Kein Gen Profiling

Quelle: tz München (darin: Panorama) vom 7. Dezember 2016, Seite 36
Kein Gen-Profiling!
Kriminalbiologe Benecke zur DNA-Diskussion

 

 

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In Deutschland ist es per Gesetz nicht gestattet, aus der DNA auch Persönlichkeitsmerkmale wie Augen-, Haut- oder Haarfarbe herauszulesen. Der Freiburger Polizeipräsident fordert nun, den Paragrafen zu ändern, weil man dann Tätern viel schneller auf die Spur käme. Was halten Sie davon?

MB: Eine ganz wackelige Angelegenheit. Nehmen wir ein Beispiel: Aus der DNA-Probe eines Verwandten von Hitler ist zu entnehmen, dass er mit großer Wahrscheinlichkeit nordafrikanische Juden als Vorfahren hatte. Man kann zwar die Religion nicht aus der DNA ablesen, aber es gibt bestimmte genetische Einengungen im geografischen Kontext. Aber was hilft uns die Information? Nichts. Wenn wir beispielsweise eine DNA haben, die uns verrät, dass der mutmaßliche Täter irgendwann Vorfahren im südlichen Amerika hatte, bringt uns das nicht weiter. In den Niederlanden gibt es das Gesetz, dass man Körpermerkmale bei den Ermittlungen nutzen dürfte, aber angewendet wurde das noch nie. Kurzum: Ich glaube nicht, dass es eine entscheidende Ermittlungshilfe wäre.


Man kann also keine detaillierteren Profilinfos aus der DNA gewinnen?

MB: Das genetische Phantombild, was manchem vorschwebt, wird es in den kommenden Jahren nicht geben. Es hat schon sehr lange gedauert, ehe man sich der Augenfarbe angenähert hat. Und in die Entwicklung solcher Tests, die das zuverlässig verifizieren würden, wird derzeit kein Geld gesteckt. Klar formuliert: Man kann derzeit aus der DNA keine Körperlänge lesen, die Augenfarbe ist schwierig, die Haarfarbe könnte man am ehesten indirekt aus der Herkunft ableiten – etwa Naher Osten oder Südamerika heißt dann vielleicht Haarfarbe eher dunkel. Aber: Haare kann man färben und Augenfarben durch Kontaktlinsen ändern. Das Einzige, was in ganz seltenen Ausnahmen wirklich zur Aufklärung beitragen könnte, wäre die Hautfarbe. Aber auch nur dann, wenn die Haut entweder sehr dunkel pigmentiert oder sehr hell wäre.

Klar, die Polizisten hätten das alles gern aus gut nachvollziehbaren Gründen. Dennoch: Wenn man jetzt mit ethnischem Profiling beginnen würde, dann kämen die ganzen politischen Knallköpfe aus ihren Löchern. Dann sind wir wieder dabei, Ethnien bestimmte Charaktereigenschaften zuzuschreiben – dabei ist das wissenschaftlich widerlegter Schwachsinn.

Mit großem Dank an Katrin Basaran und die Redaktion für die Erlaubnis zur Veröffentlichung.