Entomology and the Law: Flies as Forensic Indicators

Quelle: Rechtsmedizin (Springer Eds.) 14 (2004) 30
Entomology and the Law: Flies as Forensic Indicators
Autoren: Bernard Greenberg, John Charles Kunich

Besprechung von Mark Benecke
Fester Einband, 1. Auflage, 2002, 356 Seiten, mit Bestimmungsschlüsseln, Farbtafeln und elektronenmikroskopischen Aufnahmen, US$ 95, Cambridge University Press, ISBN 0521809150

Der Entomologe Bernard Greenberg hat zum Abschluss seines Berufs-Lebens zusammen mit Rechtskundler Kunich eine ungewöhnliche -- allerdings ungewöhnlich gute -- Mischung aus wissenschaftlicher Zoologie und damit zusammenhängenden juristischen Betrachtungen erstellt. Das ist sehr nützlich, weil so der moderne Weg der Forensischen Entomologie aufgezeigt wird: angewandt, überprüfbar, gerichtlich verwertbar.

 Greenberg bietet neben durch große Strich-Zeichungen illustrierten Bestimmungs-Schlüsseln für Fliegen (Käfer, die in der Praxis oft weniger wichtig sind, bleiben außen vor) auch Farb-Tabellen der Augen erwachsener Tiere unter verschiedenen Außen-Temperaturen, Wachstums-Kurven und Fotos der abnehmenden Magen-Darm-Füllung von Larven sowie Aufnahmen der Entwicklungs- und Umwandlungs-Stadien der metamorphosierenden Fliegen in der Puppe. Nicht alle der beschriebenen Fliegen-Arten finden sich bei hiesigen Fällen; das macht aber nichts, da das Buch als direkter Nachfolger von Kenneth G. V. Smiths ´ europäischem Manual of Forensic Entomology (1986) angesehen werden kann und die dort gegebenen Informationen, insbesondere zu den Mundwerkzeugen der Larven, sowie die aktuellen Wachstumskurven, beispielsweise von Reiter und Grassberger, sinnvoll ergänzt.

Entomology and the Law ist als Lehr- und Handbuch für WissenschaftlerInnen und PraktikerInnen deutlich besser geeignet als die weniger streng gehaltene Einführung von Byrd & Castner (Hrsg.) The Utility of Arthropods in Legal Investigations (2000) (vgl. Rechtsmedizin 10(1999)28). So werden im neu vorliegenden Buch beispielsweise auch Schlüssel zu Eiern (u.a. mittels EM-Fotos) gegeben. Da mit zunehmendem Wissen um die Möglichkeiten der forensischen Entomologie auch immer häufiger schwierige Asservate – etwa in Alkohol gelagerte Ei-Pakete – zur Untersuchung gelangen, ist diese Bestimmungshilfe wertvoll. Abgerundet wird der sehr gute entomologische Teil des Buches durch anregende Hinweise auf bearbeitete Kriminal-Fälle sowie kunstgeschichtliche Betrachtungen zur Darstellung von Fliegen in der Vergangenheit. Wesentlich ausführlicher befasst sich Autor Kunich im zweiten Teil mit der rechtlichen Verwertbarkeit entomologischer Beweise und damit auch den eigentlichen Fällen. Der in den USA geführte und im Text ausführlich zitierte Streit um die Frage, was ein Sachbeweis und ein Sachverständiger ist, bringt deutschsprachigen LeserInnen nicht zwingend Gewinn, da das U.S.-Jury- und Sachverständigen-System kaum Ähnlichkeiten mit zentraleuropäischen Verfahren aufweist.
Dennoch zeigen die detaillierten Fall-Beschreibungen, welche Fehler forensischen Entomologen unterlaufen können, wenn sie ihr Können überschätzen. Ursache von Streit sind meist im Gutachten gemachte Annahmen, die ohne tiefere Sachkenntnis -- oder ohne einschränkende Erklärung vor Gericht -- vorgetragen werden, etwa zur vermeintlichen Art-Gleichheit innerhalb einer Gattung. Im übrigen zeigen die im Buch zitierten Fälle aus den USA vor allem, warum es nie sachdienlich sein kann, Experten für Verteidigung und Anklage getrennt zuzulassen. Das Buch verfügt selbstverständlich über ein Glossar (vorangestellt) und ein umfangreiches, wenngleich nicht immer hochaktuelles Literaturverzeichnis, wobei Greenberg die naturwissenschaftliche und Kunich die juristische Art des Zitierens (in Fußnoten) durchhält. Leider hat Cambridge University Press die Auflage niedrig gehalten, so dass ich Instituts-Bibliotheken dringend zum Kauf des sicher bald vergriffenen Werkes rate. Die Autoren definieren mit klassischen Mitteln einen neuen Praxis-Standard in der nun über hundertfünfzigjährigen Geschichte der rechtsmedizinisch-kriminalistisch angewandten Gliedertierkunde.

Mark Benecke (Köln)


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