Warum landen Asteroiden immer in Kratern?
von Martin Puntigam, Florian Freistetter, Helmut Jungwirth
Gebundene Ausgabe, 25. September 2017, 288 Seiten
Carl Hanser Verlag
ISBN-10: 3446257276
ISBN-13: 978-3446257276
VON MARK BENECKE
Warum fressen Enten, nicht aber Hühner, abgeschnittene Menschen- Penes, umgangssprachlich Penisse? Weshalb sollten wir den Mond über Kopf und durch die eigenen Beine betrachten? Und was treibt Plattwürmer in Einzelhaft zum Selfing? Das alles könnte mensch launig bis friedlich zwischen Experiment und Aufklärung erläutern. Könnte. Die saucoolen Science Busters, in Österreich seit zehn Jahren für ihr wissenschaftliches Bühnenprogramm nebst fetziger Fern- sehsendung bekannt, machen es aber, auch in diesem Buch hier, anders. Denn jedes Mal, wenn sich beim Lesen der ‘Ahso, das merke ich mir jetzt mal’-Modus einschaltet, haut es einem eine neue und schräge Wendung ums Gehirn. Dass der Mond eine faule Sau ist und das Universum eine Scheißgegend, erschließt sich den natur- wissenschaftlich angefixten Leser*innen wohl noch mühelos. An- ders sieht es aus, wenn es ums Käseklopfen geht oder warum wir vergessen, was wir gerade wollten, wenn wir das Zimmer wechseln. Die Erklärungen der Busters dazu sind nicht nur naturwissenschaft- lich solide, sondern auch aktuell: Forschungsstand ist das aktuelle Jahr. I like.
Den einen oder anderen Kasper haben die Jungs natürlich gefrüh- stückt. Darum nennen sie sich ja auch Kabarettisten. Doch sie sind mehr. Dass der Planet Mars sich entlang ausgelegter Leckereien zur Sonne naschen könnte, dass Asteroiden bei planetaren Rochaden hüpfen sowie das Gedankenbild, dass die mögliche Engelsmenge auf einer Nadelspitze beherrschbar wird, sobald man annimmt, dass die Flügelwesen Säuger sind (was sie laut bildlicher Überlieferung sein müssten), erfordert eher das Gemüt achtjähriger Höchstbegab- ter, die jeweils einen guten Schuss Synästhesie und Asperger einge- strudelt haben. Hoffentlich sind Sie, liebe Leser*innen, genauso vergnügt unerwachsen wie die Autoren dieses Buches. Falls nicht, dann können Sie es jetzt ja zumindest mal ausprobieren.
Denn was hier als Quatsch anschwemmt, ist eher Gedanken- und Experimentejonglage, genauer gesagt: vernetztes oder Querdenken. Da die Texte so schön formuliert sind, funktionieren sie auch. An- statt etwa die für Nobelpreise schon vorreservierten Forschungen zu CRISPR und Hawking-Strahlung zu detaillieren, berichten die Busterjungs zum Schein erst mal von Mücken und knutschenden Partygästen. Sekunden später geht es dann aber doch um CRISPR und Hawking-Strahlung – sicher nur ein verrückter Zufall. ;)
Nun sind die Busters nicht die Ersten, die sich mit prüfbaren Tat- sachen von hinten durchs Fensterkreuz anschleichen. Da sie das aber erstens massiv unpädagogisch machen (Leser*innen sollten beispielsweise Fürze nicht fürchten, denn diese, also die Fürze, kom- men im Buch des Öfteren vor), zweitens erkennbar vor allem selbst Spaß haben und sich nicht durch einen Lehrplan quälen sowie drittens die Auswahl ihrer Themen wilder und bunter ist als eine österreichische Bergwiese im Sommerwind, legen sie die Lernlatte so, dass gewöhnliche Pädagog*innen mit dem Kopf dagegenrennen werden. Harr!
Was mir außerdem noch gefällt: die lustigen Worte im Text. Was mögen wohl eine strenge Kammer, Mistkübel, Ungustl, Krawall- schanis und Sprühpizza sein? Tja. Einen guten Jesus-Witz gibt’s im Buch übrigens auch. Dieser ist – es war nicht anders zu erwarten – nicht etwa beliebig eingestreut, sondern sauber aus dem Zusam- menhang des Artikels entwickelt, in dem der Heiland dann erscheint. Dieser zusammenhangsreiche Artikel wiederum handelt davon, dass und warum wir uns Dinge aus dem Zusammenhang heraus merken. Sie verstehen? Nein? Später geht es um Fettlachse, das Klima und Deo-Stifte.
Wer das Bustersbuch gelesen hat, ist schlauer, lustiger, vernünfti- ger und verrückter als vorher. Gleichzeitig lässt ersiees sich weder von Scharlatanerie noch Gelsen foppen, wird Neutronensterne noch cooler finden und Waldboden wenn, dann nur noch ganz be- wusst verspeisen. Freuen Sie sich auf tollkühne, aktuelle, lustige und lässige Berichte aus den Naturwissenschaften.
Herzlich Ihr – Mark Benecke
Mark Benecke ist Sachverständiger für kriminalbiologische Spuren. Seit fast zwanzig Jahren läuft jeden Samstagmorgen sein Live-Wissenschafts-Podcast im deutschen öffentlich-rechtlichen Sender radioeins aus Berlin/Brandenburg.