Interview mit Dr. Mark Benecke

10. Januar 2018 

De Bichergeck

Da ich ganz gerne Krimis und Thriller lese, dachte ich mir, es wäre vielleicht interessant einen kleinen Blick hinter die Kulissen zu werfen. 
Dies ist mir mit den Büchern von Dr. Mark Benecke hervorragend gelungen.
Durch meine Recherche und das Lesen von älteren Interviews und Artikeln, konnte ich mir einen Überblick in diverse, vollkommen unterschiedliche Bereiche verschaffen.
Ich habe neue Musik für mich entdeckt, meine Bücherwunschliste hat sich vergrössert, ich habe interessante Filmempfehlungen gefunden, und natürlich verfüge jetzt über einiges an Wissen über Maden, Fliegen, Kriminalbiologie, Parawissenschaften, TattoosVeganismusDonald Duck und sogar Dracula.
Es war eine aufregende Reise, die mich neugierig und offener gemacht hat.
Ich bedanke mich recht herzlich, es ist schön, dass Dr. Benecke die Zeit gefunden hat, mir meine Fragen zu beantworten! 
Es ist ein Interview über den Tod, Bücher, Lost Places, Biologie, Religion, und vieles mehr …
Der Kriminalbiologe ist bundesweit bekannt durch TV-Serien wie "Medical Detectives“ oder ,Autopsie‘, in denen er allgemein verständlich wissenschaftliche Hintergründe von Verbrechen mit Todesfolge erläutert.
Er promovierte an der Uni Köln im Institut für Rechtsmedizin und absolvierte fachspezifische Ausbildungen in der ganzen Welt (u.a. beim FBI). Er ist Deutschlands einziger öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger für zahlreiche biologische Spuren und untersuchte als weltweit einziger Forscher vor Ort in Moskau Adolf Hitlers Schädel, Zähne und Röntgenaufnahmen des Schädels.

Lest selbst, ich bin begeistert!

Du lebst seit langem als Vegetarier und ernährst dich inzwischen sogar vegan. Was sind die Gründe dafür?
Ich finde, dass man Tiere in Ruhe lassen sollte. Das war immer meine Meinung. Ich habe mit Tieren zusammen gearbeitet, hatte auf einer irischen Insel zum Beispiel mal drei Monate viel mit Tintenfischen zu tun.
Man erkennt dann, dass solche Tiere Charakter haben und versteht irgendwann nicht mehr, warum Menschen zwar ihre Katze lieb haben, aber trotzdem Tierprodukte essen. Das ergibt für mich einfach keinen Sinn.

Erkennt man bei einer Leiche, ob der Mensch vegetarisch oder vegan gelebt hat?
Auf den ersten Blick erkennt man nichts, es sei denn, man sucht im Darminhalt nach Fleischfasern oder Ähnlichem. Es gibt zwar Vermutungen, dass bei einer pflanzlichen Ernährung der Selenspiegel sinkt, aber bewiesen ist das nicht. Sicher stinkt der Darminhalt aber nicht so stark wie bei Fleischessern.

Ist es richtig, dass Du den vermeintlichen Schädel Adolf Hitlers untersuchen durftest? Aus historischer Sicht vermutlich etwas, das nicht jedem Wissenschaftler möglich ist.
Was war das Ziel der Untersuchungen?
Ja, da hatten wir Zähne und ein Stück des Schädels, sollten prüfen, ob beides zusammen passt. Die Zähne waren beim FSB, also KGB, in der Geheimdienstzentrale, das Schädelstück im Staatsarchiv. Von besonderem Interesse war die Ausschussöffnung. Laut Stalin hatte sich Hitler oder Ghitler, wie die ihn nennen, „wie ein Weib“ vergiftet… Also haben wir geguckt. Vermutlich hat er sich und Eva Braun sowohl mit Zyankali vergiftet wie auch erschossen; der Hund, Blondie, wurde nur vergiftet. Wahrscheinlich um zu testen, um die Blausäure noch wirksam ist. Diese kann nämlich ihre Wirksamkeit verlieren, wenn sie zu alt ist.

