Lebensmittelmotten in der Küche: Was windet sich da in der Müslipackung?

QUELLE: Spiegel, 3. September 2025

Von Veronika Silberg

Gerade beseitigt – und schon wieder flattert eine Motte ins Gesicht. Warum Lebensmittelmotten die Ninjas der Kücheninsekten sind. Und wie man sie los wird.

Ziehen sich spinnwebenartige Fäden durch Ihre Rigatoni, haben Sie Larven an der Zimmerdecke? Dann haben Sie vermutlich Lebensmittelmotten in der Küche. Die Falter sind für ihre Hartnäckigkeit berüchtigt. 

»Lebensmittelmotten sind wie Ninjas«, sagt Biologe Mark Benecke. Man denkt, sie seien längst nicht mehr da, und schon flattert einem wieder eine entgegen. Gerade in Städten sind sie das ganze Jahr über verbreitet. »Aber kein Grund zur Sorge«, sagt Benecke. »Eigentlich gibt es kaum etwas Einfacheres, als Lebensmittelmotten loszuwerden.« Insekten gehören zu Beneckes Spezialgebiet. Der Kriminalbiologe untersucht sonst überwiegend Krabbeltiere, die verwesende Körper befallen. Aber zu Lebensmittelmotten erhält er seit mehr als 25 Jahren regelmäßig Anfragen. Was er bei einem Befall rät und warum Sie dabei nicht alle Lebensmittel entsorgen müssen:

Wo kommen sie her?

Lebensmittelmotten sind kein Zeichen für fehlende Sauberkeit. In der Regel landen bereits befallene Lebensmittel mit dem Einkauf in der eigenen Küche. Bei Zimmertemperatur vermehren sich die Tiere in Mehl, Müsli und anderen Lebensmitteln weiter. Manche Tiere wandern umher und verpuppen sich in dunklen Leisten, Ecken oder hinter Wandverkleidungen. Entdeckt man sie in einer Packung, sollte man ruhig den Markt informieren. Häufig steckt ein größerer Befall dahinter.

Die Motten selbst sind unscheinbare Falter. Weil sie nachtaktiv sind, sitzen sie tagsüber still an den Wänden und werden häufig gar nicht bemerkt. Ninjas eben. Ein Befall ist an den Gespinsten, Fraßspuren oder frisch geschlüpften Larven zu erkennen, die manchmal am Deckenrand oder um Speisen herum sitzen. Sie sind das eigentliche Problem eines Lebensmittelmottenbefalls.

Zeitversetzt (je nach Temperatur und Art der Motte dauert es Tage bis Monate) schlüpfen sie und fressen sich durch das Vorratsregal, am liebsten stärke- und zuckerhaltige Lebensmittel. Eine Lebensmittelmottenart frisst sogar Tabak. Die Eier von Lebensmittelmotten sind weniger als einen halben Millimeter groß und kaum sichtbare Körner. Eine Motte kann laut Umweltbundesamt mehrere Hundert Eier legen. 

Wie wird man sie so schnell wie möglich wieder los?

»Wissen Sie, für uns sind das recht langweilige Tiere«, sagt auch Adam Tesmer. Als Schädlingsbekämpfer und geprüfter Desinfektor in Berlin erhält er täglich Anrufe zu dem Thema. Die meisten Kunden schickt er wieder weg. Lebensmittelmotten sollen sie erst einmal selbst bekämpfen, die Erfolgsaussichten sind gut. Erst wenn es nach sechs Wochen immer noch nicht funktioniert, kommen Tesmer und seine Kollegen vorbei, um den Kunden mit Insektiziden unter die Arme zu greifen. Das Gift wirkt jedoch nur begrenzt. Um alle Generationen loszuwerden, ist gründliche Arbeit der Betroffenen nötig. Das Vorgehen ist simpel. Nur sorgfältig sollte man sein. »Klappt es mit der Beseitigung gar nicht, liegt irgendwo noch ein vergessener Müsliriegel offen herum«, sagt Tesmer.

1. Nicht die Nerven verlieren:

Schädlinge und Lästlinge können zur Geduldsprobe werden. Mit hoher Wahrscheinlichkeit gibt es deutlich größere Gesundheitsrisiken als Lebensmittelmotten in Ihrer Küche. Zwar können die Tiere laut Umweltbundesamt vereinzelt Pilze oder Milben einschleppen und damit Magen-Darm- Beschwerden auslösen. Besonders groß sei die Gefahr jedoch nicht, sagt der Biologe Benecke.

