Quelle: Reutlinger Nachrichten vom 26. Januar 2016Schwache Nerven zuhause lassen
Text: Dorothee Scheurer
Der bekannte Kölner Kriminalbiologe und Spezialist für forensische Entomologie hielt einen Vortrag über "Kriminalfälle am Rande des Möglichen" in der Reutlinger Stadthalle. Kein Platz für schwache Nerven.
Beim Vortrag von Mark Benecke im kleinen Saal der Stadthalle trat bei manchem Zuhörer nicht nur einmal Gänsehaut auf. Nichts für schwache Nerven sind die Vorträge von Dr. Mark Benecke.Die Veranstaltung war lange im Voraus ausverkauft. Der Andrang resultierte auch daraus, dass Benecke einer breiteren Öffentlichkeit durch Auftritte in verschiedenen Talkshows bekannt ist. Außerdem berichteten 'National Geographic Channel' und ntv über seine Fälle. Er absolvierte verschiedene polizeitechnische Ausbildungen und war an der FBI-Academy in Quantico.
Die Veranstaltung fing freilich ganz harmlos an. Benecke berichtete über seinen Tag, der sich von dem anderer Menschen wenig unterscheidet. Er fuhr mit dem Zug von München nach Reutlingen. Aber, er beobachtet die Dinge aus einer anderen Perspektive. Es macht ihm Spaß, Dinge zu sehen und zu sammeln wie ein Kind.
Er findet den "letzten Kaugummi-Automaten der Welt" in Reutlingen, wo man für 10 und 20 Cent Kaugummikugeln herauslassen kann. Er fragt sich, warum die 20-Cent-Kaugummis leer sind und die für 10 Cent voll sind und das bei den Schwaben. Wichtig ist es, nicht zu denken, sondern Spuren auszuwerten. Benecke untersucht und stellt fest, es liegt am Ausgabeschacht, der total verrostet und unappetitlich ist. Am Taxistand am Bahnhof findet er ein wahres Paradies für Spurensicherer. "So viele Zigarettenkippen auf der Straße habe ich noch nie in meinem Leben gesehen mit Ausnahme von hier".
So eingestimmt ging es zur Sache. Benecke interessieren Fälle, die schräg sind. So gab es vor einigen Jahren relativ zeitgleich zwei Frauen, die ihre Männer mit ihrem Busen ersticken wollten. Der Frau in den USA gelang es, der deutschen Frau dagegen nicht. Die jüngeren Frauen wollten' ihren Männern einen "schönen Tod" bereiten. Bei Männern im fortgeschrittenen Alter, anfällig für Herz-Kreislauf-Erkrankungen, treffen die Ermittler oftmals eine falsche, Grundannahme. Da es keinen Anfangsverdacht gibt, geht man von einem Herzinfarkt aus. Dabei sehe man an den Augen und an den Lippen, dass es sich um einen Erstickungstod handelt, erklärt der Spezialist. In diesen beiden Fällen reagierten die Ermittler richtig. Benecke fand heraus, warum es einmal funktioniert hat und einmal nicht. 'Der Winkel der Beine der Frau, wenn sie auf dem Mann sitzt, und die Körbchengröße sind entscheidend für das Gelingen, berichtete der Kriminalbiologe dem erstaunten Publikum.
Dann stellte er den Zuschauern ein Rätsel. Sie sollten herausfinden, ob es sich im geschilderten Fall um Selbstmord oder Fremdyerschulden handelt und was genau passiert war. Er zeigte eine Zeichnung, bei der ein Soldat tot unter einem Getränkeautomaten liegt. Es kam an verschiedenen amerikanischen Militärstützpunkten immer wieder zu verdächtigen Todesfällen. Die Soldaten waren alle jung, durchtrainiert und zeigten keine auffälligen Verletzungen durch den Automaten. Des Rätsels Lösung: Die jungen Männer hatten den Automaten gegen die Wand geknallt, weil dann das Getränk gratis herauskam. Da aber der Schwerpunkt des Automaten oben war, kippte dieser in verschiedenen Fällen langsam nach vorne und begrub den Mann unter sich. Er konnte den Automaten nicht hochstemmen, wie er sich wohl vorher gedacht hatte, und sich selbst befreien.
Benecke erzählte von weiteren mysteriösen Fällen. Immer wieder warnte er das Publikum: "Wenn sie empfindlich sind, schauen sie jetzt am besten weg". Die Fotos von Ermordeten, Selbstmördern oder eines aufgesetzten Nahschusses seien nichts für schwache Nerven.
"Death is not the end", erklärte er am Ende der, Veranstaltung. "Sie sind dann nicht alleine. Dann kommen die Schmeißfliegen, Maden und der Bestatter."
Wer noch nicht genug Gänsehautfeeling hatte, konnte sich am Bücherstand mit Büchern und Kinderbüchern eindecken und anschließend signieren lassen.
Mit großem Dank an Dorothee Scheurer und die Redaktion für die Erlaubnis zur Veröffentlichung.