Warum haben wir Feinde, Dr. Mark Benecke?

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Quelle: Kassenärztliche Bundesvereinigung, Januar 2021, https://zimmereins-daspatientenmagazin.de/2021-01/warum-haben-wir-feinde-dr-mark-benecke/

Hier schreibt Dr. Mark Benecke, wo Feindschaft herkommt, wie man ein respektvoller Feind wird und warum man zusammen weiter kommt als gegeneinander.

Die Ursprünge von Feindschaft sind biologisch: Lebewesen haben sich gestritten, zum Beispiel um knappe Nahrung. In der Natur dreht sich alles ums Weiterleben. Wenn es nicht genug zu essen gibt oder zu wenig Raum für Nachkommen, setzen sich nicht die Stärkeren, sondern diejenigen durch, die besser an die Bedingungen angepasst sind. Solche Gewinnerinnen und Gewinner können auch raffinierter sein oder bestimmte Zeiten des Tages oder der Nacht besser ausnutzen.

Lebensgeschichtlich ist also Knappheit der Grund, warum Menschen Feinde haben. Heute entsteht Feindschaft oft wegen unterschiedlicher Anschauungen. Es gibt weltweit ungefähr gleich verteilt Menschen, die eher konservativ sind, und andere, die sind eher liberal. Je mehr Menschen ihr Selbstverständnis daraus ziehen, dass sie zu der einen oder der anderen Gruppe gehören, umso mehr kann es deswegen zu persönlichen Feindschaften kommen.

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Es gab und gibt bedeutende Politikerinnen und Politiker, die Feindschaften regelrecht pflegten. Trotzdem reden sie mit ihren politischen Gegnern und reichen sich die Hand. Das ist dann eine Art „vernünftige Feindschaft“, bei der alle respektvoll miteinander umgehen.

„Mit Zusammenarbeit erzielen wir bessere Ergebnisse als mit Feindschaft.“

Schlimm wird es, wenn Menschen innerlich so klein sind, dass sie sich durch Feindschaften und Herabsetzungen aufwerten. Sie machen andere wegen ihrer Religion, ihrer Hautfarbe oder ihrer sexuellen Orientierung zu Feindinnen und Feinden, die sie dann ausgrenzen, schikanieren und sogar umbringen. Das hat mit Feindschaft im biologischen Sinn nichts zu tun, das ist dann sinnloser Hass.

Heutzutage ist Feindschaft nicht mehr sinnvoll: Mit Zusammenarbeit erzielen wir bessere Ergebnisse, sogar in Momenten verknappter Güter. Wenn es zum Beispiel hier ein Ölfeld gibt und dort ein Kornfeld, müssen wir nicht beide besitzen. Wir kümmern uns um das Korn, ihr um das Öl, und dann können wir tauschen. Wir teilen uns die Arbeit, das ist besser und friedlicher für alle. So gesehen gibt es zwar einen biologischen Grund dafür, dass Feindschaften zwischen Menschen entstehen können. Aber es gibt überhaupt keinen Grund mehr dafür, immer noch Feinde zu haben.


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