Quelle: Der Donaldist, 2013: MifüMi 128, Seiten 23 bis 24
Holger Kliemannel, Magie- und Okkultismus-Verleger aus Thüringen
Aus der Serie „Begeisterte, aber nicht voll donaldisierte Donaldisten” (Teil 4)
Von Mark Benecke
Mark Benecke (MB): Hallo Holger, du bist Verleger und hast Bücher über Heiden, Vampire und Okkultismus im Programm. Seit zwanzig Jahren liest du auch die Lustigen Taschenbücher. Wie zur ... äh ... Hölle ... passt das zusammen?.
Holger Kliemannel: Das ist ganz einfach: Alle von Dir genannten Gruppen stecken allzeit voller Humor, oder anders ausgedrückt, ohne Humor würde es sie gar nicht geben. Nirgendwo lacht man so viel wie auf Treffen mit diesen Leuten. Es ist ein offenes Geheimnis, dass sehr viele Magier das LTB abonniert haben, anscheinend als Ausgleich für das sonst triste Alltagsleben.
MB: Soll dass heißen, dass Magier einen tristen Alltag haben? All die Krötenbeine, die sie sammeln müssen -- das stellt man sich doch eher aufregend vor?
Holger Kliemannel: In ihrem magischen Dasein haben die meisten zumindest einen tollen Alltag, jedoch geht auch Otto-Normal-Magier arbeiten, um seinen Lebensunterhalt zu verdienen -- und was gibt es besseres zum Abschalten als das LTB?.
MB: Gefallen Dir im Sinne okkulter Techniken die etwas schwärzeren Figuren Phantomias und Gundel Gaukeley?
Holger Kliemannel: Ganz bestimmt. Gerade Phantomias liebe ich, und Gundels Versuche, Dagoberts ersten Taler abzujuxen, sind göttlich.
MB: Hört sich an, als ob Du noch andere Favoriten hast, die weniger finster sind.
Holger Kliemannel: Innerhalb des LTB mag ich Goofy sehr, ein sympathischer Trottel wie aus dem Alltag. Außerhalb der Walt Disney-Geschichten mag ich die Serie „Walhalla", eine dänische Comicserie, die auf der Edda basiert. Leider gibt es in deutsch nur sechs oder sieben Teile, im Dänischen dagegen fünfzehn. Carlsen hat sie eingestellt aus Mangel an Käufern, ich überlege schon seit einem Jahr, mir die Rechte zu sichern und alle Teile neu zu veröffentlichen, drei Bände à fünf Geschichten zusammen gefasst.
MB: Donald selbst scheitert ja eigentlich an allem: seinen Jobs, der Erziehung der Neffen ... siehst du da Parallelen zu deinem Leben? Da Du nicht donaldisierter Donald - Freund und wie ich zudem Dudeist1 bist, liegt die Annahme nahe, dass Scheitern Dich nicht schockt?
Holger Kliemannel: Da ich im allem, was ich mache, doch recht erfolgreich bin, sehe ich spontan keine Parallelen. Aber wie der Dude habe ich auch keine Angst vor dem Scheitern. Irgendwie geht es immer weiter, und wenn der letzte Anker nur ein Glas White Russian ist..
MB: Nochmal zum LTB: Wie bist Du an dein erstes gekommen? Kannst du Dich da noch erinnern?
Holger Kliemannel: Das war vor zirka dreißig Jahren. Mein älterer Bruder bekam es öfters geschenkt, und als ich lesen konnte, nutzte ich es zum Üben, auch wenn ich den meisten Humor noch nicht verstanden habe. Wusstest Du, dass das LTB gern von Leuten genutzt wird um die Sprache zu lernen?
MB: Nein, leuchtet mir aber ein. Es sind ja auch teils historische und Opern-Anlehnungen drin. Trotz dieser schicken Qualitäten verschenkst Du Deine LTB nach dem Lesen. Warum?
Holger Kliemannel: Man muss doch die Philosophie weiter geben :-).
MB: Schon, aber bereust du das nicht, wo Du jetzt eine kleine Tochter hast? Sie würde sich doch sicher über die Comics freuen.
Holger Kliemannel: Ich habe keinen ausgeprägten Sammlerinstinkt, und bis meine Tochter mal soweit ist und es lesen kann, fließt noch viel Wasser die Wupper herunter. Ich bin mir sicher, dass es bis dahin das LTB noch gibt.
MB: Wie kommt es eigentlich, dass Du nie auch auf die edleren Geschichten von Carl Barks umgeschwenkt bist, beispielsweise in den „Tollsten Geschichten"?
Holger Kliemannel: Ha, gute Frage. Vielleicht weil das billige Papier, der teilweise schlechte Druck etc. irgendwie dazu gehört? Die Druckerei, die LTB, Micky Maus & Co. druckt, sitzt gleich bei mir um die Ecke (es ist auch die Druckerei, die Harry Potter in Englisch und Deutsch gedruckt hat), während die edlen Teile woanders gedruckt werden. Vielleicht steckt etwas Lokalpatriotismus in dieser Entscheidung, auch wenn ich Barks’ Ölgemälde von Donald gern bei mir an der Wand hätte.
MB: Moment, heißt das, die LTB kommen aus Thüringen, der Gegend mit der -- glaube ich -- stärksten Überalterung Deutschlands?
Holger Kliemannel: Genau. Die Druckerei (oder eine von ihnen, ich weiß nicht ob sie mehrere Druckereien nutzen) sitzt in Pößneck. Das ist übrigens die Druckerei, die zu DDR-Zeiten die Pornos für uns im Westen gedruckt hat.
MB: Sehr schön. Die Bücher aus Deinem Verlag sind ja im Gegensatz dazu immer sehr edel gedruckt. Warum magst Du's bei Donald etwas trashiger?
Holger Kliemannel: Das gehört für mich dazu. In einer edlen Aufmachung wie zum Bleistift Asterix -- also gutes Papier, teils Hardcover und sauber gedruckt -- hätte ich mit den Geschichten einfach weniger Spaß.
MB: Kann deine Tochter schon Lautmalereien wie KRACH!, PENG! oder GRRKZTRRTSCHRWZKAJA!?
Holger Kliemannel: Zur Zeit eher „Hex hex" und „Applaus, Applaus, Applaus"...
MB: Immerhin. Mögen diese guten Ansätze eine neue Donaldistin erschaffen! Danke schön und Feinstes!
1 Dudeismus: Religiöse Vermischung aus Gedanken des Taoismus, von Epikur und des „Dude” (Big Lebowski).
In Teil 1 dieser Interview-Serie berichtete Chris Pohl, Chef der der Band Blutengel, von seiner donaldischen Werdung, ursprünglich ebenfalls durch LTB (MifüMi 123).
Teil 2 handelte von Kathleen Jurke, der Nachfolgerin von Erika Fuchs bei Ehapa (MifüMi 125) und...
...in Teil 3 berichtete Karin Ludwig aus Oberursel von ihrem wie von Barks choreografierten Leben (Mi- füMi 127).