Für die Zähne hatten wir zum Abgleich verschiedene Unterlagen: Ein Röntgenbild aus der Zeit nach dem missglückten Anschlag 1944, anhand dessen wir Knochenmerkmale und Metall in den Zähnen abgleichen konnten. Dazu eine Zeichnung von Blaschkes Assistenten; Blaschke war Hitlers Zahnarzt. Von diesem gab es auch noch ein Gipsmodell, das er von Hitlers Zähnen erstellt hatte. Die Zähne waren echt. Aus unserer Sicht passten die Zähne kriminalistisch, also von den Umständen her, zum Schädelstück, auch das Ausschussloch passte. Aber wir werden sehen. Hitler war zur damaligen Zeit schwer drogenabhängig, im Grunde war es Crystal Meth, was er einnahm.

Auch war er von Parkinson gezeichnet. Das sieht man am Arm, den er im letzten Filmdokument hinter dem Rücken hatte, sein maskenhaftes Gesicht. Die Frage nach dem körperlichen Zustand untersuchte auch eine Knochenkundlerin. Sie fand Knochennähte, die nicht altersentsprechend waren. Aber was das Lebensalter angeht, muss man halt auch bedenken, dass das biologische Alter nicht unbedingt mit dem chronologischen Alter übereinstimmen muss. Vielleicht erforscht das ja noch irgendwann jemand genauer…

Reizt es Dich manchmal, die Untersuchungen weiterzuführen?
Nein, eigentlich nicht. Also, das einzige, was mich daran noch reizen würde, wäre eine Studie zu DNA-Bestandteilen, die auf einer Serviette von einem Verwandten Hitlers gefunden wurden. Daraus ging hervor, dass er von einer Linie nordafrikanischer Juden abstammt. Wenn das tatsächlich so ist, dann lach ich mich tot. Das wäre für mich der einzige interessante Aspekt, Hitlers Zähne aufzubohren, um das endgültig zu beweisen.

Dann bist Du also Forensiker geworden, um der Wahrheit willen? Andere werden dann Philosophen …
Ich habe mich immer nur für Naturwissenschaften interessiert, saß als Kind in der Buchhandlung rum und habe alle möglichen Experimentierbücher gelesen. Damals war das noch nicht cool, das war sehr lange vor Big Bang Theory. Da hieß es dann: Oh, guck mal, der Junge da im Karo-Hemd. Aber ich liebe Tatsachen, Beweisbares, Wahres, Dinge, Spuren, Anfassbares und Messbares. Das alles erfahren wir durch Experimente, sonst nicht. Denken hilft, wenn überhaupt, erst hinterher. Deshalb habe ich Biologie studiert, ein Praktikum in der Rechtsmedizin gemacht und dort auch promoviert.

Du wirst wegen Deiner Arbeit oft als der „Herr der Maden“ bezeichnet. Wäre Dir ein anderes Insekt lieber?
Alles jut. Maden helfen uns, die Liegezeiten von Leichen zu bestimmen. Sie sind ziemlich cool. Ich mag aber auch Fauchschaben, die halte ich als Haustiere und nehme sie mit zu Vorträgen. Eigentlich mag ich alle Tiere, aber vor allem ohne Aaskäfer, Schmeißfliegen und ähnlichen Lebewesen würde die Welt innerhalb kurzer Zeit zusammenbrechen. Überflüssig sind nur wir Menschen, sowohl von der Biomasse als auch von der Artenvielfalt her – der Mensch ist ein kleiner, guter, freundlicher Witz der Natur. Im Berliner Museum bin ich übrigens auch Pate der Markusfliege.

