Quelle: MifüMi 139 (Mitteilungen für Mitglieder der D.O.N.A.L.D.), 2017, Seiten 5 bis 10
Contemporary Urban Street Barks: Ein Interview mit Van Ray
Aus der Serie Infizierte, aber nicht voll donaldisierte Donaldisten” (Teil 15)
VON MARK BENECKE
Künstler Van Ray macht wie Donald das, was er will. So verarbeitet er Spiegel, Rost und durch Schablonen gesprühte Farbe zu sehr hoch gehandelter Kunst, kennt sich aber auch mit Margarinefabriken aus. Bei seiner Ausstellung Ende 2016 im zumindest räumlich unmittelbaren Nahfeld der Kölner Donaldisten mischte er den Käufern und Liebhabern seiner eindrucksvollen Werke des Öfteren auch Barks unter.
Mark Benecke: Wir sind am schönsten Platz NRWs: Im Kamps am Konrad-Adenauer-Platz gegenüber dem Hauptbahnhof Düsseldorf. Vor mir sitzt Van Ray, dessen Logo eine Ente ist. Van Ray, Deine Mutter kennt die Donaldisten. Was bedeutet das?
Van Ray: Das war schockierend für mich, gerade weil ich ja so eine Affinität zu Disney nicht im Speziellen, aber zu Donald, habe, und auch so ein bisschen zur Entenhausen-Mythologie. Da fand ich das einfach krass. Ich war schockiert.
Zuhause habt ihr aber keine Donald-Hefte stehen?
Doch. Ich habe die Sammelbände. Da fehlt zwar wie immer hier und da eins, aber die habe ich zu Hause stehen.
Welche? Die Lustigen Taschenbücher?
Nicht die Tollsten Geschichten? Das sind diese dünnen, schmalen A4-Hefte.
Nee, die nicht.
Bist Du also mit Donald aufgewachsen?
Ja. Die Hefte gab es auch immer umsonst, die habe ich zuhause immer ohne Probleme bekommen. Da musste ich als Kind nie betteln. Meine Eltem fanden das didaktisch sinnvoll.
Was sind die beiden denn von Beruf?
Meine Mutter ist Architektin und mein Vater ist Ingenieur.
Haben sie Dir aus den Heften vorgelesen?
Das nicht, aber sie hatten immer so eine Affinität zu fantastischen Geschichten ... Die unendliche Geschichte und solche Geschichten. Vielleicht erklärt sich das darüber, ich weiß es nicht.
Warst Du ein Stubenkind, das viel gelesen hat?
Ja. Ich habe das genossen. Michael Ende ... das alles.
Von welchem Alter reden wir denn da, als Du die Lustigen Taschenbücher gelesen hast?
Das war wahrscheinlich Mitte Grundschule. Wie alt ist man da? 8 Jahre?
Gut und jetzt springen wir in die Gegenwart, in eine Zeit, in der gerade in Oberhausen eine Ausstellung läuft, in der berühmte Donald-Zeichner mit kulturwissenschaftlichem Vorwort ausgestellt werden, und wo es Sammler gibt, die dafür so viel zahlen wie für Deine Kunstwerke - für eine Zeichnung von Barks beispielsweise. Wie erklärst du dir das? Und hat das etwas mit Deinen Kunstwerken zu tun, in denen Du neben vielen anderen - ja auch öfters Disney-Elemente drin hast?
Ich versuche immer Sachen zu benutzen, die eine gewisse Konnotation mitbringen, nicht unbedingt eine leere Hülle. Das finde ich gerade bei den Disney-Figuren spannend, weil die recht weit verbreitet sind und sich die Konnotation - meine ich und hoffe ichrelativ gut für den Betrachter erschließt und für mich auch. Ich bin da vielleicht auch ein bisschen einfach gestrickt, das liegt vielleicht auch daran.
Du willst ja grundsätzlich nicht über Deine Kunst reden, das ist ja auch richtig. Aber welche Konnotationswolke siehst Du denn bei Deinem Donald Duck?
