müssen, wenn sie hilfreich hätten sein sollen. Angaben zur Kälte hätten beispielsweise bei genauerer Beschreibung der Kältequelle (Schnee? Tiefkühltruhe? gefrorener Boden?) und unter anderen Fund-Bedingungen interessant sein können (Leiche nach Lagerung in See versenkt o. ä.).
FALL 4: UNGELÖSTER MORD/BLUTSPUREN- TATORT
Uns bekannte Tatsachen:
Es handelt sich um die unaufgeklärte Tötung eines Mannes, der in Köln in seiner Wohnung mit zahlreichen Messerstichen getötet wurde. Die Leiche wurde nicht verbracht (das Opfer starb dort, wo es angegriffen wurde). Auf dem Bild ist eine beim Kampf umgestürzte Auflagefläche eines Stuhles zu sehen (also die Unterseite), auf die das austretende Blut spritzte. Es bestand die lose Vermutung, dass ein Stricher, den der Mann zu sich nach Hause genommen haben könnte, die Tat begangen haben könnte.
Vom Medium mitgeteilte Visionen:
In diesem Fall sehe ich wenige Ein- und Mehrfamilienhäuser. Keine Hochhäuser. Ich nehme hier einen Todesfall wahr. 4-5 Personen sind aber darin eingeweiht oder zumindest betroffen davon. Das kann z.B. bei einer Rachetat der Fall sein.
Mann im weißen Overall öffnet Tür, sagt zu einer weiteren Person: "Wir haben neun Wochen gebraucht", duckt sich und geht in den Raum. Womöglich liegt dieser in einem Kellerbereich.
Meiner Meinung nach dürfte es sich um ein größeres Gebäude, aber etwas abgelegen, handeln. In dem Gebäude ist die Energie von vielen Menschen zu spüren. Daher ist es auch möglich, dass mehrere Personen von der Tat betroffen sind, was für mich aber nicht weiter ersichtlich ist.
Es herrscht eine extrem aggressive Energie, was bei mir in den meisten Fällen für eine geplante Rache-Tat steht. Bei dieser Energieform ist auch ein sexueller Hintergrund möglich. Meiner Meinung nach könnte bei dieser von mir gefühlten negativen Energieform das/die Opfer vorher auch Täter gewesen sein.
Zu dem Ereignis in Verbindung steht: "Vermont" und die Uhrzeit "5 Uhr" morgens.
Personen, die in Verbindung mit der Tat stehen: älterer kleiner Mann (zwischen 60-70 Jahre), graue Haare und längerer grauer Vollbart, und eine 30-40 Jahre schlanke Frau mit langen welligen dunklen Haaren.
Die Personen in allen meinen Beschreibungen könnte ich mit geeignetem Programm auch genau "phantomzeichnen", da sich einige mir ganz deutlich zeigen.
Kommentar:
Das Gebäude ist nicht abgelegen: Es handelt sich um eine Mietswohnung in der Innenstadt Kölns, die nicht im Keller liegt (auch nicht im Erdgeschoss). Eine Rachehandlung wäre vorstellbar, allerdings im Affekt.
Personen wie die vom Medium beschriebenen sind bei den bisherigen Ermittlungen nicht bekannt geworden, insbesondere ähnelt das Opfer keiner der Beschreibungen auch nur ansatzweise. Die Beteiligung von Frauen erscheint nach bisherigem Stand unwahrscheinlich. Ein Overall wurde nicht gefunden. Die Tötungszeit ist unbekannt, könnte aber fünf Uhr morgens sein. Die Skizze der Räume ist falsch. Die Lage der Leiche im Raum ist in etwa korrekt, wenn man die falschen Angaben zur Tür auf die reale Tür bezieht und die falschen Angaben zum Aufbau des Flures und den Zimmerproponionen weglässt.
Für Ermittlungen verwertbare Hinweise:
Keine derzeit erkennbaren. Allerdings lieferte das Medium wie angekündigt eine Täterskizze. Ob sie eine an der Tat beteiligte Person darstellt, wissen wir nicht. Beachte dazu das falsche Fantombild im folgenden Fall 5.
FALL 5: ZIGARETTENSCHACHTEL
Uns bekannte Tatsachen:
Es handelt sich um eine Zigarettenschachtel, die im Rinnstein einer Ortsstraße einer kleinen Stadt im Ruhrgebiet lag. Im betreffenden Stadtviertel haben in den letzten Jahren keine schweren Delikte (Raub, Tötungen) stattgefunden, obwohl es sich um eine sozial schwache Gegend handelt, in der zudem viele Durchreisende anzutreffen sind (erhöhtes Risiko für Delikte).