Und was kann die so?
Wenn eine Markusfliege mit einer Leiche in einem Teppich eingewickelt und im See versenkt wird, kann ich anhand der Fliege bestimmen, in welcher Jahreszeit der Teppich zusammengerollt wurde. Die kommen nur einmal im Jahr zum Vorschein. Außerdem sind die ganz schwarz, und ich mag alles, was schwarz ist.

Bei Deinen ganzen Aktivitäten, hast Du da noch Freizeit?
Das trenne ich nicht – ich mach meinen Kram und fertig. Das meiste ist lange im Voraus geplant und festgelegt, ich spaziere also durch recht festgelegte Welten. Da ich das ganze Jahr mit der Bahn fahre, ist es sogar noch stärker in Fahrpläne eingebunden. Mir macht das alles Spaß. Leben heißt leben, oder?

Gibt es etwas, das Du an Deinem Beruf gar nicht magst?
Manchmal rücken einem gewaltbereite Menschen etwas zu nah auf die Pelle, auch privat. Es hat ein bisschen gedauert, bis ich das besser einschätzen konnte, was es allerdings nicht besser, sondern nur überschaubarer gemacht hat. Gerade Menschen mit starken seelischen Veränderungen handeln unlogisch, es erscheint ihnen selbst aber total logisch. Das ist anstrengend.

Wie kam es dazu, dass Du Dich in den Staaten ausbilden lassen konntest?
Ich habe einfach gefragt. In der Rechtsmedizin New York war ich aber ganz normal angestellt. Meine alte Chefin aus Köln hatte dort gearbeitet, ich knie bis heute vor ihr nieder.

Wie stehst Du privat zum Tod? Wenn Du gerade nicht professionell damit befasst bist?
Die Kategorie „Totsein“ ist vor allem Ausdruck der Sicht des Menschen auf das Leben. In Wahrheit ist alles ein perfekter Recycling-Prozess. Oder auch ein Fließgleichgewicht. Alles, was der Mensch aufnimmt, gibt er auch wieder ab. Das, von dem wir denken, was wir “sind”, dass wir uns für wertvoll halten, ist eigentlich ein guter Witz. Im positiven Sinne. Tatsächlich ist alles ein ewiges Recycling. Das Energie- Gleichgewicht in jedem von uns kann von einer auf die andere Sekunde zusammenbrechen. Und dann ist Schluss, rein biologisch gesehen. Aber selbst wenn die Erde irgendwann einmal einfrieren sollte und keine Lebewesen mehr da sind – die chemischen Elemente bleiben ja, oder wenn es sich noch stärker ändert, die Quarks, Gluonen, Strings, Eichbosonen und Baryonen. Es ist alles eine Frage der Perspektive.

Hat der Tod auch komische Seiten? Gab es mal einen Fall, der Dich zum Schmunzeln brachte?
Nein. Manches ist allerdings bizarr. Denn du merkst schnell, dass profane Dinge nie profan sind. Sherlock Holmes sagte: „Nothing is little.“ Alles Kleine kann auf etwas Großes verweisen. Etwa das Spielzeugauto neben dem dahingeschlachteten Mann. Diese Kombination ist grotesk. Man fragt sich, wie konnte er in so eine gewaltbetonte Situation geraten, während er seine Matchbox-Autos vor sich hat? Diese Verbindung aus Profanem und Gewalt sieht man an einem Tatort natürlich sehr oft.

Du hinterfragst auch parawissenschaftliche Phänomene. Bist du selbst ein komplett rationaler Typ?
Ich bin Rationalist, weil ich bewusste Entscheidungen anhand klar messbarer Bedingungen fälle. Da bin ich ganz Naturwissenschaftler. Auf der anderen Seite bin ich bei ganz banalen Sachen furchtbar abergläubisch. Man darf zum Beispiel in meiner Nähe nicht fünfmal „Candyman“ sagen, weil ich Angst habe, dass dann der Bösewicht aus dem gleichnamigen Film erscheint.

