2014 11 Elbgefluester: Frauen sind viel härter

Elbgeflüster

Frauen sind viel härter im Nehmen, auch was Fäulnis angeht

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Wie viel CSl Miami steckt eigentlich in Ihrem beruflichen Alltag?

Dieses TV-Format zeigt die Kriminalbiologie quasi in einer Art komprimierten Musical-Fassung: Stets adrett gekleidete Damen und Herren erledigen ihre Arbeit in dramatisch emotional vorgetragenen Handlungsmustern. Eines der sicherlich größten Unterschiede gegenüber der Realität ist, dass die zuständigen Spurensucher dort gleichzeitig auch die Ermittler sind, was aber äußerst kontraproduktiv wäre. Es ist zudem der medialen Inszenierung geschuldet, dass selbst komplexe Prozesse der Kriminalbiologie hier mit einem Fingerschnips erledigt werden. Ich empfinde das also unfreiwillig komisch.

Sie empfinden eine verwesende Leiche als faszinierend. Empfinden Sie überhaupt noch Ekel in Ihrem Job?

Um es auf den Punkt zu bringen: Nein.

Sind insbesondere die Frauen eher verschreckt oder fasziniert von Ihrem Beruf?

Im Gegenteil: Frauen sind viel härter im Nehmen, aus was Fäulnis angeht.

Sie werden ja häufig mit Tragödien konfrontiert. Welches Verhältnis haben Sie dadurch zum Tod?

Ich sehe da keinen Zusammenhang.Der biologische Tod ist was gutes, sinnvolles und normales. Der gewaltsame Tod ist ein Unglück, das unschön ist.

Gibt es Ihrer Meinung nach angesichts der grenzenlos scheinenden Möglichkeiten der Kriminalbiologie und der DNA-Technik eigentlich noch den perfekten Mord?

Perfekte Morde wären aus der Sicht von Bekloppten alle Morde, von denen wir nie etwas erfahren. Ob es sie in Wirklichkeit gibt oder ob sie nur ein Phantasma sind, weiß niemand…

Ihr Verhältnis zur Polizei ist offenkundig zwiespältig: Einerseits bilden Sie die Exekutive aus, andererseits geraten Sie immer wieder in Konflikt mit Ihnen, da Sie offensichtlich nicht Ihrem optischen Idealbild entsprechen. Haben Sie daraus mittlerweile Konsequenzen gezogen?

Es ist eher das Verhältnis der Polizei zu mir zwiespältig, weil ich regelmäßig von ZivilfahnderInnen und BundespolizistInnen, die sehr offenkundig schlecht ausgebildet und vorurteilsbeladen arbeiten müssen, hopsgenommen werde. Ich halte es aber so wie auch im restlichen Leben: Es gibt nur eine kleine Blase, in der ich handeln kann, und dort hoffentlich Gutes und Sinnvolles erreiche. Mehr kann ein Mensch nicht tun. Wie die anderen sich benehmen, hängt leider oft nicht von mir ab, sondern von den Geistern, die die anderen im Kopf haben.

Sie haben ja auch Psychologie studiert. Wie wichtig ist diese Wissenschaft bei Ihren Ermittlungen?

So mittel. Es hilft mir in erster Linie, chronische Lügner oder Menschen mit schweren psychischen Veränderungen zu erkennen und bei diesen dann keine Diskussionen über Spuren anzufangen. Entweder die Auftraggeber sind hundert Prozent ehrlich oder wir lassen es einfach.

Etwas, das ich im Studium gelernt habe, waren die Abläufe der Trauerarbeit. Leider bleiben manche Angehörige in der Trauer stecken und suchen Schuldige, die es gar nicht gibt. Das kann bei Fällen manchmal störend sein (weil es gar keine Tat, sondern nur einen Toten gibt, der durch Unfall oder Suizid gestorben ist). Allerdings hatten wir auch schon Fälle, in denen insbesondere Eltern den richtigen Riecher hatten und den entscheidenden Hinweis auf objektive Spuren gegeben haben, etwa alte Blutspuren, die von allen anderen übersehen wurden.

Schenken Sie uns bitte zum Abschluss noch eine Lebensweisheit.

Ball flach halten!


Mit herzlichem Dank an die Elbgeflüster-Redaktion für die Freigabe und die Genehmigung zur Veröffentlichung.