Quelle: ÖNB Magazin, 2/23, Seite 33
„Wie meine eigene Bibliothek“
Kriminalbiologe, Forensiker mit Schwerpunkt forensische Entomologie (Wissenschaften von den Insekten), vielgefragter Autor und Vortragender – das ist der begeisterte Besucher des Augustinerlesesaals, Dr. Mark Benecke aus Deutschland.
Dr. Benecke hat einen triftigen Grund, warum er immer wieder den barocken, historischen Augustinerlesesaal am Josefsplatz besucht: Er ist Pate von bereits 10 wertvollen historischen Büchern und liest in diesem ruhigen, anregenden und, wie er sagt, „traumhaften Ambiente“ sehr gerne in seinen Patenschaftswerken, den „Paten-Kids“, wie er sie nennt. Der Augustinerlesesaal sähe wie seine eigene Bibliothek aus, nur tausendmal größer.
Besondere Leidenschaft pflegt er für die alten Vampir-Berichte in den Beständen der Österreichischen Nationalbibliothek: Von Berufs wegen stimmt er als Forensiker dem Mönch Augustin Calmet, einem französischen Abt des 17./18. Jh., zu, der bereits damals meinte, dass die sogenannten „Vampir-Zeichen“ (wie Blässe und Gestank) durch ganz normale Fäulnis entstehen. Der Augustinerlesesaal ist für Dr. Benecke wie eine Zeitreise, wo er mitten in Wien in diesen turbulenten Zeiten in die Vergangenheit eintauchen kann, als ob sie heute stattfände.
Ein Heiliger als Medienstar
Einer der populärsten Heiligen der Frühen Neuzeit ist Gegenstand eines Projekts der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW): „Die bildliche Verehrung des heiligen Johannes von Nepomuk (um 1350–1393)“ arbeitet die unterschiedlichen und überaus zahlreichen Darstellungen des tschechischen Nationalpatrons in Österreich auf. „Man kann mit Fug und Recht behaupten, dass der heilige Johannes von Nepomuk eine Art Medienstar der Barockzeit war“, so Dr. Werner Telesko, Gruppenleiter am „Institut für die Erforschung der Habsburgermonarchie und des Balkanraumes“ der ÖAW. In Bildarchiv und Grafiksammlung der Österreichischen Nationalbibliothek kann der habilitierte Kunstgeschichte-Dozent an der Universität
Wien aus einem reichen Schatz an Fotos bzw. Glasnegativen zu verschwundenen Denkmälern ebenso schöpfen wie aus einer Vielzahl an Originalgrafiken oder Büchern vom 16. bis ins 19. Jahrhundert. Im Lesesaal von Bildarchiv und Grafiksammlung findet er nicht nur eine optimale und sehr kundenfreundliche Infrastruktur vor, er schätzt vor allem die Tatsache, dass sämtliche Materialien sowie Bild und Text aus einer Hand verfügbar sind: „Das macht diese Sammlung einzigartig und als Quelle für die Wissenschaft sehr attraktiv.“