Zombie-Sterben fuer Anfänger

Quelle: TOR-online.de, Kolumne vom 5. Dezember 2016

Der kleine Weltuntergangsführer, Teil 2: Zombie-Sterben für Anfänger

VON MARK BENECKE

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Die Zombies kommen – doch wie kommen die Gehirnschlürfer eigentlich an ihren Leckerbissen? Und: Tut das eigentlich weh? Dr. Mark Benecke klärt auf.

Köpfe fliegen, abgeschnittene Schrotschuss-Waffen knallen und ballern, es wird gehackt und gehäckselt: Die Zombies sind da. Doch woran stirbt man eigentlich, wenn einen derdiedas Zombie erwischt? Und woran sterben die Zombies? Die Frage ist kniffeliger als es scheint. Fangen wir mit den angeblich Guten, den unzombifizierten Menschen an.

Sofern die angreifenden Zombies an Gehirne wollen, müssen sie erstmal den Schädel ihrer Kontrahenten knacken. Da sie mit bloßen Händen und Zähnen nicht durch die dickeren Teile des Kopfknochens kommen können, lernen Zombies (hm, lernen Zombies?), dass das Knacken der Opferschädel an den Seiten über den Ohren besser klappt als anderswo. Denn dort ist der Knochen dünner.

Leider bedeutet das für ihre Opfer noch lange keinen schnellen Tod. Der Großteil unseres Gehirns nimmt nämlich keine eigenen, also keine Gehirn-Schmerzen wahr. Der Schmerzschock fällt also ausgerechnet im Inneren unserer Kommandozentrale — vergleichsweise — gering aus, wenn sich der kelbrige Finger des Untoten seitlich in die Kalotte bohrt.

Was mit eingedellten, zerdrückten und von Fingern durchbohrten Gehirnarealen hingegen sofort passiert: Sie fallen aus. Denn Nerven, auch im Gehirn, sind nichts als Stromkabel (kein Witz), und wenn sie reißen, dann leiten sie nicht mehr. Seitlich im Kopf, also der vermutlich bevorzugten Knackstelle für Zombies, sitzen die Schläfenlappen des Hirns. Diese sind, unter anderem durch die Heschl’schen Querwindungen, fürs Hören zuständig. Darum fällt schon kurz nach dem ersten Finger im Hirn unser Richtungshören aus.

Selbst wenn das Hören noch kurz klappen sollte, verstehen wir aber den Sinn des Gehörten nicht mehr. Das liegt am nun ebenfalls zerstörten Wernicke-Sprachzentrum. Eine zumindest von Seiten der “gesunden” Menschen vielleicht erwünschte Verständigung mit den Zombies ist also weder gehörlich noch inhaltlich möglich, sobald die Schläfenlappen leiden.

Erfreulicher, weil hässlichen Traumata vorbeugend, dürfte es sein, dass auch diejenigen Gehirnbereiche, die zur Erkennung eigener und fremder Körperteile nötig sind – vor allem zur Erkennung von Gesichtern —, bei seitlich zerknacktem Schädel schnell ausfallen. In den letzten Augenblicken weiß das Opfer also gar nicht mehr so genau, wer oder was ihm oder ihr gerade das Gehirn aufschlürft.

Dass eine Schädigung der Scheitellappen es uns auch unmöglich macht, Neues zu lernen, spielt angesichts des unmittelbar bevorstehenden Weltunterganges vermutlich keine große Rolle mehr. Es ist aber trotzdem so. Der Tod tritt bei Hirnfraß dann vermutlich dadurch ein, dass Herz und Lunge keine sinnvollen Signale mehr erhalten, die ihnen koordiniertes Arbeiten erlauben. So bricht die Nähr- und Sauerstoff-Zufuhr unserer Körper zusammen und wir schwinden dahin.

Doch woran sterben die Zombies? Schließlich sollte mensch sich auch immer in sein Gegenüber eindenken.

Die Zerstückelung ist ein klassisches, so genanntes “sicheres Todeszeichen”. Technisch heißt das “mit dem Leben nicht zu vereinbarende Verletzungen” (die beiden anderen sicheren Todeszeichen sind Leichenflecke und Leichenstarre — beides bei Zombies ohne Bedeutung, da deren Kreislauftätigkeit schwankt).

Dass zerstückelte Zombies aber wieder erfolgreich zusammengesetzt werden können oder dies sogar selbst tun, ist bekannt. Dass reanimierte Leichen auch aus reanimierten Leichenteilen bestehen, die also ohne den Rest des Körpers funktionieren müssten, wird daher immer wieder diskutiert. Ich will mich in dieser Sache nicht festlegen, denn einerseits ist untot halt untot, mit allen Vor- und Nachteilen. Andererseits weiß ich aus eigener Anschauung bei der letzten Vampir-Enterdigung, dass die betreffende Leiche — nach Entnahme ihres Herzens, das zu Asche verbrannt von den Verwandten in Schnaps eingerührt und getrunken wurde —, tatsächlich tot war. Da Vampire auch Untote sind, könnte es hier also Parallelen zu Zombies geben, das heißt das Herz hätte irgendeine andere, noch unbekannte Funktion als der Restkörper.

Bei Verschüttungen und tiefen Vergrabungen dürften Zombies einfach nur an ihrer Bewegung gehindert sein. Auch sie haben nur begrenzte Kräfte. Befreien können sie sich also nicht immer, zumal sie insbesondere keine Shapeshifter sind.

Immer wieder hört man, dass die Abtrennung des Kopfes Zombies am meisten zu schaffen macht. Sollte das wahr sein, dann benötigt vielleicht auch das untote, zerfallende, infizierte Gewebe eine Steuereinheit, die offenbar irgendwo im Kopf sitzt. Der Tod von Zombies nach Kopfabtrennungen wäre also, anders als bei “gesunden” Menschen, einfach der Zusammenbruch des letzten Restes ihrer körperlichen Organisation.

Ich hoffe, dass dieser Artikel einerseits Trost spendet, andererseits aber auch ein wenig die Sicht der anderen darstellen kann. Denn wer am jüngsten Tag Zombie sein wird und wer nicht, das weiß wohl niemand.


Forensisch und herzlich Euer — 

Mark

Mit großem Dank an die Redaktion für die Erlaubnis zur Veröffentlichung.