„Ich habe noch nie einen ‚Tatort‘ gesehen“

2016 01 13 Saechsische Zeitung: Noch niemals Tatort gesehen

Quelle: Sächsische Zeitung (darin: Stadt Riesa), Seite 16 vom 13. Januar 2016

Text: Britta Veltzke
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Er tritt als Kriminalbiologe im Fernsehen auf und schreibt Bücher. Das ist aber längst nicht alles. Dass Dr. Mark Benecke außerdem noch Mitglied der Satire-Partei „Die Partei“ ist, glaubt man ihm sofort, wenn man mit ihm zu tun hat: Die Fragen der SZ beantwortet er vom „Klo eines Hostels am Berliner Bahnhof“ (wegen Steckdose) – das gibt er zumindest an. Förmliche Anreden lässt er gleich weg.

Dem Kleine-Welt-Phänomen zufolge kennt ja sowieso jeder jeden um fünf bis sechs Ecken. Am Freitag, 15. Januar, gastiert Benecke mit einem populärwissenschaftlichen Vortrag in der Stadthalle Stern. Dieser wird auch von seinem Spezialgebiet handeln: der forensischen Entomologie. Dabei geht es unter anderem darum, anhand von Insekten auf Leichen Hinweise auf die Todesursache oder die Todesumstände zu sammeln. Die Riesaer Gastronomen können sich schon mal auf Dr. Benecke einrichten. Denn: Tote Tiere isst er nicht.

Herr Dr. Benecke, man nennt Sie auch Dr. Made. Mögen Sie Ihren Spitznamen?
MB: Finde ich treffend. Maden sind sehr coole Lebensformen – so wie alle in unserer wundersamen Welt: Tintenfische, Schmetterlinge, Ziegen. Nebenbei helfen sie uns noch bei der Liegezeitbestimmung von Leichen.

Woher kennen die meisten Ihrer Zuschauer Sie?
MB: Vielleicht aus meinen Büchern oder aus Fernsehserien, wo ich manchmal echte Kriminalfälle und Spuren erkläre. Manche Menschen kommen aber auch zum Wave-Gotik-Treffen in Leipzig, wo ich auch jedes Jahr arbeite. Ich mache das ja schon seit über zwanzig Jahren weltweit, und so gibt es viele Querverbindungen.

Sie touren mit Ihren Vorträgen über die Lande. Können Sie davon leben?
MB: Das ist mir egal, ich mache immer nur das, wozu ich Lust habe und wovon mein Team mich nicht abhält.

Was zieht die Leute zu Ihnen? Der Tod? Das Rätsel? Oder beides?
MB: Beides. Und eine Prise kindliche Neugier.

Fasziniert Sie der Tod? Wenn ja, warum?
MB: Das habe ich mal für mich und alle die, die es spannend finden, in dem Buch „Der Traum vom ewigen Leben / Memento Mori“ erklärt. Das wird seit zwanzig Jahren neu aufgelegt. Es scheint also nicht nur mich zu faszinieren: Der Tod ist der Preis für sexuelle Auswahl – und damit für Sex. Das hilft der Art. Abgesehen von diesem biologistischen Dreh ist der Tod einfach der Tod. Kein großes Ding.

Sie sind Vegetarier. Hat das etwas mit Ihrem Beruf zu tun?
MB: Meine Kolleginnen und Kollegen außerhalb meines Teams essen alle Tiere.

‚Tatort' gucken steht ja gerade hoch im Kurs. Welcher Tatort-Typ sind Sie? Schauen Sie sich am liebsten Münsteraner Ulk, Action mit Til Schweiger oder eher die verwegenen Tukur-Streifen an?
MB: Ich habe noch nie einen ‚Tatort' gesehen. Und auch nur für den Stern vor fast 20 Jahren eine einzige Folge CSI (Anm. d. SZ-Redaktion: eine US-amerikanische Fernsehserie).

In Meißen haben Sie Fotos der Stadt gezeigt, um damit zu beweisen, dass wir vieles gar nicht mehr wahrnehmen. Wie wichtig ist die Wahrnehmung eines Forensikers?
MB: Das Wichtigste ist, wie ein Kind einfach alles spannend zu finden und aufzusammeln oder zu fotografieren.

Auf welchen lokalen Bezug kann sich das Riesaer Publikum freuen?
MB: Das überlege ich mir kurz vor der Show -- meist biologische Spuren vom Bahnhof oder aus dem Hotel.

Waren Sie schon mal in Riesa?
MB: Ja, schon oft. Auf Tour – in den letzten zwanzig Jahren bin ich immer wieder reingeschneit. Saunette Leute, hübsche Teile der Stadt, ein sehr eigentümlicher Baum und das nächste vegetarische oder vegane Restaurant 62 Kilometer entfernt.
 

Mit großem Dank an Britta Veltzke und die Redaktion für die Erlaubnis zur Veröffentlichung.