Quelle: Goslarsche Zeitung, Bad Harzburg, Samstag, 30. Oktober 2021, S. 19
Mark Benecke erklärt im Bündheimer Schloss, was einen Serientäter ausmacht
Von Julia Fricke
Bad Harzburg. „Wir werden alle sterben, haltet euch bereit“, hallt die Berliner Rockband „Knorkator“ am vergangenen Donnerstagabend durch die Räume des Bündheimer Schlosses, als die Gäste ihre Plätze einnehmen. Kein Geringerer als der Herr der Maden persönlich, Dr. Mark Benecke, gastierte abermals mit seinem Programm „Serienmörder“ beim Kulturklub – und feierte dabei sogar ein kleines Jubiläum, denn der Kriminalbiologe war bereits zum zehnten Mal in Bad Harzburg.
Die Stimmung unter den Gästen war bereits vor Beginn der Veranstaltung ausgelassen, wer wollte, konnte sich eines der Bücher von Benecke signieren lassen. Auf Selfies musste aufgrund der Pandemie zwar verzichtet werden, stattdessen gab es in der Pause ein Gruppenbild und für 20 Euro konnte ein Aufnäher mit Totenkopf käuflich erworben werden. Den könne man sich an den Kittel nähen, nur wenn man in der Pflege arbeitet, sollte man wohl besser darauf verzichten, scherzt Benecke. Das Geld dafür wird an den Tierschutz gespendet. In der Wohnzimmeratmosphäre war die Interaktion mit dem Publikum gut.
„Messen ist besser als Denken“, führte Benecke in das Thema Serienmörder ein. Denn das Denken trage dazu bei, dass Serienmörder nicht erkannt werden. Als Beispiel nannte Benecke den Fall von Bernado Homolka und seiner Frau. Ein Paar, das komplett unauffällig schien. Denn wer würde schon ein nettes junges Paar verdächtigen, etwas Grausames zu tun? Wie zum Beispiel mehrere Mädchen zu vergewaltigen und zu ermorden?
Die erste Erkenntnis des Abends: Serientäter sind keine schleimigen, geisteskranken Monster, sondern achten auf ihr Äußeres, sind gut gekleidet und glattrasiert. „Sie verstecken sich in der Masse“, erklärt Benecke. Auch eine Geisteskrankheit hätten Serienmörder in der Regel nicht. „Das würde uns so gefallen.“ Überlegt würden sie vorgehen. Und so kommt die zweite Erkenntnis: Es geht nicht um mich,sondern um den Täter, der aus seiner Sicht total logisch und berechnend handelt.
Makabere Details
Auch der Fall des Karl Denke wurde vorgestellt, der Anfang des 20. Jahrhunderts Landstreicher aufnahm und diese „schlachtete“. Später stellte sich heraus, dass er aus der Haut der Opfer unter anderem Hosenträger gemacht hat, welche er bei seiner Festnahme trug. „Die Brustwarzen des Opfers lagen dabei auf seinen eigenen“, stellt Benecke ein makaberes Detail des Falles dar. Und das führt zur dritten Erkenntnis: „Die Täter wollen menschliche Nähe, wissen aber nicht, wie sie das hinkriegen können“, so Benecke, der lediglich in einem seiner Fälle etwas wie Reue bei einem Täter vermuten konnte. Nach den ersten anderthalb Stunden, die wie im Flug vergingen, waren die Gäste schon schlauer, was das Thema Serienmörder und ihre Motive angeht.
Gut oder schlecht?
Werden Serienmörder böse geboren? So lautete eine Frage, die nach der Pause beantwortet werden wollte. Serientäter seien nicht anders, als alle anderen Menschen, nur hätten sie bestimmte Charaktereigenschaften, die zum Mord führen, führt Benecke aus. Eitelkeit und Gefühlskälte machen es diesen Menschen schwer, Beziehungen zu führen. Mit anderen Worten: Antisoziales und narzisstisches Verhalten machen einen Psychopathen aus, aber nicht jeder Psychopath wird automatisch zu einem Serienmörder, dazu brauche es zusätzlich den Einfluss von außen. Zum Beispiel wenn keine guten Bindungserfahrungen gemacht werden.
„Jeder denkt er wäre gut, aber ist es nicht“, macht Benecke abschließend klar. „Jeder hat schon einmal Dinge getan, auf die man nicht stolz ist.“ Ob das Fremdgehen oder Steuerhinterziehung ist, sei dahingestellt. Eines haben diese Dinge mit Serienmord jedoch gemeinsam: Man lernt sie durch Praxis. Abhilfe könnten präventive Maßnahmen schaffen.