Quelle: Der Donaldist, 2013: MifüMi 128, Seiten 26 bis 28
Mahnung und Vorbild: Patrick Bahners
Aus der Serie „Begeisterte, aber nicht voll donaldisierte Donaldisten” (Teil 5)
Von Mark Benecke
Ich war verblüfft: Einer der brillantesten Donaldisten verlässt die alte und geht in die neue Welt. Höchste Zeit, nachzuhaken und einen Anstecker der Kölner Donaldisten (K.D.) als Ankerpunkt in der Ferne zu überreichen.
Mark Benecke (MB): Es ist der 26. November 2012 und wir sind in einem Cafe in Manhattan. Mir gegenüber: Patrick Bahners. Hallo Patrick.
Patrick Bahners (PB): Hallo Köln, hallo Donaldisten.
MB: Du bist ja jetzt hier seit einigen Wochen in Brooklyn, also New York. Wie ist es dir denn bisher so mit deiner Nicht-Anwesenheit bei Stammtischen ergangen?
PB: New York ist ganz weit weg. New York ist weiter weg als Timbuktu. Der Donaldist Nr. 142 zum Beispiel erreichte mich mit zwei Monaten Verspätung. Keine Chance mehr beim Quiz mitzumachen.
MB: Brooklyn stellt man sich vor wie in "Last Exit Brooklyn": Nachts ist es gefährlich vor die Tür zu gehen. Hattest du Angst, dass der Donaldist geklaut werden könnte aus der sicher außen angebrachten letter box?
PB: Nein, die Briefe werden immer unter großem Holterdipolter-Rumpeldipumpel vom Postboten in einen Briefschlitz sicher eingeworfen, so dass eigentlich nichts schief gehen kann. Sie werden allerdings immer zusammengebunden. Sehr kunstvoll mit Gummis. Diese Briefträger müssen einen gewaltigen Gummivorrat mit sich führen, weil sie für jedes Objekt zwei bis drei Gummis verbrauchen, neben den zahlreichen Zeitschriften, die die Leute so abonniert haben in unserer belesenen Ecke, aber eben auch die Bettelbriefe. Hauptsächlich werden Bettelbriefe mit der Post verschickt.
MB: Das haben wir gerade auch im St. Mark's Place im Tätowierladen gesehen. Da wurde sogar ein einzelner Brief mit einem Gummiring umschnürt. Es geht irgendwie nicht anders. Das ist vielleicht auch rituell zu verstehen. Noch mal zum Briefkasten: Ganz anders als in den Barks-Comics steht deiner nicht auf einem Besenstiel und hat so eine kleines Fähnchen dran?
PB: Nein, leider nicht. Ich hab auch keinen Vorgarten, nur einen Hintergarten, der aber hauptsächlich meinem Vermieter gehört. Dieser grundgütige Eigentümer erlaubt die Mitbenutzung.
MB: Ist das Haus denn wenigstens aus Holz gebaut? Kann man es auseinander nehmen und in Zwischenkammern nach Tieren, Gold...
PB: Nein. Da Entenhausen Vorbild und Mahnung ist, wäre es immer noch Mahnung für Brooklyn. Diese Vorstadtbebauung, wie wir sie aus Entenhausen kennen, die ist in unserer Ecke von Brooklyn, in Boerum Hill, nicht so richtig anzutreffen. Da müsste man etwas weiter über den Prospect-Park hinausfahren. Bei uns gibt es zum Beispiel auch Badezimmer. In Entenhausener Häusern gibt es ja nur selten Badezimmer. Bei uns ist es aber eher so wie es auch in Manhattan Standard, dass man so viele Badezimmer wie Zimmer hat.
MB: Fühlst du dich denn dort trotzdem wohl? Trotz dieser eigentlich unvorlagereifen Wohnverhältnisse?
PB: Ja. Nein, naja, wenn man Frankfurt mitgemacht, durchgemacht hat, diese absolut unpoetische Stadt, dann ist ja alles andere poetischer und donaldischer. egal, wo man hinkommt.
MB: Zumal du ja auch in der Nähe eines Hafens bist. Da kannst du ja bei Gelegenheit mal einen Abstecher mit einer Ladung Seife aufs Meer unternehmen.
PB: Genau, der Duft von Muskat und Musik, der weht schon aus Red Hook im Süden von Boerum Hill hinüber.
MB: Man darf ja nur 23 Kilo Gepäck als Überseegepäck mitnehmen. Trotzdem hast du deine Micky Maus-Hefte mitgenommen. Wie genau hast du das eingestielt? Hast du sonst nichts mitgenommen und dich hier neu eingekleidet?
PB: Ja, genau. Alles hat ja hier andere Kabel. Alle Hemden, Unterhemden, Hüte brauchen neue Haken und Kabel, insofern konnten schon wesentliche Teile des Gepäcks mit Heften gefüllt werden.
MB: Wie viele Kilogramm waren das? Hast du das mitgebrachte Heftgewicht mal nachgemessen?
