2004-06-25 SZ-Magazin: Schabenfreude
Quelle: SZ Magazin, Nr. 26/2004 vom 25. Juni 2004, Seite 33
Von: Mark Benecke
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Die eigentlichen Herrscher unserer Welt sind Gliedertiere. Da ist es nur angemessen, von ihrem Treiben zu lernen -- am besten im heimisch-familiären Umfeld. Da Spinnen ekelig und Bienen aufwändig zu halten sind, empfehle ich -- das muss aber bitte unter uns bleiben -- die Anschaffung eines Pärchens von Grophadorrhina portentosa, der Madagaskar-Fauchschabe. Die Tiere glänzen schön, machen keine hektischen Bewegungen, haben sich sehr lieb und tasten mit ihren lustigen, langen, schönen Fühlern aus dem hohlen Ast, den man ihnen als Behausung anbietet. Kindern machen die Schaben Spaß, weil sie kopfüber unter spiegelglatten Flächen herumturnen können, aber auch Eltern mögen die sozialen Tiere, weil sie äußerst pflegeleicht sind. Wenn man die gegliederten Freunde neckt, dann fauchen sie manchmal; im übrigen sind sie friedliche Mitbewohner. Entkommen können sie nicht, denn außerhalb ihrer Wohnstatt ist es den possierlichen Sechsbeinern so kalt, dass sie sterben würden. Kein Wunder, dass auch der Londoner Zoo uns Großstädtern schon seit gut zehn Jahren statt Hasen und Hamstern zu Fauchschaben als Wohnzimmer- und Schreibtisch-Genossen rät.
Mit großem Dank an die Redaktion für die Erlaubnis zur Veröffentlichung.