Durch deine diversen Tätigkeiten, siehst Du in die Abgründe der menschlichen Seele.
Fühlst Du dich noch sicher?
Ja, ich verlass mich auf mein Gefühl. Das hat mir bisher immer — manchmal auch in letzter Sekunde — korrekt gesagt, wann ich besser ganz schnell die Biege mache.

In der Schule war ich immer der Jüngste (und habe noch nie Muskeln gehabt), und ich arbeite manchmal in gefährlichen Umgebungen (Entführungen, Bomben, organisierte Kriminalität…), so dass ich in Übung bleibe. Notfalls passt meine Frau auf mich auf. 

Grundsätzlich: Je mehr Du weißt, desto besser kannst Du Gefahren sbschätzen. Je unerfahrener, desto ängstlicher. Deshalb machen rechte Parteien ja auch immer Angst-Stimmung. So können sie ihre künstlich verängstigten Schäfchen „beschützen“.

Kannst Du gut schlafen?
Ich liebe Schlaf. Nur, wenn ich gute Comics erbeute (zuletzt vor ein paar Tagen in New York) oder schöne alte Bücher, kann’s mal später werden.

Keine Alpträume?
Doch: Dass ich meinen Kram im Zug liegen lasse, das Flugzeug woanders hinfliegt und ich mich mal wieder nicht auskenne, Klingelschilder vertauscht sind… sowas.

Wie würdest Du Biologie in drei Wörtern beschreiben?
Wissen über’s Leben.

Du interessierst dich auch für Parawissenschaften.
Geisterjäger tummeln sich gerne auf sogenannten Lost Places rum, gibt es einen Ort, den Du besonders spannend findest?
Die Geister sind eher in Köpfen… meine Frau sagt, dass ich Angst davor habe, dass Magie echt sein könnte, also etwas nicht erklären zu können. Aber ich sehe das eher als Ansporn, nix zu glauben und alles zu erforschen.

Ich rede daher auch gerne mit Paraforscher*innen, Psychedeliker*innen, Illusionskünstler*innen und so:

http://wiki2.benecke.com/index.php?title=2004_Magische_Welt:_Frappierender_Fraps

http://wiki2.benecke.com/index.php?title=2004-04_Zauberkunst:_Arturo_Brachetti_im_Gespräch_mit_Mark_Benecke

http://home.benecke.com/publications/mark-benecke-trifft-eberhard-bauer-in-freiburg-igpppicture

In meiner Jugend habe ich die John Sinclair Romane von Jason Dark regelrecht verschlungen …
Wie kam es dazu, dass Du Mitautor und Gastcharakter in einem Band bist?
Hast Du einen Lieblingscharakter?
Der Verlag hat mich gefragt. Ich bin seit immer dort bei Lübbe Autor, und sie leben eben auch von homorvollem Trash. Da ich nix erfinden kann, hat Florian Hilleberg zusammen mit meinem Team und mir — hier Tina und meiner Frau — echte Ereignisse in die Sinclair-Welt eingewoben.

Meine Lieblingsfiguren sind Tina und meine Frau, die im echten Leben sehr, sehr, sehr ähnlich sind wie im Sinclair-Roman 

Hast Du überhaupt noch Zeit zu lesen?
Welche Bücher stehen in deinem Regal?
Hast Du ein Lieblingszitat?
Ich habe selten Zeit zu lesen, aber ich genieße jede Sekunde. Das reicht vom großartigen Fotoband von Terry Richardson mit Lady Gaga auf Tour über Will Eisner und Carl Barks bis zum Kölner Domblatt, das einmal im Jahr erscheint.

Lieblingszitate hab ich nicht, aber ein Gutes von Sherlock Holmes ist:

„‚I never guess. It is a shocking habit.'“

Was ist für Dich der schwierigere Moment – den ersten Satz zu schreiben oder den letzten?
Weder noch, das ist für mich alles eins. Ich schreibe Buchkapitel „durcheinander“ und nähe dann alles zusammen. Die Reihenfolge lege ich erst während des Schreibens fest.