Vom Medium mitgeteilte Visionen:
Meiner Meinung nach geht es hier um käufliche Dinge, nicht erfüllte Absprachen, Streitgespräche und Aggression. Feinstoff1ich habe ich eine weibliche Opfer-Energie wahrgenommen. Da ich zu dieser Person aber keine weiteren Angaben bekommen habe, bedeutet das für mich, dass das Geschehnis wahrscheinlich nicht länger als ein Jahr her ist und die Seele sich noch in einer Art Übergangsstadium befindet. Es kann aber auch manchmal vorkommen, dass die Seelen keinerlei Angaben über sich machen möchten. Das Gebiet habe ich auf der Zeichnung versucht darzustellen. Was feinstofflich für mich stark zu spüren war und was hier noch in Zusammenhang steht:
Übelkeit, Brechreiz, Luftnot (was womöglich für Ersticken oder Strangulieren stehen könnte);
Zuckerwürfel;
die Farbe grün
Abend/Nachtzeit.
Ein PKW- Viertürer war hier beteiligt, der parkend an der Stelle (siehe Zeichnung) stand. Der Fahrer, der mit dem Geschehnis hier in Verbindung stellt (siehe Zeichnung):
ca. 35-45 Jahre alt, gedrungene Statur, glattes lichtes braunes Haar, rundes Gesicht, Brillengestell aus Metall. Der Mann könnte noch im Elternhaus leben und einen Beruf in Richtung Vertreter (jedenfalls dürfte er meinem Empfinden nach viel unterwegs sein) ausüben.
Kommentar:
Es gibt kein Opfer und keine Tat. Der Container auf der Skizze existiert nicht. Die eingezeichneten Schienen befinden sich so nicht am Fundort, ebenso kein Bahnhäuschen. Dort stehen stattdessen Häuser. Allerdings gibt es etwa zweihundert Meter entfernt eine Eisenbahnbrücke. Die eingezeichneten Bäume existieren nicht, es steht dort eine Haus-Reihe. Straßenbäume gibt es aber.
Für Ermittlungen verwertbare Hinweise:
Keine. Trotz großen Detailreichtums in der Vision hat keine Tat stattgefunden.
Fazit: Visionen in Kriminalfällen
KriminalstInnen stehen paranormalen, feinstofflichen und generell esoterischen Vorstellungen - zumindest dienstlich - stets zweifelnd gegenüber. Bereits in den ersten Ausgaben des Archives für Kriminologie, der ältesten noch bestehenden Fachzeitschrift zum Thema, wird dieses Thema ab 1898 ausführlich besprochen. Darauf bezieht sich auch das Eingangszitat dieses Artikels, in dem Kriminologe und Kriminalist Fritz Gross darauf hinweist, dass man von allem möglichen - und eben auch von abergläubischen und verwandten Vorstellungen (damals vorwiegend Taschenspielertricks, Nachtwandeln, Suggestion usw.) - erst einmal Details kennen muss, um zu beurteilen, ob sie in Kriminalfällen eine Rolle spielen oder nicht.
Seit dem Krieg allerdings werden Artikel über Medien und PSI-Erscheinungen von den kriminalistischen Zeitschriften nahezu gar nicht mehr veröffentlicht, da schnell klar war, dass die betreffenden Fälle fast immer ins forensisch-psychiatrische Fach gehörten (Schizophrenie, Schlafwandeln, Affekt). Zudem spielen heutzutage neben der sehr kleinen Gruppe aufrichtig überzeugter Esoteriker ganz neue Formen von bewusstem Betrug eine Rolle, die von Taschenspielertricks oder Medien-Glaube recht weit entfernt sind (Cybercrime, Insiderhandel, Enkeltrick usw.).
Mich interessierte hier daher in erster Linie das Vorgehen des Mediums, da sie aufrichtig an ihre Berufung glaubt. Da sie mangels Gegenüber kein Cold Reading betreiben konnte (ihr lagen nur die hier abgebildeten Fotos in Farbe vor) und auch reine Barnum-Aussagen zu auffällig gewesen wären, sie die Fälle zudem aber offensichtlich auch nicht recherchierte (bspw. bekannte Fälle O.J. Simpson und der Fall in Franken), hat sie sich wohl wirklich auf Eingebungen verlassen. Ihre Schlussfolgerungen waren dabei teils auch durch bloße Bild-Betrachtung nachvollziehbar, wenngleich dies nicht die Gedanken sein müssen, die sich das Medium (bewusst oder unbewusst) machte:
In Fall 1 hing in altmodischer Umgebung das Bild einer älteren Frau an der Wand. Auf dem Polster befand sich ein nicht identifizierbarer, bräunlicher Fleck. Die (falsche) Schlussfolgerung, dass ein alter Mann, dessen Frau schon gestorben war, hier tot gesessen haben könnte, lag nicht fern. Dass de facto von der Spurensicherung alle Decken des provisorischen Bettes entfernt waren und irgendjemand hinterher aufgeräumt, das Blut aber nicht entfernt hatte, ist schwerer zu erahnen.