PB: Die Möbelpacker waren schon recht schockiert darüber, wieviel Papier man so horten kann und dass es nicht alles weggeworfen werden sollte, diese alten Hefte. Darüber waren diese doch sehr liebenswürdigen Menschen sehr überrascht.
MB: Hast du ihnen denn erklären können, was es damit auf sich hat und dass du nicht die amerikanischen Hefte bevorzugst? Das war ja für die Möbelpacker vielleicht auch merkwürdig?
PB: Ja, wobei ich auch amerikanische Hefte habe. Ich hatte schon in Deutschland die amerikanischen Hefte gesammelt und eben da so was wie Comics & Stories und die Hefte mit Barks-Geschichten mehr oder weniger komplett. Das hab ich schon mitgenommen. Wobei auch die Möbelpacker, die bei uns hier in Brooklyn ausgepackt haben, gar keinen Amerikaner waren, sondern teilweise Deutsche, teilweise Polen, also äußerst verlässliche, fleißige Menschen. Der Chef der Spedition sagte auch, Amerikanern würde er nicht über den Weg trauen.
MB: Wirst du mittelfristig zu einem Freund der lakonisch- amerikanischen Originaltexte oder wirst du fuchsistischen bleiben?
PB: Ich denke eher, dass die Nostalgie nach den Fuchs-Texten, nach der Heimat wächst, so ähnlich wie Heinrich Heine das erlebt hat. Die Lebenskräfte, die sind ja dann doch stark verbunden mit den Tönen, die man im Ohr hat - das werden bei mir sicher auch die Fuchs-Texte sein. Ein Bekannter bedauerte mich und schrieb mir: Mein Gott, wie traurig nach Amerika zu gehen, wo man die Muttersprache nicht hören und nur selten sprechen kann! Ganz so ist es mir noch nicht gegangen, aber das wird mich sicher einholen und überwältigen und dann werde ich dann natürlich mit besonderer Rührung die Fuchs-Texte betrachten. Andererseits habe ich schon immer gemeint, dass im Donaldismus Barks als Autor, weil wir ihn als Medium gesehen haben, unterschätzt worden ist. Eben diese Lakonie der Barks-Texte ist auch literarisch ganz hochrangig.
MB: Vielleicht die letzte Frage: Hast du noch einen Aufruf als prominentester Donaldist in der neuen Welt zurück in die alte Welt? Einen Sinnspruch? Etwas Wichtiges? Eine Aufforderung?
PB: Forscht! Forscht weiter! Schürft tiefer, liebe Donaldisten, denn das merkt man hier schon: Die große Zeit, in der die Amerikaner alle deutsch gebüffelt haben auf dem College, weil man eben Deutsch kennen musste, um die Wissenschaften zu erlernen, diese Zeit ist lange, lange vorbei. Historiker, selbst Germanisten, erlernen noch sehr, sehr selten Deutsch, das muss sich natürlich ändern. Deswegen muss der deutsche Donaldismus da wieder kräftig weiter produzieren über Bohnen, Globen und andere Themen, damit mit dem Goethe-Institut zusammen noch die donaldistische Mission in den USA erfolgreich sein kann..
MB: Dann werden wir uns mal als nächstes das Goethe-Institut vornehmen und bearbeiten. Vielen Dank und Duck auf! Ach halt, da fällt mir doch noch etwas ein. Hast du nicht vorhin berichtet, es sei in dir schon eine erste Amerikanisierung eingetreten, die Körperertüchtigung? Erzähl doch mal.
PB: Ich betrat eines Morgens den Club mit dem schönen brutalen Namen "Crunch" Ich sagte dort: "Man reiche mir zwei mittelschwere Hanteln" und wurde ausgelacht, weil hier in diesem Land der Selfmademan alles selber baut und seIber auch seine Muskeln bauen muss. Da wird einem nichts gereicht, das muss man sich alles selbst greifen, und so griff ich mir denn diese mittelschweren Hanteln und bin seitdem, nicht jeden Morgen, aber drei bis viermal in der Woche doch damit beschäftigt, mich auch zum Kraftathleten auszubauen.
MB: Mir steigt der Geruch von auf Chromstahl gebackenen Pfannkuchen in die Nase. Welche mittelfristigen Ziele koppelst du daran? Möchtest du vielleicht dann doch den Beruf wechseln so wie Donald, dass du dann Zerstörer wirst oder dergleichen?
PB: Ja, eben -- der Journalismus wird immer vergeistigter, immer virtueller, immer weniger physisch und bald wird man keine Zeitungspakete mehr schleppen müssen, aber wird dann vielleicht auch kein Geld ausgezahlt bekommen für seine Arbeit. Insofern dann als Türsteher oder bei uns im Hafenviertel als Schlepper noch mal anzufangen scheint mir durchaus realistisch.
MB: Und im schlimmsten Fall kannst du dann deine Muskelpakete schleppen.
PB: Genau.
MB: Danke schön und alle Gute.