Als Kind fand ich Micky Maus zu rund und zu brav. Sie ist im Prinzip die Verkörperung des krisengeschüttelten Amerikas: Es geht mir immer gut, ich bin immer gut drauf, habe eine Frau und bin ein Working-Class-Hero. Mein Interesse für den Charakter hat sich erst wesentlich später entwickelt. Besonders das Spannungsverhältnis aus Ästhetik, persönlicher Konnotation und Gesellschaftskritik finde ich da spannend.
Und da fand ich auf der anderen Seite Donald Duck immer viel interessanter, weil er für mich eine immer dramatische Figur ist: Er hat einen reichen Onkel, von dem er nichts abkriegt, er muss sich um die Neffen kümmern und mit der Liebe klappt es auch nicht so richtig: Mit Daisy, das dümpelt so vor sich hin.
Er kriegt ja auch schon mal gerne eine Handtasche ins Gesicht, weil die Brosche verloren geht.
Genau. Donald ist eine dramatische Figur und Micky Maus eine stilisierte und idealisierte Figur.
Und Du denkst, dass beide im krisengeschüttelten Amerika verortet sind?
Für mich persönlich. Wenn man sich jetzt damit beschäftigt, welche Motive Walt Disney hatte oder ob das jetzt auch als Counterfeit zu Felix the Cat zu deuten ist. .. das überlasse ich anderen, die sich viel tiefer mit dem Thema beschäftigen.
Ich verstehe. Würde Dich denn sowas überhaupt interessieren? Würdest Du Felix in Deinen Werken auch benutzen? Den habe ich nämlich bis jetzt nicht bei Dir gesehen.
Würde ich nicht benutzen, weil er mich auch nicht so begleitet hat. Ich benutze ja auch Sachen, die mich irgendwie begleitet haben oder zu denen ich einen Bezug habe. Das liegt vielleicht auch daran, dass er in Deutschland nicht so bekannt ist. Felix the Cat ist ein cooler Charakter, ich mag den auch, aber ich habe nie einen Bezug zu ihm aufgebaut.
Das hast Du vielleicht gar nicht gemerkt, aber Du hast auf einem der Bilder, das Du in deiner aktuellen Ausstellung zeigst, ein Donald-Gesicht drin, das dürfte von einem der sogenannten guten Zeichner sein, von Carl Barks, es spricht viel dafür. Ist Dir das wichtig, dass mancher da gleichzeitig an das Jahr Deiner Vorlage denkt, also dass man denkt, die Vorlage ist jetzt eher 1928 oder 1958 entstanden? Oder ist das eher eine persönliche Vorliebe, weil Du ein Auge für Strich- und Linienführung hast?
Das ist hauptsächlich persönliche Vorliebe. Da habe ich - gerade was die Micky Maus angeht, da gibt es ja auch verschiedene Varianten -, persönliche Vorlieben, bei denen ich meine, dass sie am stimmigsten gezeichnet sind.
Kann man angesichts solcher Vorlagen sagen, das ist Pop Art oder Urban Art, die Du da machst?
Für mich ist das immer eine Wortklauberei. Da scheue ich mich vor. Ich hatte im letzten Jahr drei Ausstellungen, die waren kurz hintereinander. Die erste hieß "Urban Art" die zweite "Street Art", die dritte "Pop Art". Ich habe die nicht so genannt, die Galeristen haben die so genannt und das zeigt mir, dass es schwer zu verorten ist. Irgendeinen Titel muss man dem Ganzen geben. Es gibt jetzt "Contemporary Street Art", "Urban Pop", da gibt es die dollsten Wortneuschöpfungen. Ich wehre mich immer dagegen.
Ich komme aus dem Graffiti-Street-Art-Bereich, da habe ich von der Technik her meine Wurzeln und auch von meiner persönlichen Einstellung zur Kunst her. Diese Pop-Art-Elemente - am gräulichen Stein kommt man nicht vorbei, an einem Warhol nicht und klar, die haben mich sicherlich auch beeinflusst.
Wenn man von den Entstehungsjahren redet, beispielsweise bei der früher sehr dünnbeinigen Micky, da würde man ja sofort sehen, die muss aus den 20ern sein. Wenn man an Warhol oder Lichtenstein nicht vorbei kommt, hat das dann eine Bedeutung? Könntest Du auch eine 20er-Jahre-Micky mit Absicht in Deine Arbeiten reinbasteln?
