Von Tilman Kortenhaus
Ein echter Mordfall, eine falsche Verurteilung und ein Einblick in die Arbeitsweise des Kriminalbiologen Mark Benecke. „Mord im geschlossenen Raum“ zog Besucher in Eilenburg in seinen Bann.
Mark Benecke hat im Rahmen der Veranstaltung „Mord im geschlossenen Raum" Autogramme gegeben und Selfies mit den Gästen gemacht.
Eilenburg — Eine unschuldige Frau sitzt im Gefängnis. Sie soll ihre pflegebedürftige Mutter mit 50 Messerstichen kaltblütig ermordet haben. Das Haus war verschlossen, die beiden allein. Die Ermittler waren sich sicher, die einzig logische Erklärung für das Verbrechen gefunden zu haben. Mark Benecke kam zu einem anderen Schluss und klärte auf, was in dem kleinen Dorf in Franken wirklich geschehen ist. „Mord im geschlossenen Raum“ heißt der Vortrag über das wahre Gewaltverbrechen, das der Kriminalbiologe am Donnerstagabend vor ausverkauftem Saal im Eilenburger Bürgerhaus präsentierte.
Mark Benecke gibt in Eilenburg Autogramme
An einem kleinen Tisch vor der Bühne steht Benecke, gibt vor dem Start Autogramme. Schwarze Kleidung, kurz geschorene Haare, Tattoos an Hals, Arm, Händen, und sogar die Finger sind mit der permanenten Farbe verziert. Er hat einen speziellen Stil, lockt ein vielfältiges und buntes Publikum – nur ganz junge Zuhörer sind nicht zu finden, denn die Vortragsreihe ist aus gutem Grund erst ab 16 Jahren.
Das Multitalent Mark Benecke
Ein bisschen Ekel, ein bisschen Gänsehaut und ganz viel Spannung zeichneten den „Mord im geschlossenen Raum“ aus und entführte die Zuschauer mit in die Welt des einzigen vereidigten Sachverständigen für biologische Spuren in Deutschland. Untermalt mit Bildern vom Tatort erhält der Vortrag des 48-Jährigen eine etwas schaurige Atmosphäre. Die Aufschlüsselung eines Mordes mitzuerleben, ist nichts für schwache Nerven. Vermutlich kamen gerade deshalb die Anekdoten und Witze des Biologen so gut an und lockerten die Stimmung auf. Benecke ist ein Multitalent – keine Frage. Experte für Insekten, Blutspuren, Gewaltverbrechen, aber auch Musiker, Künstler, Satiriker und Politiker der Partei „Die Partei“ in Nordrhein-Westfalen. „Ich habe keinen Führerschein und eine Waffe kann ich auch nicht bedienen“, gibt Benecke allerdings zu.
Das Berufsgeheimnis: Die Welt, wie ein Kind sehen
Für seinen Beruf sei es enorm wichtig, objektiv zu beobachten und keine voreiligen Schlüsse zu ziehen. „Das ist die erste Lektion in diesem Berufsfeld: Die Welt wie ein Kind zu sehen. Keine Annahmen zu machen und alles zu hinterfragen“, erklärt Benecke. Eine falsche Grundannahme habe auch in dem präsentierten Fall zu einer falschen Verurteilung geführt. Denn der Raum war in Wahrheit alles andere als „geschlossen“. Eine Hintertür wurde aufgebrochen, und ein Schlüssel zur Vordertür lag auf dem Fensterbrett vor dem Haus. Hinweise, die übersehen wurden, weil niemand mehr gesucht habe.
Das Auge fürs Detail
Der Madendoktor nimmt die Welt anders wahr. Um dem Publikum näher zu bringen, was er damit eigentlich meint, präsentierte er Bilder von Eilenburg, die er auf dem Weg zum Bürgerhaus aufgenommen hatte. Rostige Kabel, farbenfrohe Blumen, Zigarettenschachteln im hohen Gras – Details, auf die kaum jemand achtet, in einem Kriminalfall aber den Unterschied machen können. Das Publikum war begeistert, wieder etwas schlauer und vielleicht fiel dem einen oder anderen auf dem Rückweg etwas völlig Neues in der eigentlich so bekannten Heimat auf.