Geisterbeschwoerungen

Quelle: Pure online, Oktober 2016
"Glauben Sie an Geisterbeschwörungen?"Dr. Mark Benecke im Gespräch mit Pure online

VON ALEXANDER PAWELSKI

Pure online: Herr Benecke, glauben Sie an Geisterbeschwörungen?
MB: Klar. Ich sehe sogar ziemlich oft, dass die Geister auch ohne Beschwörung auftauchen, darunter Ängste, Wut, Missmut und geistige Enge.

Pure online: Kann ein OUIJA-Brett tatsächlich die unheilvolle Macht beherbergen, eine bösartige Seele in die Welt der Lebenden zu holen? 
MB: Vieles, an das Menschen glauben, ist für sie wirklich: Ein Gedanke erzeugt ein Gefühl und filtert die Wahrnehmung.

Eine “böse Seele” (oder auch ein guter Geist) bringen das in uns hervor, was wir dem Geist zuschreiben oder erfolglos verdrängt haben. Im Gehirn erhält das alles Format und entfaltet echte Wirkungen.

Ein Beispiel: Wenn die alte Frau den blauen Edelstein vom Schiff wirft, muss ich auch immer heulen. Es ist also in meinem Kopf, Herz und den Tränendrüsen real.

Pure online: In OUIJA: URSPRUNG DES BÖSEN wird Tochter Doris von einer boshaften Seele übernommen, nachdem sie unsachgemäß mit dem Hexenbrett umgeht. Halten Sie solch einen Fall für möglich? Ist Ihnen sowas schon mal begegnet?
MB: Die Geisterjäger-Teams, mit denen ich bisher gesprochen habe, haben bestenfalls kleine Temperatur-Schwankungen, ein Knacken oder ähnliches gemessen. Das waren also, wenn überhaupt, sehr, sehr schwache Erscheinungen.

Dass Menschen “besessen” werden, gibt es aber laufend. Beispielsweise, wenn jemand vor Wut ausrastet, wenn er oder sie Stimmen hört oder rosa Elefanten sieht (oder beides gleichzeitig), wenn jemand eine politische Überzeugung gegen alle Sachbeweise aufrecht erhält. Hin und wieder sind solche Inhalte bösartig.

Das ist wohl menschlicher als wir es manchmal gerne hätten.

Pure online: Gehen wir mal davon aus, dass ich beim Rumspielen mit einem Hexenbrett einen Geist heraufbeschworen haben, der mich nun heimsucht. Was unternehme ich?
MB: Hängt vom Einzelfall ab. Ich selbst fände so einen Geisterbesuch totengeil (pun intended) und würde mit dem Geist so lange als nur irgend möglich Ideen und Empfindungen austauschen oder gemeinsam quatsch machen und durch die Kanäle ziehen. Es dürfte einiges zu entdecken und erleben geben.

Ich kann aber verstehen, dass manche Menschen vor Ungewohntem angst haben und daher lieber ihre Ruhe vor Geistern haben wollen.

Wie im geisterfreien Leben gilt dann: Notfalls weg gehen. Das hilft bei Kleinkram fast immer.

Pure online: Was muss ich tun, um sicher und ohne Todesangst mit Verstorbenen kommunizieren zu können?
MB: Möglichst viel vor dem Tod mit der Person kommunizieren. Dann kenne ich sie und weiss beispielsweise, was meine Eltern, Großeltern, Geschwister oder manchmal leider auch Kinder und Enkel in einer bestimmten Situation gemacht hätten. So kann ich deren Vorstellungen in meine Entscheidung einbeziehen und fühle mich sicher — und mit dem oder der Verstorbenen in einer Art gemeinsamer Handlung verbunden.

Pure online: In Amerika werden Hexenbretter von Hasbro als unterhaltsames Gesellschaftsspiel vertrieben. Was halten Sie davon?
MB: Wenn es als Lernspiel für die oft erstaunliche, unbewusste Zusammenarbeit von Menschen verwendet wird: top!

Schließlich sind Menschen stark in Gruppen eingebettete Lebewesen. Manchmal vergessen wir das aber und glauben, wir könnten die Welt auch alleine aus den Angeln heben.

Dass aber schon kleinste Gesten große Wirkungen haben können, wenn wir gemeinsam etwas anschieben, find’ ich schön. Daher: Daumen hoch für das Ouija-Brett.

Pure online: Zum Abschluss eine kurze Halloween-Frage: Würden Sie eine OUIJA-Party mit Freunden – also gemeinsames Rumhantieren am Hexenbrett – empfehlen? Oder sollte man da lieber einen großen Bogen drum machen?
MB: Wem’s gefällt, warum nicht? Gerade an Halloween ist ja die Pforte zum Jenseits weit offen. Ich würde allerdings besser keinen albernen Billig-Plunder anziehen, sondern glaubwürdige Grufti-Klamotten. Sonst könnten die toten Seelen angesichts von Plastikmasken und Matrosen-Outfits einen herben Schock kriegen. Und was dann passiert, dafür möchte ich meinen Zauberring lieber nicht in die Feuerstelle legen…

Mit herzlichem Dank an Alexander Pawelski und die Pure online-Redaktion für die Freigabe und die Genehmigung zur Veröffentlichung.