Esu sin mir Kölsche... und wie's dazu kam, dass wir so wurden

Quelle: Express Köln, Juli 2005

Von CHRISTOF ERNST

Köln — Der Kölner als solcher: Jetzt ist er gründlich analysiert. Und zwar in dem Buch „Kölner Mentalität" mit dem wunderschönen Untertitel „Wie mer esu woodte, wie mer hück sin" (Bachem Verlag, 12,95 €).

Unter die Lupe genommen hat uns Jürgen Bennack. Der ist Professor für Schulpädagogik und Didaktik an der Uni Köln, und entsprechend gründlich ist seine Analyse. Bennacks Methode ist überzeugend: Er erzählt die Geschichte Kölns und leitet daraus unsere Eigenarten und Besonderheiten ab. Ein Beispiel: Köln war immer ein Völker-Mischmasch, schon ganz am Anfang. Franken, Franzosen — es stimmt schon, wenn die Bläck Fööss singen „So sinn se all he hinjekomme".

Tommy Engel Sänger: „Der Kölner mag es unkompliziert, auch wenn es dann komplizierter wird. Er versucht, allem aus dem Weg zu gehen, auch wenn er sich dabei selbst im Weg steht."

Nicht alles ist Gold: So weist der Autor schlüssig nach, dass der Kölner durch all die Jahrhunderte ein schlampiger Mensch war und ist. Bennack: „Die Beweise sind erdrückend. Von Schmutz und Gestank in Köln berichtet schon der Simplicissimus; die Franzosen versuchten, die Kölner zur Reinlichkeit anzuhalten, und auch heute ist Köln keine reinliche Perle."

Aber es gibt auch Lob. So attestiert der Autor den Kölnern ein hohes „Sozialgeschick". Soll heißen: Wir können kommunizieren wie die Weltmeister, weil Köln seit Jahrhunderten ein Zentrum des Handels und Wandels ist. Das schult.

Garniert werden die kurzweiligen Analysen mit Mundartbeiträgen, bisweilen sogar in Versform. Bei aller durchaus vorhandenen Selbstkritik hält der Kölner diesen lateinischen Spruch für wahr: „Extra Colonia nulla vita; si est vita, non est vita". Und das heißt: Außerhalb Kölns gib es kein Leben, und selbst wenn es es gibt, ist es nicht lebenswert. Darauf ein Kölsch!

Peter Millowitsch, Schauspieler und Theaterchef: „Gut ist die Kommunikations-Freude der Kölner. Dagegen ist die viel beschworene Toleranz nichts anderes als eine tief verwurzelte Leck-mich-am-Arsch-Haltung."

Frank Schätzing, Autor: „Ich mag die Offenheit, mit der man hier empfangen wird. Da ist Köln mit London vergleichbar. Im merkwürdigen Gegensatz dazu steht die Provinzialität. Manchmal gibt sich Köln wie ein Dorf."

Sammy Orfgen, Schauspielerin: „Ich liebe es, dass wir in unserer Stadt wirklich multi-kulti sind. Ich sehe aber genau darin eine Gefahr: Nämlich, dass wir durch diese Offenheit ein Stück unserer Identität verlieren."

Ex-Regierungspräsident Franz-Josef Antwerpes: „Ich mag die Liberalität des Kölners gegenüber Fremden und dass er nur nach Bedarf fromm ist. Ich mag nicht die negative Klüngelei, die sich zu Ungunsten eines Dritten auswirkt."

Dr. Mark Benecke, Kriminalbiologe: "Ich mag die Toleranz der Kölner, die auch im internationalen Vergleich sehr hoch ist. Ich mag nicht die Toleranz, die mit Opportunismus gegen die unterfüttert ist, die was zu kamellen haben."

Mit vielem Dank an die Redaktion für die Erlaubnis zur Veröffentlichung & in Gedenken an Zik


Kölscher Fragebogen

Express 2012