Das hat schon Bedeutung, aber mehr eine ästhetische. Vielleicht verstehe ich auch nicht so ganz die Stoßrichtung?
Wenn jemand Pop Art mit Deiner Kunst assoziiert, dann könntest Du das ja mit Absicht brechen, in dem Du etwas darin verwendest, was lange vor Pop Art entstanden ist.
Ach so, ja! Das auf jeden Fall. Gerade der Bruch mit diesen Stilrichtungen, das ist für mich eine spannende Geschichte. Manche Sachen passieren auch aus dem Bauch heraus, manche Sachen sind sehr geplant und sehr ausgelotet, bei manchen Sachen sage ich einfach "Das bricht es jetzt ein bisschen auf" und das finde ich spannend. Pop Art hat für mich mehr einen ästhetischen Charakter. Das Multiple ist bei mir ja nicht der Fall, was ja in der Pop Art gerade gängig war, mit den neuen Druckverfahren, die zu dieser Zeit populär waren. Das greife ich ja gar nicht auf.
Aber du jonglierst mit denselben Elementen?
Das mache ich schon, aber es bleibt tatsächlich immer ein Unikat. Die Schablonen benutze ich in der Regel nur einmal für ein Kunstwerk. Es gibt natürlich auch in seltenen Fällen mal Ausnahmen - wichtig dabei bleibt, dass es immer ein Unikat bleibt und jedes Kunstwerk seine eigene Geschichte erzählt und nicht nur irgendwie einen Tropfen anders ist. Das ist langweilig, ich hab keinen Bock, mich zu langweilen.
Es fängt ja an, dass die Leute Bleistiftzeichnungen von den Zeichnern von damals sammeln, Taliafero und Barks vor allen Dingen. Das wird hoch gehandelt. Da kannst du sicherlich schon fünftausend Euro hinlegen für so eine Seite. Jetzt ist das aber viel weniger Arbeit als das, was Du machst. Du schmierst nicht nur großflächig rum, sondern Du rostest ja auch, vielleicht mit Säure, eine Riesenarbeit. Hältst Du eine Bleistiftvorzeichnung für einen Trickfilm oder einen tausendfach reproduziertes Comic für eine gültige Kunstform, die so hoch gehandelt werden sollte?
Mit dem Thema Kunstbegriff möchte ich mich jetzt gar nicht so auseinandersetzen, da gibt es ganz viele tolle Definitionen. Für mich ist wichtig, dass gewisse Sachen als Kunst aufgenommen werden und im Bewusstsein geschaffen wurden, Kunst zu schaffen. Was da [bei den Zeichnern] jetzt passiert, deute ich ein wenig als Liebhaberschaft, und ich will das nicht abtun. Ich will nicht sagen, das ist keine Kunst oder kein Können - Kunst kommt ja immer noch von Können. Das finde ich auch gut, das finde ich cool.
Zeichnest Du auch?
Ja. Ich hab auch Zeichnen gelernt, und ich zeichne auch sehr gerne. Das hat sich bei mir mit den Schablonen von der Straße entwickelt. Ich hab' früher Graffiti gemacht, das war immer sehr aufwändig. Da brauchte man immer für eine coole Sache ziemlich viel Zeit. Die Schablonen sind eine tolle Methode, die kann man zuhause vorbereiten und kann man dann relativ schnell etwas sehr aufwändiges, detailliertes oder "inhaltlich aufwändiges" an die Wand bringen. Und das finde ich das Coole an Schablonen, ich bin dabei geblieben.
Teils vorgefertigt, wie das Trägermaterial beim Space Invader.
Das ist kein Trägermaterial, das ist ein dünnes Netz, wo die [Kacheln beim Space Invader] drauf kommen. Das ist geil, es schmälert nicht die Arbeit.
Zurück zu Disney: Interessieren Dich die Lebensläufe der Zeichner? Es erscheinen ja die ersten Monografien von einigen Zeichnern, die ja alle unter Walt Disney gearbeitet haben. Einige Zeichner haben gesagt, sie finden die stille Arbeit gut: "Walt Disney ist halt die Marke, da haben wir kein Problem mit". Heute wollen wir aber, dass man die Namen kennt.
