Dem Doktor seine Seite
Sommerzeit, Forensikkurszeit
Von Mark Benecke
Sommerzeit, Forensikkurszeit. Es gibt Maden, Federstahlpinzetten, verfaulte Hühnchen und vergleichsweise bunt gekleidete Studierende. In einer Kurs-Pause ein Gespräch über Gruftis:
“Kenne ich”, sagt eine Studierende, “das sind die mit Netzhemden. Man kann ihr Gsschlecht dadurch unterscheiden, dass die Frauen schwarze Kreuze über die Brustwarzen kleben und die Männer nicht.” Okay, jemand war bei einer Elektroparty. Immerhin.
“Die Gruftis, die ich kenne”, sagt die zweite Kursteilnehmerin, “sind dick und stinken.” Wieso das? “Na, die tragen bei gleißender Sonne dicke, lange Mäntel. Klar, dass sie abschwitzen und müffeln.” Hier dürfte erstens eine Verwechslung mit Patchouli-Geruch vorliegen, zweitens scheinen das andere Gruftis zu sein als die mit den Netzhemden, jedoch — und vor allem — drittens: Was haben lange Mäntel mit Körperfülle zu tun?
“Also, ich studiere in Leipzig”, lenkt eine dritte Studentin ein. “Da gibt es zu Pfingsten immer schöne schwarze Kleider zu sehen. Ich muss ja nicht auf deren Parties gehen, aber auf der Straße sieht es schön aus.” Also, liebe alternde Brummelgruftis: Besser nicht mehr über stark gestylte, angebliche “Modegruftis” aufregen — sie brechen die Lanze für uns.
Die vierte Studierende: “Grufti-Kleidung ist doch gar nicht immer schwarz, sondern in ganz vielen Farben.” Ja, zum Beispiel beim viktorianischen Frühstück. Daher, Leute: Bleibt dran, erklärt Eurer Umwelt besser ‘mal, was es mit Gruftitum innerlich und nicht nur äußerlich auf sich hat. Dann wird eines Tages das Wort “Mainstream” bei Bessergruftis keine Panikattacke mehr auslösen, sondern einfach bedeuten, dass Bunte es normal finden, dass manche ihrer FreundInnen ein bisschen anders sind. Deal?
Bittet herzlich der Eure
(Mark Benecke)