2. Umgebung reinigen

Am besten sei es, die ganze Küche einmal auszuräumen und alle Schränke und Fächer gründlich zu reinigen, rät Tesmer. Wischen Sie alle unempfindlichen Oberflächen gern mit einer Mischung aus Wasser und Essig ab. Zieht sich der Befall schon lange hin, haben sich die Motten womöglich auch an ungewöhnlichen Stellen eingenistet: in einer Fußleiste, Büchern oder einem Teppich. Um herauszufinden, wo sich ein mögliches »Nest« befindet, können Sie Klebefallen an verschiedenen Orten aufstellen. Am besten nah an Ecken, Nischen oder engen Fugen. Die Fallen locken nur Männchen an und sind deshalb nur zur Bestandsaufnahme, nicht zum Beseitigen geeignet. Weit kommen die Tiere in der Regel nicht: Befruchtete Weibchen fliegen nur sehr kurze Strecken.

3. Nahrungsquellen beseitigen

»Kontrollieren Sie alle, wirklich alle Lebensmittel!«, mahnt Tesmer. Kontaminierte Lebensmittel müssen in den Müll. »Alles wegschmeißen, alles leer machen, alles auswischen!«, sagt auch Benecke. Vorsicht: Geschlossene Verpackungen können ebenfalls befallen sein. In frühen Stadien schaffen es die winzigen Larven durch dünnste Risse und Öffnungen. Produkte im Umkreis können ebenfalls bereits Eier enthalten, ohne sichtbar kontaminiert zu sein. Hier können Sie die Lebensmittel bei minus 18 Grad mindestens einen Tag lang einfrieren, um alle Eier abzutöten. Ritzen und Rillen können Sie mit einem Föhn erhitzen, um übrige Motten und Larven zu töten. »Sie können die Lebensmittel auch kochen und dann einfrieren. Dann müssen Sie nicht alles wegwerfen«, rät Benecke. Wichtig ist, das betonen Benecke und Tesmer, wirklich alle Schubladen und Oberflächen zu reinigen und alle Lebensmittel zu kontrollieren. In den allermeisten Fällen scheitert die Beseitigung an mangelnder Gründlichkeit.

4. Geduld haben

Dann heißt es: warten. Wann die nächste Generation geschlüpft ist, sei schwer zu sagen, so Benecke. Es hängt stark von Temperatur und Umgebung ab. In der Zwischenzeit (und ab jetzt am besten immer) sollten Sie jedoch alle möglichen Nahrungsquellen in luftdichten Gefäßen verstauen, am besten aus Glas, Keramik, dickem Plastik oder Metall.

5. Unterstützung holen

Bevor Sie sich an einen Profi wenden, können Sie es mit tierischer Unterstützung versuchen. Im Baumarkt oder über das Internet können Sie sich Schlupfwespen ins Haus holen. Die natürlichen Feinde der Lebensmittelmotte legen ihre Eier in die der Motten und stoppen damit die Fortpflanzung. Die Nützlinge sollten laut Umweltbundesamt innerhalb von etwa zehn Wochen etwa drei- bis viermal erneuert werden. Wirklich nötig sei das jedoch in den wenigsten Fällen, sagt Benecke. Schlüpft die nächste Generation und haben Sie alle Nahrungsquellen in Dosen verpackt, kann auch der Nachwuchs nicht lange überleben.

Und wie verhindert man ein Wiedersehen?

Weil die Winter in Deutschland inzwischen weniger kalt sind, können Lebensmittelmotten ganzjährig auftreten. Insgesamt nehme die Population jedoch wie bei vielen Insektenarten ab, sagt Benecke. Zumindest bekomme er dazu weniger Anfragen.

Wer auf Nummer sicher gehen möchte, sollte einfach seine (trockenen) Lebensmittel immer sorgfältig in Boxen füllen, kühl und trocken lagern. Dann kann ein richtiger Befall erst gar nicht entstehen. Und bewahren Sie Ruhe. »Es gibt wirklich kein einfacher zu lösendes Problem auf dieser Erde als Lebensmittelmotten in der Küche«, sagt Benecke. Weitere Informationen zur Bekämpfung von Lebensmittelmotten finden Sie über das Umweltbundesamt.