So langsam erfährt man daher etwas über die Biografien der Zeichner. Spielt der Zeichner für Dich irgend eine Rolle, wenn Du ein Element von ihm verwendest? Oder geht es um das, was die Masse an den Comics wahrnimmt und nicht um die Biografie dessen, der das mal gezeichnet hat, wie er gelebt hat, ob er mal Hühnerzüchter war oder verkrachte Existenz oder ein Mensch, der 35 Jahre lang jeden Tag vor Ort einen Strip gezeichnet hat?
Verbindet Dich da irgendwas mit den Zeichnern oder eher mit dem, was die Masse wahrgenommen hat?
Mich verbindet da sehr viel. Da läuft unheimlich viel Kopfkino bei mir ab, aber es ist nicht so, dass ich mich detailliert aufgrund einer Biografie mit speziellen Zeichenelementen auseinandersetze. Gerade das mit den Zeichnern, dass die alle unter Walt Disney firmiert haben, finde ich eine ganz spannende Geschichten und das ist auch ganz interessant, wie sich - Spreu vom Weizen wäre zu wertend -, aber wie sich da auch bei den Zeichnern unterschiedliche Lager auftun und welchen Anspruch sie an sich und ihre Arbeit hatten.
Wenn Du von der Street Art kommst, wer hat Dich denn da interessiert oder hast Du da Dein eigenes Universum erschaffen?
Ich bin ganz klar von Blek le Rat geprägt, der ist für mich der Pionier der Street Art und klar, dann kam hinterher Banksy dazu. Aber Shepard Fairey und Blek le Rat waren wirklich schon Ikonen. Jef Aerosol, Haraid Naegeli, das auch so am Rande, aber die fand ich, als ich in der Pubertät war, teilweise nicht fancy genug.
Soviel ich weiß, verwenden Banksy und Co. aber keine popkulturellen Elemente.
Nicht in dem Sinne. Ich glaube, Banksy hat mal in New York so eine Geschichte gemacht mit einer Micky Maus auf einem Werbe plakat, aber nicht so, wie ich das tue. Das gab es jetzt in dem Sinne vorher nicht.
Was würdest Du mit Schülerinnen und Schülern machen, die ihre Schule verschönern wollen? Wenn sich von den Kids einer melden und sagen würde "Ich will Donald Duck an die Wand sprühen" - was würdest Du ihn fragen, wenn Du der Lehrer wärst, der Kunstschaffende, der mal einen Tag bei denen sein darf, um bei ihnen Verständnis für Kunst zu schaffen? Würdest Du ihm lieber zu einem mexikanischen Bauern raten?
Als erstes würde ich sagen: "Hau rein, Sprühdosen kosten dreifünfzig, gib Gas". Das spiegelt ja im Endeffekt nur wieder, was Street Art und gerade auch die Pop Art aufgegriffen hat, diese Wiedergabe von Alltäglichem und dem, was die Leute so beschäftigt und auch was - nicht im negativen Sinne - auf sie einprasselt. Das ist so eine Figur wie so ein Donald. Ich weiß nicht, ob der Mexikaner diesen Charme für ein Grundschulkind so mitbringt wie das ein Donald Duck macht.
Auch wegen der Missgeschicke, die da passieren und was Du vorhin angedeutet hast.
Ja, ich glaube, der Charme spielt da eine große Rolle.
Würdest Du auch bei Coca Cola- und Campbell-Dosen sagen, dass sie auf einen einprasseln, ohne dass man es merkt?
Allerdings. Oder dass man es sogar merkt! Man ist ja teilweise sogar genervt, also ich zumindest. Das ist gerade dieses Thema, was seit der Pop Art die Leute beschäftigt, dass man ganz direkt mit den Sachen arbeitet, die im Alltag präsent sind. Das sind zunehmend Werbemittel oder Entertainment-Geschichten. Und da fällt in erster Linie - das ist nicht dispektierlich gemeint -, auch eine Disney-Geschichte in den Bereich des Entertainments. Das ist für die breite Masse und wird als Entertainment wahrgenommen.
Denkst du da auch an Merch, Mega-Mega-Giga-Merch? Gerade bei Disney ist das ja extrem, sieht man ja gerade bei Star Wars. Sobald die etwas in die Finger kriegen, gibt es beim Merch keine Grenzen mehr. Sowas meinst du auch damit?