Bei Fachartikeln ist der Aufbau recht festgelegt: Zussmmenfassung, Einleitung, Material, Methoden, Ergebnisse, Diskussion, Literatur… das ist also keine Hürde oder Bürde, sondern wie ein schönes Spiel mit coolen Regeln.

Welches bekannte Buch wirst Du nie lesen?
Alle Romane — außer ‚Herr der Ringe‘.

Welche Figur aus einem Roman oder einem Film würdest Du gerne treffen – und was würdest Du ihm / ihr sagen?
Eigentlich keinen, aber ein cooler Niederländer dreht grad‘ einen Film über Tom Bombadil, wo ich als Kriminalist mitmache und überlege, wie man ihn mittels Sherlock-Holmes-Techniken finden könnte. Von daher lerne ich wohl bald Tom Bombadil kennen.

Ansonsten treffe ich echt coole Menschen dauernd durch Zufall beim Rumgurken. Fast alle Menschen haben etwas Entscheidendes zu erzählen — wirklich.

Wie kommt es, dass Du dich mit Donald Duck und Entenhausen beschäftigst?
Gab es dafür (ausser den Comics) einen speziellen Auslöser?
Wie kannst Du diese Faszination erklären?
Als Kind hatte meine Mutter mir einen sehr guten Band mit Geschichten von Gottfredson, Barks und so weiter in den Koffer zur Kur wegen Husten und Zappeln gelegt. Es war nicht so geil dort (katholische Nonnen). Das Buch hat mich zusammen mit einem winzigen, fingergroßen Buch über Zauberei gut begleitet.

Abgesehen davon liebe ich geschlossene Universen. Denn darin ist es wie am Tatort: Die Spuren sind da, Du musst sie nur finden… dann lernst Du Dinge, die, noch ein Zitat von Holmes, offen da liegen, aber zugleich tückisch sein können:

„There is nothing more deceptive than an obvious fact.“

Wenn Du mit einem Fingerschnipsen etwas in Deinem Leben ändern könntest – was wäre es, und warum?
Nix. Ich lerne einfach aus allem, was passiert, was ich entscheide und was andere mir berichten.

Was ist Dir wichtig, am Ende eines oder vielleicht sogar: eines jeden Tages getan zu haben?
Schlafen

Es gibt die verschiedensten Religionen, bzw. Glaubensrichtigungen. Ich habe auf Facebook gelesen, dass Du dich dem Dudeismus verbunden fühlst. Gut, danach habe ich den Wikipediaeintrag gelesen, und im Netz gestöbert, doch wie genau kann ich mir das vorstellen?
Ich bin sogar dudeistischer Priester  Wir folgen den Worten des Dude und lassen beispielsweise die Meinungen anderer stehen: Yeah, well, that’s just, like, you’re opinion, man, sehen Dinge gelassen: Just taking it easy, man und kennen alle möglichen Leute, darunter pacifists, surfers, lady friends, vaginal artists, veterans, dancing landlords, enigmatic strangers, doctors who are good men — and thorough, brother shamuses und viele andere.

Es geht um Gelassenheit und Vielfalt.

Es ist egal wohin man schaut oder hört:
– Die Nachrichten (Radio, Fernseh, Internet) sind voller Gewalt, Hass, Hoffnungslosigkeit, Kriege, usw, …
Wo siehst Du die Welt in zehn Jahren?
Was wünschst Du ihr?
Und uns?
Hilfreich wäre es, wenn alle Menschen vegan würden, weil dadurch innerhalb kurzer Zeit schon mal ein Drittel Treibhausgase weniger anfallen würden und Milliarden von Tieren nicht mehr leiden müssten. Ich würde auch den öffentlichen Personennahverkehr und Fahrradwege weltweit stärken und normale Autofahrten dafür stark einschränken. Da das alles aber nicht so viele interessiert, bleibe ich lieber bei meinen Versprechungen aus dem kölner Oberbürgermeister-Wahlkampf (ich bin Dritter geworden): Mehr Glitzer für alle, stilettofeste Straßenpflaster und freie Sicht auf den Kölner Dom aus der ganzen Welt.