Dass in Fall 2 viel Bewegung (Fluchtversuch, Kampf) stattgefunden hat, lässt sich aus der weiten Verteilung des Blutes ableiten. Die Umgebung erscheint gehoben oder wie bei einem Urlaub (Bungalow) - so könnte man (unrichtig) auf ein Motorboot kommen.
In Bild 3 ist die mögliche (und auch tatsächlich herrschende) Kälte angesichts der dicken Mütze gut ableitbar. Die Sprengsel um den Mund könnten auf ausgehustetes Material hindeuten (Atemnot). Es handelt sich aber um Schimmel.
In Fall 4 erscheint das übersendete Farb-Foto in gelblichfahlem Licht (wie in manchen Kellern), weil es noch analog aufgenommen worden war und die Farbkorrektur im Labor nicht auf Taglicht "schaltete". So könnte die (falsche) Assoziation zu einem Keller entstanden sein.
KEIN VISIONÄRES VERMÖGEN
Dieses teils assoziative Vorgehen erklärt auch, warum das Medium nach eigener Aussage am echten Tatort mehr wahrnehmen könnte als aus den reinen Bildern oder Bild-Ausschnitten: Dort würden tatsächlich mehr Informationen vorliegen, die sich sinnvoll verknüpfen ließen. Dass das Medium im "Fall" mit der Zigarettenschachtel (Fall 5), der kein Fall war, dennoch einen Tatbeteiligten sah und diesen auch zeichnerisch darstellen konnte, ist eine Falsifizierung ihres visionären Vermögens. Dasselbe gilt für die Fehlbeschreibung der toten Person beim Muttermord (Fall 1) sowie das Übersehen der Hauptverletzung und des zweiten Toten im Fall Simpson (Fall 2).
Bizarre Umstände, wie die Enterdigung und das Verbrennen des Herzens im Fall des "Vampirs", hätten aus Ermittlungssicht ebenfalls einen Niederschlag in Visionen finden müssen, um nützlich zu sein. Unter der Vorgabe, dass Seelen nicht immer ganz genaue Darstellungen an das Medium geben können, sind die Treffer betreffs der Eisenbahn-Schienen im Zigarettenschachtelfall (Fall 5), die zumindest in der Nähe des Fundortes der Schachtel liegen, sowie die ungefähre Lage des Toten beim Kölner Blutspurenfall im Zimmer (Fall 3) zumindest anerkennenswert und erklären, warum Außenstehende vielleicht einen nutzbaren Zusammenhang sehen könnten.
Da sich aber vorab nicht feststellen lässt, welche der Hinweise korrekt sind, welche nicht bzw. welche noch ausgelegt werden müssen, werden die Ermittlungen so nicht erleichtert, sondern erschwert.
SCHLUSSBETRACHTUNG
Die vorliegenden Visionen wären für kriminalistische Untersuchungen nicht verwendbar. Es gab deutliche Falschpositive (Täterbeschreibung ohne Tat) und Falschnegative (angeblich natürlicher Tod bei tatsächlicher Tötung mit Dutzenden Messerstichen. Das macht nicht nur im Labor, sondern auch bei Ermittlungen die Verwendung des betreffenden Verfahrens unmöglich.
Dieses Problem ändert sich auch nicht dadurch, dass einige Hinweise wie "Vermont" im noch offenen Fall 4 oder Bezüge zu den vom Medium genannten Zahlen sich bei intensiver Suche bewahrheiten könnten.
Das Medium, dem ich sehr großen Respekt dafür entgegenbringe, den Test mitgemacht zu haben, hat die gemeinsam festgelegten und dann auf ihrem Spielfeld und nach ihren Regeln getroffenen Visionen nicht in eine Form bringen können, die für Ermittlungen nutzbar wäre. Die Ähnlichkeit zu den PSI-Tests der GWUP unter Leitung von PD Dr. Rainer Wolf ist dabei verblüffend (= feste Überzeugung der TeilnehmerInnen, aber keine genügenden Ergebnisse), obwohl es sich im vorliegenden Test um ein vorwiegend qualitatives Vorgehen handelte.
Selbst in der für feinstofflich orientierte Medien "sichereren", weil etwas unpräziseren Welt qualitativer anstelle quantitativer Aussagen gelangte also nichts Handfestes aus unmessbaren Bereichen in die messbare Wirklichkeit.
Gründe dafür kann es viele geben, beispielsweise, dass die Zigarettenschachtel in "Fall" 5 aus einem Auto stammt, das später oder zuvor in ein Verbrechen verwickelt war. Der bis zur Widerlegung nächstliegende Schluss ist aber, dass die Seele nach dem Tod eines Menschen nicht existiert beziehungsweise nicht als Energie vorliegt, die etwas kriminalistisch Verwertbares mitteilen kann.
Nachbemerkung: Ich danke dem Medium nochmals ausdrücklich für ihren\Mut und ihre Hilfe. Nur falsifizierbare Tests wie dieser bringen uns weiter.