Ja.
Das heißt, auf der einen Seite der Charme, den die Geschichte noch hat, und auf der anderen Seite auch die Überrepräsentanz. Würdest Du auch zu Coca Cola greifen? Direkt das erste, was man sieht, wenn man hier aus dem Hauptbahnhof geht, ist die Coca-Cola-Werbung. Oder ist das zu ausgelutscht?
Wenn mir was Cooles einfallen würde und was Originelles und Originäres, dann würde ich mich nicht davor scheuen, etwas mit Coca Cola zu machen, aber das Thema ist auch im Kunstbereich schon ordentlich behandelt worden und manchmal muss man auch Sachen ruhen lassen. Ich habe persönlich keinen Drang und keine spontane Idee, und da muss man auch nichts erzwingen.
Das ist für mich auch grundsätzlich ein Ansatz in der Pop Art, Street Art, die Inhalte sollte man nicht zu sehr erzwingen, sondern sich mit dem beschäftigen, was tatsächlich in sich trägt, was man selber aufgenommen hat und nicht irgendeinen Inhalt suchen und sagen, den muss ich jetzt verarbeiten, auch wenn ich damit selber nicht. .. Coca Cola trinke ich gar nicht mehr und damit verbinde ich nicht viel.
Würdest Du Deinen Neffen Lustige Taschenbücher oder Disney-Bücher schenken?
Auf jeden Fall. Die gibt es auch noch alle, die Taschenbücher. Ich finde auch Comics generell ganz breit gefächert für Jugendliche, auch für Erwachsene gut.
Hast Du Chancen auf Veronkelung? Hast du Geschwister?
Nein.
Damn. - Eigentlich kann man im europäischen Umfeld Disney beziehungsweise die ganzen USA nicht ohne einen politischen Blick sehen. Jetzt, gerade nach den Wahlen, denken alle an politische Inhalte. Manchmal machst Du auch Statements, die zumindest einen sehr direkten Appell, als Schriftzug, an die Leute richten, aber manchmal auch nicht. Unterscheidest Du zwei Sorten Kunstwerke, also einmal, wo ein direkter, erkennbarer Appell drin ist, und das andere Mal, wo Du einfach ein Versatzstück aus dem Comic einbaust? Oder ist das alles dieselbe Schaffenswelt?
Meistens sind meine Bilder ziemlich direkt. Typgrafie, Text, Nachrichten findet man darin überall wieder. Kunst muss politisch sein, und alles was ich mache ist politisch. Politisch links und rechts und das Parteiding, das ist für mich ein bisschen antiquiert, das ist ein Thema, mit dem wir eigentlich durch sein sollten. Von daher ist das Thema Wahl in Amerika politisch, ja, aber politisch-gesellschaftlich: Was bewegt uns, was interessiert dich, was bewegt dich, was treibt dich an?
Darum ist meine Kunst immer sehr direkt, bringt den Betrachter direkt in Konversation und spricht unterschiedliche Bereiche an. Die ersten sind "politischer", weil sie ein bisschen das Große und Ganze "What if it's all a lie" ansprechen, andere beschäftigen sich sehr direkt mit der Person selbst.
Und das scheint zu funktionieren. Dein Galerist hatte sehr strahlende Augen, und die Journalistin hat bei der Eröffnungslaudatio gesagt, 2016 sei das beste Jahr für Dich gewesen. Warum passt Deine Kunst gerade jetzt so in die Zeit rein, 2016, 2017?
Weil ich einen coolen Stilmix reinbringe und mich auch nicht vor dem Material scheue. Es spielen viele Faktoren mit rein. Die Sachen sind auch handwerklich sehr aufwändig gemacht. Ich habe Kunst nicht studiert. Ich mache das, weil ich da richtig Bock drauf habe, ich mache Bilder, wo ich Bock drauf hab, ich mache keine Serien, keinen Quatsch, und ich mache das, was mir gerade wirklich unter den Nägeln brennt. Das kommt bei den Leuten direkt an.
Ich bin sehr direkt mit meiner Kunst, und gerade die typographischen Inhalte sind auch sehr direkt. Ich glaube, das gefällt vielen Leuten, dass sie da direkt eine Konversation, eine Interaktion finden, auch bei den verspiegelten Sachen, da findet mehr Interaktion zwischen Bild und Betrachter statt als vielleicht irgendwo anders. Ich bin sehr zufrieden.
