Cobra: 300 Zuhörer lauschen dem Kriminalbiologen
Solinger Tageblatt, 31. August 2018 (online) — Mit vielen Dank an die Redaktion für die Erlaubnis zur Verwendung.
Von Jutta Schreiber-Lenz
Zu Blut hat Dr. Mark Benecke eine besondere Beziehung: Als Fleck auf dem Boden, Spritzer an der Wand oder Schatten auf einem T-Shirt ist es für ihn meist eine wichtige Spur, weil man sie faktisch bestens untersuchen und auswerten kann. In Windeseile etwa könne man anhand von Größe und Umfang einer geronnenen Blutfläche an einer Wand den Aufprall-Winkel des Verletzten berechnen – „da hat meine Frau ein spezielles Computer-Programm für entwickelt, das ich als App auf dem Handy habe“. (*)
Der Kriminalist freute sich über das, was der Fußgängertunnel unter dem Ohligser Bahnhof so hergab: Ein Kurz-Video über ein von ihm erspähtes, mit Farbe überstrichenes Haar an der Unterführungs-Mauer, über Pfützen, Graffiti und Spuren auf dem Boden wurde so für ihn zum perfekten Einstieg in seinen abendlichen Mix aus fachlich versierter Vorlesung, schrägem Humor und professioneller Vermarktung seines Bekanntheitsgrades.
Der promovierte Kriminal-Biologe mit Promi- und Kult-Status lockte gestern gut 300 Interessierte in die ausverkaufte Cobra. Professionell bis ins Kleinste ausgearbeitet war das Showkonzept, das den Besucher dort empfing. Beim Reinkommen klärte ein auf eine Leinwand projizierter „Regel-Katalog“ über die zeitliche Abfolge auf, wann er was signiere und wo im Raum welches Merchandising-Produkt zu kaufen oder geschenkt zu bekommen sei: Der optisch lockere Typ mit unzähligen Tattoos, Baseball-Käppi in Jeans und Leder wendet seine professionelle Akribie nicht nur auf seine kriminalistische Arbeit an. Zudem bestand er auf der vollen Aufmerksamkeit seines Publikums. „Einlass nach Beginn der Veranstaltung nicht mehr möglich“ war auf etlichen Schildern im Foyer zu lesen gewesen. Wortgewandt und in rasantem Tempo nahm Benecke die Zuhörer drei Stunden lang mit in Fälle mit besonders mysteriösen Todesursachen.
Sachlich und unaufgeregt begab sich Benecke in Tabuzonen
Nur mit Hilfe genauer Analysen konnte ergründet werden, ob es sich um einen Suizid oder Mord handelte: „Ich spekuliere und vermute nicht, sondern halte mich streng an Fakten“, betonte Benecke.
Sachlich und unaufgeregt begab er sich vielfach in gesellschaftliche Tabuzonen. „Viele merkwürdig anmutende Suizide entpuppen sich als Versehen oder Unfall bei heimlichen autoerotische Sex-Praktiken“, erklärte er anhand von Bildmaterial, das zum Beispiel Leichen mit Gasmasken und Lederlappen vor dem Gesicht zeigte. „Wie schnell man dabei in Ohnmacht fällt, unterschätzen gerade Menschen im mittleren Alter, die sich durch Sauerstoff-Entzug „den besonderen Kick“ geben wollen.“
Marks Fotos vom Abend hier: https://fb.com/markbenecke/posts/1910534302300595