http://obbenecke.de

Fällt es schwer, dadurch in das Gute vom Menschen zu glauben?
Ich sehe sehr viel Gutes und Starkes in Menschen. Wir sind als Lebewesengruppe halt ein wenig selbstbezogen und rotten so derzeit die Amphibien und die Insekten aus, was das sichere Vorzeichen dafür ist, dass es jetzt nicht mehr allzu lange dauert. Andererseits wird die Erde auch ohne Menschen ganz normal weiter bestehen, so dass das Leben an sich mit allem Licht und Schatten (andere Tiere sind ja auch nicht „gut“ oder „böse“) noch länger da sein wird. Das ist ja auch etwas wert.

Dank deiner umfangreichen Homepage und Datenbank kenne ich nun den Unterschied zwischen Vampir und Vampyr. Woher kommt das Interesse an dieser ungewöhnlichen Lebenseinstellung?
Wie kann man sich Vampyrtreffen vorstellen?
Wir wissen es noch nicht genau. Es gibt jetzt so langsam wissenschaftliche Literatur darüber, wie sich solche Identitäten ausbilden, aber die Forschung ist erst am Anfang. Eine gute Studie ist „Vampire unter uns! Teil III“ mit umfangreichen Daten zu den Charakter-Zügen von Vampyren sowie „Vampire unter uns“ 1—3“ mit einigen weiteren, auch kulturellen Facetten dazu.
(Benecke: Vampire unter uns! IV, ISBN 978-3-946425-48-9 (erscheint Januar 2018))

Auffällig ist, dass die Vampyre sozusagen „nachreifen“, also viele soziale Techniken erst in der Gruppe kennen lernen und vorher, aus Einsamkeit oder Fremdheitsgefühl oder Vernachlässigung nicht anwenden konnten.

Die Vampyr-Treffen sind langsam, friedlich, emotional, sehr zugewendet, unglaublich lustig und samtig weich. Das ist echt vorbildlich: Wenn mehr Menschen so miteinander umgehen würden, dann gäbe es öfter Einigungen und weniger Streit.

Der Nachteil ist die Energie-Armut der meisten, so dass sie recht stark angeregt werden müssen, bis sie in die Gänge kommen.

Bei welchem historischen Ereignis wärst Du gerne dabei gewesen?
Die in den letzten 46 Jahren geschehenen reichen mir…  Der Mauerfall, die Challenger, der Zerfalls der Sowjetunion, die Umstrukturierungen nach dem Tod von Escobar und hunderttausend andere Sachen, die manche vielleicht „historisch“ empfinden. Es passiert aber so viel mehr, etwa in den Wissenschaften, neulich der Nachweis von Gravitations-Teilchen… mir wird schon ganz schwindelig, was als nächstes passiert.

Gibt es demnächst ein neues Buch von Dir?
Ja, mehrere. Eins mit meinen Kolumnen aus dem ‚Nachtplan‘, in denen es um Gothic, Toleranz und verrückte Erlebnisse aus aller Welt geht, eins über Blutegel und Vampire unter uns! Teil IV. Die schnellste Übersicht findest Du hier.

Welche Projekte hast Du für 2018 geplant? Was soll man sich im Kalender unterstreichen?
Öh, also, mein öffentlicher Kalender ist hier.

Da ist schräges Zeug dabei: Tattoo-Conventions, das Elbenwald- und das Amphi-Festival und das Wave Gotik Treffen kommt einfach vorbei. 

Wir sehen uns im Juli in Luxemburg 
Jipppiiii, bis dahin und et freet mech, lech kennen ze léieren.