Dann hast du doch was mit Donald Duck gemeinsam, weil der ja auch immer die Ärmel hochkrempelt und einfach was macht, wenn er gerade will: Glaser sein oder Bäcker ...
... oder in der Margarinenfabrik, da erinnere ich mich immer dran.
Wirklich? Das hätte ich jetzt als nächstes gesagt. Das ist unglaublich, das ist sensationell.
Das ist immer meine Assoziation: Donald und die Margarinefabrik.
Und damit wären wir bei Beuys und der Margarine. Stattdessen aber was anders: Du hast sehr wohl studiert, aber was anderes, nämlich in Köln ... das freut die Kölner Donaldisten: Du hast dort Chinesisch und Politik studiert. Bist Du Diplom-Politologe?
Ja, genau. Es hat sich während des Studiums rauskristallisiert, dass das jetzt nicht unbedingt das ist, was ich mal machen möchte. Aber ich habe es abgeschlossen und mein Diplom für europäische Politik abgelegt.
Weißt Du wie Donald Duck auf chinesisch heißt?
Nein, weiß ich nicht. Ich war auch grottenschiecht, ich hab' mich auch durch den WirtschaftsChinesisch-Teil mit einer 4,0 durchgeplagt, und ich bin überhaupt kein Sprachentalent.
In diesem winzigen Institut in der Dürener Straße?
Genau da. Ich habe mich da durchgeschlagen, hatte überhaupt kein Talent dafür und ich war irgendwann an dem Punkt, dass ich mir gesagt habe: "Kunst machst Du eh." Nur der Chinesisch-Teil hat mich echt gequält, Politik fand ich überhaupt nicht schlimm, gerade das Thema europäische Politik, Außenpolitik fand ich spannend.
Apropos China. Es strömen ja auch massiv Manga-Inhalte auf uns ein. Die Chinesen lehnen das zwar immer ein bisschen ab, aber eigentlich lieben sie ja auch bildhafte Elemente, und ihre Schriftsprache ist ja auch aus Zeichnungen abgeleitet. Aus unserer Sicht gibt es also starke Überschneidungen zwischen den Kulturen, auch wenn sie das nicht gerne hören, die Japaner und Chinesen. Ich habe nicht gesehen, dass Du Dir aus diesem Kulturraum Elemente geklaut hast. Kommt das, weil du ganz Europäer bist?
Ja, ich hab dazu nie einen Bezug aufgebaut. Ich habe eine Zeit lang bei Dragon Ball reingeguckt, fand das auch ganz nett, aber das hat mich nicht bewegt.
Es kann sein, dass das am Alter lag: Ich hatte diese Comic-Phase, als ich etwas jünger war, das mit den Mangas kam später. Ich hab einen Freund, der ist absoluter Manga-Fetischist, und von daher bin ich da in ständiger Berührung, der ist absoluter Nerd in dem Bereich. Die sind geil gezeichnet und echt cool, aber die haben mich nie berührt.
Dann schon lieber Barks.
Genau, das hat mich irgendwie berührt.
Dann möge es künftig auch für alle Käufer von Deinen Werken immer "Meins!" heißen, wie in der chinesischen Fassung von 'Findet Nemo', wo die ganzen Möwen "wodde, wodde" ["Meins, meins!"] sagen. Du kannst Deine Kunstwerke doch gehen lassen? Als Street Artist eh, oder?
Da verstehe ich manche Künstler gar nicht, da waren manchmal schon regelrechte Anfeindungen unter Künstlern, wenn dann auf der Straße von einem anderen ein bisschen was übermalt wird. Das finde ich total albern, weil es Street Art ist, und die ist vergänglich. Auch Kunstwerke sind immer ein Prozess. Sie dürfen sich immer auch verändern. Ich kann sie gut ziehen lassen. Die, die ich nicht ziehen lassen kann, die behalte ich zu Hause, die kriegt gar keiner zu sehen.
Wie viele sind das?
Das sind vielleicht knapp zehn.
Das ist überschaubar. Vielen Dank.
Ich habe zu danken.