Nachtplan: Vlad und Voodoo

Quelle: nachtplan 3/4 2017 (Heft Nr. 84)

VON MARK BENECKE

Die Forensik-Tagung fand in diesem Jahr direkt am French Quarter in New Orleans statt. Dort liegt der Ursprung aller modernen Vampyr-Geschichten (durch Anne Rice: Interview mit einem Vampir, Königin der Verdammten), berühmter Vampir-Bälle und magischer Voodoo-Schuppen. Hier ist es ganz normal, sich nachts an der Straßenecke im Licht einer Taschenlampe die Karten legen zu lassen und der örtliche Voodoo-Laden bietet Kerzen zur Abwehr von Flüchen an.

Im “einzigen” Vampir-Laden der Welt in der St. Ann Street sagt ein Vlad-Țepeș-Zoltar-Hybrid-Automat die Zukunft voraus. Mir hat er Liebestipps auf einer Abreiß-Karte ausgeworfen; die Chefin schenkte mir daraufhin einen House of Night-inspirierten Traumfänger aus silbernen Monden dazu (“das habe ich noch nieeeee getan!”). Läuft! Außerdem gibt es bei ihr Schrumpfköpfe und Vampir-Quietsche-Enten zu kaufen.

Der Laden ist winzig, die Chefin wirklich bezaubernd, und wer Fangzähne braucht, kann sich den örtlichen Vampyrzahnarzt hin bestellen. Wem das zu persönlich ist, der geht in den (diesmal wirklich) einzigen Kostümladen der Erde, der erstens täglich 24 Stunden lang geöffnet ist, zweitens Sexspielzeug verkauft und drittens die größte Auswahl an fangs zum selbst anpassen bereit hält, die ich je gesehen habe. Außerdem gibt es noch eine Vampir-Bar, die gleich neben einem Rockerladen liegt, dessen Wand nur aus Totenköpfen (und einem Spiegel) besteht und der nur durch eine winzige Kellertür erreichbar ist.

Die Grenze zwischen Quatsch, Magie und Wunderwerk ist in New Orleans nicht so dünn wie anderswo. Denn touristisch wirkt das alles nicht, obwohl es reichlich TouristInnen gibt — eher augenzwinkernd und spannend. Wenn es abends regnet, die Straße grünlich dampft und die Häuser noch unwirklicher als tags aussehen, dann müsste man schon eine Herz aus Stahl haben, um nicht die Nachtgestalten aus den Ritzen und Spalten der magischsten Ecke der Welt sickern und flitzen zu sehen.

Verzaubert der Eure — Dr. Doomy