Quelle: nachtplan, Seite 21, Nr. 91, 5/6-2018
Es hilft bekanntlich, seine Frau um Rat zu fragen. "Können wir den nachtplan-Gruftis empfehlen, ins Musical Tanz der Vampire zu gehen?", fragte ich sie, nachdem ich es gefühlt hundert Mal und sie zumindest schon ein paar Mal angeschaut hatte.
"Na klar", sagte sie sofort. "Es geht im Musical doch um Einsamkeit und die Frage nach dem Sinn des Lebens. Trotzdem tanzen die Vampire dort wie die Gruftis auf Festivals. Gothics sehen eben beide Seiten: Die Sinnlosigkeit des Daseins auf der einen und gesellige Bälle mit schönen Kleidern auf der anderen. Sie feiern ihren eigenen oder vielleicht sogar den Untergang der Welt, ja, sie zelebrieren ihr Leiden und gehen darin richtig auf, sind vom Tod fasziniert und selbst untot."
Was sich gruselig anhört, ist auch eine Stärke. Denn wer beide Seiten sieht — auch die verschatteten und sonst gerne ausgeblendeten —, der kann im Dunklen besser wandeln: Was man kennt oder im besten Fall sogar versteht, das ängstigt einen weniger. In meinem Fall gilt das für Leichen-Insekten, im Fall meiner Frau für blöde Lebens-Umstände und im Fall von all us gothics für finstere Motive aller Art.
Königs-Disziplin wäre es wohl, wenn wir irgendwann auch die bunte Welt verstehen würden. Ich habe mir daher ein Blumenhemd gekauft und werde es diesen Sommer ein paar Tage ausprobieren. Schatten und Finsternis, steht mir bei!
Herzlich die Euren --
Marky Mark & Ines